Es braucht nur einen Fake-Account auf Instagram und ein paar Fotos einer dürren Frau, um Hunderte Follower zu gewinnen. Eine Analyse zeigt, wie problematisch die soziale Plattform für junge Nutzer sein kann.
Hervorstehende Knochen, zählbare Rippen, junge Frauen weit unter Normalgewicht, solche Bilder finden sich auf Instagram. Sie verherrlichen den radikalen Gewichtsverlust, der in Magersucht enden kann. Instagram treibe diese problematischen Körperbilder voran, zeigt eine neue Analyse der Organisation reset.tech, die NDR und WDR vorab vorliegt.
Reset.tech ist eine Initiative, die sich für eine strengere Regulierung der großen Technologie-Konzerne einsetzt. Sie erhält unter anderem Geld von Luminate, eine Organisation, die der eBay-Gründer - und inzwischen Tech-Kritiker - Pierre Omidyar unterstützt.
Mit einem Testprofil prüften die Datenanalysten, inwiefern Nutzern verstärkt Profile, die Essstörungen idealisieren angeboten werden. Dazu erstellten sie eine extrem dünne fiktive Nutzerin, die über ihre Biografie angab auf der Suche nach "Thinspo" zu sein, gemeint ist "Thinspiration", Inspirationen zum Dünner werden.
Das Ergebnis der Analyse: Selbst nachdem die fiktive Nutzerin nur einem einzigen Profil aus diesem Bereich folgte, habe Instagram automatisiert weitere, ähnliche Profile vorgeschlagen. Die Reporterinnen von NDR und WDR konnten dieses Ergebnis mit eigenen Accounts plausibel nachvollziehen.
Außerdem habe sich der sogenannte Discovery Tab verändert - die Seite, auf denen die Nutzer und Nutzerinnen neue Inhalte vorgeschlagen bekommen. Dort seien ebenfalls zunehmend Inhalte angeboten worden, die Magersucht idealisieren.
Auch wenn Magersucht nicht durch Instagram oder Social Media ausgelöst würde, könnten diese extremen Bilder bei jungen Frauen, die ohnehin an einer Essstörung leiden, diese weiter verstärken, sagt Rebecca Knoche, Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Mediclin Seepark Klinik.
Instagram gibt an, gegen diese Coaches vorzugehen. Im Rahmen des Tests wurden die problematischen Accounts direkt an Instagram gemeldet, allerdings erfolgte - laut reset.tech - daraufhin keine Reaktion. Die Accounts sind immer noch online.
"Wir nehmen die Themen mentale Gesundheit und Essstörungen sehr ernst. Deshalb haben wir unsere Gemeinschaftsrichtlinien in Zusammenarbeit mit ausgewiesenen Expert*innen zu diesen Themen aus der ganzen Welt entwickelt. Wir erlauben keine Inhalte, die Essstörungen auf Instagram verherrlichen oder auf andere Art fördern", so der Instagram-Sprecher Alexander Kleist.
Dieser untersucht zurzeit, wie sich das sozialen Netzwerk auf die Gesundheit von jungen Nutzerinnen und Nutzern auswirkt. In einem Blogpost vom Dienstag kündigt der Konzern eine Reihe von Maßnahmen an, die Instagram weniger anfällig machen soll.
So soll es für Eltern ab März 2022 eine Möglichkeit geben, die Zeit, die ihre Kinder auf Instagram verbringen, zu begrenzen, zum Beispiel auf 30 Minuten oder drei Stunden täglich. Außerdem soll es eine Löschfunktion für alte Inhalte geben und aktiv neue Vorschläge zu anderen Themen, wenn Nutzerinnen und Nutzer zu lange zu einem Thema lesen.
Quelle: tagesschau
Hervorstehende Knochen, zählbare Rippen, junge Frauen weit unter Normalgewicht, solche Bilder finden sich auf Instagram. Sie verherrlichen den radikalen Gewichtsverlust, der in Magersucht enden kann. Instagram treibe diese problematischen Körperbilder voran, zeigt eine neue Analyse der Organisation reset.tech, die NDR und WDR vorab vorliegt.
Reset.tech ist eine Initiative, die sich für eine strengere Regulierung der großen Technologie-Konzerne einsetzt. Sie erhält unter anderem Geld von Luminate, eine Organisation, die der eBay-Gründer - und inzwischen Tech-Kritiker - Pierre Omidyar unterstützt.
Mit einem Testprofil prüften die Datenanalysten, inwiefern Nutzern verstärkt Profile, die Essstörungen idealisieren angeboten werden. Dazu erstellten sie eine extrem dünne fiktive Nutzerin, die über ihre Biografie angab auf der Suche nach "Thinspo" zu sein, gemeint ist "Thinspiration", Inspirationen zum Dünner werden.
