Und Sie ermöglichen innerhalb der Sendergruppe eine zusätzliche Verwertung von Senderechten, die schon in der Gruppe liegen. Zum Beispiel Serien, die im Rahmen von Output-Deals zur Familie gehören aber keinen Platz im FreeTV finden...
Das ist natürlich auch ein Aspekt. Man hat in Output-Deals oft gute Serien, deren Zielgruppe aber zu spitz ist fürs FreeTV. Da haben wir besonders mit RTL Crime eine Verwertungsmöglichkeit für diese Rechte geschaffen. Sie waren ja gerade bei den International Emmys und wissen, wie viel gutes Fernsehen es da draußen gibt, das vielleicht nicht mal aus den USA kommt und nur selten den Sprung ins FreeTV schafft. Es gibt starke Serien aus Belgien, Kanada, natürlich viel aus Großbritannien. Diese werden im FreeTV bei uns in Deutschland oft nicht gezeigt. Das wiederum bietet uns die große Chance, damit eine Nische erfolgreich zu besetzen. Dafür ist PayTV wie gemacht.
Welches Ihrer drei Kinder brauchte denn die meiste Aufmerksamkeit in den ersten fünf Jahren? Wo musste am meisten getan werden seit dem Start?
Wir haben eigentlich am Markenkern der drei Sender nichts geändert. Aber man lernt mit den Jahren innerhalb der klaren Positionierung, was besser funktioniert und was weniger. Bei RTL Crime dürfen z.B. die Crime-Dokus tendenziell schräger und auch mal härter sein, um sich auch von den Crime-Dokus abzuheben, die man im FreeTV zu sehen bekommt. Bei Living hat sich nicht viel geändert. Bei Passion haben wir anfangs allein auf Soaps und Telenovelas gesetzt. Da haben wir das Programm dann um Kostümfilme und Bollywood-Filme ergänzt. Wir bleiben beim Thema Liebe und Intrigen, aber haben auch hier Produktionen aus nicht so beachteten Märkten hinzugenommen.
Aber bei RTL Living sind Sie doch zur Nachjustierung gezwungen, weil viele der Service-Formate, die sie aus dem FreeTV übernommen haben, dort gar nicht mehr laufen: „Einsatz in vier Wänden“, „Voxtours“, „Wolkenlos“ und „Mein Garten“ beispielsweise.
Wir waren am Anfang natürlich sehr froh, dass wir in den Programmen von RTL und VOX zahlreiche Formate gefunden haben, mit denen wir das Programm von Living aber auch RTL Crime unterstützen konnten. Denn während es die Zuschauer gibt, die vielleicht wie Sie das Neueste vom Neuen sehen wollen, funktioniert im PayTV auch im wirtschaftlichen Sinne nur eine Mischung aus Premieren und bewährten Programmen, deren erneute Verfügbarkeit und vielleicht intensivere Programmierung für manche Abonnenten auch ein wichtiges Kriterium ist. Aber inzwischen kommen rund 40 Prozent des Programms von Living bereits von außerhalb der Mediengruppe RTL. Der Anteil an Einkäufen auf dem freien Markt nimmt bei einem neu gestarteten Sender naturgemäß erst mit der Zeit zu, weil sie erst einmal ein Gefühl dafür bekommen müssen, was funktioniert und was nicht. Außerdem dauern das Screening fremder Märkte, die Einkaufverhandlungen, die Vertragsabwicklung und vor allem die aufwändige deutsche Synchronisation sehr lange, so dass es manchmal viele Monate dauert, bis die ganz neuen Programme dann On-Air gehen können.
Wie kommuniziert man eigentlich für die drei Sender? Über welche Wege gewinnen Sie neue Abonnenten für RTL Crime, RTL Living und Passion?
Zum einen bewerben wir die PayTV-Sender und die neuen Programme selber über Trailer in unserem FreeTV-Programm. Hinzu kommen klassische PR- und Pressearbeit sowie Anzeigen bei Neustarts. Die Mischung macht es da. Wir sind sehr froh, dass wir mit RTL die größte Marketingmaschine nutzen können, die es in Deutschland gibt. Aber neben der PR für den Sender als Marke ist die PR für das Programm selbst sehr wichtig. Denn geschaut werden zuallererst Programmmarken. Also spielt - inzwischen deutlich mehr als zu Anfang - die klassische PR- und Presse-Arbeit zu Serien-Neustarts und Deutschland-Premieren eine große Rolle. Da verliert die Presse auch zunehmend die Scheu vor dem Thema PayTV. Aber es gibt noch ein drittes - wesentliches - Marketing-Standbein: Das der Plattformen, über die unsere Sender zu empfangen sind. Zusammen mit Plattformpartnern – wie etwa Sky und Unity Media oder UPC Austria in Österreich und Cablecom in der Schweiz werben wir gemeinsam. Hier hat sich hier eine sehr erfolgreiche Zusammenarbeit entwickelt, da die Anbieter genau wissen, wen sie über ihre Aktionen wie ansprechen können. Die Plattformen haben wie wir ein Interesse an mehr Abonnenten und legen sich auch für die gemeinsame Sache sehr gut ins Zeug. Aktuell sehen wir, dass der Pay-TV-Markt langsam aber sicher wächst, was uns freut und zeigt, dass die Plattformen und wir mit unseren Marketingbemühungen und Programmangeboten auf dem richtigen Weg sind.
