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Derivate: Erste Explosionen im Umfeld der 700-Billionen Dollar Bombe

winnipu

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Deutsche Bank, Monte dei Paschi und Santander melden Milliarden-Verluste: Noch sind es nur einstellige Milliarden-Beträge, die zu beklagen sind. Tatsächlich sehen wir hier die ersten Explosionen im Umfeld einer gigantischen Derivaten-Bombe, die das Weltfinanz-System bedroht.
Der unkontrollierte Derivaten-Markt ist nicht nur ein Risiko für die Banken. Der Zahlmeister wird am Ende der deutsche Steuerzahler sein, weil es sich bei den Spekulationen um Geschäfte der systemrelevanten Institute handelt, die per Naturgesetz vom Steuerzahler zu retten sind (Ausnahme: Island –
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).
Die
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und der italienischen
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sind nur die Spitze des Eisbergs. Die wahre Sprengkraft der Derivaten-Bombe kann überhaupt nicht groß genug eingeschätzt werden.
Weltweit ist der Handel mit Derivaten in den vergangenen Jahren massiv gestiegen. Allein in Deutschland stieg die Zahl der Finanzderivate 2011 auf einen historischen Höchststand. Mehr als 1,7 Millionen neue Finanzderivate wurden auf den Markt geworfen. Was ursprünglich als Absicherung für Investoren gedacht war, läuft offenar völlig aus dem Ruder. Weltweit umfasst der Derivatemarkt in etwa 700 Billionen Dollar – zehnmal mehr als das BIP der gesamten Welt. Die Derivategeschäfte finden nicht über Börsen statt, sondern im direkten Kontakt der jeweiligen Händler, „Over the Counter“. Damit gab es bisher in diesem Bereich des Finanzmarktes so gut wie keine Regulierung.
Die Banken müssen ihre Geschäfte mit den Derivaten nicht in ihren Bilanzen aufführen – das Risiko, das diese mit sich bringen wird also verschleiert. Die Deutsche Bank beispielsweise bewertet ihre Derivategeschäfte nach deren Risiko-Gewichtung. Sie selbst gibt an, wie risikoreich diese Geschäfte sind. Diese Risiken treten dann aber möglicher Weise erst zutage, wenn bei der Bank so massive Verluste auftreten, dass sie diese selbst nicht mehr tragen kann.
Dies zeigte sich zuletzt bei der ältesten Bank der Welt, der Banca Monte die Paschi di Siena. Aufgrund riskanter Derivate-Geschäfte muss der italienische Staat der Bank nun erneut mit Milliarden unter die Arme greifen. Doch das Beispiel zeigt, während die großen Finanzinstitute wie die Deutsche Bank und auch JP Morgan versuchen, exorbitante Gewinne mit fragwürdigen Finanzinstrumenten zu erzielen, trägt am Ende der Steuerzahler das Milliarden-Risiko. Ein Risiko, auf das die Geldinstitute im Vorfeld jedoch nicht hinweisen müssen, da es in den Bilanzen nicht auftaucht.
Das Derivategeschäft ist jedoch nicht nur für eine einzelne Bank eine tickende Zeitbombe. Vielmehr ist das ganze Finanzsystem davon bedroht. Die internationalen Verflechtungen über den Derivatemarkt sind massiv. Geht in einem Finanzinstitut die Derivate-Bombe aufgrund erheblicher Verluste hoch, hat dies dramatische Folgen auch für andere Banken. Da die Banken ähnlich wie bei der Immobilienblase 2008 ihre eigenen Risiken als neue Finanzprodukte verpackten und weiter verkauft haben. Eine Kettenreaktion wäre die Folge.
Zuletzt drohte ein solches Dilemma bei dem Schuldenschnitt in Griechenland. Wäre dies als Pleite des griechischen Staates eingestuft worden, hätte dies eine Auszahlung der Kreditversicherungen (CDS) auf griechische Staatsanleihen zur Folge gehabt. Je nach Menge der ausgegebenen Kreditversicherungen hätten etliche Anbieter dieser CDS vor erheblichen Verlusten gestanden.
Ursprünglich waren Kreditderivate als Absicherung gedacht. Mit der Weitergabe des Kreditrisikos einer Bank im Falle einer möglichen Zahlungsunfähigkeit eines Kredit-nehmers an Dritte, sollte das Kreditrisiko der Bank selbst verringert werden. Aber auch gegen Preisschwankungen werden Derivate herangezogen. Zu den wichtigsten zählen Optionen, Futures und Swaps – mit letzteren machte beispielsweise die Stadt Pforzheim herbe Verluste.
