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PC & Internet Vodafone-Mitarbeiter packt aus: Warum Kunden reingelegt werden und wer dahintersteckt

Andauernd beschweren sich Vodafone-Kunden über untergeschobene Verträge. Zurecht, wie Verbraucherzentralen und Co. ein ums andere Mal feststellen. Wir haben mit einem Vodafone-Mitarbeiter gesprochen, der uns sagt, warum Kunden bei Vodafone immer wieder hereingelegt werden.

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Immer wieder beschweren sich Vodafone-Kunden über untergeschobene Verträge. Vor Kurzem sorgte eine weitere kuriose Geschichte für Aufsehen. So hat eine Vodafone-Mitarbeiterin der Katze einer Kundin einen Vertrag untergejubelt, für den die Kundin zahlen sollte. Wir berichteten über den Fall und bekamen viele Zuschriften von Lesern. Darunter auch von einem Vodafone-Mitarbeiter. In einem Gespräch erzählt uns Jürgen Leimer (Name von der Redaktion geändert), wie es zu solchen absurden Verträgen kommt, wer dahintersteckt und was Kunden auf gar keinen Fall tun sollten.

Leimer arbeitet seit geraumer Zeit in der Kundenbetreuung für Vodafone. Er bekommt mit, wenn ein Kunde zum 17. Mal anruft und ihm auch bei diesem Anruf niemand weiterhilft. Er wird am Telefon beschimpft und beleidigt. Er ist einer der wenigen, so sagt er, die Kunden immer noch beraten und wirklich helfen wollen, statt ihnen Neuverträge unterzuschieben, oder sie ganz dreist zu belügen, um mit Provision Kasse zu machen. Doch Kunden vernünftig zu beraten, wird immer schwieriger. Nicht nur, weil der Kunde nicht mehr zwischen echter Hilfsbereitschaft und verkaufsorientierter Beratung unterscheiden kann und misstrauisch ist. Auch weil Vodafone es verhindert – wenn auch indirekt.

Deshalb werden Vodafone-Kunden reingelgt

Wer die Hotline von Vodafone anruft, hat meist ein Problem mit seinem Modem, dem Handy, dem Internet oder einem anderen Service, der nicht so läuft, wie er es sollte. Doch geht ein Call-Center-Mitarbeiter nach einiger Zeit in der Warteschleife ran, hat er nicht länger als fünf bis sechs Minuten, um dem Kunden zu helfen. Das ist eine Vorgabe, sagt uns Leimer. “Zehn Anrufe pro Stunde sollten drin sein”, erklärt er uns. Und innerhalb dieser Zeit ist jeder Mitarbeiter verpflichtet, dem Kunden ein neues Produkt anzubieten. „Mittlerweile muss je Sparte, also Breitband, TV und Mobil angesprochen werden“, erklärt uns Leimer. Und das ist es, worum sich alles dreht. Verkaufen statt beraten.

Denn je mehr Verkäufe ein Mitarbeiter tätigt, umso höher die Provision für das Call-Center-Unternehmen, das für Vodafone arbeitet. Und gleichzeitig steigt auch der Verdienst des Mitarbeiters. Ein Kollege, verrät uns Leimer, macht monatlich bis zu 1.200 Euro extra – nur mit Provisionen.

Sinnlose und sexuelle Themen in der Schulung

Im Großen und Ganzen gehe es immer weniger darum, Kunden zu beraten und ihnen zu helfen, sagt uns Leimer. So dauert die Ausbildung neuer Mitarbeiter im Call-Center nur noch drei Wochen. Ein Problem dabei, erklärt er: “Alttarife werden in der Trainingsphase inzwischen nicht mehr angesprochen. Dadurch entsteht das Problem, dass der Berater den Kunden nicht beraten kann, weil er nicht weiß, welche Vertragsbestandteile oder Leistungen der Kunde wirklich hat.” Auch deshalb verkaufen viele kurzerhand einfach ein neues Produkt.

Dass die Einarbeitungsphase zu kurz ist, ist aber nur ein Problem. Ein ehemaliger Mitarbeiter des Call-Centers Webhelp, das für Vodafone arbeitet, beschreibt in einer Unternehmensbewertung auf dem Bewertungsportal Kununu, wie die Einarbeitungsphase vonstattengeht. “Die Schulung ist am Anfang ganz gut, aber dann wird täglich bis zu fünf Stunden über irgendwelche sinnlosen oder sexuellen Themen geredet und man bekommt nichts beigebracht”, lautet der Kommentar. Anschließend müsse man, ohne viel gelernt zu haben, bestimmte Tests machen. Weiß man nicht weiter, werden einem die Lösungen verraten und gezeigt.

