Jetzt droht Uli Hoeneß alles zu verlieren
14.03.2014 | 06:52 Uhr
Nach dem Urteil gegen Uli Hoeneß muss der FC Bayern klären, ob der Steuersünder als Präsident zu halten ist – und wer ihn gegebenenfalls ablöst. Eine Entscheidung steht angeblich unmittelbar bevor.
Nach der Verurteilung von Steuersünder Uli Hoeneß zu dreieinhalb Jahren Haft sind nun die Gremien des FC Bayern am Zug. Für den heutigen Freitag wird eine Stellungnahme von Club und Aufsichtsrat erwartet, wie es mit dem Vereins-Patron weitergeht. Laut "Bild" plant Hoeneß für heute eine Pressekonferenz.
Hoeneß ist Präsident des deutschen Fußball-Rekordmeisters und Vorsitzender des mit Wirtschaftsführern hochkarätig besetzten Kontrollgremiums. Präsidium, Verwaltungsbeirat und Aufsichtsrat des FC Bayern haben angeblich bereits in kurzfristigen Beratungen über das weitere Vorgehen entschieden.
Details wurden bislang nicht bekannt, die Mitglieder des Aufsichtsrates schweigen sich beharrlich aus. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) erklärte auf die Frage, ob Hoeneß als Präsident und Aufsichtsratschef des FC Bayern noch tragbar sei, nun werde der Verein erst einmal selbst diskutieren und entscheiden. "Ich möchte das als Ministerpräsident nicht begleiten."
Beim FC Bayern tagt derweil der Krisenrat. Nur rund eine Stunde nach Verkündung des Urteils gegen Hoeneß hatte der Klub das Präsidium, den Aufsichtsrat und den Verwaltungsbeirat eilig zu einer Dringlichkeitssitzung zusammengerufen. Der FC Bayern stehe "total loyal zu unserem Freund Uli Hoeneß", hatte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge zwar zuvor gebetsmühlenartig wiederholt – das allerdings immer in der Hoffnung, dass "der Uli" doch noch halbwegs unbeschadet aus der Sache herauskommen würde.
Ein "Königsmörder" wird offenbar gesucht
Doch das Denkmal Uli Hoeneß ist krachend zu Boden gestürzt. Rummenigge obliegt es nun, die Scherben zusammenzukehren. Im Hintergrund, mutmaßte die Süddeutsche Zeitung bereits, wird längst ein "Königsmörder gesucht".
Die Spitzenvertreter der Wirtschaft im Aufsichtsrat der FC Bayern AG können sich einen verurteilten Steuerhinterzieher an der Spitze dieses Gremiums schlicht nicht leisten. Für die Vorstandschefs Herbert Hainer (Adidas), Rupert Stadler (Audi), Martin Winterkorn (VW) und Timotheus Höttges (Telekom) geht es um die eigene Glaubwürdigkeit. Die Richtlinien ihrer Konzerne sind in ähnlich gelagerten Fällen eindeutig.
Ein namentlich nicht genannter Manager sprach von einer "sehr schwierigen" Situation für Hoeneß, ein anderer von "Stilfragen". Und ein früherer Funktionär des Klubs verwies auf die "gesellschaftliche Verantwortung" des FC Bayern. All das spricht gegen Hoeneß.
Einfach absetzen kann der Aufsichtsrat seinen Boss nicht, eine Einmischung in die Geschicke eines Vereins mit rund 230.000 Mitgliedern wäre schwierig. Audi-Chef Stadler verwies außerdem auf den "komplexen Sachverhalt", der einer "letztinstanzlichen Entscheidung" bedürfe. Die drei Miteigentümer der FC Bayern AG – adidas, Audi und Allianz – können nicht alleine handeln. Sie verfügen über nicht einmal ein Drittel der Aktien.
Ein Nachfolger wurde nicht aufgebaut
Mit dem früheren bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber sitzt überdies ein Mann im Aufsichtsrat, der Hoeneß kürzlich als "unverzichtbar" für den FC Bayern bezeichnet hatte. Das war allerdings noch bevor das ganze Ausmaß von dessen Steuerhinterziehung bekannt geworden war.
Einen Nachfolger, und das dürfte jetzt zum Problem werden, hat Hoeneß nie versucht aufzubauen. Intern gilt einem Bericht des Münchner Merkur zufolge der langjährige Finanzchef Karl Hopfner (61), einer von zwei Vize-Präsidenten, als möglicher Erbe, zumindest übergangsweise. Auch Stoiber (72) wäre eine Option, heißt es.
Zuvor hatte das Münchner Landgericht den 62-Jährigen Hoeneß wegen Steuerhinterziehung in sieben Fällen schuldig gesprochen. Hoeneß hat dem Fiskus mit seinem Schweizer Geheimkonto mindestens 28,5 Millionen Euro an Steuern vorenthalten, wie Richter Rupert Heindl in seiner Urteilsbegründung erklärte. Hoeneß' Selbstanzeige sei unzureichend gewesen. Die Verteidigung kündigte Revision an, die Staatsanwaltschaft will ebenfalls Rechtsmittel prüfen.
Da das Urteil bis zu einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes noch nicht rechtskräftig ist, muss Hoeneß zumindest vorerst nicht ins Gefängnis. Der Haftbefehl aus dem Frühjahr 2013 bleibt weiter gegen eine Millionen-Kaution ausgesetzt. Damit könnte Hoeneß seinen FC Bayern auch weiter auf den Auslandsreisen in der Champions League begleiten – die Frage ist, in welcher Position er das tut.
Quelle: welt.de