Endlich kommt Glasfaser ins Haus - doch der Netzbetreiber verwehrt den Anschluss eines Kunden-Routers und pocht auf sein eigenes Modem. Sind die Gründe dafür nachvollziehbar? Darüber sprechen wir mit einem Experten.
Die freie Routerwahl ist ein von der EU verbrieftes Recht für alle Internet-Kunden. Doch seit der flächendeckende Glasfaser-Ausbau in immer mehr Regionen Fahrt aufnimmt, ist eine bedenkliche Entwicklung zu beobachten: Glasfaser-Netzbetreiber erwecken gegenüber ihren Kunden vermehrt den Eindruck, dass am Glasfaser-Anschluss "aus technischen Gründen" keine freie Routerwahl möglich sei. Es müsse zunächst zwingend das Glasfaser-Modem des Netzbetreibers angeschlossen werden, dahinter könne der Kunde dann seinen eigenen Router hängen.
Das Thema ist inzwischen so brisant, dass sich damit auch die Bundesnetzagentur beschäftigt; alle Beteiligten können dort ihre Position vorbringen. Der Ausgang dieses Verfahrens wird von vielen Betroffenen mit Spannung erwartet. Wir haben dazu ein ausführliches Interview mit einem Experten der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz geführt.
Der Hintergrund in Kürze
Zuvor fassen wir das Problem nochmals kurz zusammen: Die Glasfaser-Netzbetreiber argumentieren, dass sie den Zugang nur am optischen Netzabschluss (Optical Network Terminal, ONT) anbieten würden, weil nur so sichergestellt sei, dass die Netze vor störenden Netzabschlussgeräten (also den gängigen Modem/Router-Kombinationen) geschützt werden könnten. In Deutschland werden Glasfaser-Anschlüsse in der Regel kostensparend als Gigabit Passive Optical Network (GPON) realisiert. Bei der Diskussion geht es also um die Frage, wo genau sich der Netzabschlusspunkt wirklich befindet und ob die von den Netzbetreibern vorgegebenen Argumente in technischer Hinsicht überhaupt der Wahrheit entsprechen.
Im Gegenzug warnen der Verbund der Telekommunikations-Endgerätehersteller (VTKE) und Verbraucherschützer hingegen davor, dass die aktuell geduldete Ausnahme beim passiven Netzabschlusspunkt die von der EU vorgesehene Endgerätefreiheit de facto wieder abschaffen könnte. Entsprechende Versuche gab es zwischenzeitlich übrigens auch bei TV-Kabelnetzbetreibern - allerdings ohne Erfolg. Mehr technische Details lesen Sie in unserem großen Ratgeber zur Routerfreiheit.
Interview zum Zwangsmodem bei Glasfaser
Bild: Image licensed by Ingram Image, Bilder: Nokia, dpa, Montage: teltarif.de
Das Interview mit der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz
Michael Gundall ist Ingenieur für Medientechnik und Teil des Fachbereichs Digitales und Verbraucherrecht bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Er steht regelmäßig im Austausch mit betroffenen Glasfaser-Kunden sowie Glasfaser-Netzbetreibern und berichtet im Exklusiv-Interview mit teltarif.de auch über konkrete Fälle.
teltarif.de: Warum setzt sich die Verbraucherzentrale überhaupt für das Thema Endgerätefreiheit ein?
Michael Gundall: Es sind ökologische und ökonomische Gründe: Zum einen versuchen viele Anbieter, Verbrauchern ein Endgerät - mindestens das Glasfasermodem - "vorzuschreiben". Das steht aber im Widerspruch zur gesetzlich festgelegten freien Wahl des Endgerätes, die seit August 2016 gilt. In §73 TKG ist festgelegt, dass das Netz des Anbieters an der Anschlussdose endet, der sogenannte passive Netzabschluss. Zum anderen stellt sich die Frage nach der Anzahl von Geräten: Warum sollte man zwei Geräte (Modem und Router) nutzen, wenn ein platzsparendes Kombigerät ausreicht, das mit einer Steckdose auskommt? Außerdem verbraucht ein Kombigerät wesentlich weniger Energie als zwei getrennte Geräte. Hierbei darf man nicht nur auf den Energieverbrauch des Glasfasermodems (ONT - Optical Network Termination) achten, sondern muss auch den "Mehrverbrauch" des Routers mit einrechnen. Eine stichprobenartige Messung der Verbraucherzentrale ergab, dass ein Glasfaserrouter im sogenannten WAN-Betrieb (Wide Area Network) hinter einem Glasfasermodem mehr Energie benötigt, als im echten Glasfaserbetrieb, also ohne vorgeschaltetes Glasfasermodem. Dies liegt daran, dass die LAN-Strecke zwischen Modem und Router auch ein Energiefaktor in der Gesamtrechnung ist.
Anbieter argumentieren, dass beim Glasfaserausbau die Verbraucher gar keine eigenen Router möchten und das Thema eher was für die technikaffinen, sprich die "Nerds" unter der Kundschaft wäre. Wie sehen Sie dies?
