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IPTV "Fernsehen via App ist einfacher und flexibler"

Zattoo ist schon seit zwölf Jahren im Streamingmarkt aktiv, doch richtig Fahrt aufgenommen hat das Thema erst in den vergangenen Jahren. Jörg Meyer, Chief Officer Content and Consumer, über die Ambitionen von Zattoo und warum Netflix und Co. helfen.

Herr Meyer, Zattoo ist seit mehr als zehn Jahren im deutschen Streaming-Markt aktiv. Sind sie jetzt noch Startup oder schon Establishment?

(lacht) Zattoo ist längst ein erwachsenes Unternehmen, wird im Markt aber als dynamischer Jugendlicher wahrgenommen. Was ich damit meine: Wir machen schon seit vielen Jahren, wie einige im Markt es nennen würden, „irgendwas mit Streaming“. Für uns ist das ein Geschäft, in dem wir inzwischen seit mehr als zwölf Jahren agieren. Es ist für uns nicht neu, sondern mit viel Erfahrung stetig verbessert. Der Markt wiederum hat damals als wir anfingen, gar nicht verstanden, was wir hier machen wollen. Das hat gedauert. Deswegen wirkt das, was wir machen, neuer als es eigentlich ist. Aber einen in seinen alten Strukturen sehr erfolgreichen Markt wie das lineare Fernsehen von Veränderungen zu überzeugen, brauchte Zeit.

Und wie viele Menschen nutzen im Jahr 2018 nun Zattoo in Deutschland? Können Sie da mal eine Hausnummer nennen?

Wir sind inzwischen auf Augenhöhe mit einigen mittelgroßen Kabelnetzbetreibern in Deutschland. Im vergangenen Jahr konnten wir die Subscriber-Zahlen mal eben verdoppeln. Da hat der DVB-T-Wechsel definitiv geholfen. Gar nicht so sehr am 1. April vergangenen Jahres, aber in den Monaten danach, weil TV-Streaming zunehmend als Alternative zu traditionellen Empfangswegen angesehen wird. Anfang 2018 verzeichneten wir jeden Monat rund 650.000 Nutzer in Deutschland, wenn wir Gratis- und Bezahl-Angebot zusammennehmen. Zur WM werden es, aus Erfahrung heraus, dann auch wieder deutlich siebenstellige Nutzerzahlen sein. Diese Reichweite hilft inzwischen auch bei der Wahrnehmung.

Sie sprechen selbst die Wahrnehmung an. Zattoo war lange ein Nischenprodukt. Wenn man sagt, dass Sie Ihrer Zeit voraus waren, kann das ein Lob sein. Aber unternehmerisch auch gefährlich, wenn man keinen langen Atem hat….

Wir haben sehr früh gesagt: Fernsehen über das Internet wird einmal der Standard werden. Vor zehn Jahren gab es darauf hin großes Köpfeschütteln. Wenn alle gleichzeitig streamen, dann breche doch das ganze Internet zusammen! So wurde damals argumentiert. Wir reden über eine Zeit, in der Netflix das Streaming noch gar nicht gestartet hatte. Das lässt vielleicht erahnen, wie skeptisch damals die Idee von Zattoo betrachtet wurde. Fernsehen über das Internet ist jetzt in den vergangenen zwei, drei Jahren für immer mehr Menschen Realität und weniger ein Experiment.

Interessant ist doch die Evolution von Streaming in Deutschland. Es begann mit „Fernsehen via Computer“, dann war mobiles Fernsehen en vogue…

…und jetzt wieder das Wohnzimmer. Wir sind in der Tat gestartet mit der Nutzung über den PC, dann kamen die mobilen Geräte. Smartphones und Tablets waren ein großes Wachstumspotential. Da war die EM 2012 ein großer Treiber für uns. Damals war mobiles Fernsehen - lizenzrechtlich allerdings nur über Wifi - der große Trend und alle haben sich darauf gestürzt. Die Bewegung zurück ins Wohnzimmer - Stichwort Smart TV - ist jetzt für uns der wichtigste Schritt hin zu dem Ziel, Fernsehen über das Internet als regulären Empfangsweg und ohne zusätzliche Technik oder Vertragslaufzeiten zu etablieren.

