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Einmalige Leistungen bei Hartz IV

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Einmalige Leistungen bei Hartz IV: Hilfe bei besonderen Lebensumständen

(Ulrike Fürstenberg, Fachanwältin für Sozialrecht)

Hartz-IV-Berechtigte können neben der generellen Sicherung des Lebensunterhaltes in besonderen Lebenssituationen auch einmalige Leistungen beanspruchen.

Wann kommen einmalige Leistungen in Betracht?

Das Gesetz unterscheidet zwischen einmaligen und laufenden Leistungen. Hilfe zum Lebensunterhalt sowie angemessene Kosten der Unterkunft und Heizung werden als laufende Leistungen bewilligt. Die Regelbedarfe decken die hauptsächlichen Bedarfe einer leistungsberechtigten Person ab.

Zum Lebensunterhalt gehört eine ganze Menge: Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie (ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile) sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Wie hoch die Regelleistungen sind, wird pauschal, also mit einem Durchschnittssatz, festgelegt. Die Regelbedarfsstufen orientieren sich derzeit an der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) von 2008.

Es sind aber darüber hinaus Umstände denkbar, die nicht durch diese Pauschalen abgegolten werden. Nicht vom Regelbedarf umfasst sind Bedürfnisse für

- Erstausstattung für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräte
- Erstausstattung für Bekleidung und Erstausstattung bei Schwangerschaft und Geburt
- Anschaffung und Reparaturen von Orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete von therapeutischen Geräten
.

Leistungen für diese Bedürfnisse werden gesondert erbracht, d.h. außerhalb der Hartz IV Regelleistung. Sie sind daher auch gesondert mit einem eigenen Antrag geltend zu machen.

Es besteht allerdings nur dann einen Chance, eine solche Leistung zu bekommen, wenn es sich um einen neuen Bedarf handelt, der aufgrund außergewöhnlicher Umstände entstanden ist.

Wann besteht ein Anspruch auf eine Wohnungs-Erstausstattung einschließlich Haushaltsgeräten?

Dieser Anspruch kommt in Betracht, wenn der Hilfebedürftige keinerlei Wohnungseinrichtung besitzt, z.B. nach einem Wohnungsbrand oder bei Erstanmietung einer Wohnung nach einer Haft, sowie nach einer Trennung oder Scheidung.

Auch wenn nach einer Heirat ein Haushalt neu gegründet werden soll, wenn ein Hilfebedürftiger aus dem Ausland zuzieht, oder wenn ein Wohnungsloser eine Wohnung gefunden hat, besteht der Anspruch auf Erstausstattung.

Ein Erstausstattungsanspruch kann auch dann gegeben sein, wenn eine Wohnung samt Einrichtung bereits vorhanden ist, aber zusätzlicher Bedarf entstanden ist. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Kind geboren wurde und nun ein Kinderbett und andere Kinderzimmermöbel wie Laufstall und Kinderhochstuhl erstmals benötigt werden.

Die Abgrenzung zwischen einer Wohnungserstausstattung und einer Erstausstattung bei Geburt ist schwierig. So fallen die genannten Kinderzimmermöbel in die Wohnungserstausstattung, während eine Wickelauflage zur Erstausstattung bei Geburt fällt. Die Erstausstattung bei Geburt eines Kindes ist nicht auf Kleidung beschränkt, so das auch andere notwendige Ausstattungen für den Säugling hiervon erfasst werden.

Diese feinen Unterscheidungen muss der Antragsteller aber nicht kennen, denn die Anträge sollen so ausgelegt werden, dass die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden können, § 2 Abs. 2 SGB I. Außerdem sind die Leistungsträger verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass unverzüglich klare und sachdienliche Anträge gestellt und unvollständige Angaben ergänzt werden, § 16 Abs.3 SGB I.

Wenn in einem ansonsten eingerichteten Haushalt noch keine Waschmaschine vorhanden war, besteht für die erstmalige Anschaffung einer Waschmaschine ein Erstausstattungsanspruch.

Welche Einrichtungsgegenstände gehören zu einer Erstausstattung?