Upselling ohne Vorerfahrung

Im Anschluss wird man ans Telefon gesetzt und bekommt den Druck des Teamleiters zu spüren, der auf Upsellig aus ist. Upselling, also dem Kunden statt einer günstigen Variante ein (vermeintlich) höherwertiges Produkt oder eine höherwertige Dienstleistung zu verkaufen. Das Fazit des Ex-Mitarbeiters lautet deshalb auch: “Diese Firma ist absolut nicht zu empfehlen.” Passend zu den Erfahrungen der ehemaligen Mitarbeiter warb Webhelp in einer kürzlich geschalteten Job-Anzeige mit “Du brauchst keinerlei Vorerfahrung!”.

Hinzu kommt: Die Software macht insbesondere bei Tarifänderungen Ärger; Neuverträge hingegen sind kein Problem. Ob das Absicht ist oder nicht, weiß Leimer nicht. Es deutet allerdings viel darauf hin, dass es bewusst dazu kommt. Ebenso, wie Vodafone Weiterleitungen gestrichen hat, erklärt uns Leimer. Denn für den Netzanbieter gilt das als zweiter Anruf. So müsste man einen Anruf eines Kunden doppelt bezahlen. Den Nachteil hat der Kunde. Mit einer anderen Telefonnummer landet er zunächst noch einmal in der Warteschleife. Und je mehr Zeit man hier verbringt, umso verärgerter ist man. Dieser Ärger potenziert sich, wenn es am Ende keine Lösung für das Problem gibt und man stattdessen ein neues Produkt gekauft hat.

Verkaufen um jeden Preis – und wenn man lügen muss

Dass Berater zu Tricks und Unwahrheiten greifen, ist nicht selten. Das zeigt etwa der Fall mit der Katze zu Beginn. Auch eine andere Geschichte, in der eine verstorbene Frau einen Vodafone-Vertrag unterzeichnet hat, macht das deutlich. Es sind aber nicht nur die Drückerkolonnen, die einem Verträge an der Haustür unterschieben. Das passiert auch regelmäßig am Telefon. Leimer bestätigt uns, dass auch in Call-Centern immer wieder gelogen wird, um Neuverträge zu verkaufen. Denn letztlich geht es nicht nur um die Provision, die jeder verkaufte Vertrag bringt, sondern auch darum, den eigenen Job zu sichern.

Erreicht ein Sub-Unternehmen nicht die Vorgaben, die Vodafone immer wieder neu gestaltet, wird es durch ein anderes ersetzt, erklärt uns der Vodafone-Mitarbeiter. Und die Sub-Unternehmen, in dem Fall die Call-Center, geben den Druck auf jeden einzelnen Mitarbeiter weiter. Verkauft man zu wenig, erklärt uns Leimer, geht es zum Teamleiter. Der kann einen Sales-Manager engagieren, der dem Mitarbeiter zeigt, wie man verkauft. Dass viele dieser “Sales-Manger” auch mit Tricks arbeiten, die über die Grauzone hinausgehen, erklärte uns schon einmal ein ehemaliger Vodafone-Mitarbeiter.

Und zu guter Letzt gibt es den sogenannten Net Promoter Score. Kunden bewerten Kundenberater im Anschluss an die Gespräche. Die Skala reicht von 1 für “Schlecht” bis 10 für “Sehr gut”. Doch intern sind Kundenberater nur gut, wenn sie eine 9 oder 10 bekommen, so Leimer. Eine 8 sei bereits schlecht. Viele Kundenberater sind deshalb außerordentlich freundlich und lügen auch, damit sie gute Bewertungen bekommen. Ein Beispiel: Einem Kunden wird gesagt, dass das Gerät, etwa ein Modem, in maximal einer Stunde wieder funktioniert. Frühestens könnte es in Wirklichkeit aber erst in 24 Stunden funktionieren. Doch welcher Kunde hört das schon gerne? Somit komme es nach spätestens 2 Stunden zu einem erneuten Anruf eines schlecht gelaunten Kunden, erklärt uns Leimer.

Vodafone-Abzocke: Diese Unternehmen stecken dahinter

Zwar kontrolliert Vodafone die Verkäufe stichprobenartig, stellte vor Kurzem auch Strafanzeige gegen einige Partner und machte eigenen Angaben zufolge 13 Shops dicht. Dass man das aber durch Vorgaben, Verhaltensweisen und Richtlinien auch selbst in einer gewissen Art duldet, bleibt unerwähnt. Wir haben vier Unternehmen ausfindig gemacht, die aktuell als Call-Center für Vodafone arbeiten.

