[h=2]Angus Young Pennäler des Hardrock[/h]
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Corbis
1,57 Meter klein, 110 Dezibel laut, 200 Millionen verkaufte Platten: Mit der australischen Rockband AC/DC wurde Gitarrist Angus Young zum Superstar. Jetzt wird der ewige Schuljunge 60. Von
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Im Londoner Vergnügungsviertel Soho drängen sich 700 Fans im ausverkauften Marquee Club. Es ist ein Maiabend im Jahr 1976, und in der britischen Hauptstadt grassiert das Punk-Fieber. "Working Man's Rock'n'Roll" nennt man den erfrischenden Anti-Sound, mit dem die Sex Pistols und The Clash die Hauptstadt erobert haben. Auf der Bühne des Klubs springt ein nur 1,57 Meter großer Gitarrist in Schuluniform mit Kappe, Krawatte und kurzen Hosen herum, während er ohrenbetäubende Riffs in die Saiten haut.
Mit Punkrock hat das, was der junge Mann und seine vom anderen Ende der Welt angereiste Band da spielen, wenig zu tun. Doch ihre Bluesrock-Songs sind lauter und härter als alles andere - und ihr Gitarrist, der in atemloser Raserei über die Bühne fegt, reißt selbst die eingefleischtesten Punks mit: Während er auf die Saiten eindrischt, lässt er sich auf die Knie fallen, um dann beim Solo rücklings auf dem Bühnenboden zu rotieren. Dann springt er wieder auf, tanzt in Chuck Berrys berühmtem Duckwalk über die Bretter, beginnt zu strippen und rockt nur in Unterhose weiter - mit jeder Faser seines schmächtigen Körpers. Angus Young, damals 21, war der kleine Derwisch, der dafür sorgte, dass die australische Rockband AC/DC alle in ihren Bann zog - an diesem Abend im Londoner Marquee Club genauso wie in den folgenden vier Jahrzehnten auf Tausenden anderen Bühnen rund um die Welt. Bis heute werden die Hardrocker aus Down Under von Fans für ihre energiegeladene Performance kultisch verehrt - und für die zeichnete stets Angus Young verantwortlich.
Das lauteste Familienunternehmen der Welt
Eigentlich war von Anfang an Angus' älterer Bruder Malcolm Young der leitende Kopf von AC/DC gewesen. Er hatte die Band gegründet, er war der zentrale Ideengeber. Auf der Bühne jedoch hielt Malcolm sich lieber im Hintergrund - wenn auch aus ganz pragmatischen Gründen: "Du machst auf der Bühne das Theater", hatte er Angus zu Beginn dessen Rolle erklärt, "denn mich würde das nur vom Saufen abhalten!"
Angus und Malcolm waren als die jüngsten von acht Geschwistern aufgewachsen, Musik hatte immer eine große Rolle gespielt in der Familie: Als Angus sechs Jahre alt war, nahm ihn seine ältere Schwester Margaret mit zu einem Konzert von Louis Armstrong. Er war hin und weg. "Wir hatten kein Geld", erinnert er sich, "also baute ich mir meinen eigenen Plattenspieler, damit ich die Platten meiner Schwester hören konnte. Muddy Waters, Chuck Berry, Little Richard, Elvis, Rolling Stones! Das war meine Welt."
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1963, Angus war gerade 8 Jahre alt und Malcolm 10, emigrierten die Youngs von Glasgow nach Australien. Vater William fand einen Job als Anstreicher, sie zogen nach Sydney. Dort stieg ihr Bruder George mit seiner Band The Easybeats und dem Song "Friday on My Mind" 1966 zum Popstar auf. Er und sein Bandkollege Henry Vanda sollten später die Produzenten von AC/DC werden. Beeinflusst vom berühmten Bruder lernten Angus und Malcolm Gitarre spielen und gründeten erste Bands - bis Malcolm 1973 die Idee zu AC/DC hatte.
Der Bandname kam von Margaret, die die vier Buchstaben, ein Kürzel für Wechselstrom/Gleichstrom, auf ihrer Nähmaschine entdeckte. Das passte perfekt zum Power-Sound ihrer Brüder. Auch die Idee mit der Schuluniform als Bühnenoutfit kam von ihr. Angus war erst zögerlich, fand das kindisch. Doch Margaret überzeugte ihn: "Damit unterscheidet ihr euch!" Vater William indes hielt die ganze Idee für ein Hirngespinst: "Er meinte, wenn ihr zusammen in einer Band spielt, geb ich euch eine Woche", so erinnerte sich Angus Young später, "weil Malcolm und ich immer gestritten haben. Aber uns war klar, es ist besser, in einer Band zu spielen als zu arbeiten."
