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Datenschutzverstoß beim Weiterbewilligungsantrag – Die Zweite nach einer Antwort des Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Die Bundestagsfraktion der Partei "Die Linke" hat in einer schriftlichen Anfrage an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) um eine Stellungnahme zu unserem Artikel „Datenschutzverstoß beim Weiterbewilligungsantrag“ vom 15. Oktober 2013 gebeten. Die Stellungnahme des Ministeriums finden Sie hier [241 KB] . Wir möchten die Antwort des Ministeriums natürlich nicht unkommentiert lassen.
Kommentar
(Die nachfolgende Nummerierung in unserem Kommentar bezieht sich auf die Nummerierung der Antworten in der Stellungnahme.)
zu 1.
Das BMAS lässt sich hier langatmig zur Zulässigkeit der Vorlage von Kontoauszügen aus, diese hatten wir aber gar nicht bemängelt. Vielmehr haben wir beanstandet, dass es lt. BDSG unzulässig ist, schon erbrachte Nachweise erneut zu fordern, wie es im neuen Weiterbewilligungsantrag bei allen Positionen (außer den Unterkunftskosten) gefordert wird. Das wir damit Recht haben, musste das BMAS hier letztlich auch eingestehen.
zu 2.
Das BMAS vertritt hier eingangs die Meinung, dass es für den Antragsteller nur in Ausnahmefällen einen geringeren Aufwand darstellt, wenn statt seiner das Jobcenter die Einkommensbescheinigung beim Arbeitgeber anfordert. Der Sinn dieser Aussage erschließt sich uns nicht, da hier der geringere Aufwand des Antragstellers offensichtlich ist. Das BMAS klassifiziert alsdann die Angaben zum Arbeitsentgelt als Sozialdaten, das erschließt sich uns rechtlich nicht, da diese Angaben per Definition gar keine Sozialdaten sein können.
Im Weiteren besteht das BMAS darauf, dass einer Datenerhebung beim Arbeitgeber erst ein erfolgloser Versuch des Antragstellers, diese Daten selbst zu erheben, vorausgegangen sein muss. Auch das erschließt sich uns rechtlich nicht, denn weder §§ 60 ff SGB I noch § 67a ff SGB X kennen, geschweige denn regeln einen solchen Eigenbemühungsvorrang. Korrekt ist, dass das Jobcenter in Ermangelung gesetzlicher Voraussetzungen vor der Datenerhebung beim Arbeitgeber das Einverständnis des Antragstellers einholen muss (vgl. B 14 AS 65/11 R). Dies ist aber eine reine Formalität und der Antragsteller ist nach § 60 Abs. 1 Nr. 3 SGB I dazu verpflichtet, dem zuzustimmen. Anschließend verliert sich das BMAS in einem Beispiel der Amtshilfe, welchem jedoch jeglicher Sachbezug zu unserem Artikel fehlt.
Zu Letzt stützt sich das BMAS in offensichtlicher Erklärungsnot auf die Behauptung, die Einkommensbescheinigung wäre so gestaltet, dass daraus nicht ohne weiteres auf das Jobcenter als Empfänger des Formulars geschlossen werden könnte. Diese Behauptung macht uns dann doch ärgerlich, denn gleich im zweiten Absatz der aktuellen Einkommensbescheinigung (Stand: 08/2013) springen dem Leser derselben die Worte „vom Jobcenter“, auch noch in Fettdruck deutlich hervorgehoben, direkt ins Auge. Auf unsere Ausführungen, dass der Gesetzgeber mit §§ 57 und 58 SGB II eine eigenständige Mitwirkungspflicht von Arbeitgebern gegenüber dem Jobcenter begründet hat, welche damit der Mitwirkungspflicht nach § 60 SGB I de jure vorgeht, ist das BMAS erst gar nicht eingegangen.
zu 3.
Das BMAS begründet die Forderung einer Meldebescheinigung zunächst damit, dass weitere Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zur Antragstellung nicht persönlich beim Jobcenter vorstellig werden müssen. Im Anschluss führt es dann aber aus, dass diese Personen trotzdem gegenüber dem Jobcenter zur Identitätsprüfung ihren Personalausweis oder Pass vorlegen müssen. Den sich daraus ergebenden Widerspruch, wozu trotz Personalausweis/Pass zur Identitätsprüfung noch eine Meldebescheinigung benötigt wird, die zu einer Identitätsprüfung vollkommen ungeeignet ist, klärt das BMAS leider nicht auf. Im Weiteren bezeichnet das BMAS eine Meldebescheinigung als wichtiges und damit erforderliches Indiz (nicht Nachweis) für den gewöhnlichen Aufenthalt - insbesondere wenn, so das BMAS, im Personalausweis noch nicht die aktuelle Wohnadresse steht.
Es erschließt sich uns rechtlich weder, dass das BMAS die Beweiskraft einer Meldebescheinigung höher bewertet, als die Angaben im Personalausweis/Pass, noch dass sich die Angaben im Personalausweis von denen in der Meldebescheinigung unterscheiden sollen, da bei einer An- oder Ummeldung parallel zum Melderegister auch immer die Angaben im Personalausweis/Pass aktualisiert werden und somit i.d.R. identisch sind. Damit sind Personalausweis/Pass und der ohnehin vorzulegende Mietvertrag erkennbar geeigneter und auch ausreichend, den gewöhnlichen Aufenthalt festzustellen. Die Legaldefinition des gewöhnlichen Aufenthalt (§ 30 Abs. 3 S. 3 SGB I) kennt zudem keine Meldebescheinigung und stellt auch nicht darauf ab.
Ergänzend weisen wir an dieser Stelle noch darauf hin, dass unserer Meinung nach die Regelung zum tatsächlichen Aufenthalt in § 36 S. 4 SGB II de jure eine Meldebescheinigung obsolet macht. Die (zusätzliche) Forderung nach einer Meldebescheinigung stellt damit unserer Meinung nach eine überzogene und unzulässige Nachweisforderung dar. Dies konnte das BMAS mit seinen Ausführungen nicht entkräften.
Fazit
Hauptsächlich hatten wir am neuen Weiterbewilligungsformular bemängelt, dass die Forderung von schon erbrachten Nachweisen gegen § 3a BDSG verstößt und somit keine Mitwirkungspflichten nach § 60 SGB I begründet. Dies hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in seiner Antwort letztlich bestätigt. Ob das BMAS das Formular nun dahingehend überarbeitet, bleibt abzuwarten. Die von uns bemängelten weiteren rechtlichen Unzulänglichkeiten im Formular, die sich auch in der täglichen Praxis der Jobcenter wiederfinden, konnte das BMAS nicht entkräften. Die Ausführungen des BMAS dazu kranken an deutlicher Erklärungsnot und sind in sich widersprüchlich sowie tatsachenfremd.
Immer mehr Schwerbehinderte arbeitslos
Quelle: gegen-hartz