Nach dem Hype um mobiles Fernsehen, ist jetzt Smart TV in der breiten Masse angekommen und mit der sich entwickelnden Internetgeschwindigkeit hat sich auch Zattoo entwickelt. Für den großen Fernseher braucht es HD-Qualität und die muss gewährleistet sein, um sagen zu können: Wir ersetzen ihren bisherigen TV-Anbieter. Das ist ein weitaus ambitioniertes Ziel als ein Zusatzangebot für die mobile Fernsehnutzung zu sein. An diesem Ziel arbeiten wir seit zwei Jahren.

Aber Fernsehen über das Internet muss sicher noch Zweifler einer stabilen Verbindung überzeugen. Und die hängt ja nicht nur an Ihnen sondern an der Geschwindigkeit der Internetverbindung. Sie sehnen den Breitbandausbau in Deutschland dementsprechend auch schon herbei?

Absolut. In der Tat ist eine der häufigsten Fragestellungen, die wir immer wieder hören - von interessierten Nutzern aber auch der Presse - ist die: Wie stabil ist denn der Stream? Diese Vorbehalte nehmen zwar ab, weil immer mehr Menschen andere Streamingangebote wie Netflix oder Amazon Prime Video nutzen und wissen wie gut es funktioniert. Bis auf die ländlichen Gebiete eben. Deswegen spielt uns der Breitbandausbau in Deutschland in die Hände – möge er bald flächendeckend umgesetzt sein.

Netflix, Amazon und Co. haben Ihnen also geholfen?

Ja, auch Maxdome oder DAZN. Alle SVoD-Angebote helfen uns, das Vorurteil aus der Welt zu schaffen, Streaming sei etwas für den Computer und unfassbar technisch. Uns eint also die Kommunikation: Auch auf dem Wohnzimmer-Fernseher kann der Content via Internet kommen. Und sie helfen uns auch noch auf einem zweiten Wege, weil auch sie eine Fernsehnutzung kultivieren, die flexibel ist. App runterladen, Account anlegen - ohne lange Laufzeiten - und schon kann man losschauen. Das ist eine Flexibilität, die ich weder bei Kabel noch Satellit habe. Denn auch beim Satellit brauche ich erst mal die Technik auf dem Dach. Fernsehen via App ist einfacher und uns ist wirklich egal, auf welchem Endgerät sie letztlich gucken.

Die angesprochenen Provider - Kabel aber auch Satellit - begegnen dem intensiveren Wettbewerb um die reine Bereitstellung von Programmen mit der Bereitstellung von technischen Endgeräten oder aber investieren in exklusiven Content. Zattoo ist Zattoo, ein Dienstleister. Aber Sie bieten ja im Grunde nichts, was andere nicht auch bieten. Reicht das in der Zukunft?

Da würde ich widersprechen. Wer zum Beispiel vom Satellitenempfang zu Zattoo wechselt, wird von Aufnahme-Funktion über ReStart-Möglichkeit bis OnDemand-Angebot einige Features entdecken, die er oder sie bislang nicht hatte. Und die Funktionalität, unsere App auf diversen Endgeräten zu nutzen und so für jede Nutzungssituation gerüstet zu sein, ist auch neu für jemanden der sich bislang noch nie intensiver mit Streaming beschäftigt hat. Da gilt das, was ich eingangs sagte. Für uns ist das schon ein erwachsendes Produkt aber für den Markt unverändert eine Innovation.

Woher kommt das Kunden-Wachstum für Zattoo?