Grundsätzlich gehören dazu alle Einrichtungsgegenstände, die für eine geordnete Haushaltsführung notwendig sind und die dem Hilfeberechtigten „ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen“ ermöglichen – und die noch nicht vorhanden waren. Was gemeinhin zum Wohnen notwenig ist, ist eine ganze Menge:

Bettzeug einschließlich Matratze, Schränke, Tische, Sofa, Stühle, Öfen, Lampen, Gardinen oder Rollos; Teppich und Teppichboden zumindest dann, wenn der Fußboden kalt ist, oder wenn Krabbelkinder in der Wohnung leben, oder wenn dem Hilfeberechtigten ohne Teppichboden eine Gesundheitsschädigung droht oder bei ihm bereits eine chronische Erkrankung vorliegt.

Außerdem gehören zur Erstausstattung alle Gegenstände, die zum Kochen benötigt werden, wie Herd, Kochtöpfe und Pfannen. Ferner alles, was für den Verzehr der Speisen notwendig ist: Besteck, Teller, Tassen, natürlich auch ein Kühlschrank zur sachgemäßen Lagerung der Nahrungsmittel.

Je nach den Umständen des Einzelfalls kann auch ein Anspruch auf einen Staubsauger und eine Spülmaschine bestehen. Immer besteht ein Anspruch auf eine Waschmaschine und ein Bügeleisen, denn diese Gegenstände sind notwendig, um ein „an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen“ zu ermöglichen.

Nicht zur Erstausstattung gehören, Mikrowellengerät, Bügelbrett, Kaffee- oder Espressomaschine. Auch ein Fernsehgerät gehört nicht dazu, da dieses nicht dem Wohnen dient, sondern nur bestimmten Freizeitbeschäftigungen und Unterhaltungs- und Informationsbedürfnissen. Dies hat das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 24.02.2011 - B 14 AS 75/10 R - entschieden.

Kaputte oder abgenutzte Einrichtungsgegenstände werden im Rahmen der Erstausstattung nicht ersetzt

Wenn ein Einrichtungsgegenstand durch Gebrauch abgenutzt wurde, oder wenn er aus irgendwelchen Gründen beschädigt wurde, auf die der Anspruchsteller Einfluss hatte und nun nicht mehr funktionsfähig ist, so hat er keinen Anspruch darauf, einen neuen Gegenstand dieser Art zu bekommen. Hier handelt es sich dann nämlich um Erhaltungs- oder Ergänzungsbedarf, der durch die Regelleistung abgegolten ist. Der Hilfebedürftige soll von der Regelleistung so viel ansparen, dass er sich selbst Ersatz kaufen kann - auch wenn dies angesichts der Regelsatzhöhe als fast unmöglich erscheint.

Erstausstattung bei einem Haushalt mit Kindern

Wohnen Kinder mit in dem Haushalt, gehören zur Erstausstattung auch Laufstall, Kinderhochstuhl, Kinderwagen, sowie eine Bade-Wickel-Kombination. Eine Wickelkommode gehört nicht dazu. Diese Erstausstattung wird nur gewährt, wenn nicht bereits brauchbare Gegenstände, z.B. von Geschwisterkindern des Säuglings, vorhanden sind.

Kinder wachsen schnell aus ihrer Kleidung heraus, auch Schuhe werden schnell zu klein. Wenn die Kinder mit zu kleinen Schuhen herumlaufen, wird das zu Spätschäden an den Füßen führen. Hinzu kommt, dass Kinderkleidung auch einem hohen Verschleiß unterworfen ist, weil Kinder naturgemäß viel toben und spielen.

Obwohl dieser Bedarf bei Familien mit Kindern in der Wachstumsphase sehr hoch und dauerhaft ist, besteht für diesen Bedarf kein extra Anspruch.

Dieser Bedarf ist mit dem Regelbedarf zu decken. Das gilt selbst bei Kindern mit überdurchschnittlichem Größenwachstum. In solchen Fällen kann es sich aber lohnen, gerichtlich gegen einen ablehnenden Bescheid vorzugehen, denn die Gerichte entscheiden in jedem einzelnen Fall, d.h. eben auch unterschiedlich. Ausnahmsweise können solche Bedarfe als Härtefall unter § 21 Abs. 6 SGB II fallen und dann vom zuständigen Träger übernommen werden. Oft wird aber der Weg über die Gerichte unumgänglich sein, um hier zu seinem Recht zu kommen. Zu Konfirmationskleidung siehe im Folgenden bei „Erstausstattung für Bekleidung“.

