Verkehrsminister Dobrindt stellt Maut-Pläne vor
Was kommt da auf Deutschlands Autofahrer zu?
Verkehrsminister Alexander Dobrindt (44) trat am Montag um 13.06 Uhr in Berlin vor die Presse, stellte in 56 Minuten erstmals konkrete Pläne zur Pkw-Maut vor.
Ziel ist es, mit der Gebühr die Infrastruktur zu verbessern.
Jeder Autofahrer braucht zukünftig eine Vignette! Diese soll laut Dobrindt maximal 100 Euro pro Jahr kosten. Deutschen Autofahrern werde sie bei der Anmeldung ihres Autos oder per Post zugeschickt.
► Ausländische Autofahrer können die Vignetten an Tankstellen oder online kaufen. Es gibt wahlweise
Ganzjahres-Vignetten (max. 100 Euro), welche für
zwei Monate (etwa 20 Euro) und
zehn Tage (etwa 10 Euro). Zur Berechnung müssten die Halter nur das Baujahr ihres Autos, Hubraum und Umweltklasse angeben, erklärte Dobrindt.
Berechnungsmodelle für die neue Pkw-Maut
Die Vignetten werden sich farblich unterscheiden. „Wir wollen eine Sichtkontrolle sicherstellen, damit keiner auf die Idee kommt, eine Vignette, die für den Smart gedacht ist für einen BMW zu nutzen“, so Dobrindt.
Halter in Deutschland zugelassener Pkw können keine Kurzzeit-Vignetten kaufen, sie bekommen automnatisch eine Ganzjahres-Vignette. „Alles andere würde auch keinen Sinn machen“, meinte Dobrindt.
Die Vignette wird für ALLE Straßen benötigt, nicht nur für Autobahnen. „Abgaben auf Teilstrecken führen zu Ausweichverkehr – das wollen wir nicht unterstützen“, so Dobrindt.
Auf Deutschlands Autofahrer kommen keine Zusatzkosten zu, verspricht Dobrindt. „Keiner wird mehr belastet als bisher“, erklärte er am Montag. Die Kosten der Vignette sollen durch eine Absenkung der Kfz-Steuer aufgefangen werden.
Die KFZ-Steuer wird abgesenkt, wird damit für JEDEN inländischen KFZ-Halter günstiger“, so der Verkehrsminister.
Autofahrer müssen sich um nichts kümmern. Die neue Infrastrukturabgabe wird automatisch berechnet und kommt mittels Bescheid“, verspricht der Verkehrsminister. Die neue Maut solle nach einem automatischen Verfahren nach Baujahr, Umweltklasse und Hubraum berechnet werden, ohne zusätzliche Bürokratie.
Wie soll die Maut kontrolliert werden? „Wir haben jetzt schon unterschiedliche Kontrollsysteme bei der Lkw-Maut“, sagte Dobrindt. Diese könnten bei der Kontrolle der Pkw-Maut genutzt werden. Welche Kontrollmechanismen sich besonders eignen, gelte es zu prüfen.
Dobrindt zur Kritik, die Maut verstöße gegen EU-Recht: „Die KFZ-Steuer ist ein nationales Instrument, ist deshalb von uns frei zu gestalten.“
Und weiter: „Ich habe das erklärt und Kommissar Callas hat sich schriftlich dazu geäußert, dass die gleichzeitige Einführung einer Abgabe und eine Reform des Kfz-System möglich sind.“
Wir hoch sind die Systemkosten? Dobrindt: „Die Systemkosten sollen etwa acht Prozent umfassen, so viel, wie bei anderen Vignetten-Systemen wie in Österreich üblich sind.“
Pro Jahr gibt es in Deutschland rund 170 Millionen Fahrten von Nutzern aus dem Ausland“, so Dobrindt. Das Verkehrsministerium schätze die zusätzlichen Einnahmen pro Kalenderjahr auf „2,5 Milliarden Euro netto. Diese Einnahmen werden zweckgebunden in die Straßeninfrastruktur investiert.“
Dobrindt will sich auf keinen Zeitpunkt für die Gesetzesvorlage festlegen lassen. Es müsse mit der EU-Komission und anderen Ministerien abgesprochen werden. Dobrindt: „Ob wir für das Gesetz auch die Zustimmung des Bundesrates brauchen, hängt von der konkreten Ausgestaltung ab.“ Und: „Ich habe großes Interesse an einer einvernehmlichen Lösung gemeinsam mit den Bundesländern.“
Werden die Länder an den Einnahmen beteiligt? Dieser Frage wich Dobrindt aus, sagte: „Ich habe Verständnis dafür, dass die Länder an den Mehreinnahmen beteiligt werden möchten. Nachdem ich gelesen habe, wie viele Länder das wollen, scheint die Überzeugung der Länder groß zu sein, dass die Maut zum 1. Januar 2016 kommt. Das deckt sich mit meiner Überzeugung.“
Was passiert, wenn man keine Vignette am Auto hat? „Missbrauch muss bestraft werden“, betonte Dobrindt. Über die Höhe der Bußgelder konnte er jedoch noch nichts sagen.
