Mehrere Ministerpräsidenten haben sich schon festgelegt, dass sie gegen eine Rundfunkbeitragserhöhung ab 2025 sind. Der Zeitpunkt ist bemerkenswert. Was heißt das für Millionen Haushalte?
Ministerpräsidenten unterschiedlicher Parteien haben sich schon festgelegt. Ihre Haltung kurz und knapp: Nein. Sie lehnen eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags zur Finanzierung von ARD, ZDF und Deutschlandradio ab 2025 ab. Neuestes Beispiel vor Tagen: Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU). Was bedeutet das für Millionen Haushalte, die aktuell 18,36 Euro monatlich zahlen?
Die unbefriedigende Antwort: Es ist völlig unklar. Als es um die aktuelle Beitragszeit ging, die Ende 2024 ausläuft, stemmte sich Sachsen-Anhalt als einziges Bundesland gegen ein Mehr. Die nötige Einstimmigkeit des Länder-Votums kam nicht zustande. Der Fall landete vor dem Bundesverfassungsgericht, weil die Sender klagten. Die Richter erhöhten am Ende den Beitrag doch – wie von einer unabhängigen Finanzkommission empfohlen von 17,50 Euro auf 18,36 Euro.
ARD-Chef Kai Gniffke sagte im Juni auf einer Digitalmesse in Berlin in einer öffentlichen Frage-Runde: „Wir werden für eine Beitragserhöhung kämpfen.“ Ob es dazu komme, lasse man dahingestellt.
ARD-Chef Gniffke will „für Beitragserhöhung kämpfen“
Unter den Ländern gibt es nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur auch die Meinung, dass man aus der Einstimmigkeit bei Staatsverträgen ein Mehrheitsprinzip machen könnte. Allerdings sei bei realistischer Betrachtung der Sach- und Interessenlage im Länderkreis so etwas nicht absehbar.
Thüringens Staatskanzleichef Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) verwies auf die Tradition der Ministerpräsidentenkonferenz, dass Staatsverträge von allen 16 Ländern zu unterzeichnen sind. „Ein Abweichen davon zum Beispiel in Form von 13:3-Beschlüssen sieht Thüringen gerade bei der sensiblen Frage des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht als zielführend an.“
Der gestiegene Reformdruck im Rundfunk ist nicht simpel zu kanalisieren, denn er richtet sich an zwei Adressaten: Rundfunkanstalten und Medienpolitik.
KEF muss erst Finanzbedarf prüfen
Die KEF prüft momentan die Angaben von ARD, ZDF und Deutschlandradio zu ihrem jeweiligen Finanzbedarf ab 2025. © ARD Presse
Die Bundesländer legen in Staatsverträgen einstimmig Auftrag und Struktur fest. Sie beschreiben zum Beispiel, wie viele Rundfunkanstalten es gibt oder ob Unterhaltung zum Programmauftrag zählt. Was in TV, Radio und Online gesendet wird, entscheiden die Länder aber nicht, sondern die Sender. In Deutschland gilt Presse- und Rundfunkfreiheit.
Staatsfern organisiert ist zudem die Überprüfung des Finanzbedarfs. Experten der Kommission KEF prüfen gerade wieder die Sender-Finanzpläne 2025 bis 2028. Danach empfiehlt die KEF den Ländern die Höhe des Beitrags, voraussichtlich wieder Anfang 2024. Die Länder müssen sich eng daran orientieren. 2022 zahlten Haushalte und Firmen rund 8,57 Milliarden Euro an Rundfunkbeiträgen.
