Bundesgerichtshof
Wer haftet für offenes WLAN-Netz?
Der Bundesgerichtshof prüft, wer für den Missbrauch ungesicherter WLAN-Netze haftet – wenn beispielsweise ein Nachbar über die Verbindung illegal Musik herunterlädt.
Wer nicht aufpasst, teilt seinen WLAN-Anschluss unfreiwillig mit den Nachbarn. Ist die Verbindung nicht gesichert, kann jeder, der sich im Funkradius befindet, darüber ins Internet gehen – und beispielsweise illegal Musik herunterladen. Erwischt werden kann der Betrüger kaum: Registriert wird nur die IP-Adresse des Anschlussinhabers. Nun prüft der Bundesgerichtshof (BGH), ob WLAN-Nutzer für eventuelle Schäden haften müssen, wenn sie ihren Anschluss nicht absichern. Erwartet wird ein Grundsatzurteil.
Im vorliegenden Fall klagt die von dem Musiker Moses Pelham gegründete Frankfurter Plattenfirma 3p gegen einen Anschlussinhaber. Der Mann bekam per Post eine Abmahnung und eine Schadenersatzforderung von einem Anwalt, weil er illegal den Song „Sommer unseres Lebens“ von Sebastian Hämer heruntergeladen haben soll.
Prüfungspflicht oder nicht?
Der Mann war zur Tatzeit aber nachweislich im Urlaub. Er berief sich darauf, dass ein Unbekannter seinen nicht abgesicherten WLAN-Anschluss für die Urheberrechtsverletzung genutzt haben müsse. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hatte ihn freigesprochen. Er habe „keine Prüfungspflicht dergestalt, dass er seinen WLAN-Anschluss gegen unbefugte Nutzung durch Dritte sichern müsse“, heißt es in dem Urteil.
Bei der mündlichen Verhandlung in Karlsruhe wurde deutlich, dass die Karlsruher Richter den WLAN-Nutzer wohl nicht ganz ungeschoren davonkommen lassen werden. Der Fall sei beispielhaft für die Urheberrechtsverletzungen, die „in großem Stil per Internet möglich“ seien, sagte der Vorsitzende Richter Joachim Bornkamm. Schadenersatz sei womöglich aber erst dann fällig, wenn der Anschlussinhaber trotz Hinweisen auf möglichen Missbrauch nicht reagiere.
In der Revisionsverhandlung sagte der Anwalt von 3p, Hermann Büttner, die Sache habe eine „enorme Bedeutung“. Die WLAN-Piraterie sei ein Massenphänomen. „Dieses Riesenloch für das unberechtigte Abziehen von geschützten Werken muss geschlossen werden“, forderte der Anwalt. Da die Reichweite von WLAN-Anschlüssen oft mehrere Hundert Meter über den eigentlichen Arbeitsraum hinausreiche, werde ein Zugang für eine Vielzahl Dritter ermöglicht, die sich einwählen könnten. Die Gefahr sei aber durch entsprechende Sicherungs- und Verschlüsselungsmaßnahmen „beherrschbar“.
Der Termin für die Urteilsverkündung steht noch nicht fest.
18.03.2010
Focus.de