Mit dem nun veröffentlichten Web-Browser Vivaldi will Opera-Gründer Jon von Tetzchner enttäuschte Nutzer seiner Ex-Firma abholen. Wir haben die Vorabversion getestet.
Die isländische Vivaldi Technologies AS hat die erste "Technical Preview" des Web-Browsers Vivaldi für Windows, Mac OS und Linux veröffentlicht. Hinter dem Unternehmen steckt ein namhafter Web-Veteran: Der Opernfreund und langjährige Opera-Chef Jon von Tetzchner, der seit Mitte der 90er-Jahre Browser entwickelt.
Nachdem er aus der von ihm gegründeten Firma ausgeschieden war hat sich von Tetzchner in seine Heimat Island zurückgezogen, um dort noch einmal Startup-Gründer zu werden. Einige ehemalige Opera-Mitarbeiter sind ihm dorthin gefolgt, nachdem die Norweger ihre Entwicklungsabteilung ausdünnten. Derzeit stehen bei Vivaldi gut 20 Mitarbeiter auf der Gehaltsliste, die meisten davon Techniker. Erster Streich des Unternehmens war die fast auf den Tag vor einem Jahr gegründete Vivaldi-Community, die Forum, Blog und E-Mail vereint und Datensicherheit verspricht – womit sie nicht zuletzt auf die Nutzer von My Opera zielte, ein ähnliches Angebot, das Opera voriges Jahr geschlossen hat.
Bisher war Vivaldi ein gut gehütetes Geheimnis – trotz einiger Spuren wie den Twitter- und Facebook-Accounts, den anonym registrierten Domains vivaldibrowser.com und -.net sowie den Markeneintragungen in der EU und den USA, die allesamt bereits auf den Sommer 2013 zurückverweisen, blieb die Gerüchteküche stumm.
Der neue alte Kurs
Während Opera eine neue Richtung einschlug und den Funktionsumfang der Browser beginnend mit Version 15 radikal verringerte, will von Tetzchner den alten Kurs beibehalten und anspruchsvollen Benutzern eine mächtige Grundausstattung mitgeben. "Die meisten Browser wollen heute allen gefallen, aber das bedeutet, dass sie alle gleich aussehen und ähnliche Features haben", beschreibt der Browser-Pionier seine Marktnische.
Diese frühe Vorabversion von Vivaldi enthält noch nicht alle geplanten Features und hakelt hier und da, wirkt aber trotzdem vielversprechend. Selbst eine deutsche Lokalisierung inklusive einer vorinstallierten Lesezeichensammlung enthält die Preview bereits.
Ähnlich wie die Opera-Browser bis einschließlich Version 12 verfügt Vivaldi über eine Paneel-Leiste für in den Browser integrierte Helfer und Anwendungen. Derzeit sind das Lesezeichen, der Download-Manager, eine Notizfunktion sowie ein Adressbuch.
Bei aller Ähnlichkeit zu Opera 12 lässt sich Vivaldi nicht als Versuch abtun, die Vergangenheit zu rekonstruieren: Vielmehr soll Vivaldi die alten Opera-Konzepte weiterentwickeln. Beispielsweise werten Screenshot-Funktionen Lesezeichen und Notizen deutlich auf. In Form von Markdown ermöglichen die Notizen auch formatierten Text. Elegant ist die Kombination aus Lesezeichen und Schnellwahl: Mit Klick auf "Als Schnellwahl nutzen" baut der Browser einen Lesezeichenordner auf der Tab-Startseite ein.
Vollausstattung
Sinnvoll ist ein Adressbuch nur in Verbindung mit einem Mail-Client – und dieser ist tatsächlich vorgesehen, aber noch nicht in der ersten Vivaldi-Version enthalten. Synchronisation von Lesezeichen und anderen Nutzerdaten stehen auf der Roadmap, fehlen aber ebenso wie die durch Opera bekannt gewordene serverseitige Datenkompression. Vivaldi soll Chrome-Erweiterungen nutzen können, was derzeit noch nicht klappt.
Lesezeichen, Verlauf, Passwörter, Suchmaschinen und Opera-Notizen kann Vivaldi von anderen Browsern importieren, wobei es derzeit nur mit den ersten beiden zu klappen scheint. Von Chrome aus ist derzeit offenbar kein Import möglich.