In Fachdiskussionen mit Anbietern höre ich immer wieder Sätze wie: "Nach unseren Statistiken greifen weit über 95 Prozent der Verbraucher auf unsere mitgelieferten Geräte zurück"; oder ähnliche Aussagen. Der Punkt ist aber der: Meist wissen Verbraucher gar nicht, dass sie eine Wahl haben und nehmen einfach das Glasfasermodem des Anbieters als gegeben hin. Anbieter klären allzu oft gar nicht oder nur mangelhaft über die Wahlmöglichkeit auf. In manchen Fällen ist das ONT auch bereits bauseitig im Anschlusskasten installiert. Teilweise werden Verbraucher auch gezielt abgeschreckt. Wenn Anbieter tatsächlich eine Wahlmöglichkeit für das Endgerät bieten, kommen mindestens ein bis zwei Warnhinweise wie: Der Anbieter könne keinerlei Service, Unterstützung oder Funktionsgarantie übernehmen, wenn die Kunden eigene Geräte verwenden. Die Taktik der Anbieter: Verbraucher sollen das Gefühl bekommen, im Fehlerfall mit ihren Problemen komplett alleine gelassen zu werden. Die Realität bei den meisten Anbietern ist, dass sie ihr eigenes ONT als Netzabschluss "deklarieren". Auch als die Endgerätefreiheit im August 2016 bei Kabelanschlüssen eingeführt wurde, hat es ein wenig gedauert, bis die Wahlmöglichkeit bekannt war und genutzt wurde. Warum sollte dies in der Glasfaserwelt nicht genau so sein?
Dass Verbraucher jedoch ein steigendes Interesse haben, ihren Netzabschluss selbst zu konfigurieren, sehen wir immer dann, wenn die Haushaltssituation komplexer wird, etwa wenn Kinder wegen ihrer Freunde die Einrichtung eines Gast-Netzwerkes wünschen. Das wird auch in Zukunft der Fall sein, wenn die zu erwartende Verbreitung von Smart Home-Anwendungen ebenfalls die Einbindung verschiedenster smarter Geräte erfordert. Da wäre es wünschenswert, wenn Verbraucher selbst das passende Gerät auswählen könnten.
Auf welche Probleme stoßen Glasfaser-Kunden aktuell, die für ihren Glasfaseranschluss einen eigenen Glasfaser-Router verwenden möchten?
Die meisten Anbieter haben noch keinen standardisierten Prozess. Beim Bau der Glasfaseranschlüsse wird oft standardmäßig ein ONT installiert und der Anschluss über dieses in Betrieb gesetzt. Verbraucher müssen das Gerät dann zunächst anders verkabeln und - je nach Anbieter - mühselig über die Kundenhotline des Anbieters die entsprechenden Zugangsdaten erfragen oder die Gerätedaten des eigenen Gerätes mitteilen. Dabei werden sie mindestens einmal auf die "Gefahren" des eigenen Glasfaserrouters mit integriertem Glasfasermodem hingewiesen. Aber es gibt auch schon erste Positivbeispiele, wie das Aktivierungsportal der Deutschen Glasfaser und den Aktivierungsprozess der Deutschen Telekom.
Treten die beschriebenen Probleme und Einschränkungen nach Beobachtung der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz eher bei großen überregional tätigen Glasfaser-Netzbetreibern auf oder bei kleinen regionalen Netzbetreibern, oder gibt es da keinen Unterschied?
Anbieter, die aus dem Energieversorgungsbereich kommen, tun sich oft schwer. In diesem Fall gibt es kaum einen Unterschied zwischen kleinen und großen Anbietern. Aber generell sind nach unseren Erfahrungen kleine Anbieter oft näher an ihren Kunden als große Anbieter.
In technischer Hinsicht wird von den Netzbetreibern ja immer argumentiert, dass sie zwingend die Kontrolle über den Netzabschlusspunkt in der Wohnung (ONT) benötigen und daher dem Kunden die Nutzung eines vom Netzbetreiber gestellten Glasfaser-Modems vorschreiben. Gibt es dazu aus Sicht der Verbraucherzentrale überhaupt eine technisch nachvollziehbare Notwendigkeit?
Nein, das GPON-Glasfasernetz (Gigabit Passive Optical Network) ist ähnlich aufgebaut wie die DOCSIS-Technologie (Data Over Cable Service Interface Specification) im Kabelnetz. Seit der TKG-Änderung im August 2016 hat die Verwendung verbrauchereigener Endgeräte im Kabelnetz auch funktioniert. Trotzdem verschicken etliche Kabelanbieter gerne eigene Kabelrouter, die dann während der Vertragslaufzeit ungenutzt im Schrank stehen und nach Vertragsbeendigung zurückgeschickt werden müssen, aber nie im Einsatz waren. Das ist auch aus Nachhaltigkeitsgründen nicht sinnvoll.
Die "Notwendigkeit" für einen ONT unter Kontrolle des Netzbetreibers wird von den Netzbetreibern oft damit verteidigt, dass es bei freien Kunden-Routern zu "Störungen" kommen könnte. Wie viele dieser "Störungen" wurden der Verbraucherzentrale von Netzbetreibern und Kunden bereits gemeldet und wie viele davon waren wirklich von den Kunden-Routern verursacht?
Uns liegt nicht ein Verbraucherfall vor, bei dem es zu einer Störung durch einen Glasfaserrouter des Verbrauchers kam. Im Dezember 2021 hat uns ein Anbieter einen "Störungsfall" schriftlich beschrieben. Allerdings hat er sich nicht dazu geäußert, ob diese Störungen wirklich im realen Netz stattfanden oder unter Laborbedingungen. Die Verbraucherzentrale hat dann bei Endgeräteherstellern bzw. Endgeräteherstellerverbänden nachgefragt und erfahren, dass besagte Störungen nur dann auftraten, wenn die Leitung zwischen OLT (Optical Line Termination) und ONT extrem kurz war. Zudem wurde verschwiegen, dass die Störungen nur von sehr kurzer Dauer waren und in einem Fall eine fehlerhafte Firmware im Einsatz war.
Aber: Wenn – wie es Anbieter immer darlegen – ein defektes oder manipuliertes Gerät bis zu 16, 32, 64 Anschlüsse stören könnte, dann sollten Anbieter prüfen, wie sicher ihr Glasfasernetz gegen Angriffe ist. Gleiches gilt es aber auch für das Kabel (DOCSIS) zu überlegen, bei dem oft mehrere Hundert Kabelrouter an einem Kabelcluster angeschlossen sind. Dort funktioniert die Endgerätewahlfreiheit bereits seit August 2016.
Beim Glasfaserausbau werden gegenüber Verbrauchern oft unwahre Angaben gemacht (Symbolbild)
Bild: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild
Gibt es in der technischen Struktur aktuell aufgebauter Glasfasernetze Gegebenheiten, die die These der Netzbetreiber stützen könnte? Was wären alternative Netzstrukturen, um das zu vermeiden?
Technisch gesehen gibt es keine Gründe, die gegen ein eigenes Gerät sprechen. Standards sind bekannt, Schnittstellen dokumentiert - wie bei DSL und Kabel ist ein reibungsloses Zusammenspiel von Netz und Endgerät geregelt. In vielen Netzen ist das gängige Praxis und beim Blick über die Grenze funktioniert das auch, zum Beispiel in den Niederlanden oder in Finnland.
Die Gefahr ist also eher theoretisch. Das Verfahren des "Listen Before Talking" (LBT) verhindert solche Störungen dadurch, dass das sendewillige Modem erst prüft, ob die Sendeleitung "frei" ist und dann mit dem Senden beginnt. Die Halbleiterchips hierzu werden von wenigen Herstellern produziert und sowohl in Geräte der Anbieter als auch in Geräte, die frei auf dem Markt erhältlich sind, eingebaut. Aber auch bei der Auswahl der Netzstrukturen hätten es die Anbieter besser machen können. Denn Anbieter setzen meist auf die GPON-Technologie und damit auf das Funktionsprinzip aus der Kabelwelt, also Point-to-Multipoint. AON (Active Optical Network) wäre die bessere Lösung gewesen, da hier eine Point-to-Point Verbindung zwischen Verbraucher und Anbietern besteht.
Falls es keine technisch nachvollziehbaren Gründe für einen Zwangs-Router gibt: Was könnten die wahren Gründe der Netzbetreiber sein, diesen trotzdem bei den Kunden durchzusetzen?
Hierüber kann ich nur spekulieren. Ein Grund könnte das eigene Mietroutergeschäft sein, wie wir es aus dem VDSL- und besonders aus dem Kabelbereich kennen. Rechnet man die Miete über zwei bis drei Jahre zusammen, so ist der Kaufpreis meist schnell überschritten. Zudem gibt es Anbieter, die am Vertragsende bei nicht zurückgeschickter Hardware auch nochmal kräftig mit Schadenersatzforderungen zulangen. Bei den Anfragen, die uns erreichen, fällt Vodafone immer wieder negativ auf. Die Verbraucherzentrale NRW hat das Unternehmen daher bereits vor dem LG Düsseldorf sowie dem LG München erfolgreich verklagt. Beide Urteile sind rechtskräftig.
Aktuell läuft ja bei der Bundesnetzagentur ein Anhörungsverfahren zu dieser Thematik. Was kann die Verbraucherzentrale zum aktuellen Stand dieses Verfahrens berichten?
Nach unserem Kenntnisstand läuft noch kein offizielles Anhörungsverfahren. Es gab zwar im Juni 2022 ein gemeinsames Schreiben der Verbände ANGA, BREKO, BUGLAS, vatm und VKU an die Bundesnetzagentur, aber ein offizielles Anhörungsverfahren hat die Bundesnetzagentur noch nicht gestartet. Soweit wir wissen, wartet die Bundesnetzagentur schon lange und in verschiedenen Zusammenhängen auf von ihr angeforderte detaillierte schriftliche Nachweise über entsprechende Störungen (Stand April 2023). Nach diesen Störungsnachweisen haben wir übrigens auch schon in einem Anbietergespräch im Oktober 2021 erfolglos gefragt. Wenn es wirklich relevante Störungen gäbe, hätten die Anbieter aus meiner Sicht schon etwas "Fundiertes" geliefert.
Wie wird sich die Bundesnetzagentur vermutlich entscheiden? Wird sie tendenziell eher die Rechte der Verbraucher auf freie Endgerätewahl berücksichtigen oder die von den Netzbetreibern vorgebrachte Argumentation?
Ich gehe davon aus, dass die Bundesnetzagentur - falls es wirklich zu einem Anhörungsverfahren kommt - keine Allgemeinverfügung zugunsten der Anbieter erlässt. Unser Eindruck ist eher, dass die Anbieter auf Zeit spielen, um noch möglichst viele ONT fest an den Kellerwänden der Haushalte montieren zu können. Getreu dem Motto: Wird der ONT erst mal erfolgreich genutzt, scheuen Verbraucher den Aufwand für Veränderungen. Es werden somit also künstliche Hürden gesetzt, um Verbraucher von der eigenen Gerätewahl abzuhalten.
Was können Verbraucher in der Zwischenzeit tun, denen vom Netzbetreiber die Nutzung eines eigenen Glasfaser-Routers verwehrt wird? Welche Rolle kann dabei die Bundesnetzagentur spielen?
Zum einen können sich Verbraucher an die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz wenden und zusätzlich noch eine Beschwerde an die Bundesnetzagentur senden.
Beispiel für einen frei verkäuflichen Glasfaser-Router von AVM
Bild: AVM
Wie geht die Verbraucherzentrale konkret vor, wenn sich ein Verbraucher meldet, dem der Anschluss des eigenen Glasfaserrouters verweigert wird?
Immer wieder und vor allem auch nach der Berichterstattung in den Medien über die Abmahnung der Deutschen Glasfaser und Vodafone, melden sich betroffene Verbraucher bei uns. In solchen Fällen schreiben wir die Anbieter an und bitten um eine Stellungnahme. Bislang war die Reaktion der Anbieter immer gleich: Man halte sich an die Endgerätewahlfreiheit und natürlich könnten Verbraucher ihr eigenes Glasfasermodem bzw. Glasfaserrouter anschließen. Diese Aussage haben wir von verschiedenen Anbietern wie beispielsweise Inexio Breitband, BBV Deutschland (wirsindtoni.de), dns:net, Westconnect und der Deutschen Giganetz erhalten. Die Betroffenen konnten danach ihr eigenes Glasfasermodem bzw. ihren Router mit integriertem Glasfasermodem anschließen.
Hat die Verbraucherzentrale diesbezüglich inzwischen erste Netzbetreiber abgemahnt oder verklagt? Was waren jeweils die Ergebnisse?
Die Verbraucherzentrale hat im Mai 2022 die Deutsche Glasfaser und Vodafone abgemahnt. Die Deutsche Glasfaser gab im August 2022 eine Unterlassungserklärung ab. Vodafone hat sich bislang geweigert, eine Unterlassungserklärung abzugeben. Da die Anbieter, u.a. auch Vodafone, offensichtlich ein Anhörungsverfahren bei der Bundesnetzagentur anstreben, wurde das Verfahren bis zur Entscheidung der Bundesnetzagentur erst mal auf Eis gelegt.
Ist bei den abgemahnten Netzbetreibern anschließend eine transparentere Kommunikation gegenüber eigenen Kunden zu beobachten (mit klareren Hinweisen zur freien Endgerätewahl) oder nicht?
Die Deutsche Glasfaser hat ihre Kommunikation angepasst, so dass diese juristisch in Ordnung ist. Allerdings ist in Sachen verbraucherfreundliche und transparente Kommunikation sowie bei klaren Hinweisen zur Endgerätewahl noch deutlich Luft nach oben.
Wie sind nach der Beobachtung der Verbraucherzentrale generell die Anschluss-Bestellprozesse bei den Netzbetreibern ausgestaltet? So, dass dem Kunden primär das Gerät des Netzbetreibers zur Auswahl angezeigt wird oder die Möglichkeit der freien Routerwahl?
Die Deutsche Telekom hat etwa im November 2021 den Bestellprozess angepasst. Schon bei der Bestellung eines Glasfaseranschlusses haben Verbraucher die Wahl, einen Glasfaserrouter zu mieten, ein Glasfasermodem (ONT) zu kaufen oder einen eigenen vorhandenen Glasfaserrouter zu verwenden.
Bei den meisten anderen Anbietern ist es bei der Bestellung nicht möglich, das Glasfasermodem (ONT) des Anbieters abzubestellen. Sie liefern und installieren auch meist das ONT und begründen dies mit "Servicezwecken". Die "Umstellung" auf einen Router mit integriertem Glasfasermodem muss dann umständlich mit Hilfe der Kundenhotline erfolgen. Auch dies ist eine Hürde und erschwert die Endgerätewahlfreiheit. Wir prüfen derzeit, welche rechtlichen Schritte wir unternehmen können, damit Kunden schon bei der Bestellung auf die Hardware der Anbieter verzichten können. Dies ist auch aus Nachhaltigkeitsgründen sinnvoll.
Worauf sollten Verbraucher bei der Wahl eines freien Glasfaser-Routers in der Tat achten, um mögliche Störungen zu vermeiden?
Wie auch in anderen Bereichen gilt: Finger weg von dubioser Chinaware, da diese ein Sicherheitsrisiko darstellen kann.
Abgesehen vom Thema Endgerätefreiheit, mit welchen Glasfaserproblemen kommen Verbraucher noch zu Ihnen?
Wir erleben seit etwa drei Jahren, dass Verbraucher auch im Vorfeld eines Glasfaserausbaus zu uns kommen und sich anbieterunabhängig und neutral von uns informieren und beraten lassen. Eine der häufigsten Fragen ist: "Ich hätte zwar gerne einen Glasfaseranschluss, aber über den Glasfaseranbieter xyz hört man nur Schlechtes, was soll ich tun?" In solchen Fällen gilt es, den Menschen die Ängste zu nehmen und auf die gesetzlichen Regelungen des Telekommunikationsgesetzes beim Anbieterwechsel und/oder die Schadenersatzmöglichkeiten hinzuweisen.
Aber: Die Anbieter halten zwar "Informationsabende" ab, die von den Verbrauchern eher als "Werbeverkaufsveranstaltungen" wahrgenommen werden. Es sind aus unserer Sicht immer noch zu viele Fragen offen, die auch meist nicht beantwortet werden. Salopp gesagt: Die Glasfasernetzbetreiber sehen sich in einer Art "Heilsbringer"-Position mit ihrem Glasfaserprodukt und wundern sich dann, warum die Kunden nicht zugreifen. Auch der provisionsgebundene Vertrieb trägt einiges dazu bei, dass Verbraucher misstrauisch sind. Und der Kundenservice vieler Anbieter muss aus unserer Sicht noch wesentlich besser werden, insbesondere, sollten sich die Firmen um die Probleme der Betroffenen kümmern. Wir erleben es immer wieder, dass bei einem gestörten Anschluss erst mal versucht wird, das Problem durch ein "Upgrade auf eine höhere Bandbreite" zu lösen.
Herr Gundall, vielen Dank für das Gespräch!
Im Zuge des flächendeckenden Glasfaserausbaus tauchen - wie erwähnt - wieder vermehrt Haustür-Vertreter der Telekom und anderer Netzbetreiber vor der Wohnungstür auf. So reagieren Sie richtig.
Quelle; teltarif
Die freie Routerwahl ist ein von der EU verbrieftes Recht für alle Internet-Kunden. Doch seit der flächendeckende Glasfaser-Ausbau in immer mehr Regionen Fahrt aufnimmt, ist eine bedenkliche Entwicklung zu beobachten: Glasfaser-Netzbetreiber erwecken gegenüber ihren Kunden vermehrt den Eindruck, dass am Glasfaser-Anschluss "aus technischen Gründen" keine freie Routerwahl möglich sei. Es müsse zunächst zwingend das Glasfaser-Modem des Netzbetreibers angeschlossen werden, dahinter könne der Kunde dann seinen eigenen Router hängen.
Das Thema ist inzwischen so brisant, dass sich damit auch die Bundesnetzagentur beschäftigt; alle Beteiligten können dort ihre Position vorbringen. Der Ausgang dieses Verfahrens wird von vielen Betroffenen mit Spannung erwartet. Wir haben dazu ein ausführliches Interview mit einem Experten der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz geführt.
Der Hintergrund in Kürze
Zuvor fassen wir das Problem nochmals kurz zusammen: Die Glasfaser-Netzbetreiber argumentieren, dass sie den Zugang nur am optischen Netzabschluss (Optical Network Terminal, ONT) anbieten würden, weil nur so sichergestellt sei, dass die Netze vor störenden Netzabschlussgeräten (also den gängigen Modem/Router-Kombinationen) geschützt werden könnten. In Deutschland werden Glasfaser-Anschlüsse in der Regel kostensparend als Gigabit Passive Optical Network (GPON) realisiert. Bei der Diskussion geht es also um die Frage, wo genau sich der Netzabschlusspunkt wirklich befindet und ob die von den Netzbetreibern vorgegebenen Argumente in technischer Hinsicht überhaupt der Wahrheit entsprechen.
Im Gegenzug warnen der Verbund der Telekommunikations-Endgerätehersteller (VTKE) und Verbraucherschützer hingegen davor, dass die aktuell geduldete Ausnahme beim passiven Netzabschlusspunkt die von der EU vorgesehene Endgerätefreiheit de facto wieder abschaffen könnte. Entsprechende Versuche gab es zwischenzeitlich übrigens auch bei TV-Kabelnetzbetreibern - allerdings ohne Erfolg. Mehr technische Details lesen Sie in unserem großen Ratgeber zur Routerfreiheit.
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Interview zum Zwangsmodem bei Glasfaser
Bild: Image licensed by Ingram Image, Bilder: Nokia, dpa, Montage: teltarif.de
Das Interview mit der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz
Michael Gundall ist Ingenieur für Medientechnik und Teil des Fachbereichs Digitales und Verbraucherrecht bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Er steht regelmäßig im Austausch mit betroffenen Glasfaser-Kunden sowie Glasfaser-Netzbetreibern und berichtet im Exklusiv-Interview mit teltarif.de auch über konkrete Fälle.
teltarif.de: Warum setzt sich die Verbraucherzentrale überhaupt für das Thema Endgerätefreiheit ein?
Michael Gundall: Es sind ökologische und ökonomische Gründe: Zum einen versuchen viele Anbieter, Verbrauchern ein Endgerät - mindestens das Glasfasermodem - "vorzuschreiben". Das steht aber im Widerspruch zur gesetzlich festgelegten freien Wahl des Endgerätes, die seit August 2016 gilt. In §73 TKG ist festgelegt, dass das Netz des Anbieters an der Anschlussdose endet, der sogenannte passive Netzabschluss. Zum anderen stellt sich die Frage nach der Anzahl von Geräten: Warum sollte man zwei Geräte (Modem und Router) nutzen, wenn ein platzsparendes Kombigerät ausreicht, das mit einer Steckdose auskommt? Außerdem verbraucht ein Kombigerät wesentlich weniger Energie als zwei getrennte Geräte. Hierbei darf man nicht nur auf den Energieverbrauch des Glasfasermodems (ONT - Optical Network Termination) achten, sondern muss auch den "Mehrverbrauch" des Routers mit einrechnen. Eine stichprobenartige Messung der Verbraucherzentrale ergab, dass ein Glasfaserrouter im sogenannten WAN-Betrieb (Wide Area Network) hinter einem Glasfasermodem mehr Energie benötigt, als im echten Glasfaserbetrieb, also ohne vorgeschaltetes Glasfasermodem. Dies liegt daran, dass die LAN-Strecke zwischen Modem und Router auch ein Energiefaktor in der Gesamtrechnung ist.
Anbieter argumentieren, dass beim Glasfaserausbau die Verbraucher gar keine eigenen Router möchten und das Thema eher was für die technikaffinen, sprich die "Nerds" unter der Kundschaft wäre. Wie sehen Sie dies?
In Fachdiskussionen mit Anbietern höre ich immer wieder Sätze wie: "Nach unseren Statistiken greifen weit über 95 Prozent der Verbraucher auf unsere mitgelieferten Geräte zurück"; oder ähnliche Aussagen. Der Punkt ist aber der: Meist wissen Verbraucher gar nicht, dass sie eine Wahl haben und nehmen einfach das Glasfasermodem des Anbieters als gegeben hin. Anbieter klären allzu oft gar nicht oder nur mangelhaft über die Wahlmöglichkeit auf. In manchen Fällen ist das ONT auch bereits bauseitig im Anschlusskasten installiert. Teilweise werden Verbraucher auch gezielt abgeschreckt. Wenn Anbieter tatsächlich eine Wahlmöglichkeit für das Endgerät bieten, kommen mindestens ein bis zwei Warnhinweise wie: Der Anbieter könne keinerlei Service, Unterstützung oder Funktionsgarantie übernehmen, wenn die Kunden eigene Geräte verwenden. Die Taktik der Anbieter: Verbraucher sollen das Gefühl bekommen, im Fehlerfall mit ihren Problemen komplett alleine gelassen zu werden. Die Realität bei den meisten Anbietern ist, dass sie ihr eigenes ONT als Netzabschluss "deklarieren". Auch als die Endgerätefreiheit im August 2016 bei Kabelanschlüssen eingeführt wurde, hat es ein wenig gedauert, bis die Wahlmöglichkeit bekannt war und genutzt wurde. Warum sollte dies in der Glasfaserwelt nicht genau so sein?
