Digital Eliteboard - Das Digitale Technik Forum

Registriere dich noch heute kostenloses um Mitglied zu werden! Sobald du angemeldet bist, kannst du auf unserer Seite aktiv teilnehmen, indem du deine eigenen Themen und Beiträge erstellst und dich über deinen eigenen Posteingang mit anderen Mitgliedern unterhalten kannst! Zudem bekommst du Zutritt zu Bereiche, welche für Gäste verwehrt bleiben

Off Topic Der Herr der Schüsseln

Link veralten (gelöscht)

IMG Removed

85 Satellitenschüsseln – damit holt er sich die große weite Fernsehwelt in sein zu Hause.
Si-Kap Lees Leidenschaft begann mit der Suche nach Musiksendern.
Mit der ersten Schüssel veränderte sich sein Leben:
Über ihm tat sich ein Universum aus Fernsehprogrammen auf.
Ein neu entdeckter Kanal aus einem fernen Land macht ihn bis heute so glücklich wie der Anblick seines Hauses.
„Ich finde die Form meiner Schüsseln sehr schön.
Andere Menschen haben Blumen auf dem Dach.
Mich erinnern die Schüsseln auch an Blumen.
Für mich ist das ein Garten aus Satellitenschüsseln.“


Er wohnt auf dem Land in der Provinz Jeongju umgeben von Peperoni- und Reisfeldern.
Drei bis vier Stunden zappt er sich pro Tag von Kurdistan TV bis Kuba – 1500 Kanäle laufen bei ihm auf, aus über 100 Ländern.

Si-Kap Lee faszinieren fremde Kulturen,
und er mag den Klang der für ihn meist unverständlichen Sprachen.
Sein Englisch, sagt er, sei durchs Fernsehen besser geworden.
Einige Brocken Russisch, Japanisch und Arabisch hat er beim Zappen auch schon aufgeschnappt.
In Satellitenuniversum des gelernten Elektrikers hat alles seine Ordnung,
er weiß ohne Zettel, wo jedes Kabel hinführt,
nicht einmal mit den über 20 Fernbedienungen kommt er durcheinander.

„Fünf bis zehn weitere Satellitenschüsseln hätte ich gerne, sagt er, aber das Problem:
Ich habe keinen Platz mehr, um sie zu installieren.“

Einen kleinen Sprung in der Schüssel – so haben die Nachbarn früher über ihn geredet.
Doch mittlerweile sind Kanäle etwa aus China, den Philippinen oder Vietnam in Südkorea begehrt, besonders auf dem Land.
Denn viele Bauern finden ihre Ehefrauen nur noch in ärmeren asiatischen Ländern, junge Südkoreanerinnen hingegen ziehen fort und suchen ihr Glück in den Städten.
Si-Kap Lee ist überall ein gern gesehener Gast,
auch bei Bauer Um und seiner vietnamesischen Frau Nuenty.
Der 40jährige ist Mitglied einer Organisation, die bedürftigen Ehepaaren Satellitenanlagen spendet und kostenlos repariert.
Heimatfernsehen, weil viele der Frauen Heimweh haben.
Bauer Um ist gehbehindert.
Das Paar hat ein Kind, aber auch nach drei Jahren Ehe können sie sich die beiden wegen mangelnder Sprachkenntnisse kaum verständigen.
Kein Einzelfall. Eine Zweckehe: Sie wollte der Armut entkommen.

„In meinem Zustand finde ich in Südkorea keine Frau.
Ich bin daher mit einer Heiratsagentur eine Woche nach Vietnam geflogen.
200 Schönheiten wurden mir vorgestellt, die da – so seine Wortwahl, habe ihm gleich gefallen.“
Das vietnamesische Fernsehen läuft wieder störungsfrei.
Si-Kap Lee kennt viele solcher Paare, aber die beiden würden sich ganz gut verstehen, meint er, – auch ohne viele Worte.
Nicht selten werden die Frauen behandelt wie Dienstmädchen, auch verprügelt, wenn sie etwas falsch machen.
Er hofft, dass die Ehemänner durch die Fernsehprogramme mehr Verständnis für die Frauen und ihre Kultur entwickeln.
„Die Koreaner akzeptieren den Kulturkreis der Frauen nicht.
Häufig sind es einfache Männer.
Sie haben kein Interesse an der Heimat ihrer Ehefrauen, und erwarten einfach, dass die zu koreanischen Müttern werden.“

Auch bei Bauer Park ist der Empfang vietnamesischer Kanäle gestört.
Se-Kap Lee opfert gerne seine Freizeit.
Dank der ehrenamtlichen Arbeit, sagt er, sei er nicht mehr der Eigenbrödler von früher, sondern viel aufgeschlossener worden.
Er freut sich, dass er mit seinem Hobby andere glücklich machen kann.
Die 24jährige Uenti spricht nach vier Jahren Ehe ganz gut koreanisch.

Das Paar guckt oft zusammen Fernsehen, da der Ehemann mehr über Vietnam erfahren möchte. Heimweh hat sie trotzdem noch.

„Das Leben und die Sprache in Südkorea sind für uns Vietnamesinnen nicht einfach.
Im Fernsehen kann ich mir nun Musik, Shows und Serien aus meiner Heimat anschauen.
Das macht mich froh, manchmal denke ich dann, ich wäre in Vietnam.“

Antennenmann Lee arbeitet freiberuflich als Computerprogrammierer.

Er lebt mit seiner Mutter und dem pflegebedürftigen Großvater zusammen.
Sie betreiben etwas Landwirtschaft.



Die Mutter wünscht sich, dass er statt neuer Satellitenschüsseln endlich eine Frau ins Haus holt,
aber der Sohn will sich mit dem Umschalten aufs Eheleben noch Zeit lassen und lieber ungestört nach Fernsehprogrammen suchen.

„Sicher denken einige, bei mir sitzen ein paar Schrauben locker
oder machen sich sogar ernsthaft Sorgen.
Aber mir sagen auch immer mehr Leute, wie großartig sie finden, was ich hier aufgebaut habe.“
Neulich stand die Polizei vor der Tür:
Denn Si-Kap Lee kann nordkoreanisches Fernsehen empfangen, das ist in Südkorea verboten.
Doch er versicherte glaubhaft, kein Spion zu sein.
Er würde gerne etwas über den Alltag der Menschen im Norden erfahren, aber die zeigen nur Propaganda und den Führer Kim Jong-il. Das ist ihm zu langweilig.

Am Abend taucht er wieder einsam ab in die Weiten des Fernsehuniversums, wo es noch soviel zu entdecken gibt.
 
Zurück
Oben