Drohendes Flugchaos - Luftraum über München geschlossen
Der isländische Vulkan Eyjafjallajökull beeinträchtigt jetzt auch wieder den deutschen Luftraum: Der Flughafen München ist seit 15 Uhr geschlossen. Wann der Flugbetrieb wieder aufgenommen wird, ist noch unklar - ebenso wie die Zahl der Flüge, die insgesamt betroffen sein werden.
Hamburg/München - Die Deutsche Flugsicherung hat am Sonntag den Luftraum um München komplett geschlossen. Seit 15 Uhr seien für mehrere Stunden weder Sicht- noch Instrumentenflüge erlaubt, sagte Flugsicherungssprecher Axel Raab. Grund sei eine hochkonzentrierte Aschewolke in dem Luftraum.
Ein Ende des Flugverbots sei derzeit nicht absehbar, sagte ein Sprecher des Münchner Flughafens zu SPIEGEL ONLINE. Auch über die Zahl der betroffenen Flüge könne man bisher keine Angaben machen. Zuvor waren bereits 27 Flüge von und nach Italien annulliert worden.
Auch der Luftraum über Stuttgart wurde komplett geschlossen. Die Sperrung für Abflüge und Ankünfte sollte laut Flugsicherung voraussichtlich eine Stunde dauern. Betroffen waren auch kleinere Flughäfen wie Friedrichshafen am Bodensee, Memmingen und Augsburg.
Österreich und die Schweiz meldeten ebenfalls Probleme im Flugverkehr. Die österreichischen Airports Innsbruck, Salzburg, Linz und Wien mussten geschlossen werden, sagte der Sprecher der Flugaufsichtsbehörde Austro Control, Markus Pohanka, der Nachrichtenagentur APA. In Genf und Zürich wurden Dutzende von Flügen gestrichen. Erneut gesperrt wurden fünf Flughäfen in Westirland; die drei größten Flughäfen des Landes in Dublin, Cork und Shannon waren weiter in Betrieb.
Am Wochenende war der Flugverkehr in Teilen Südeuropas bereits empfindlich beeinträchtigt. Airports in Spanien, Italien, Portugal und Frankreich blieben zeitweise gesperrt. Es werde rund 24.500 Flüge geben - etwa 500 weniger als an normalen Sonntagen in dieser Jahreszeit, teilte die Flugsicherheitsorganisation Eurocontrol in Brüssel mit.
Der Flugverkehr war am Sonntag besonders in Norditalien gestört: Zahlreiche Flughäfen im Nordwesten des Landes mussten geschlossen werden - auch das bei Touristen beliebte Mailand. In Südfrankreich fürchtete man ebenfalls weitere Behinderungen. In Nizza wurden etwa 20 Flüge annulliert, darunter zahlreiche Verbindungen der britischen Billigfluglinie Easyjet.
Ausläufer der Aschewolke sorgten auch auf der iberischen Halbinsel für Probleme. In Nordspanien sollten nach Angaben der Flugaufsicht vier Flughäfen bis zum Sonntagnachmittag gesperrt bleiben. 19 Flughäfen hatten am Samstag schließen müssen, darunter der Airport von Barcelona. 600 Flüge wurden gestrichen, betroffen waren Zehntausende Passagiere. Der Flughafen im zweitgrößten portugiesischen Porto musste ebenfalls den Betrieb einstellen. Seit Samstagabend ist insbesondere der Transatlantik-Flugverkehr von Portugal aus eingeschränkt. Viele Flüge mussten umgeleitet werden, was zu längeren Flugzeiten führte.
Mitte April hatte der isländische Vulkan Eyjafjallajökull fast den gesamten europäischen Luftverkehr rund eine Woche lang lahmgelegt, weil die Partikel der Vulkanasche eine Gefahr für Flugzeuge darstellen. Hunderte Airports mussten schließen, mehr als acht Millionen Reisende saßen fest. Die Ausfälle führten zu Schäden in Milliardenhöhe.
In dieser Situation erlaubten die Aufsichtsbehörden in Deutschland sogenannte Sichtflüge (siehe Kasten links), um wenigstens einen Teil der gestrandeten Passagiere aus ihrer Notlage zu befreien. Doch jetzt zeigt sich: Die Maßnahme war und ist unter Flugzeugführern hoch umstritten.
Nach Informationen des SPIEGEL bedauert der Sicherheitspilot der Lufthansa, Jürgen Steinberg, in einem internen Aushang gegenüber Kollegen seine Zustimmung zu den Sichtflügen, die deutsche Fluglinien Ende April während des Vulkanasche-Alarms geflogen sind: "Das darf sich nicht wiederholen. Heute würde meine Empfehlung in der gleichen Situation lauten: Don't do it."