Dass Verbraucher jedoch ein steigendes Interesse haben, ihren Netzabschluss selbst zu konfigurieren, sehen wir immer dann, wenn die Haushaltssituation komplexer wird, etwa wenn Kinder wegen ihrer Freunde die Einrichtung eines Gast-Netzwerkes wünschen. Das wird auch in Zukunft der Fall sein, wenn die zu erwartende Verbreitung von Smart Home-Anwendungen ebenfalls die Einbindung verschiedenster smarter Geräte erfordert. Da wäre es wünschenswert, wenn Verbraucher selbst das passende Gerät auswählen könnten.
Auf welche Probleme stoßen Glasfaser-Kunden aktuell, die für ihren Glasfaseranschluss einen eigenen Glasfaser-Router verwenden möchten?
Die meisten Anbieter haben noch keinen standardisierten Prozess. Beim Bau der Glasfaseranschlüsse wird oft standardmäßig ein ONT installiert und der Anschluss über dieses in Betrieb gesetzt. Verbraucher müssen das Gerät dann zunächst anders verkabeln und - je nach Anbieter - mühselig über die Kundenhotline des Anbieters die entsprechenden Zugangsdaten erfragen oder die Gerätedaten des eigenen Gerätes mitteilen. Dabei werden sie mindestens einmal auf die "Gefahren" des eigenen Glasfaserrouters mit integriertem Glasfasermodem hingewiesen. Aber es gibt auch schon erste Positivbeispiele, wie das Aktivierungsportal der Deutschen Glasfaser und den Aktivierungsprozess der Deutschen Telekom.
Treten die beschriebenen Probleme und Einschränkungen nach Beobachtung der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz eher bei großen überregional tätigen Glasfaser-Netzbetreibern auf oder bei kleinen regionalen Netzbetreibern, oder gibt es da keinen Unterschied?
Anbieter, die aus dem Energieversorgungsbereich kommen, tun sich oft schwer. In diesem Fall gibt es kaum einen Unterschied zwischen kleinen und großen Anbietern. Aber generell sind nach unseren Erfahrungen kleine Anbieter oft näher an ihren Kunden als große Anbieter.
In technischer Hinsicht wird von den Netzbetreibern ja immer argumentiert, dass sie zwingend die Kontrolle über den Netzabschlusspunkt in der Wohnung (ONT) benötigen und daher dem Kunden die Nutzung eines vom Netzbetreiber gestellten Glasfaser-Modems vorschreiben. Gibt es dazu aus Sicht der Verbraucherzentrale überhaupt eine technisch nachvollziehbare Notwendigkeit?
Nein, das GPON-Glasfasernetz (Gigabit Passive Optical Network) ist ähnlich aufgebaut wie die DOCSIS-Technologie (Data Over Cable Service Interface Specification) im Kabelnetz. Seit der TKG-Änderung im August 2016 hat die Verwendung verbrauchereigener Endgeräte im Kabelnetz auch funktioniert. Trotzdem verschicken etliche Kabelanbieter gerne eigene Kabelrouter, die dann während der Vertragslaufzeit ungenutzt im Schrank stehen und nach Vertragsbeendigung zurückgeschickt werden müssen, aber nie im Einsatz waren. Das ist auch aus Nachhaltigkeitsgründen nicht sinnvoll.
Die "Notwendigkeit" für einen ONT unter Kontrolle des Netzbetreibers wird von den Netzbetreibern oft damit verteidigt, dass es bei freien Kunden-Routern zu "Störungen" kommen könnte. Wie viele dieser "Störungen" wurden der Verbraucherzentrale von Netzbetreibern und Kunden bereits gemeldet und wie viele davon waren wirklich von den Kunden-Routern verursacht?
Uns liegt nicht ein Verbraucherfall vor, bei dem es zu einer Störung durch einen Glasfaserrouter des Verbrauchers kam. Im Dezember 2021 hat uns ein Anbieter einen "Störungsfall" schriftlich beschrieben. Allerdings hat er sich nicht dazu geäußert, ob diese Störungen wirklich im realen Netz stattfanden oder unter Laborbedingungen. Die Verbraucherzentrale hat dann bei Endgeräteherstellern bzw. Endgeräteherstellerverbänden nachgefragt und erfahren, dass besagte Störungen nur dann auftraten, wenn die Leitung zwischen OLT (Optical Line Termination) und ONT extrem kurz war. Zudem wurde verschwiegen, dass die Störungen nur von sehr kurzer Dauer waren und in einem Fall eine fehlerhafte Firmware im Einsatz war.
Aber: Wenn – wie es Anbieter immer darlegen – ein defektes oder manipuliertes Gerät bis zu 16, 32, 64 Anschlüsse stören könnte, dann sollten Anbieter prüfen, wie sicher ihr Glasfasernetz gegen Angriffe ist. Gleiches gilt es aber auch für das Kabel (DOCSIS) zu überlegen, bei dem oft mehrere Hundert Kabelrouter an einem Kabelcluster angeschlossen sind. Dort funktioniert die Endgerätewahlfreiheit bereits seit August 2016.
