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DORTMUND Besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen – getreu dieser Maxime ging Borussia Dortmunds Trainer Jürgen Klopp im Hinspiel gegen den FC Schalke 04 (1:2) volles Risiko. Und wurde bitter bestraft. Der 20. Oktober 2012 war ein schwarzer Tag für den BVB.
Unter der Woche waren vor dem 141. Aufeinandertreffen zwischen Schwarzgelb und Blau-Weiß die Nationalspieler noch gefordert. Die deutschen in den Reihen des BVB kassierten dabei ein 4:4 (nach 4:0-Führung) gegen Schweden, was medial für einen derartigen Aufschrei sorgte, dass es vor einem Revierderby wohl selten so ruhig war.
Die Zusatzbelastung verschärfte in Dortmund allerdings die Personalsituation gravierend. Klopp wartete bis zur letzten Sekunde, die medizinische Abteilung arbeitete fieberhaft – am Ende aber fehlten gleich vier Stammkräfte.
Ohne Ilkay Gündogan, Marcel Schmelzer, Mario Götze und Jakub Blaszczykowski verpasste Klopp seiner Elf eine radikale taktische Neuausrichtung. Er schickte eine Dreier statt einer Vierer-Abwehrkette ins Rennen mit Sven Bender als Mittelmann, dem Neven Subotic und Mats Hummels zur Seite standen. Davor agierte ein Fünfermittelfeld hinter der Doppelspitze Lewandowski/Reus.
Großes Durcheinander
Klopp hat willige Schüler in seinen Reihen, die bei zwei Meisterschaften bewiesen hatten, dass sie auch extrem schnell lernen können – doch diese taktische Marschroute sorgte auf dem grünen Rasen für ein heilloses Durcheinander. Selten zuvor hatte Schalke im Signal Iduna Park so viele Räume, selten zuvor fand sich Dortmund in einer veränderten taktischen Ausrichtung so schwer zurecht. S04-Neuzugang Ibrahim Affellay nutzte die Konfusion beim BVB zum 1:0 für die Gäste. Vor allem aber das 2:0 nach der Pause, als Holtby mit einem genialen Pass in die Schnittstelle und den Lauf von Marco Höger alle defensiven Absicherungen bei Dortmund aushebelte, war ein frappierender Beweis für die Dortmunder Probleme an diesem Tag.
Klopp hatte dem Treiben 30 Minuten lang zugesehen, ehe er einsah, dass er seine Elf überfordert hatte. Die Umstellung auf Viererkette aber sorgte nicht für Sicherheit, über die gesamten 90 Minuten kam Dortmund nicht richtig ins Spiel hinein.
Kaum Gefahr
Dass der Anschlusstreffer von Robert Lewandowski einer Standardsituation entsprang, war an diesem Tag bezeichnend. In den verbleibenden 35 Minuten danach geriet Schalkes Tor nicht einmal mehr in Gefahr. BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke sprach daher auch von einem „völlig verdienten Sieg der Schalker“, Dortmund auf der anderen Seite kreidete sich die schlechteste Saisonleistung bis dato ungeschminkt und ehrlich an.
Nach dem Spiel war Schalke der anerkannte Bayern-Jäger Nummer eins und hatte als Tabellendritter hinter Überraschungs-Aufsteiger Eintracht Frankfurt fünf Zähler Vorsprung vor dem BVB. Die Situation hat sich mittlerweile grundlegend geändert, nach einem langen Tief ringen die Königsblauen um Anschluss an die Königsklassen-Plätze. Doch Tabellenplätze haben im Derby nur wenig Aussagekraft. Da zählt allein die Tagesform. Denn es geht um die Ehre.