AW: Premiere-Betrüger vor Gericht
Mittwoch, 3. Februar 2010
(Sächsische Zeitung)
„Premiere“-Fall: Angeklagtem drohen fast fünf Jahre Haft
Von Christoph Scharf
Wendung im Prozess: Die Sache geht ans Landgericht – weil das Schöffengericht gar nicht so viel verhängen darf, wie es gerne möchte.
Der 39-Jährige steht vor Gericht, da er Technik zum Premiere-Schwarzsehen verkauft haben soll.Foto: RP
Für den 39-jährigen Angeklagten kommt es immer dicker. Dem Oderwitzer, der in Bautzen einen gut laufenden Internet-Versand betrieb, drohen jetzt fast fünf Jahre Haft. Laut Anklage hat er in rund 1000Fällen Technik zum Schwarz-Empfang von Premiere verkauft.
Außerdem läuft mittlerweile ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung gegen ihn, wie Marcus Gnad vom Amtsgericht Chemnitz der SZ bestätigte. Hierbei soll es sich um mehr als 330000Euro handeln, die der Angeklagte angeblich am Fiskus vorbei geschleust hat.
Der Angeklagte sieht sich nach wie vor als unschuldig. Zwar habe er die Empfangstechnik geliefert, allerdings sei das durchweg legal gewesen. Um damit den Premiere-Code knacken zu können, hätten sich die Kunden anderweitig verbotene Software besorgen müssen.
Genau diese habe der gebürtige Bautzener aber schon mitgeliefert, argumentiert die Staatsanwaltschaft. Dabei konnte sie sich auf die Aussage mehrerer Zeugen stützen: Ein Lohsaer wollte kostenlos Premiere sehen. Im Internet war er auf das Angebot des Angeklagten gestoßen und hatte entsprechende Technik bestellt. „Damit konnte ich den Sender schauen, ohne dass ich dazu noch irgendwo was herunterladen musste.“ Zuvor hatte er für das Premiere-Abo rund 40Euro im Monat bezahlt. – Zudem belastete ein ehemaliger Mitarbeiter der Premiere-Sicherheitsabteilung den 39-Jährigen. Er hatte als Testkäufer einen Receiver und zwei so genannte Cam-Module beim Angeklagten gekauft. „Die Module funktionierten sofort zum Schwarzsehen, dem Receiver lag dafür eine CD bei – das ging kinderleicht.“ – Eine Ex-Mitarbeiterin des Oderwitzers war als Zeugin extra aus München eingeflogen. Sie berichtete, dass sie auf Module vor dem Versand ein Programm aufspielen sollte. „Damals habe ich nicht gewusst, dass das was Verbotenes ist.“ Nach der Durchsuchung durch die Polizei verließ sie die Firma, die letzten Monatslöhne bekam sie nie.
Gestern beschloss das Schöffengericht, den Fall ans Landgericht abzugeben. „Wir haben keine Zweifel, dass die Vorwürfe zutreffen“, sagte Richter Dirk Hertle. Da der Angeklagte durch den Verkauf manipulierter Technik 137000Euro erwirtschaftet und in großem Stil ein illegales Geschäft aufgebaut habe, seien vier Jahre und acht Monate Haft angemessen. So viel darf das Schöffengericht nicht verhängen. Der Angeklagte ist bereits wegen Betrugs vorbestraft, weil er 2005 trotz erheblicher Einkünfte HartzIV bezog.