Deutschlandradio-Intendant Stefan Raue äußerte sich auf dpa-Nachfrage so: „Die 16 Länder haben die KEF geschaffen, sie haben sie als Mittel der staatsfernen Bedarfskontrolle eingerichtet. Ich finde, die KEF hat es verdient, dass sie das Gefühl hat, dass ihre Arbeit nicht vergeblich ist.“
Hamburgs Mediensenator Carsten Brosda (SPD) teilte auf Anfrage mit: Erst wenn die KEF-Empfehlung vorliege, „können die Länder sinnvollerweise eine Bewertung vornehmen. So lange wir uns auf kein anderes Verfahren geeinigt haben, gilt das. Und es hat auch keinen Sinn, hier durch freihändige Vorgaben von außen die Legitimation in Frage zu stellen.“
Ministerpräsidenten nutzen Debatte um Rundfunkbeitrag für ihre Zwecke aus
Der Medienrechtsexperte Dieter Dörr erläuterte auf Anfrage ebenfalls: „Die Länder sollten den KEF-Vorschlag abwarten. Erst dann sind sie dazu aufgerufen, sich mit diesem Vorschlag auseinanderzusetzen und zu prüfen, ob ausnahmsweise ein Grund vorliegt, der ein Abweichen vom Vorschlag der KEF zu rechtfertigen vermag.“ Und weiter: „Falls dies aus ihrer Sicht der Fall ist, müssten sich alle Länder auf ein Abweichen einigen, den Grund darlegen und hinreichend begründen. Dann und nur dann ist ein Abweichen vom Vorschlag der KEF verfassungsrechtlich zulässig.“
Dörr verwies auf den Gestaltungsraum der Länder, den Auftrag des Rundfunks zu bestimmen. „Dies wirkt sich auch auf die zukünftige Höhe des Rundfunkbeitrages aus.“ Die Finanzierung habe stets dem Auftrag zu folgen und nicht umgekehrt. „Es ist auch deshalb verfassungsrechtlich unzulässig zu versuchen, mittels der Festlegung der Beitragshöhe Rundfunkpolitik zu betreiben.“
Eine Hoffnung aus den Reihen der Länder liegt auf dem neu eingerichteten Gremium Zukunftsrat. Die Vertreter sollen einen Zukunftsentwurf zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk skizzieren, bis Jahresende könnten Ideen vorliegen. Deren Reformvorschläge sollen sich – so die Hoffnung – bereits auf die nächste Beitragsperiode auswirken.
Fauler Kompromiss einer verzögerten Rundfunkbeitragserhöhung angedacht?
Es kursiert im Länderkreis die Idee, dass man zunächst den Rundfunkbeitrag stabil halten und erst in der zweiten Hälfte der vierjährigen Beitragsperiode theoretisch nach oben anpassen könnte – verknüpft mit eingeleiteten Reformschritten. Nicht unwesentlich: Dadurch wäre das Ganze zeitlich von Landtagswahlen in Ostdeutschland im nächsten Jahr – Brandenburg, Sachsen und Thüringen – entfernter.
Die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit der wieder größer gewordenen Debatte um den Rundfunkbeitrag und dessen Höhe zu verknüpfen, hält Deutschlandradio-Intendant Raue für falsch. „Die Debatte um den Rundfunkbeitrag ist nicht beendet durch 40 Cent, 30 Cent, 10 Cent, 1 Euro mehr oder gar nichts. Selbst wenn es in den nächsten Jahren keinen höheren Beitrag gäbe, wäre diese Debatte nicht zu Ende. Keiner zahlt gerne Abgaben“, sagte er dpa.
Die Debatte müsse sich darum drehen, wie man die Zukunft des Öffentlich-Rechtlichen an der Qualität und an den besonderen Programmangeboten festmachen kann. Raue fände es in dem Zusammenhang auch falsch, wenn der Zukunftsrat vor allem mit der Frage konfrontiert würde, was seine Ideen kosten.
Thüringens Staatskanzleichef Hoff teilte auf die Frage, ob es bei den Ländern Initiativen oder gar eine Einigung gibt, welcher Weg zum Thema Finanzen priorisiert wird, mit: Man arbeite an Regelungen. „In diesem Zusammenhang ist eine Arbeitsgruppe gebildet worden, die sich genau diesen Fragen widmet und deren Federführung in den Händen der schleswig-holsteinischen Staatskanzlei liegt. Weiterführende Vorschläge sind im Herbst zu erwarten.“
Quelle; digitalfernsehen
Du musst Regestriert sein, um das angehängte Bild zusehen.