"Erst mit Bon wurden wir cool"
Sänger von AC/DC war in diesen frühen Tagen Dave Evans. Doch bald sollte die Begegnung mit einem jungen Mann namens Bon Scott die Bandgeschichte für immer verändern: "Im Herbst 1974 hatten wir ein paar Pub-Gigs in Adelaide, wo Bon seinerzeit lebte", erinnert sich Angus Young. "Er war Sänger bei Fraternity. Der Besitzer des Pubs, in dem wir auftraten, kannte Bon und bat ihn, uns die Gegend zu zeigen." Scott zeigte auch am Steuer echte Rock'n'Roller-Attitüde: "Er fuhr Auto wie der Teufel, und das, obwohl er gerade einen schweren Motorradunfall gehabt hatte. Er war ein Draufgänger, aber wir verstanden uns auf Anhieb." Also fragten die Youngs Bon, ob er nicht bei AC/DC singen wolle - und kassierten erst einmal einen Korb: Scott hatte mitbekommen, dass AC/DC wenig später mehrere Gigs im fernen Westaustralien spielen sollten und dafür drei Tage durch die Wüste fahren mussten. "Darauf hatte er keinen Bock. 'Fragt mich, wenn ihr wieder zurück seid', meinte er. Das taten wir und er sagte zu. Erst mit Bon wurden wir cool!"
Bis zu jenem schicksalhaften 19. Februar 1980, als Bon nach durchzechter Nacht im Wagen eines Freundes in East Dulwich, London, tot aufgefunden wurde. Angus Young erzählt: "Bons Freundin Silvia rief mich an und berichtete von seinem Tod. Was für ein Schock! Wir waren damals alle in London, um Demos für den ,Highway To Hell'-Nachfolger aufzunehmen. Bon war ins Studio gekommen und hatte aus Gag Drums auf dem Track ,Have A Drink On Me' gespielt, ausgerechnet. Und plötzlich war er weg! Bon war keineswegs so selbstzerstörerisch, wie er oft dargestellt wird. Er liebte das Leben, trank, aber verpasste nie eine Show!"
Nach seiner Beerdigung am 1. März 1980 in Fremantle/Australien ermutigte Scotts Mutter die Brüder Young weiterzumachen. Und das taten sie: Wenige Monate später erschien AC/DCs Meilenstein "Back In Black", aufgenommen mit dem neuen Sänger Brian Johnson, eine Hommage an den unvergessenen Bon Scott. Und mit über 49 Millionen Exemplaren bis heute das meistverkaufte Hardrock-Album der Musikgeschichte.
Tee statt Whiskey
Straighter Rock, verzerrte Blues-Riffs und Schuluniform: Nie haben AC/DC etwas an ihrem Erfolgsrezept geändert - und werden doch auch nach über 40 Jahren Bühnenkarriere so frenetisch gefeiert wie eh und je. Es ist wohl gerade diese Geradlinigkeit, die ihre Fans lieben.
So wild Angus Young mit seiner roten Gibson-SG-Gitarre über die Bühne fegt, so unspektakulär ist er privat. In seinem schlichten Alltagsoutfit - Jeans und T-Shirt - kann er unbehelligt durch jede Fußgängerzone spazieren. "Wenn wir auf Tour sind, gehe ich ohne Bodyguard raus, um mir eine Zeitung oder Zigaretten zu holen", erzählt er und lacht. "'Bist du Angus Young?', werde ich manchmal angesprochen. Ich sage: 'Ja!' Daraufhin höre ich: 'Nein, du bist es nicht.'"
Young ist der vielleicht unscheinbarste Superstar im Rock-Zirkus: Er ist seit 35 Jahren mit seiner holländischen Frau Ellen verheiratet, trinkt lieber Tee als Alkohol, hat keinen Führerschein und meidet rote Teppiche. Privat, so verrät der Rock-Derwisch, sei er "eher schüchtern". Erst wenn er seine Schuluniform anzieht und auf die Bühne stürmt, explodiert er. Dann verwandelt er sich wieder in den wilden, ungezogenen Pennäler, der rockt, als gäbe es kein Morgen. Während andere in die Jahre gekommene Rockstars oft hüftlahm über die Bühne tigern, gibt Konditionswunder Angus Young auch nah dem Rentenalter Vollgas, als wäre er tatsächlich noch immer der Junge, als der er sich Abend für Abend verkleidet.
Auf die Frage, wie lange er die berühmte Uniform noch tragen wird, meint er lakonisch: "Man wird mich eines Tages darin beerdigen."Geht es nach ihm, wird das aber noch lange hin sein: "Klar, äußerlich werden wir alle alt - wichtig ist, dass man im Herzen jung ist!" Und eines bleibt der Rock-Titan in der Schuluniform auf jeden Fall: Forever Young!