AW: Primacom droht Zahlungsunfähigkeit
Primacom: Kabelnetzer leitet Insolvenzverfahren ein
Der schwer angeschlagene Mainzer Kabelnetzbetreiber Primacom ist zahlungsunfähig Weil sich Kreditgeber und Mehrheitsgesellschafter des Unternehmens auch in der Nacht auf Montag nicht auf einen Kompromiss einigen konnten, stellt der Vorstand nun einen Insolvenzantrag.
Betroffen ist die nicht operative Holdinggesellschaft der PrimaCom-Gruppe, die PrimaCom Aktiengesellschaft. Die Hauptgesellschafter teilten am Morgen mit, nicht mehr verhandlungsbereit zu sein. