Hartz-IV-Regelsatz: Was der Mensch braucht
Grundlagen der Berechnung:
Kurz nach dem Erscheinen der ersten Untersuchung „Was der Mensch braucht“ im Januar 2010 stand das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe aufgrund einer Verfassungsklage vor der Aufgabe, die Verfassungsmäßigkeit der Regelsätze zu bewerten. Hierbei gelangte das Gericht unter dem Präsidenten Prof. Dr. Papier zu der Auffassung, dass schon die Berechnung aufgrund ihrer mangelnden Transparenz als verfassungswidrig zu bewerten sei, sodass eine korrekte Einschätzung über die Richtigkeit der Höhe zu treffen nicht möglich ist. Infolgedessen verlangte das BVerfG von der Bundesregierung eine Neuberechnung der Regelsätze unter der Maßgabe der transparenten Ermittlung.
Desweiteren wurde dem Gesetzgeber aufgegeben, die bisher pauschaliert von den Erwachsenen-Regelsätzen abgeleiteten Regelsätze für Kinder eigenständig zu ermitteln, da Kinder „keine kleinen Erwachsenen“ sind. Als Grundbestandteile der sozialen Mindestsicherung wurden vom BVerfG die physische Existenzsicherung sowie eine angemessene Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben angeführt, welche insgesamt als „unverfügbar“ bezeichnet wurden.
Als weitere Anforderung an die Berechnung der Regelsätze wurde vom BVerfG ein „sachgerechtes Verfahren nach dem tatsächlichen Bedarf“ gefordert. Hierbei wurden explizit die Statistikmethode auf der Grundlage der Einkommens- und Verbraucherstatistik wie auch die Warenkorbmethode für zulässig erklärt. Dies ist insofern bedenklich, da durch die Statistikmethode keineswegs der Bedarf einer Bevölkerungsgruppe ermittelt, sondern nur das Ausgabeverhalten einer anderen Bevölkerungsgruppe untersucht und zum Maßstab erklärt wird. Da durch die IST-Analyse der EVS eine Bedarfsunterdeckung der Vergleichs-Bevölkerungsgruppe keineswegs ausgeschlossen ist, schlösse sich mit der daraus folgenden Ableitung zwingend eine Unterdeckung der Regelsatzempfänger an.
Diese fehlerhafte Kausalkette, aus der statistischen IST-Analyse einer Bevölkerungsgruppe einen SOLL-Bedarf einer anderen Bevölkerungsgruppe ableiten zu wollen, muss insofern als ein klassischer „Sein-Sollen-Fehlschluss“ bewertet werden. Aufgabe hingegen ist, nicht erst durch die explizite Benennung durch das BVerfG, eine sach- und realitätsgerechte Bedarfsermittlung. Dieser Bedarf spiegelt die Bedürfnisse der Hilfeempfänger wider, deren monetäre Sicherstellung durch ausreichend hohe Leistungen durch den Gesetzgeber zu gewährleisten ist.
Aus vorgenannten Gründen orientiert sich die nachfolgende Untersuchung ausschließlich an der Warenkorbmethode, da nur unter dieser Prämisse eine realitätsgerechte Bedarfsermittlung möglich ist. Weitere, häufig von interessierten Kreisen eingefügte Bedingungen dürfen keinerlei Berücksichtigung finden, da sie einschränkend wirken und somit eine Bedarfsermittlung unzulässig verhindern. Dies gilt insbesondere für das häufig gebrauchte ominöse „Lohnabstandsgebot“, welches gern zur Verringerung der Sozialleistungen herangezogen wird. Eine verfehlte gesellschaftliche Verteilungsfunktion kann und darf jedoch unter keinen Umständen die Grundlage zur Festlegung der Höhe von Sozialleistungen sein. Dass das Instrumentarium des Gesetzgebers am Arbeitsmarkt zur Sicherung von angemessenen Entlohnungen hingegen regelmäßig ungenutzt bleibt, sei in diesem Zusammenhang nur am Rande erwähnt.
Aus diesen Gründen wird der Untersuchung ein eindeutig definierter Warenkorb zugrunde gelegt, welcher sich in Inhalt, den jeweiligen Mengen wie auch den Preisen an der praktischen Realität orientiert. Nur die Einhaltung all dieser Prämissen kann sicherstellen, dass das Ergebnis der geforderten Bedarfssicherung gerecht wird und somit die Anforderungen des Grundgesetzes wie auch des BVerfG-Urteils erfüllt. Zentrale Zielstellung der empirischen Untersuchung ist die Ermittlung eines Mindestbetrages, welcher einer jeden, auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland lebenden Person, unabhängig von Alter, Geschlecht oder Wohnort, seine unveräußerlichen Grundrechte sichert. Weitere Personengruppen, die aufgrund ihrer Lebensumstände einen signifikant abweichenden Bedarf besitzen, wie beispielsweise Kinder, chronisch Kranke oder Schwangere, werden durch die Untersuchung nicht abgedeckt und bedürfen einer separaten Bedarfsanalyse.
Wer den ganzen Inhalt lesen möchte sollte sich die PDF im Anhang mal laden.
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danke an binsenbrenner.