Generell wirkt das Menü noch recht leer. Die Konfigurationsmöglichkeiten gehen weiter als bei vielen Konkurrenten, etwa was die freie Vergabe von Tastaturkürzeln angeht, erreichen aber noch nicht das Niveau von Opera 12. Wie dieser unterstützt Vivaldi von Haus aus Ein-Tasten-Kürzel (etwa die Zoom-Tasten 7, 8, 9 und 0) sowie Mausgesten (zum Beispiel nach links, rechts oder auf und ab wischen).
Wie aus alten Opera-Versionen bekannt, lassen sich Tabs gruppieren – nützlich für Viel-Surfer mit Dutzenden offenen Seiten. Ein schickes Detail: Die Hintergrundfarbe von Tab und Button-Leiste passt sich beim Öffnen der Schmuckfarbe der dazugehörigen Webseite an.
Auf der umfangreichen Zu-tun-Liste der Vivaldi-Entwickler stehen nicht zuletzt Versionen für die großen Mobilplattformen – hier war es ja, wo Opera bis heute seine größten Erfolge hat.
Maschinenwechsel
Um nicht allzu viel Nostalgie für alte Opera-Fans aufkommen zu lassen: Bei der Browser-Engine traf von Tetzchner die gleiche Entscheidung wie seine Ex-Kollegen aus Norwegen. Wie Opera setzt auch Vivaldi auf eine Chromium-Basis mit der Blink-Engine. Diese scheint ein wenig älter zu sein als die in einer aktuellen Chrome-Beta, aber neuer als die in Opera 27 verbaute. Die enthaltene JavaScript-Engine V8 stammt von Anfang November (Version 3.30.33). Von Tetzchner schließt nicht aus, dass er sich ähnlich wie Opera am Chromium-Projekt aktiv beteiligen werde; man habe schon ein paar Bugs gemeldet. Vivaldi startet wie Chrome für jeden Tab einen eigenen Prozess.
Operas eigene Presto-Engine zu implementieren kam aus mehreren Gründen nicht in Frage; der Code sei nach über vier Jahren ohne größere Updates hoffnungslos veraltet und zur Weiterentwicklung bräuchte man ein viel größeres Team, als Vivaldi besitzt, erläuterte von Tetzchner. Und schließlich bezweifelt er, dass Opera ihm den Code überlassen hätte.
Quelle: heise
Die isländische Vivaldi Technologies AS hat die erste "Technical Preview" des Web-Browsers Vivaldi für Windows, Mac OS und Linux veröffentlicht. Hinter dem Unternehmen steckt ein namhafter Web-Veteran: Der Opernfreund und langjährige Opera-Chef Jon von Tetzchner, der seit Mitte der 90er-Jahre Browser entwickelt.
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Nachdem er aus der von ihm gegründeten Firma ausgeschieden war hat sich von Tetzchner in seine Heimat Island zurückgezogen, um dort noch einmal Startup-Gründer zu werden. Einige ehemalige Opera-Mitarbeiter sind ihm dorthin gefolgt, nachdem die Norweger ihre Entwicklungsabteilung ausdünnten. Derzeit stehen bei Vivaldi gut 20 Mitarbeiter auf der Gehaltsliste, die meisten davon Techniker. Erster Streich des Unternehmens war die fast auf den Tag vor einem Jahr gegründete Vivaldi-Community, die Forum, Blog und E-Mail vereint und Datensicherheit verspricht – womit sie nicht zuletzt auf die Nutzer von My Opera zielte, ein ähnliches Angebot, das Opera voriges Jahr geschlossen hat.
Bisher war Vivaldi ein gut gehütetes Geheimnis – trotz einiger Spuren wie den Twitter- und Facebook-Accounts, den anonym registrierten Domains vivaldibrowser.com und -.net sowie den Markeneintragungen in der EU und den USA, die allesamt bereits auf den Sommer 2013 zurückverweisen, blieb die Gerüchteküche stumm.
Der neue alte Kurs
Während Opera eine neue Richtung einschlug und den Funktionsumfang der Browser beginnend mit Version 15 radikal verringerte, will von Tetzchner den alten Kurs beibehalten und anspruchsvollen Benutzern eine mächtige Grundausstattung mitgeben. "Die meisten Browser wollen heute allen gefallen, aber das bedeutet, dass sie alle gleich aussehen und ähnliche Features haben", beschreibt der Browser-Pionier seine Marktnische.
