Es erscheint sinnvoll, sich zunächst über die tatsächlichen, offiziell vorgebrachten Beweise klar zu werden. Wie hatte man die Verbindung zu Bin Laden und Al Qaida ursprünglich überhaupt ermittelt?
Unmittelbar nach den Anschlägen gab es zunächst kein Bekennerschreiben. Bin Laden selbst
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stattdessen in mehreren öffentlichen
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im September 2001 seine Beteiligung an 9/11. Und anscheinend konnte in den ersten Wochen und Monaten niemand das Gegenteil beweisen. Wie die BBC im Oktober 2001
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Es ist kein direkter Beweis bekannt geworden, der Osama Bin Laden mit den Anschlägen verknüpft. Bestenfalls handelt es sich um Indizien. (...) Diese werden nicht vor einem Gericht geprüft. Sie müssen lediglich Regierungen in aller Welt überzeugen, den US-geführten Krieg gegen den Terrorismus zu unterstützen, sowie in geringerem Umfang die Öffentlichkeit. Regierungsvertreter der USA und Großbritanniens haben angedeutet, dass sie aus Sicherheitsgründen nicht alle Beweise öffentlich machen können.
Dennoch fand das FBI belastendes Material. Unmittelbar nach den Anschlägen tauchte eine ganze Reihe von Indizien auf, zurückgelassen in einem Mietwagen am Flughafen sowie im Koffer des mutmaßlichen Anführers Mohammed Atta. Der Koffer war aus unerfindlichen Gründen nicht ins Flugzeug verladen worden. Er enthielt Attas Testament, einen Koran sowie Videobänder mit Boeing-Fluganleitungen. Diese Funde schienen einige der 19 Männer mit den Flugzeugentführungen zu verknüpfen. Rätselhaft blieb dabei unter anderem, weshalb ein Selbstmordattentäter sein Testament in einen Koffer packte, von dem er annehmen musste, dass dieser zerstört werden würde. Auch einige Ermittler selbst hatten hierbei den Eindruck, einer absichtlich gelegten Spur zu folgen. Seymour Hersh, einer der renommiertesten Journalisten der USA,
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dazu Anfang Oktober 2001 im "New Yorker":
Viele der Ermittler gehen davon aus, dass einige der zunächst entdeckten Hinweise zu den Identitäten der Terroristen und ihren Vorbereitungen, wie etwa die Fluganleitungen, gefunden werden sollten. Ein ehemaliger hochrangiger Geheimdienstbeamter sagte mir: "Die Spuren wurden absichtlich gelegt - damit das FBI ihnen folgt."
Abgesehen von diesen Funden ermittelte man, dass ein paar der Männer ein militärisches Training in Afghanistan absolviert hatten und dass einige auf Flugschulen in den USA eingeschrieben gewesen waren. Der klare Beweis für einen von Bin Laden organisierten Selbstmordplan fehlte jedoch weiterhin. Dazu
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Seymour Hersh Beamte der US-Regierung:
"Diese Leute müssen nicht alle von Bin Laden sein", sagte mir ein Beamter des Justizministeriums. "Wir überprüfen noch vieles." Am 23. September hatte Außenminister Colin Powell erklärt, dass "wir der Welt und dem amerikanischen Volk einen überzeugenden Fall präsentieren werden", der Bin Ladens Verantwortung für die Anschläge zeige. Doch das allgemein erwartete Papier konnte, so der Beamte des Justizministeriums, aus Mangel an harten Beweisen nicht veröffentlicht werden. "Es reichte einfach nicht aus."
Die Hypothese eines von Bin Laden erdachten Selbstmordplans wurde erstmals gestützt durch ein vom Pentagon im Dezember 2001 veröffentlichtes Video, auf dem sich Bin Laden, einer Übersetzung der US-Regierung zufolge, mit der Planung der Anschläge brüstete. Eine Neuübersetzung, in Auftrag gegeben von einem Reporterteam der deutschen ARD, konnte dies jedoch
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. Darüber hinaus ist das Video von amerikanischen Strafverfolgungsbehörden selbst nie offiziell als Beweis für eine Verantwortung Bin Ladens angesehen worden.
In diesem Sinne
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auch FBI-Direktor Robert Mueller sieben Monate nach den Anschlägen, im April 2002:
Die Flugzeugentführer hinterließen keine Dokumente. In unserer Untersuchung haben wir nicht ein einziges Blatt Papier gefunden, das irgendeinen Aspekt des 9/11-Plans erwähnte - weder hier in den USA, noch in dem Schatz von Informationen, der in Afghanistan und anderswo auftauchte.
Ebenfalls im April 2002 tauchte erstmals ein
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eines der mutmaßlichen Attentäter auf, aufgenommen offenbar Monate vor den Anschlägen. Darin wurde in martialischen Worten verkündet, dass man die "Ungläubigen" von der arabischen Halbinsel vertreiben und auch Amerikaner töten müsse. Ein konkreter Bezug zu 9/11 war nicht enthalten. Ähnliche Videos anderer mutmaßlicher 9/11-Attentäter erschienen im September 2002, sowie zu den folgenden Jahrestagen der Anschläge - ausgestrahlt jeweils vom arabischen Sender Al Jazeera. Keine der Aussagen auf diesen "Märtyrer-Videos" offenbarte allerdings Täterwissen oder kündigte die Anschläge konkret an. Dafür hatten die Filmproduzenten in den Bildhintergrund der Videos nachträglich digital die explodierenden Türme des World Trade Centers und ähnliche Symbole für 9/11 hineinkopiert - was zwar suggestiv war, aber ohne jede Beweiskraft für die Beteiligung der entsprechenden Personen an den Anschlägen.