Ministerpräsidenten unterschiedlicher Parteien haben sich schon festgelegt. Ihre Haltung kurz und knapp: Nein. Sie lehnen eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags zur Finanzierung von ARD, ZDF und Deutschlandradio ab 2025 ab. Neuestes Beispiel vor Tagen: Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU). Was bedeutet das für Millionen Haushalte, die aktuell 18,36 Euro monatlich zahlen?
Die unbefriedigende Antwort: Es ist völlig unklar. Als es um die aktuelle Beitragszeit ging, die Ende 2024 ausläuft, stemmte sich Sachsen-Anhalt als einziges Bundesland gegen ein Mehr. Die nötige Einstimmigkeit des Länder-Votums kam nicht zustande. Der Fall landete vor dem Bundesverfassungsgericht, weil die Sender klagten. Die Richter erhöhten am Ende den Beitrag doch – wie von einer unabhängigen Finanzkommission empfohlen von 17,50 Euro auf 18,36 Euro.
ARD-Chef Kai Gniffke sagte im Juni auf einer Digitalmesse in Berlin in einer öffentlichen Frage-Runde: „Wir werden für eine Beitragserhöhung kämpfen.“ Ob es dazu komme, lasse man dahingestellt.
ARD-Chef Gniffke will „für Beitragserhöhung kämpfen“
Unter den Ländern gibt es nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur auch die Meinung, dass man aus der Einstimmigkeit bei Staatsverträgen ein Mehrheitsprinzip machen könnte. Allerdings sei bei realistischer Betrachtung der Sach- und Interessenlage im Länderkreis so etwas nicht absehbar.
Thüringens Staatskanzleichef Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) verwies auf die Tradition der Ministerpräsidentenkonferenz, dass Staatsverträge von allen 16 Ländern zu unterzeichnen sind. „Ein Abweichen davon zum Beispiel in Form von 13:3-Beschlüssen sieht Thüringen gerade bei der sensiblen Frage des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht als zielführend an.“
Der gestiegene Reformdruck im Rundfunk ist nicht simpel zu kanalisieren, denn er richtet sich an zwei Adressaten: Rundfunkanstalten und Medienpolitik.
KEF muss erst Finanzbedarf prüfen
Du musst Regestriert sein, um das angehängte Bild zusehen.
Die KEF prüft momentan die Angaben von ARD, ZDF und Deutschlandradio zu ihrem jeweiligen Finanzbedarf ab 2025. © ARD Presse
Die Bundesländer legen in Staatsverträgen einstimmig Auftrag und Struktur fest. Sie beschreiben zum Beispiel, wie viele Rundfunkanstalten es gibt oder ob Unterhaltung zum Programmauftrag zählt. Was in TV, Radio und Online gesendet wird, entscheiden die Länder aber nicht, sondern die Sender. In Deutschland gilt Presse- und Rundfunkfreiheit.
Staatsfern organisiert ist zudem die Überprüfung des Finanzbedarfs. Experten der Kommission KEF prüfen gerade wieder die Sender-Finanzpläne 2025 bis 2028. Danach empfiehlt die KEF den Ländern die Höhe des Beitrags, voraussichtlich wieder Anfang 2024. Die Länder müssen sich eng daran orientieren. 2022 zahlten Haushalte und Firmen rund 8,57 Milliarden Euro an Rundfunkbeiträgen.