Die direkten Wettbewerber - Magine, Waipu - sind für uns eher Mitstreiter in der Sache. Wir freuen uns natürlich auch über jeden Kunden der von anderen Streaming-Anbietern zu Zattoo kommt, aber wir wollen mit denen nicht über die Krümel streiten sondern sehen: Wir wollen gemeinsam für das Streaming ein größeres Stück vom Kuchen, der sich deutscher TV-Markt nennt. Wir sehen das Wachstumspotential in den vielen Millionen Haushalten, die in Deutschland noch auf Kabel oder Satellit setzen aber vielleicht das Gefühl bekommen, limitiert zu sein oder aber zu viel zu bezahlen. Kostenlosen TV-Empfang - das gibt es inzwischen in guter Qualität ja weder über DVB-T noch über Satellit umsonst. Aber wir sind eine gute Option - auch für preissensible Kunden.


Sie fokussieren sich im B2C-Geschäft allerdings auf Deutschland und die Schweiz, wurde vergangene Woche bekannt. Warum?

Tatsächlich fokussieren wir die Aktivitäten unseres B2C-Teams bereits seit 2010 auf Deutschland und die Schweiz. Zwar wurde Zattoo in den Jahren 2006 bis 2008 in einer ganzen Reihe europäischer Länder gelauncht. In den meisten Ländern wurde der Dienst aber bereits vor 2010 wieder eingestellt. In Spanien und Dänemark gab es trotz eines stark eingeschränkten Produktangebotes einen kleinen Stamm an Abonnenten.

In diesen Ländern haben wir den Dienst in den letzten Jahren für die bestehenden Abonnenten weiterbetrieben, ohne Anstrengungen in den weiteren Ausbau des Geschäfts zu stecken. Immer wieder haben wir diskutiert, die Internationalisierung von Zattoo wieder voranzutreiben. Die Lust und Motivation hierzu war immer enorm groß im Team – und ist sie ehrlich gesagt immer noch. Uns war aber auch bewusst, dass eine Internationalisierung mit einem B2C-Produkt zunächst ein Investment in Content-Rechte und Kundenakquisition bedeutet und mit höherem unternehmerischen Risiko verbunden ist.

Für ein Unternehmen wie Zattoo, welches seit 2010, mit damals 15 Mitarbeitern, fast ausschließlich durch den selbst generierten Cash-flow auf heute über 110 Mitarbeiter gewachsen ist, ist es aber von enormer Bedeutung möglichst in Projekte mit kurzer Amortisationsdauer zu investieren.

Deswegen haben wir in den letzten Jahren unsere Ressourcen zunächst auf die Schweiz und Deutschland fokussiert. Dann haben wir die strategische Entscheidung getroffen, die Internationalisierung außerhalb dieser Länder durch einen viel weniger kapitalintensiven B2B-Ansatz zu verfolgen. Das wir den B2C-Service in Spanien und Dänemark nun eingestellt haben ist die konsequente Umsetzung dieser Strategie.

Sie sprechen das B2B-Geschäft an. Sie stellen Ihre Technik anderen Unternehmen zur Verfügung, die diese dann als eigene Streaming-Angebote vermarkten, z.B. TV Spielfilm Live. Lässt sich damit mehr Geld verdienen?

Also Geld verdient hat Zattoo auch schon vor dem Einstieg ins B2B-Geschäft. Aber wenn man nur finanzielle Mittel einsetzen kann, die man zuvor verdient hat, sind die Wachstumsraten begrenzt. Mit unserer fortschrittlichen Technologie, dem zunehmenden Wunsch anderer Unternehmen sich dem Streaming zu nähern und unserer Vision davon, Fernsehen übers Internet zu einem Standard-Empfangsweg zu machen, machte der Schritt ins B2B-Geschäft Sinn. Wenn uns Partner helfen, dieser Vision näher zu kommen, ist es nur bedingt relevant, ob auf dem Endkundenprodukt Zattoo drauf steht oder nicht. Wir machen uns lieber selber Konkurrenz als dass es andere tun. Durch das zusätzliche B2B-Geschäft konnten wir den Ausbau von Zattoo beschleunigen. Inzwischen arbeiten bei uns mehr als 110 Mitarbeiter. Und dieses Mitarbeiterwachstum spiegelt sich insbesondere in der Produktentwicklung wider.

