In einem Interview mit Zeit Online beantwortet der Gesellschafter der aktuell viel diskutierten Anwaltskanzlei U+C, Thomas Urmann, einige drängende Fragen zum Thema Abmahnwesen und Rechtmäßigkeit. Seiner Meinung nach ist es weniger Aufgabe einer Kanzlei, das Urheberrecht durchzusetzen, als vielmehr die des Staates. Eine unrechtmäßige Beweisverwertung sieht er nicht gegeben.
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Die massenhaften Abmahnungen der Anwaltskanzlei Urmann + Collegen (U+C) im Auftrag der Schweizer Firma The Archive AG, schlagen weiter hohe Wellen und finden auch international Aufmerksamkeit. In einem Interview mit Zeit Online hat sich nun Thomas Urmann, Gesellschafter der Anwaltskanzlei U+C, zu den Vorwürfen geäußert.
Auf die Frage hin, ob das Landgericht möglicherweise nicht verstanden habe, dass es sich in diesem Fall um Streaming und nicht klassisches File-Sharing handele, antwortete Urmann: "Wir kennen die Behauptung, dem Landgericht Köln sei da etwas untergeschoben worden. Aber das können wir nicht beurteilen. Wir kennen das Landgericht Köln als eines der renommiertesten in solchen Dingen und wissen, dass man dort sehr gewissenhaft ist. Wir wissen nicht, ob sie etwas nicht verstanden haben oder jemand einen falschen Textbaustein genommen hat. Aber wir wissen, dass einige der Anträge zur Herausgabe von IP-Adressen gestattet wurden, dass einige abgelehnt wurden und dass es bei anderen Rückfragen gab und dann erst positiv entschieden wurde. Daraus muss ich als Anwalt schließen, dass das Gericht bewusst so gehandelt hat - auch wenn es für Teile der Öffentlichkeit befremdlich aussieht. Aber selbst wenn die nicht wussten, was da Sache ist, hätte es auf die Abmahnungen keinen Einfluss. Es gibt kein Beweisverwertungsverbot für die Daten, man könnte die IP-Adressen also nach wie vor für Abmahnungen verwenden."
"Die Rechteinhaber können vom Staat keine Hilfe erwarten"
Den Vorwurf, die IP-Adressen seien unrechtmäßig erfasst worden und dürften daher nicht verwendet werden, kann Urmann nicht nachvollziehen, da er ansonsten die bereits gefällten Entscheidungen des Gerichts in Frage stellen müsste. "Aber selbst wenn die IP-Adressen auf eine illegale Art erlangt worden wären, kann uns das juristisch egal sein. Denn ein Gericht hat sich das angeschaut und einen Beschluss erlassen", so Urmann.
Überraschenderweise äußert sich Urmann auch kritisch über die aktuelle Gesetzeslage. Seiner Auffassung nach ist es eigentlich gar nicht die Aufgabe von Rechtsanwälten, das Urheberrecht durchzusetzen. Aber aufgrund des hohen Aufwands würde sich kein Staatsanwalt mit solchen Themen beschäftigen. Auf die Frage, ob es sich somit um ein "totes Recht" handele, antwortet Urmann: "Ja. Der Staat hat kapituliert, das ist das eigentliche Problem. Die Rechteinhaber können vom Staat keine Hilfe erwarten und müssen sich nun privat schützen. So als würde die Polizei nicht kommen, wenn Ihnen dauernd jemand die Scheibe einschmeißt. Dann würden Sie auch einen Sicherheitsdienst engagieren." Urmann ist der Meinung, dass es eines neuen gesellschaftlichen Konsens bedarf, um zu klären, was man darf und was nicht. "Wollen wir die Gesetze verschärfen, wollen wir alles freigeben? Wir müssen klären, wie Rechteinhaber zu entlohnen sind, welche Rechte sie haben."
Inzwischen ermittelt auch die Kölner Staatsanwaltschaft, wie die Abmahnungen von U+C überhaupt zustande kamen, berichtet Die Welt. Derzeit ist noch immer nicht geklärt, wie The Archive AG die IP-Adressen der angeblichen Urheberrechtsverletzer, die anschließend an U+C übergeben wurden, ermittelt hat.
Quelle:
Gulli