Deutschlandradio-Intendant Stefan Raue äußerte sich auf dpa-Nachfrage so: „Die 16 Länder haben die KEF geschaffen, sie haben sie als Mittel der staatsfernen Bedarfskontrolle eingerichtet. Ich finde, die KEF hat es verdient, dass sie das Gefühl hat, dass ihre Arbeit nicht vergeblich ist.“
Hamburgs Mediensenator Carsten Brosda (SPD) teilte auf Anfrage mit: Erst wenn die KEF-Empfehlung vorliege, „können die Länder sinnvollerweise eine Bewertung vornehmen. So lange wir uns auf kein anderes Verfahren geeinigt haben, gilt das. Und es hat auch keinen Sinn, hier durch freihändige Vorgaben von außen die Legitimation in Frage zu stellen.“
Ministerpräsidenten nutzen Debatte um Rundfunkbeitrag für ihre Zwecke aus
Der Medienrechtsexperte Dieter Dörr erläuterte auf Anfrage ebenfalls: „Die Länder sollten den KEF-Vorschlag abwarten. Erst dann sind sie dazu aufgerufen, sich mit diesem Vorschlag auseinanderzusetzen und zu prüfen, ob ausnahmsweise ein Grund vorliegt, der ein Abweichen vom Vorschlag der KEF zu rechtfertigen vermag.“ Und weiter: „Falls dies aus ihrer Sicht der Fall ist, müssten sich alle Länder auf ein Abweichen einigen, den Grund darlegen und hinreichend begründen. Dann und nur dann ist ein Abweichen vom Vorschlag der KEF verfassungsrechtlich zulässig.“
Dörr verwies auf den Gestaltungsraum der Länder, den Auftrag des Rundfunks zu bestimmen. „Dies wirkt sich auch auf die zukünftige Höhe des Rundfunkbeitrages aus.“ Die Finanzierung habe stets dem Auftrag zu folgen und nicht umgekehrt. „Es ist auch deshalb verfassungsrechtlich unzulässig zu versuchen, mittels der Festlegung der Beitragshöhe Rundfunkpolitik zu betreiben.“
Eine Hoffnung aus den Reihen der Länder liegt auf dem neu eingerichteten Gremium Zukunftsrat. Die Vertreter sollen einen Zukunftsentwurf zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk skizzieren, bis Jahresende könnten Ideen vorliegen. Deren Reformvorschläge sollen sich – so die Hoffnung – bereits auf die nächste Beitragsperiode auswirken.
Fauler Kompromiss einer verzögerten Rundfunkbeitragserhöhung angedacht?
Es kursiert im Länderkreis die Idee, dass man zunächst den Rundfunkbeitrag stabil halten und erst in der zweiten Hälfte der vierjährigen Beitragsperiode theoretisch nach oben anpassen könnte – verknüpft mit eingeleiteten Reformschritten. Nicht unwesentlich: Dadurch wäre das Ganze zeitlich von Landtagswahlen in Ostdeutschland im nächsten Jahr – Brandenburg, Sachsen und Thüringen – entfernter.
Die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit der wieder größer gewordenen Debatte um den Rundfunkbeitrag und dessen Höhe zu verknüpfen, hält Deutschlandradio-Intendant Raue für falsch. „Die Debatte um den Rundfunkbeitrag ist nicht beendet durch 40 Cent, 30 Cent, 10 Cent, 1 Euro mehr oder gar nichts. Selbst wenn es in den nächsten Jahren keinen höheren Beitrag gäbe, wäre diese Debatte nicht zu Ende. Keiner zahlt gerne Abgaben“, sagte er dpa.
Die Debatte müsse sich darum drehen, wie man die Zukunft des Öffentlich-Rechtlichen an der Qualität und an den besonderen Programmangeboten festmachen kann. Raue fände es in dem Zusammenhang auch falsch, wenn der Zukunftsrat vor allem mit der Frage konfrontiert würde, was seine Ideen kosten.
Thüringens Staatskanzleichef Hoff teilte auf die Frage, ob es bei den Ländern Initiativen oder gar eine Einigung gibt, welcher Weg zum Thema Finanzen priorisiert wird, mit: Man arbeite an Regelungen. „In diesem Zusammenhang ist eine Arbeitsgruppe gebildet worden, die sich genau diesen Fragen widmet und deren Federführung in den Händen der schleswig-holsteinischen Staatskanzlei liegt. Weiterführende Vorschläge sind im Herbst zu erwarten.“
Quelle; digitalfernsehen