Welche Rolle spielt denn dann noch das eigene Endkunden-Angebot unter der Marke Zattoo?

Das B2C-Geschäft macht weiterhin einen erheblichen Anteil unseres Umsatzes aus. Aber es ist auch aus strategischen Gründen für unser B2B-Produkt wichtig, weil wir auf diesem Wege die direkte Beziehung zu den Endnutzern haben. So wissen wir, was die Endnutzer wollen oder was sie an unserer TV-Plattform stört. Dies hilft uns stetig das Angebot auch für unsere B2B-Partner wie zum Beispiel 1&1 in Deutschland oder Salt in der Schweiz, zu verbessern.

Es ergänzt sich einfach ideal: Wir fahren unter eigener Marke, bauen ein top Produkt, optimieren nebenbei automatisch die Plattform für unsere Partner gleich mit und profitieren gemeinsam von den Skaleneffekten in der Entwicklung und dem Betrieb unserer TV-Plattform. Das ist unser Wettbewerbsvorteil gegen so manche großen Unternehmen aus den USA, die sich auch darum bewerben, die Plattform für Streamingangebote von z.B. 1&1 bei uns oder Hotwire in den USA bereitzustellen.

Bleiben wir nochmal bei Ihrem eigenen Produkt: Da gibt es seit Jahren auch ein PayTV-Paket, aber offen gesagt von begrenzter Attraktivität. Ist da Bewegung zu erwarten?

Wir waren auch hier die ersten, die PayTV-Sender im Streaming angeboten haben. Aber Sie haben Recht: Da sind wir nicht weit, weil wir in den vergangenen Jahren keinen Schwerpunkt darauf gesetzt haben. Wir wollten nicht in die Spitze gehen, sondern Zattoo als alternativem TV-Provider im Markt positionieren, eben zum Beispiel für bisherige DVB-T-Kunden. Als wir uns dem Thema damals genähert sind 2011/12, da war das mit PayTV via Streaming noch experimentell. Da haben sich potentielle Partner erstmal schlau machen müssen: Dürfen wir das überhaupt rechte- und lizenztechnisch? Unsere Erkenntnis war: Wenn genug Geld fließt, dürfen manche Marktteilnehmer erstaunlich viel.

Hat sich das geändert?

Auf jeden Fall. Wir stellen fest: Distribution von Sendern bzw. Sendermarken war noch nie ein so großes Thema wie heute. In der Summe sind all diese neuen Verbreitungswege, da schließe ich auch mal Amazon Channels mit ein, inzwischen durchaus eine spannende Alternative zur Abhängigkeit von einem einzigen Pay-TV-Platzhirsch. Hier und da traut man sich was und da kommt sicher noch mehr Bewegung rein.

Auch ins Thema 4K?
Auch da. 4K wird eher für 2018 als 2019 ein Thema. Und das auf zwei Wegen: Wir haben B2B-Kunden, die das gerne umsetzen würden und wir selbst wollen das über unser eigenes Angebot natürlich auch realisieren. Linear mangelt es da noch an Sendern, aber wir haben ja auch OnDemand-Inhalte und werden da sicher in nicht allzu ferner Zukunft Inhalte von Partnern anbieten können.

Herr Meyer, herzlichen Dank für das Gespräch.

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Quelle; dwdl
 
Jeden Monat ca. 650.000 Nutzer ist aber noch weit ab von den Millionen Nutzern, die jeden Monat TV per Satellit, Kabel oder terrestrisch sehen!!!
 
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