Diese frühe Vorabversion von Vivaldi enthält noch nicht alle geplanten Features und hakelt hier und da, wirkt aber trotzdem vielversprechend. Selbst eine deutsche Lokalisierung inklusive einer vorinstallierten Lesezeichensammlung enthält die Preview bereits.
Ähnlich wie die Opera-Browser bis einschließlich Version 12 verfügt Vivaldi über eine Paneel-Leiste für in den Browser integrierte Helfer und Anwendungen. Derzeit sind das Lesezeichen, der Download-Manager, eine Notizfunktion sowie ein Adressbuch.
Bei aller Ähnlichkeit zu Opera 12 lässt sich Vivaldi nicht als Versuch abtun, die Vergangenheit zu rekonstruieren: Vielmehr soll Vivaldi die alten Opera-Konzepte weiterentwickeln. Beispielsweise werten Screenshot-Funktionen Lesezeichen und Notizen deutlich auf. In Form von Markdown ermöglichen die Notizen auch formatierten Text. Elegant ist die Kombination aus Lesezeichen und Schnellwahl: Mit Klick auf "Als Schnellwahl nutzen" baut der Browser einen Lesezeichenordner auf der Tab-Startseite ein.
Vollausstattung
Sinnvoll ist ein Adressbuch nur in Verbindung mit einem Mail-Client – und dieser ist tatsächlich vorgesehen, aber noch nicht in der ersten Vivaldi-Version enthalten. Synchronisation von Lesezeichen und anderen Nutzerdaten stehen auf der Roadmap, fehlen aber ebenso wie die durch Opera bekannt gewordene serverseitige Datenkompression. Vivaldi soll Chrome-Erweiterungen nutzen können, was derzeit noch nicht klappt.
Lesezeichen, Verlauf, Passwörter, Suchmaschinen und Opera-Notizen kann Vivaldi von anderen Browsern importieren, wobei es derzeit nur mit den ersten beiden zu klappen scheint. Von Chrome aus ist derzeit offenbar kein Import möglich.
Generell wirkt das Menü noch recht leer. Die Konfigurationsmöglichkeiten gehen weiter als bei vielen Konkurrenten, etwa was die freie Vergabe von Tastaturkürzeln angeht, erreichen aber noch nicht das Niveau von Opera 12. Wie dieser unterstützt Vivaldi von Haus aus Ein-Tasten-Kürzel (etwa die Zoom-Tasten 7, 8, 9 und 0) sowie Mausgesten (zum Beispiel nach links, rechts oder auf und ab wischen).
Wie aus alten Opera-Versionen bekannt, lassen sich Tabs gruppieren – nützlich für Viel-Surfer mit Dutzenden offenen Seiten. Ein schickes Detail: Die Hintergrundfarbe von Tab und Button-Leiste passt sich beim Öffnen der Schmuckfarbe der dazugehörigen Webseite an.
Auf der umfangreichen Zu-tun-Liste der Vivaldi-Entwickler stehen nicht zuletzt Versionen für die großen Mobilplattformen – hier war es ja, wo Opera bis heute seine größten Erfolge hat.
Maschinenwechsel
Um nicht allzu viel Nostalgie für alte Opera-Fans aufkommen zu lassen: Bei der Browser-Engine traf von Tetzchner die gleiche Entscheidung wie seine Ex-Kollegen aus Norwegen. Wie Opera setzt auch Vivaldi auf eine Chromium-Basis mit der Blink-Engine. Diese scheint ein wenig älter zu sein als die in einer aktuellen Chrome-Beta, aber neuer als die in Opera 27 verbaute. Die enthaltene JavaScript-Engine V8 stammt von Anfang November (Version 3.30.33). Von Tetzchner schließt nicht aus, dass er sich ähnlich wie Opera am Chromium-Projekt aktiv beteiligen werde; man habe schon ein paar Bugs gemeldet. Vivaldi startet wie Chrome für jeden Tab einen eigenen Prozess.
Operas eigene Presto-Engine zu implementieren kam aus mehreren Gründen nicht in Frage; der Code sei nach über vier Jahren ohne größere Updates hoffnungslos veraltet und zur Weiterentwicklung bräuchte man ein viel größeres Team, als Vivaldi besitzt, erläuterte von Tetzchner. Und schließlich bezweifelt er, dass Opera ihm den Code überlassen hätte.
Quelle: heise