Das Ergebnis der Analyse: Selbst nachdem die fiktive Nutzerin nur einem einzigen Profil aus diesem Bereich folgte, habe Instagram automatisiert weitere, ähnliche Profile vorgeschlagen. Die Reporterinnen von NDR und WDR konnten dieses Ergebnis mit eigenen Accounts plausibel nachvollziehen.
Essstörungen können verstärkt werden
Auch ohne eigene Aktivität gewann der Testaccount der Analysten innerhalb von drei Wochen Hunderte neue Abonnentinnen und Abonnenten aus diesem Bereich. Am Ende des Zeitraums hatte sich die Followerschaft versiebenfacht, ein Hinweis darauf, dass Instagram den Account pro-aktiv anderen Nutzern vorschlage, heißt es in dem Bericht von reset.tech.Außerdem habe sich der sogenannte Discovery Tab verändert - die Seite, auf denen die Nutzer und Nutzerinnen neue Inhalte vorgeschlagen bekommen. Dort seien ebenfalls zunehmend Inhalte angeboten worden, die Magersucht idealisieren.
Folgen sind manchmal tödlich
Magersucht ist laut Experten eine der tödlichsten psychischen Krankheiten, etwa zehn bis 15 Prozent der Erkrankten sterben an ihren Folgen. Die meisten Betroffenen sind überwiegend junge Mädchen in der frühen Pubertät, jedoch sinke laut Experten der Altersdurchschnitt immer weiter. Auch deshalb hat das Unternehmen eigentlich Schutzmechanismen eingebaut. So können etwa in der Szene beliebte Hashtags, wie #proana - also pro Magersucht - oder #probulemia - also pro Ess-Brechsucht - nicht ohne weiteres gesucht werden.Auch wenn Magersucht nicht durch Instagram oder Social Media ausgelöst würde, könnten diese extremen Bilder bei jungen Frauen, die ohnehin an einer Essstörung leiden, diese weiter verstärken, sagt Rebecca Knoche, Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Mediclin Seepark Klinik.
Besonders problematisch: "Pro Ana Coaches"
Zusätzlich wurde nach nur wenigen Tagen der Testaccount der Forscher von selbsternannten "Pro Ana Coaches" - also Pro Magersucht Coaches - angeschrieben. Dabei handelt es sich meist um Männer, die vorgeben, beim weiteren Abnehmen zu helfen. Im Gegenzug verlangen diese Coaches regelmäßig Nacktbilder von den Nutzerinnen.Instagram gibt an, gegen diese Coaches vorzugehen. Im Rahmen des Tests wurden die problematischen Accounts direkt an Instagram gemeldet, allerdings erfolgte - laut reset.tech - daraufhin keine Reaktion. Die Accounts sind immer noch online.
Instagram weist auf Bemühungen hin
Auf Anfrage von NDR und WDR teilte Instagram mit, das Unternehmen sei zwischen Juli und September diesen Jahres gegen 3,5 Millionen Inhalte in Bezug auf Suizid, Selbstverletzung und Essstörungen vorgegangen. 97 Prozent davon habe Instagram proaktiv gefunden, bevor jemand sie gemeldet hatte. Instagram entferne Inhalte, die Essstörungen fördern, sobald man sie finden würde. Das gleiche gelte für Anbieten und Anfragen von "Coachings"."Wir nehmen die Themen mentale Gesundheit und Essstörungen sehr ernst. Deshalb haben wir unsere Gemeinschaftsrichtlinien in Zusammenarbeit mit ausgewiesenen Expert*innen zu diesen Themen aus der ganzen Welt entwickelt. Wir erlauben keine Inhalte, die Essstörungen auf Instagram verherrlichen oder auf andere Art fördern", so der Instagram-Sprecher Alexander Kleist.
Instagram-Chef vor dem US-Kongress
Die Frage, ob und inwiefern Instagram Kindern und Teenagern schade, hat die Whistleblowerin Frances Haugen erneut thematisiert. Dazu muss sich Instagram-Chef Adam Mosseri vor dem US-Kongress verantworten.Dieser untersucht zurzeit, wie sich das sozialen Netzwerk auf die Gesundheit von jungen Nutzerinnen und Nutzern auswirkt. In einem Blogpost vom Dienstag kündigt der Konzern eine Reihe von Maßnahmen an, die Instagram weniger anfällig machen soll.
So soll es für Eltern ab März 2022 eine Möglichkeit geben, die Zeit, die ihre Kinder auf Instagram verbringen, zu begrenzen, zum Beispiel auf 30 Minuten oder drei Stunden täglich. Außerdem soll es eine Löschfunktion für alte Inhalte geben und aktiv neue Vorschläge zu anderen Themen, wenn Nutzerinnen und Nutzer zu lange zu einem Thema lesen.
Quelle: tagesschau