Mit dem, was die Telekom für Sie getan hat, waren Sie nicht zufrieden? Vor einem Jahr haben Sie die Verbreitung dort eingestellt...
Leider konnten wir mit der Deutschen Telekom keine sinnvolle Einigung über die Fortführung der Kooperation erzielen. Wir liefern Qualitätsprodukte und die Telekom wollte den Preis dafür nicht mehr bezahlen. Das ist schade, vor allem für die Kunden der Telekom, die alles andere als Glücklich waren. Wir befinden uns hier aber weiterhin in Verhandlungen.
Kommen wir zum Programm und einem Ausblick auf 2012. Gibt es Signature Programming über das man sprechen kann? Beispielsweise bei Passion?
Es gibt die klassischen Soaps von RTL, „Unter uns“, „Alles was zählt“ und „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“. Die zeigen wir für die echten Fans als Preview, also als erster Sender in Deutschland. Das wird sehr gut angenommen. Soap-Fans werden in Deutschland ja gerne mal belächelt, dabei sind sie so treu sonst kaum ein Zuschauer. Deswegen sind wir froh über Passion. Dann zeigen wir mit „Dallas“ die Mutter aller amerikanischen Primetime-Soaps erstmals seit acht Jahren wieder in der deutschen Primetime. Damit stimmen wir schon mal ein bisschen auf die Neuauflage von „Dallas“, die nächstes Jahr in den USA startet, ein. Ein weiteres Leuchtturm-Programm für uns im nächsten Jahr ist „Glee“.
Zeigen Sie die Serie, die ja ohnehin viel auf englischsprachigen Gesang setzt, dann auch im Original?
Nein, aber die Frage ist interessant. Die Plattformen über die wir unsere Sender verbreiten, sagen, dass Umfragen zeigen, dass Serien im Original ein Feature sind, das bestimmte Zuschauergruppen toll finden aber kaum jemand tatsächlich nutzt. Deswegen bieten wir es derzeit auch nicht an.
Wie sieht es denn beim Programm von RTL Living aus im kommenden Jahr?
Bei RTL Living werden wir immer mehr „öko“. Im kommenden Jahr auf Themenwochen setzen, in denen sich alle unsere bekannten Formate wie beispielsweise die mit Jamie Oliver oder Gordon Ramsay einem speziellen Thema wie z.B. dem Kochen mit Fisch widmen. Dabei geht es nicht nur darum, wie man den Fisch zubereitet, sondern vor allem Nachhaltigkeit, d.h. welchen Fisch man unbesorgt essen kann und welcher so schlimm überfischt ist, dass man besser die Finger davon lässt. Ähnlich, wie bei „Die Bucht“, haben wir eine schockieren und sehr ergreifende Doku mit Gordon Ramsay gegen das Thema Finning, bei der es darum geht, wie Haien lebend die Flossen abgeschnitten werden um Suppe draus zu kochen. Die EU will Finning gerade verbieten, aber in anderen Ländern wird es unbeirrt weiterbetrieben.
Und dann RTL Crime. Welche Serien stehen da Anfang 2012 auf dem Programm?
Die 8. Staffel von „Hustle“ kommt, die neue US-Krimi-Serie „The Glades“ und eine neue Staffel von „Spartacus“ mit dem neuen Hauptdarsteller, da Andy Whitfield ja leider gestorben ist. Eine sehr tragische Geschichte. Trotzdem schön, dass die Serie eine Fortsetzung findet und wir sie zeigen können.
Sind Sie mit RTL Crime, RTL Living und Passion eigentlich so aufgestellt, wie RTL im PayTV aufgestellt sein will oder ist eine Portfolio-Erweiterung vorstellbar?
Es gibt tolle Ideen. Wir haben relativ konkrete Ideen, bei denen wir glauben, dass sie mindestens auf dem Niveau funktionieren würden wie derzeit RTL Crime, RTL Living und Passion. Aber angesichts der derzeit wirtschaftlich etwas unübersichtlichen Gesamtlage sind die Plattformen bei Großprojekten gerade etwas zurückhaltend. Ein weiterer Sender auf dem Niveau von RTL Crime ist teuer und für die Plattformen derzeit scheinbar nicht finanzierbar. Deshalb gilt für 2012 eher: Die bestehenden Sendermarken stärken.
Herr Holtmann, herzlichen Dank für das Gespräch