Erstausstattung für Bekleidung

Erstausstattung wird für Bekleidung nicht nur gewährt bei Schwangerschaft und Geburt, sondern auch bei vollständigem Verlust der Kleidung, etwa nach Wohnungsbrand oder aufgrund anderer außergewöhnlicher Umstände, wie z.B. bei deutlicher Gewichtszu- oder Gewichtsabnahme. Es kann auch sein, dass jemand nach einer Haft oder nach Wohnungslosigkeit einen Bekleidungsbedarf hat.

Die Grundausstattung an Kleidung muss so bemessen sein, dass es dem Hilfeberechtigten ein mehrfaches Wechseln von Kleidung innerhalb einer Woche ermöglicht.

Zur Konfirmationskleidung hat das Sozialgericht Lüneburg in seinem Beschluss vom 05.04.2006 – S 25 AS 343/06 ER- entschieden, „dass nur in den Fällen eine gesonderte Zahlung von Leistungen erfolgen soll, in denen plötzlich und kurzfristig im großen Umfang neue Bekleidung benötigt wird, die ursprünglich nicht (Geburt, Schwangerschaft) oder nur unzureichend (bei Haftentlassung) vorhanden war oder (durch Wohnungsbrand) komplett verloren gegangen ist. In allen anderen Fällen muss der erwerbsfähige Hilfebedürftige auf das Ansparen seiner Regelleistung zur Ersatz- oder Ergänzungsbeschaffung verwiesen werden.“

Vor diesem Hintergrund vermochte das Gericht nicht zu erkennen, dass die von den Antragstellern begehrten Kleidungsstücke zur Konfirmation des Sohnes Erstausstattung im Sinne von § 23 Abs. 3 Nr. 2 SGB II (alte Fassung, entspricht § 24 Abs. 3 SGB II neue Fassung) darstellen. In Frage käme möglicherweise aber die Bewilligung eines Darlehens zur Anschaffung der Konfirmationskleidung.

Achtung: Der Anspruch auf all diese Leistungen (Nr. 1 bis Nr. 3) besteht auch dann, wenn der Leistungsberechtigte keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung benötigt, aber den einmaligen Bedarf für die oben genanten Erstausstattungen nicht aus eigenen Kräften und Mitteln voll decken kann. § 24 Abs. 3 Satz 3 SGB II. Das ist dann der Fall, wenn jemand eigentlich ohne staatliche Hilfe gerade so über die Runden kommt, aber sich einige der notwendigen Einrichtungsgegenstände nicht leisten kann. Dabei kann er jedoch darauf verwiesen werden, dass er zumindest einen Teil des Anschaffungsbetrages durch eigene Ansparleistungen in einem Zeitraum von 6 Monaten abdecken kann.

Unabweisbarer Bedarf

Über diese Ansprüche auf Erstausstattungen hinaus regelt das Gesetz, dass im Einzelfall weitere Leistungen über die Regelleistung hinaus erbracht werden können, s. § 24 Abs. 1 SGB II. Voraussetzung ist, dass der Bedarf im Prinzip von der Regelleistung umfasst ist, aber nur ausnahmsweise im konkreten Einzelfall nicht von der Regelleistung gedeckt werden kann.

In diesem Fall muss der Hilfebedürftige der Behörde gegenüber nachweisen, dass er den unabweisbaren Bedarf tatsächlich hat, und dass er diesen Bedarf nicht anderweitig decken kann.

Unabweisbar ist der Bedarf, wenn es sich um einen unaufschiebbaren Bedarf handelt, wie z.B. bei einem Wintermantel im Dezember.

In welcher Form werden die Leistungen erbracht?

Die Erstausstattung für die Wohnung einschließlich der Haushaltsgeräte sowie die Bekleidungs-Erstausstattung gem. § 24 Abs. 3 Nr. 1 und 2 SGB II „können“ als Sachleistung oder als Geldleistung, auch in Form von Pauschalbeträgen, erbracht werden.
Dies bedeutet, dass das zuständige Job-Center oder die zuständige ARGE selbst entscheiden kann, ob sie dem Hilfeberechtigten z.B. eine Waschmaschine zur Verfügung stellt oder lieber das Geld zum Kauf einer Waschmaschine.