Du musst Regestriert sein, um das angehängte Bild zusehen.
Beim Glasfaserausbau werden gegenüber Verbrauchern oft unwahre Angaben gemacht (Symbolbild)
Bild: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild
Gibt es in der technischen Struktur aktuell aufgebauter Glasfasernetze Gegebenheiten, die die These der Netzbetreiber stützen könnte? Was wären alternative Netzstrukturen, um das zu vermeiden?
Technisch gesehen gibt es keine Gründe, die gegen ein eigenes Gerät sprechen. Standards sind bekannt, Schnittstellen dokumentiert - wie bei DSL und Kabel ist ein reibungsloses Zusammenspiel von Netz und Endgerät geregelt. In vielen Netzen ist das gängige Praxis und beim Blick über die Grenze funktioniert das auch, zum Beispiel in den Niederlanden oder in Finnland.
Die Gefahr ist also eher theoretisch. Das Verfahren des "Listen Before Talking" (LBT) verhindert solche Störungen dadurch, dass das sendewillige Modem erst prüft, ob die Sendeleitung "frei" ist und dann mit dem Senden beginnt. Die Halbleiterchips hierzu werden von wenigen Herstellern produziert und sowohl in Geräte der Anbieter als auch in Geräte, die frei auf dem Markt erhältlich sind, eingebaut. Aber auch bei der Auswahl der Netzstrukturen hätten es die Anbieter besser machen können. Denn Anbieter setzen meist auf die GPON-Technologie und damit auf das Funktionsprinzip aus der Kabelwelt, also Point-to-Multipoint. AON (Active Optical Network) wäre die bessere Lösung gewesen, da hier eine Point-to-Point Verbindung zwischen Verbraucher und Anbietern besteht.
Falls es keine technisch nachvollziehbaren Gründe für einen Zwangs-Router gibt: Was könnten die wahren Gründe der Netzbetreiber sein, diesen trotzdem bei den Kunden durchzusetzen?
Hierüber kann ich nur spekulieren. Ein Grund könnte das eigene Mietroutergeschäft sein, wie wir es aus dem VDSL- und besonders aus dem Kabelbereich kennen. Rechnet man die Miete über zwei bis drei Jahre zusammen, so ist der Kaufpreis meist schnell überschritten. Zudem gibt es Anbieter, die am Vertragsende bei nicht zurückgeschickter Hardware auch nochmal kräftig mit Schadenersatzforderungen zulangen. Bei den Anfragen, die uns erreichen, fällt Vodafone immer wieder negativ auf. Die Verbraucherzentrale NRW hat das Unternehmen daher bereits vor dem LG Düsseldorf sowie dem LG München erfolgreich verklagt. Beide Urteile sind rechtskräftig.
Aktuell läuft ja bei der Bundesnetzagentur ein Anhörungsverfahren zu dieser Thematik. Was kann die Verbraucherzentrale zum aktuellen Stand dieses Verfahrens berichten?
Nach unserem Kenntnisstand läuft noch kein offizielles Anhörungsverfahren. Es gab zwar im Juni 2022 ein gemeinsames Schreiben der Verbände ANGA, BREKO, BUGLAS, vatm und VKU an die Bundesnetzagentur, aber ein offizielles Anhörungsverfahren hat die Bundesnetzagentur noch nicht gestartet. Soweit wir wissen, wartet die Bundesnetzagentur schon lange und in verschiedenen Zusammenhängen auf von ihr angeforderte detaillierte schriftliche Nachweise über entsprechende Störungen (Stand April 2023). Nach diesen Störungsnachweisen haben wir übrigens auch schon in einem Anbietergespräch im Oktober 2021 erfolglos gefragt. Wenn es wirklich relevante Störungen gäbe, hätten die Anbieter aus meiner Sicht schon etwas "Fundiertes" geliefert.
Wie wird sich die Bundesnetzagentur vermutlich entscheiden? Wird sie tendenziell eher die Rechte der Verbraucher auf freie Endgerätewahl berücksichtigen oder die von den Netzbetreibern vorgebrachte Argumentation?
Ich gehe davon aus, dass die Bundesnetzagentur - falls es wirklich zu einem Anhörungsverfahren kommt - keine Allgemeinverfügung zugunsten der Anbieter erlässt. Unser Eindruck ist eher, dass die Anbieter auf Zeit spielen, um noch möglichst viele ONT fest an den Kellerwänden der Haushalte montieren zu können. Getreu dem Motto: Wird der ONT erst mal erfolgreich genutzt, scheuen Verbraucher den Aufwand für Veränderungen. Es werden somit also künstliche Hürden gesetzt, um Verbraucher von der eigenen Gerätewahl abzuhalten.
Was können Verbraucher in der Zwischenzeit tun, denen vom Netzbetreiber die Nutzung eines eigenen Glasfaser-Routers verwehrt wird? Welche Rolle kann dabei die Bundesnetzagentur spielen?
Zum einen können sich Verbraucher an die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz wenden und zusätzlich noch eine Beschwerde an die Bundesnetzagentur senden.
Du musst Regestriert sein, um das angehängte Bild zusehen.
Beispiel für einen frei verkäuflichen Glasfaser-Router von AVM
Bild: AVM
Wie geht die Verbraucherzentrale konkret vor, wenn sich ein Verbraucher meldet, dem der Anschluss des eigenen Glasfaserrouters verweigert wird?