Kommunen fordern Beteiligung
Klar ist: Kommt die Maut, werden auch die Kommunen ihre Hände aufhalten.
Bei erwarteten Einnahmen von 625 Millionen Euro pro Jahr ist das keine Überraschung!
Wenn auf Landesstraßen und kommunalen Straßen eine Maut erhoben wird, dann müssen auch die Länder und Kommunen an den Einnahmen beteiligt werden“, sagte der Vorsitzende der Länder-Verkehrsministerkonferenz, Reinhard Meyer (SPD) aus Schleswig-Holstein, der „Welt”. Das Geld könne nicht nur in Bundesfernstraßen fließen.
Das hält auch Maut-Initiator Horst Seehofer für möglich und ließ erkennen, dass die Länder tatsächlich mit einem Teil der Einnahmen rechnen können. Das sei bei der Konzeption, die Maut auch auf Landesstraßen und kommunalen Straßen zu erheben, „eine logische Folge“, sagte Bayerns Ministerpräsident am Montag in München.
Warum das alles?
Riesenärger um die Maut gibt’s schon lange! Denn: Vor allem einer möchte die Maut durchsetzen und das ist CSU-Parteichef Horst Seehofer!
Trotz Gegenwind von Kanzlerin Angela Merkel („Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben!“) versuchte er, im Wahlkampf 2013 vehement, in Bayern mit der Maut zu punkten.
Ich unterschreibe als CSU-Vorsitzender nach der Bundestagswahl keinen Koalitionsvertrag, in dem die Einführung der Pkw-Maut für ausländische Autofahrer nicht drin steht“, erklärte Seehofer – und schaffte es tatsächlich, die Pkw-Maut im Vertrag zwischen CDU, CDU und SPD unterzubringen.
Bloß: Im Koalitionsvertrag steht deutlich, man wolle eine Straßengebühr für Autos einführen, die im Ausland zugelassen sind, ohne in Deutschland zugelassene Fahrzeuge zusätzlich zu belasten. Soll heißen: Ausländer müssen zahlen, Deutsche nicht. Gleichzeitig muss die Maut-Regelung aber mit dem Europarecht konform sein, das eine Gleichberechtigung aller EU-Bürger verlangt.
Genau hier liegt das Problem, das es nach wie vor zu lösen gilt...
Kritik von allen Seiten
Noch vor Dobrindts öffentlicher Erklärung hagelte es Kritik von der EU-Kommission. Sie warnte Deutschland, durch die geplante Pkw-Maut Autofahrer aus dem Ausland zu benachteiligen.
„Nicht-Diskriminierung ist ein Grundprinzip des EU-Rechts“, sagte eine Sprecherin von EU-Verkehrskommissar Siim Kallas am Montag in Brüssel. „Es ist wichtig, dass die deutsche Regierung dies in Betracht zieht, wenn sie ihren Vorschlag vorlegt.“
SPD-Fraktionsvize Sören Bartol sagte am Montag im RBB-Inforadio, es gelte nun, genau zu sehen, ob die im Koalitionsvertrag genannten Bedingungen erfüllt seien. Das Gesetz müsse mit EU-Recht konform sein und dürfe deutsche Autofahrer nicht zusätzlich belasten.
Sorgen mache sich Bartol auch auf die Reaktion der Nachbarländer. „Wenn wir jetzt alle Straßen bemauten, dann werden auch alle um uns herum die Straßen bemauten“, sagte der SPD-Politiker im WDR.
Maut in Europa
In Europa müssen Pkw-Fahrer in mehr als 20 Ländern eine Autobahn-Maut zahlen. Berechnet wird die Maut einerseits nach gefahrener Strecke, zum Beispiel in Frankreich, Irland, Italien, Polen, Portugal, Spanien und der Türkei. Beim Einfahren in einen Autobahnabschnitt sind Tickets zu ziehen, die dann beim Ausfahren zu bezahlen sind. Daneben gibt es auch elektronische Systeme.
In anderen Ländern müssen Autofahrer unabhängig von den gefahrenen Kilometern eine Vignette zu einem pauschalen Preis kaufen – für einige Tage, mehrere Wochen oder ein Jahr. Dieses Modell gilt in Österreich, der Schweiz, Bulgarien, Rumänien, der Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn. In Dänemark sind bestimmte große Brücken mautpflichtig.
Quelle: bild