Wenn die Leistungen als Pauschalen erbracht werden, können der Pauschale dabei Kosten im unteren Preissegment zugrunde gelegt werden. Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass dem Hilfebedürftigen mindestens der Betrag zur Verfügung gestellt werden muss, mit dem er „einfache und grundlegende Wohnbedürfnisse in vollem Umfang befriedigen kann“ (BSG Urteil vom 13.04.2011 – B 14 AS 53/10 R).

Was ist zu beachten?

Besteht ein Bedarf, der über den Regelbedarf hinausgeht (z.B. Erstausstattung für eine Wohnung) , so ist dem Anspruchsteller dringend zu raten, sich vorher mit dem zuständigen Leistungsträger in Verbindung zu setzen und den Antrag zu stellen. Beschafft er sich die Einrichtungsgegenstände selbst und stellt den Leistungsträger erst danach quasi vor vollendete Tatsachen, besteht ein Anspruch nur, wenn der Leistungsträger auch im Nachhinein gar nicht anders hätte entscheiden können, als dass er genau diese Leistung bewilligt hätte (Ermessenreduzierung auf Null). Da er aber ein Ermessen hat, ob er die Leistung als Sach- oder als Geldleistung erbringt, wird eine solche Ermessenreduzierung auf Null selten anzunehmen sein.

Umzugskosten und Wohnungsbeschaffungskosten

können als einmalige Bedarfe anerkannt werden, ebenso eine Mietkaution. Umzugskosten fallen an, wenn man von einer Wohnung in eine andere umzieht. Wohnungsbeschaffungskosten sind z.B. die Kosten für die Aufgabe eines Inserats. Dazu gehören auch Fahrtkosten zu Wohnungsbesichtigungen, wenn ein Umzug an einen weiter entfernten Ort notwendig ist. Auch Maklergebühren können davon erfasst sein, allerdings nicht, wenn ausreichend nicht maklergebundene Wohnungen auf dem Markt zur Verfügung stehen. Daneben können in einzelnen Fällen auch Kosten für eine Anfangsrenovierung oder eine Abstandszahlung an der Vormieter unter dem Begriff "Wohnungsbeschaffungskosten" fallen, und zwar dann, wenn andernfalls binnen angemessener Frist keine bedarfsdeckende Unterkunft angemietet werden kann. § 22 Abs. 6 SGB II regelt, dass solche Kosten als Bedarf über den Regelbedarf hinaus anerkannt werden können.

Voraussetzung für die Bewilligung dieser einmaligen Leistungen ist eine vorherige Zustimmung des örtlich zuständigen kommunalen Trägers.

Welcher Träger ist örtlich zuständig?

Die Zuständigkeiten sind hier unterschiedlich geregelt: für Umzugskosten und Wohnungsbeschaffungskosten muss der bis zum Umzug örtlich zuständige kommunale Träger vorher zustimmen; bei der Mietkaution muss derjenige örtliche Träger zustimmen, in dessen Bereich die neue Wohnung liegt.

Die zuständige Behörde muss diese Kosten nicht als Bedarf anerkennen, sie kann dies auch ablehnen. Dies wird im Gesetzestext mit dem Wort „können“ oder „kann“ ausgedrückt, § 22 Abs. 6 Satz 1 SGB II:

“Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; eine Mietkaution kann bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden.“

Ein Rechtsanspruch besteht aber dann, wenn der Umzug erfolgt, weil der örtliche Träger dies verlangt hat – etwa weil der Hartz-IV-Bezieher bislang in einer zu teuren Wohnung gewohnt hat und in eine preiswertere Wohnung umziehen muss – oder wenn es aus einem anderen Grund notwendig ist, dass ein Umzug stattfindet und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann.

Die Mietkaution soll als Darlehen erbracht werden, während die Umzugs- und die Wohnungsbeschaffungskosten als „verlorener Zuschuss“ geleistet werden. Das bedeutet, dass diese Leistungen nicht zurückgezahlt werden müssen.

Es kann daher nur geraten werden, sich vorher bei dem zuständigen Träger um die Zusicherung zu bemühen. Für Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind noch zusätzliche Hürden zu überwinden, s. § 24 Abs. 5 SGB II. (Ulrike FürstenbergRechtsanwältin Fachanwältin für Sozialrecht)

Quelle: gegen-hartz
 
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