Neben Webhelp taucht Avedo bei Google an erster Stelle in der Suche auf, wenn man Vodafone in Verbindung mit Call-Center eingibt. Mit einer Jobanzeige, in der man Call-Center Agenten sucht. Doch viele Bewertungen von (ehemaligen) Mitarbeitern des Unternehmens bestätigen das, was Leimer uns erzählt.

“Wenn man einen vernünftigen Kundendienst anbieten möchte, kommt man in aller Regel mit den Vorgaben des Auftraggebers (in diesem Fall Vodafone) nicht zurecht – man muss in knapp 8 Minuten alles abgearbeitet haben, von der Rufannahme über die Kommunikation mit dem Kunden, die Aufnahme und Bearbeitung der Störung in diversen Software-Plattformen bis hin zum Erstellen eines Kommentars für die Technik, veranlassen von Hardware-Tausch und evtl. eines Upgrades etc.”, lautet eine der vielen negativen Bewertungen eines ehemaligen Angestellten. Leimer bestätigt uns das. „Die Zeiten und damit die Bezahlung der Call-Center sind Verhandlungssache. Die Verträge laufen üblicherweise 12 Monate. Momentan hat unsere Technik maximal 5 Minuten für einen Anruf.

„Egal ob sie es brauchen oder nicht“

Ein weiteres Unternehmen, das als Call-Center für Vodafone arbeitet: Walter Services. Das Unternehmen, das aktuell Kundenberater im Home-Office für Vodafone sucht, war vor 8 Jahren fast schon einmal Pleite. Starke Umsatzrückgänge im Kerngeschäft, dem Call-Center-Betrieb für große Telefongesellschaften, sollen damals der Grund gewesen sein. Heute gibt es Walter Services immer noch. Doch auch bei diesem Unternehmen verraten Mitarbeiterbewertungen, dass es im Grunde nur darum geht, Kunden Produkte zu verkaufen.

“Wäre ich Vodafone, würde ich mich von dem Subunternehmen trennen. Die Vergütung frustriert die Mitarbeiter. Der unsagbare Verkaufsdruck, dem die Mitarbeiter ausgesetzt sind, sorgt dafür, dass sich nicht um das Kundenanliegen im eigentlichen Sinne gekümmert wird, sondern ausschließlich drauf geschaut wird, dass man den Kunden irgendwas andreht”, heißt es in einem Kommentar. “Egal ob sie es brauchen oder nicht, egal ob die Konditionen bescheiden sind und dem Kunden ein günstigeres Produkt besser passen würde.”

Und dann gibt es noch Capita, ehemals Avocis. Markus Meurer, ein Mann mit einer langen Berater-Geschichte bei Vodafone, wechselte einst von dem Netzbetreiber zu Avocis und war dort bis April 2017 Vorsitzender der Geschäftsführung. Ein Zufall? Inzwischen ist Meurer Vice President Servicepartnermanagement Privatkunden bei der Telekom.

Wer nicht verkauft, wird ausgetauscht

Ob bei Kununu, Indeed oder Glassdoor: Viele Mitarbeiterbewertungen bei verschiedenen Portalen zeigen, was uns Leimer bestätigt. Vodafone baut Druck auf seine Subunternehmen, die Call-Center auf, die diesen an die teils schlecht geschulten Mitarbeiter weitergeben. Also jene Menschen, die Kunden am Telefon beraten sollen, ihnen aber letztlich Produkte verkaufen müssen. Alles nur, um den Job zu behalten oder um mit Provisionen mehr zu verdienen. Wer das nicht macht, wird ersetzt. Durch einen anderen unerfahrenen Mitarbeiter ohne Vorkenntnisse. Übrigens, so erzählt uns Leimer, darf der Vertrag eines Kunden am Telefon niemals günstiger werden, obwohl das problemlos möglich sei. Sollte es doch dazu kommen, kann das eine Abmahnung für den Berater bedeuten.

Niemals Verträge im Shop abschließen

Zum Schluss sagt uns Leimer, sollte man niemals einen Vertrag in einem Shop abschließen. Denn im Gegensatz zu einem Vertrag, den man am Telefon oder übers Internet abschließt, kann ein Vertrag im Shop in der Regel nicht im Nachhinein widerrufen werden. Wer hingegen einen Vertrag online abschließt, hat aufgrund des Fernabsatzgesetzes ein 14-tägiges Widerrufsrecht.

Und dass manche Shopbetreiber um jeden Preis verkaufen wollen und auch nicht davor zurückschrecken, Kunden Verträge unterzuschieben, zeigen die Provisionen, die sie kassieren. Während ein Call-Center mit dem Verkauf eines DSL-Vertrags inklusive Telefon- und TV-Anschluss eine Provision von etwa 8 Euro bekommt, kassiert ein Shop für das Gleiche rund 120 Euro.

Quelle; inside-digital
 
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