Ausgerechnet von den mutmaßlichen Piloten tauchten zudem keine solchen "Märtyrer-Videos" auf, obwohl die doch eine führende Rolle gespielt haben sollten. Abgesehen davon erscheint es wenig schlüssig, ein im Voraus erstelltes Bekennervideo sieben Monate, bzw. sogar mehrere Jahre nach der Tat zu veröffentlichen.
Der nächste größere Versuch, die Verantwortung von Bin Laden und Al Qaida zu belegen, erfolgte zum ersten Jahrestag der Anschläge, im September 2002. Wiederum über Al Jazeera wurde nunmehr lediglich eine Tonaufnahme veröffentlicht, auf der sich angeblich die Drahtzieher der Anschläge, Ramzi Binalshibh und Khalid Scheich Mohammed, zu der Tat bekannten. Der Fernsehproduzent Yosri Fouda berichtete, wie er die beiden in Pakistan konspirativ für ein Interview getroffen hätte. Im Nachhinein verstrickte sich Fouda jedoch in massive
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, was Zeitpunkt und Umstände dieses Interviews betraf. Auch diese Tonaufnahme sowie Foudas Aussage selbst wurden zu keinem Zeitpunkt von US-Strafverfolgungsbehörden als Beweismittel angesehen.
Was also sind die Beweise für einen Bin Laden-Plot? Tatsächlich basiert die offiziell akzeptierte These der Verantwortung von Al Qaida, wie sie im 9/11 Commission Report aus dem Jahr 2004 dargelegt wird, auf den Berichten mehrerer Männer, die den Behörden in Pakistan ins Netz gingen: Abu Subaida (Festnahme im März 2002), sowie die bereits erwähnten Ramzi Binalshibh (Festnahme im September 2002), und Khalid Scheich Mohammed (Festnahme im März 2003). Deren Aussagen - und keine wie auch immer gearteten Videos - bilden die Grundlage der offiziellen Theorie zur Planung und Durchführung der Anschläge.
Der 9/11 Commission Report basiert wesentlich auf den Geständnissen dieser drei Männer. Subaida etwa wird namentlich auf 31 Seiten des Commission Reports erwähnt, Binalshibh auf 50 Seiten und Khalid Scheich Mohammed (abgekürzt "KSM") sogar auf 99 Seiten. Die Erläuterungen des Reports zur Planung der Terroranschläge sind voll von Formulierungen wie "KSM behauptet, dass ...", "KSM zufolge ...", "KSM bestand gegenüber seinen Vernehmern darauf, dass ..." und so weiter.
Jedoch besaß die 9/11 Commission keine Möglichkeit, diese Behauptungen auch zu überprüfen, da sie keinen Zugang zu den Gefangenen hatte. Den Ermittlern der Commission wurde nicht einmal erlaubt, mit den Vernehmern zu sprechen.
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Als der Vizevorsitzende Lee Hamilton schließlich im Dezember 2003 CIA-Chef George Tenet persönlich aufsuchte, um nachdrücklich den Zugang der Commission zu diesen Hauptzeugen einzufordern, erhielt er eine deutliche Antwort
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Lee, Du wirst keinen Zugang zu ihnen bekommen. Es wird nicht passieren. Nicht einmal der Präsident der Vereinigten Staaten weiß, wo diese Leute sind. Und er hat keinen Zugang zu ihnen. Und Du wirst keinen Zugang zu ihnen erhalten.
Währenddessen wurden Subaida, Binalshibh und Mohammed in Geheimgefängnissen versteckt, wo man sie schwer folterte. Ihren Geständnissen kann somit kaum Glaubwürdigkeit beigemessen werden. Es dauerte mehrere Jahre, bis sich in den USA ein renommierter Journalist fand, der diesen Skandal thematisierte. Im
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von Robert Windrem vom amerikanischen TV-Sender NBC aus dem Jahr 2008 heißt es:
Eine Analyse von NBC News zeigt, dass mehr als ein Viertel aller Fußnoten des 9/11 Reports auf CIA-Verhöre von Al Qaida-Mitgliedern verweist, die den inzwischen strittigen Verhörmethoden ausgesetzt wurden. Tatsächlich basieren die entscheidendsten Kapitel des Reports zur Planung und Ausführung der Anschläge im Kern auf Informationen aus diesen Verhören.
Schließlich räumte die US-Regierung 2009 in einem
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sogar ein, dass Abu Subaida, ihre erste und wichtigste Quelle, die von Präsident Bush als "Al Qaidas Operationschef" bezeichnet worden war, tatsächlich nie ein Mitglied oder auch nur Unterstützer von Al Qaida
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. Diese Enthüllung stellt zusätzlich große Teile des Commission Reports in Frage.
In der Summe gibt es bis heute keinen verlässlichen Beweis für die offizielle Behauptung, dass Bin Laden eine Selbstmordmission der 19 Männer geplant habe. Ein FBI-Sprecher hatte dies bereits 2006 zugegeben, als er
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, dass "dem FBI keine harten Beweise vorliegen, die Bin Laden mit 9/11 verknüpfen". Der Sprecher führte aus:
Das FBI sammelt Beweise. Diese Beweise werden dann dem Justizministerium übergeben. Das Ministerium entscheidet, ob die Beweise ausreichen, um Anklage zu erheben. Im Falle der Anschläge auf die US-Botschaften von 1998 ist Bin Laden formell angeklagt worden. In Verbindung mit 9/11 ist er nicht formell angeklagt worden, weil dem FBI keine harten Beweise vorliegen, die ihn mit den Anschlägen verknüpfen.
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