Immer wieder und vor allem auch nach der Berichterstattung in den Medien über die Abmahnung der Deutschen Glasfaser und Vodafone, melden sich betroffene Verbraucher bei uns. In solchen Fällen schreiben wir die Anbieter an und bitten um eine Stellungnahme. Bislang war die Reaktion der Anbieter immer gleich: Man halte sich an die Endgerätewahlfreiheit und natürlich könnten Verbraucher ihr eigenes Glasfasermodem bzw. Glasfaserrouter anschließen. Diese Aussage haben wir von verschiedenen Anbietern wie beispielsweise Inexio Breitband, BBV Deutschland (wirsindtoni.de), dns:net, Westconnect und der Deutschen Giganetz erhalten. Die Betroffenen konnten danach ihr eigenes Glasfasermodem bzw. ihren Router mit integriertem Glasfasermodem anschließen.
Hat die Verbraucherzentrale diesbezüglich inzwischen erste Netzbetreiber abgemahnt oder verklagt? Was waren jeweils die Ergebnisse?
Die Verbraucherzentrale hat im Mai 2022 die Deutsche Glasfaser und Vodafone abgemahnt. Die Deutsche Glasfaser gab im August 2022 eine Unterlassungserklärung ab. Vodafone hat sich bislang geweigert, eine Unterlassungserklärung abzugeben. Da die Anbieter, u.a. auch Vodafone, offensichtlich ein Anhörungsverfahren bei der Bundesnetzagentur anstreben, wurde das Verfahren bis zur Entscheidung der Bundesnetzagentur erst mal auf Eis gelegt.
Ist bei den abgemahnten Netzbetreibern anschließend eine transparentere Kommunikation gegenüber eigenen Kunden zu beobachten (mit klareren Hinweisen zur freien Endgerätewahl) oder nicht?
Die Deutsche Glasfaser hat ihre Kommunikation angepasst, so dass diese juristisch in Ordnung ist. Allerdings ist in Sachen verbraucherfreundliche und transparente Kommunikation sowie bei klaren Hinweisen zur Endgerätewahl noch deutlich Luft nach oben.
Wie sind nach der Beobachtung der Verbraucherzentrale generell die Anschluss-Bestellprozesse bei den Netzbetreibern ausgestaltet? So, dass dem Kunden primär das Gerät des Netzbetreibers zur Auswahl angezeigt wird oder die Möglichkeit der freien Routerwahl?
Die Deutsche Telekom hat etwa im November 2021 den Bestellprozess angepasst. Schon bei der Bestellung eines Glasfaseranschlusses haben Verbraucher die Wahl, einen Glasfaserrouter zu mieten, ein Glasfasermodem (ONT) zu kaufen oder einen eigenen vorhandenen Glasfaserrouter zu verwenden.
Bei den meisten anderen Anbietern ist es bei der Bestellung nicht möglich, das Glasfasermodem (ONT) des Anbieters abzubestellen. Sie liefern und installieren auch meist das ONT und begründen dies mit "Servicezwecken". Die "Umstellung" auf einen Router mit integriertem Glasfasermodem muss dann umständlich mit Hilfe der Kundenhotline erfolgen. Auch dies ist eine Hürde und erschwert die Endgerätewahlfreiheit. Wir prüfen derzeit, welche rechtlichen Schritte wir unternehmen können, damit Kunden schon bei der Bestellung auf die Hardware der Anbieter verzichten können. Dies ist auch aus Nachhaltigkeitsgründen sinnvoll.
Worauf sollten Verbraucher bei der Wahl eines freien Glasfaser-Routers in der Tat achten, um mögliche Störungen zu vermeiden?
Wie auch in anderen Bereichen gilt: Finger weg von dubioser Chinaware, da diese ein Sicherheitsrisiko darstellen kann.
Abgesehen vom Thema Endgerätefreiheit, mit welchen Glasfaserproblemen kommen Verbraucher noch zu Ihnen?
Wir erleben seit etwa drei Jahren, dass Verbraucher auch im Vorfeld eines Glasfaserausbaus zu uns kommen und sich anbieterunabhängig und neutral von uns informieren und beraten lassen. Eine der häufigsten Fragen ist: "Ich hätte zwar gerne einen Glasfaseranschluss, aber über den Glasfaseranbieter xyz hört man nur Schlechtes, was soll ich tun?" In solchen Fällen gilt es, den Menschen die Ängste zu nehmen und auf die gesetzlichen Regelungen des Telekommunikationsgesetzes beim Anbieterwechsel und/oder die Schadenersatzmöglichkeiten hinzuweisen.
Aber: Die Anbieter halten zwar "Informationsabende" ab, die von den Verbrauchern eher als "Werbeverkaufsveranstaltungen" wahrgenommen werden. Es sind aus unserer Sicht immer noch zu viele Fragen offen, die auch meist nicht beantwortet werden. Salopp gesagt: Die Glasfasernetzbetreiber sehen sich in einer Art "Heilsbringer"-Position mit ihrem Glasfaserprodukt und wundern sich dann, warum die Kunden nicht zugreifen. Auch der provisionsgebundene Vertrieb trägt einiges dazu bei, dass Verbraucher misstrauisch sind. Und der Kundenservice vieler Anbieter muss aus unserer Sicht noch wesentlich besser werden, insbesondere, sollten sich die Firmen um die Probleme der Betroffenen kümmern. Wir erleben es immer wieder, dass bei einem gestörten Anschluss erst mal versucht wird, das Problem durch ein "Upgrade auf eine höhere Bandbreite" zu lösen.
Herr Gundall, vielen Dank für das Gespräch!
Im Zuge des flächendeckenden Glasfaserausbaus tauchen - wie erwähnt - wieder vermehrt Haustür-Vertreter der Telekom und anderer Netzbetreiber vor der Wohnungstür auf. So reagieren Sie richtig.
Quelle; teltarif