Doch die reine Absicherung ist schon lang nicht mehr Hauptgrund für die Investition in Derivate. Vielmehr kann man mit ihnen auf steigende und fallende Kurse setzen und mit kleinem Einsatz im Glücksfall immense Gewinne erzielen – aber eben auch massive Verluste. Ein Markt: Völlig dereguliert und mit einem erheblichen Risiko letztlich für die Steuerzahler, wenn der Staat gezwungen ist, die jeweilige Bank zu verstaatlichen.
Bis es zu einer stärkeren Regulierung des Derivatemarktes kommt, wird jedoch noch einige Zeit vergehen. Die Einführung neuer Regeln in der EU werde sich vermutlich verzögern, berichtete Reuters am Donnerstag. Abgeordnete des EU-Parlaments erwägen demnach eine Resolution zur Überprüfung der Vorgaben. Außerdem verzögern Deutschland und Frankreich eine stärkere Kontrolle der Banken. Dies könnte die EU-Kommission und die EU-Finanzmarktaufsicht ESMA dazu zwingen, neue Vorschläge zu einer entsprechenden Regulierung vorzulegen und deren Einführung weiter verzögern.
Grund hierfür ist die Befürchtung des Parlaments, dass die neuen Regeln für bestimmte Derivate-Investoren, die nicht aus der Finanzbranche kommen, nicht flexibel genug seien. So nutzen etwa Fluggesellschaften ebenfalls Derivate, um sich gegen Preisschwankungen auf dem Kerosinmarkt abzusichern.
Der Hauptgrund liegt jedoch ganz woanders: Die real Wirtschaft produziert nicht mehr genug Wachstum, um die alternde Bevölkerung in Europa zu ernähren. Daher müssen die Pensions-Fonds immer höhere Profite machen. Dies wiederum führt dazu, dass auch solide Anleger von den Banken auf Teufel komm raus Renditen fordern, Die Antwort der Finanz-Industrie sind die Derivate. Hier werden künstliche Gewinne produziert, mit denen die Rentner ruhiggestellt werden sollen.
Es ist auch für die deutschen Steuerzahler wichtig, jetzt sehr genau hinzusehen. Ex-IWF Ökonom Johnson: „Der deutsche Steuerzahler sollte sehr besorgt sein.“ Denn die Deutsche Bank ist unzweifelhaft „too big to fail“. Sie ist systemrelevant – und deshalb werden im Zweifel die deutschen Steuerzahler zur Kasse gebeten werden.
Simon Johnson hält es für möglich, dass die Deutsche Bank die deutschen Steuerzahler um einen Bailout wird bitten müssen. Die Bank sei zu extrem „gehebelt“. Das Risiko-Management sei nicht ausreichend. Ein Sprecher der Deutschen Bank sagte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten, dass ein Bailout unter keinen Umständen ein Thema für die Deutsche Bank sei. Er verwies auf die Solidität der hauseigenen Rechenmodelle und darauf, dass die Deutsche Bank kerngesund sei.
In der Bekanntgabe des Milliarden-Verlusts schreibt die Deutsche Bank, dass eine der zentralen Aufgaben die „Implementierung eines klaren Regelwerks für einen tief-gehenden, langfristigen Kulturwandel“ sei.
Johnson schreibt: „Deutschland hat tiefe Taschen, und eine Menge Leute haben sich aufgereiht, um den Deutschen in die Taschen zu greifen. Aber der Reichtum und die Geduld des deutschen Volks haben auch ihre Grenzen.“ Die Deutsche Bank testet mit ihrem Milliarden-Desaster, wie viel die Deutschen zu schlucken bereit sind. Noch ist kein Hilfsantrag gestellt, noch sagt die Bank, es sei alles unter Kontrolle, noch wird das Debakel als kleiner Betriebsunfall abgetan.
In Kombination mit dem MPS-Skandal in Italien dürfte jedoch der Blick der Öffentlichkeit und der Regulatoren verschärft auf die Derivate-Bomben fallen. Simon Johnson sagt jetzt schon: „Man muss Mitleid mit dem deutschen Steuerzahler haben.“ Aus dem Betriebs-Unfall könnte der Super-GAU für die europäischen Banken-Szene werden.


Anmerkung: Der isländische Präsident hat neulich in einfachen Worten erklärt, dass das Dogma des Too-big-to-fail auf den Müllhaufen der Geschichte gehört (
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Quelle: Deutsche-Wirtschafts-Nachrichten vom 31.01.2013

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