In dem Schreiben, das dem SPIEGEL vorliegt, gibt Steinberg zu, dass die Situation von Piloten "als unbefriedigend oder auch als bedrohlich" empfunden wurde. Lufthansa-Bereichsvorstand und -Chefpilot Jürgen Raps distanziert sich gegenüber dem SPIEGEL von seinem Sicherheitspiloten: "Das ist seine rein persönliche Einschätzung, die sich nicht mit der Auffassung des Konzerns deckt."
"Viele von uns waren fassungslos"
Heikel war die Lage vor allem am Dienstag, dem 20. April, als über Norddeutschland eine Regenfront mit tiefhängenden Wolken die Flugzeuge zwang, weite Strecken in extrem niedrigen Höhen zu fliegen. Der SPIEGEL zeichnet in seiner neuesten Ausgabe anhand von Radardaten drei von insgesamt mehreren Dutzend solcher Flüge nach, unter anderem auch den Flug LH 008 von Frankfurt am Main nach Hamburg: Ab dem Steinhuder Meer sank der Airbus A321 von 1000 Metern bis auf 600 Meter über Grund.
Ein Pilot, der zufällig hinten in der Kabine saß, kritisierte in einem internen Piloten-Forum der Lufthansa: "Die recht groß wirkenden Windräder haben mich etwas an der Mindesthöhe zweifeln lassen." Noch südlich der Elbe beobachtete der Erste Offizier, dessen Name dem SPIEGEL bekannt ist: "Ich war nicht sonderlich erfreut, als ein Kleinflugzeug unter uns auftauchte."
Bedenken gegen die Sichtflüge, von denen Air Berlin 559 und die Lufthansa 395 absolvierte, gab es auch bei der Deutschen Flugsicherung (DFS). Ein Fluglotse gegenüber dem SPIEGEL: "Als wir von der Betriebsanweisung unserer Führung erfuhren, waren viele von uns zunächst fassungslos."
Air Berlin und Lufthansa beteuern, sichere Abstände zu Flugzeugen und Wolken seien jederzeit eingehalten worden. Man habe im Übrigen "das Verfahren im Vorfeld gemeinsam mit dem Verkehrsministerium, dem Luftfahrtbundesamt sowie der DFS erarbeitet und von diesen Behörden genehmigt bekommen", so Lufthansa-Bereichsvorstand Raps gegenüber dem SPIEGEL.
Quelle: Spiegel
Der isländische Vulkan Eyjafjallajökull beeinträchtigt jetzt auch wieder den deutschen Luftraum: Der Flughafen München ist seit 15 Uhr geschlossen. Wann der Flugbetrieb wieder aufgenommen wird, ist noch unklar - ebenso wie die Zahl der Flüge, die insgesamt betroffen sein werden.
Hamburg/München - Die Deutsche Flugsicherung hat am Sonntag den Luftraum um München komplett geschlossen. Seit 15 Uhr seien für mehrere Stunden weder Sicht- noch Instrumentenflüge erlaubt, sagte Flugsicherungssprecher Axel Raab. Grund sei eine hochkonzentrierte Aschewolke in dem Luftraum.
Ein Ende des Flugverbots sei derzeit nicht absehbar, sagte ein Sprecher des Münchner Flughafens zu SPIEGEL ONLINE. Auch über die Zahl der betroffenen Flüge könne man bisher keine Angaben machen. Zuvor waren bereits 27 Flüge von und nach Italien annulliert worden.
Auch der Luftraum über Stuttgart wurde komplett geschlossen. Die Sperrung für Abflüge und Ankünfte sollte laut Flugsicherung voraussichtlich eine Stunde dauern. Betroffen waren auch kleinere Flughäfen wie Friedrichshafen am Bodensee, Memmingen und Augsburg.
Österreich und die Schweiz meldeten ebenfalls Probleme im Flugverkehr. Die österreichischen Airports Innsbruck, Salzburg, Linz und Wien mussten geschlossen werden, sagte der Sprecher der Flugaufsichtsbehörde Austro Control, Markus Pohanka, der Nachrichtenagentur APA. In Genf und Zürich wurden Dutzende von Flügen gestrichen. Erneut gesperrt wurden fünf Flughäfen in Westirland; die drei größten Flughäfen des Landes in Dublin, Cork und Shannon waren weiter in Betrieb.
Am Wochenende war der Flugverkehr in Teilen Südeuropas bereits empfindlich beeinträchtigt. Airports in Spanien, Italien, Portugal und Frankreich blieben zeitweise gesperrt. Es werde rund 24.500 Flüge geben - etwa 500 weniger als an normalen Sonntagen in dieser Jahreszeit, teilte die Flugsicherheitsorganisation Eurocontrol in Brüssel mit.
