Endlich 18": Astra feiert Sieg über Kabelnetze
Bei Astra jubelt man: Nach neuesten Erhebungen von TNS Infratest hat der Satellit die Kabelnetze als TV-Empfangsweg Nr.1 in Deutschland im vergangenen sehr deutlich abgehängt. Und Deutschland-Chef Wolfgang Elsäßer vermeldet mehr als 18
Mio. Sat-Haushalte.
Passenderweise hoch über den Dächern von München zeigt sich Satellitenbetreiber Astra mit seiner Tochter
HD+ in Hochform. Für seinen Optimismus ist Deutschland-Chef Wolfgang Elsäßer bekannt. Als klarer Marktführer auch innerhalb des Satellitenmarktes, die für manchen Sender wie ein Quasi-Monopol wirkt, hat Astra seit Jahren auch gut lachen. Und die Zahlen, die Elsäßer an diesem Mittag in München präsentiert, machen deutlich, dass das auch so weitergehen dürfte. Erstmals empfangen mehr als 18 Millionen Haushalte in Deutschland ihr TV-Programm im Erstempfang über Satellit. "Endlich 18", scherzte Elsäßer und setzte die Präsentation mit einem "18+"-Anstecker am Anzug fort. "Manche Partei hat von Projekt 18 nur geträumt, wir haben es geschafft."
Im vergangenen Jahr konnte der Satellit auf 18,07 Millionen erreichte TV-Haushalte zulegen, ein Plus von mehr als einer halben Million Haushalte (2011: 17,54
Mio.). Mit einem Anteil von 47 Prozent baute der Satellit damit seine Führungsposition unter den Verbreitungswegen weiter aus und vergrößert den Abstand zum Kabel, dessen Reichweite auf 16,70 Millionen TV-Haushalte (17,27
Mio.) zurückging. Das entspricht einem Anteil von 44 Prozent. Wurde im vergangenen Jahr angesichts des knappen Rennens noch zwischen Astra und dem Kabelnetz-Verband Anga Cable erbittert um die Interpretation vorliegender Zahlen gestritten, ist der Abstand inzwischen deutlich.
Das terrestrische Fernsehen, DVB-T, konnte zwar im Zuge der Analogabschaltung des Satelliten im vergangenen Jahr etwas profitieren. Aber mit 2,05 Millionen Haushalten bleibt es weiterhin in der Nische. Nur 5,4 Prozent aller TV-Haushalte nutzt DVB-T - und angesichts der Diskussion über einen Ausstieg der Privatsender, dürfte hier auch nicht viel Wachstum zu erwarten sein.
IPTV spielt eine noch geringere Rolle und verzeichnet erstaunlicherweise ein kaum messbares Wachstum. 1,26 Millionen Haushalte mit
IPTV weist die von TNS Infratest durchgeführte Studie für 2012 aus. Ein Jahr zuvor waren es 1,25 Millionen Haushalte.
TNS Infratest führt diese Untersuchung seit Jahren im Auftrag von Astra durch - gilt aber als anerkannte, unabhängige Erhebung in der Branche. Und die stellte man in München in allen Details vor - was statt einer geplanten Stunde dann gleich doppelt so lange dauerte. Immerhin sorgte Astra Deutschland-Chef Wolfgang Elsäßer für so manchen Lacher zwischendurch. Etwa mit einer flapsigen Bemerkung über die Qualität von Kabelnetzbetreibern. "Früher gab es mit Kabel BW einen guten Kabelnetzbetreiber. Gottseidank wurde der von Unitymedia übernommen", stichelte Elsäßer. Der Astra TV-Monitor, so der Name der Erhebung, sorgt jedoch nicht nur für Zustimmung. So teilt man beim Kabelnetzverband Anga Cable am Dienstag mit: "Wir können die Zahlen nicht nachvollziehen, zumal sie sich weiterhin erheblich von den Daten der AGF/GfK unterscheiden." Es ist eben so eine Sache mit den Statistiken.
Im Rahmen der PK präsentierte auch Timo Schneckenburger, Geschäftsführer der Astra-Tochter
HD+, noch einmal die allerdings schon vor einigen Wochen veröffentlichten Erfolgszahlen des PayTV-Angebots für die HD-Versionen der früher FreeTV-genannten Sender RTL, Sat.1 und Co. Live demonstriert wurde
HD+ RePlay, ein Ausbau des SmartTV-Portals von
HD+, das Schneckenburger im vergangenen Jahr im DWDL.de-Interview erstmals ankündigte. Mit
HD+ RePlay will man die Mediatheken der Privatsender auf den Fernseher bringen. Bislang ist nur die Mediengruppe RTL Deutschland dabei, weswegen nach einer ohnehin kostenlosen Startphase von drei Monaten neun weitere Monate zum Preis von 15 Euro gibt. Ob der Zugang zu RTLnow, VOXnow und Co. den Aufpreis wert sind, wird der Markt zeigen. Wachsen will
HD+ in 2013 aber auch klassich mit neuen Sendern, die dazu kommen sollen.
Zukunftsmusik ist vorerst noch Ultra HD, auch 4K genannt. Ein Thema, dass seit vergangenem Jahr die Fantasien der Technikhersteller beflügelt. Sie wittern den nächsten begehrenswerten Standard für noch schärferes Fernsehen. Doch auch Astra betont hier die Vielzahl an Baustellen die es noch gebe, bevor daraus Fernsehrealität werden könne. Viele Worte also um eine simple Botschaft: Man sei bereit für Ultra HD oder eben 4K. Wesentlich konkreter uns spannender für das weitere Wachstum von Satelliten-Haushalten in Deutschland: Die Verteilung des via Satellit empfangenen TV-Signals über IP im heimischen Netzwerk. Statt aufwändiger Verkabelung von Satellitenschüssel zu allen Empfangsgeräten könnte das künftig drahtlos - und damit attraktiver, einfacher und günstiger möglich sein.
Doch der wichtigste Umsatztreiber für Astra bleibt weiterhin High Definition. "HD hat immer noch Dynamik", erklärt Wolfgang Elsäßer am Dienstag in München und ergänzt: "Der Boom ist noch nicht am Ende." Angesichts der Zahlen von TNS Infratest lässt sich das gut nachvollziehen: Denn auch wenn für die Branche HDTV schon wie ein etablierter Standard klingt, so haben erst 34 Prozent der deutschen Fernsehhaushalte hochauflösendes Fernsehen. Hier müssten, da ist Astra nicht der einzige Plattform-Anbieter, der dies hinter vorgehaltener Hand fordert, endlich die Sender für mehr native HD-Programme sorgen, um die Attraktivität eines Umstiegs auf High Definition zu erhöhen. Zu viele vermeintliche HD-Angebote der Sender sind in Wahrheit keine oder nur wenige Stunden pro Tag.
Das trübt die gute Stimmung bei Astra jedoch nicht wirklich. Deswegen wurde am Abend in gleicher Location auch noch einmal mit Geschäftspartnern das Projekt 18 gefeiert. Vermutlich jedoch ohne zwei Stunden Powerpoint.
Quelle: dwdl