Der Flugverkehr war am Sonntag besonders in Norditalien gestört: Zahlreiche Flughäfen im Nordwesten des Landes mussten geschlossen werden - auch das bei Touristen beliebte Mailand. In Südfrankreich fürchtete man ebenfalls weitere Behinderungen. In Nizza wurden etwa 20 Flüge annulliert, darunter zahlreiche Verbindungen der britischen Billigfluglinie Easyjet.
Ausläufer der Aschewolke sorgten auch auf der iberischen Halbinsel für Probleme. In Nordspanien sollten nach Angaben der Flugaufsicht vier Flughäfen bis zum Sonntagnachmittag gesperrt bleiben. 19 Flughäfen hatten am Samstag schließen müssen, darunter der Airport von Barcelona. 600 Flüge wurden gestrichen, betroffen waren Zehntausende Passagiere. Der Flughafen im zweitgrößten portugiesischen Porto musste ebenfalls den Betrieb einstellen. Seit Samstagabend ist insbesondere der Transatlantik-Flugverkehr von Portugal aus eingeschränkt. Viele Flüge mussten umgeleitet werden, was zu längeren Flugzeiten führte.
Mitte April hatte der isländische Vulkan Eyjafjallajökull fast den gesamten europäischen Luftverkehr rund eine Woche lang lahmgelegt, weil die Partikel der Vulkanasche eine Gefahr für Flugzeuge darstellen. Hunderte Airports mussten schließen, mehr als acht Millionen Reisende saßen fest. Die Ausfälle führten zu Schäden in Milliardenhöhe.
In dieser Situation erlaubten die Aufsichtsbehörden in Deutschland sogenannte Sichtflüge (siehe Kasten links), um wenigstens einen Teil der gestrandeten Passagiere aus ihrer Notlage zu befreien. Doch jetzt zeigt sich: Die Maßnahme war und ist unter Flugzeugführern hoch umstritten.
Nach Informationen des SPIEGEL bedauert der Sicherheitspilot der Lufthansa, Jürgen Steinberg, in einem internen Aushang gegenüber Kollegen seine Zustimmung zu den Sichtflügen, die deutsche Fluglinien Ende April während des Vulkanasche-Alarms geflogen sind: "Das darf sich nicht wiederholen. Heute würde meine Empfehlung in der gleichen Situation lauten: Don't do it."
In dem Schreiben, das dem SPIEGEL vorliegt, gibt Steinberg zu, dass die Situation von Piloten "als unbefriedigend oder auch als bedrohlich" empfunden wurde. Lufthansa-Bereichsvorstand und -Chefpilot Jürgen Raps distanziert sich gegenüber dem SPIEGEL von seinem Sicherheitspiloten: "Das ist seine rein persönliche Einschätzung, die sich nicht mit der Auffassung des Konzerns deckt."
"Viele von uns waren fassungslos"
Heikel war die Lage vor allem am Dienstag, dem 20. April, als über Norddeutschland eine Regenfront mit tiefhängenden Wolken die Flugzeuge zwang, weite Strecken in extrem niedrigen Höhen zu fliegen. Der SPIEGEL zeichnet in seiner neuesten Ausgabe anhand von Radardaten drei von insgesamt mehreren Dutzend solcher Flüge nach, unter anderem auch den Flug LH 008 von Frankfurt am Main nach Hamburg: Ab dem Steinhuder Meer sank der Airbus A321 von 1000 Metern bis auf 600 Meter über Grund.
Ein Pilot, der zufällig hinten in der Kabine saß, kritisierte in einem internen Piloten-Forum der Lufthansa: "Die recht groß wirkenden Windräder haben mich etwas an der Mindesthöhe zweifeln lassen." Noch südlich der Elbe beobachtete der Erste Offizier, dessen Name dem SPIEGEL bekannt ist: "Ich war nicht sonderlich erfreut, als ein Kleinflugzeug unter uns auftauchte."
Bedenken gegen die Sichtflüge, von denen Air Berlin 559 und die Lufthansa 395 absolvierte, gab es auch bei der Deutschen Flugsicherung (DFS). Ein Fluglotse gegenüber dem SPIEGEL: "Als wir von der Betriebsanweisung unserer Führung erfuhren, waren viele von uns zunächst fassungslos."
Air Berlin und Lufthansa beteuern, sichere Abstände zu Flugzeugen und Wolken seien jederzeit eingehalten worden. Man habe im Übrigen "das Verfahren im Vorfeld gemeinsam mit dem Verkehrsministerium, dem Luftfahrtbundesamt sowie der DFS erarbeitet und von diesen Behörden genehmigt bekommen", so Lufthansa-Bereichsvorstand Raps gegenüber dem SPIEGEL.
Quelle: Spiegel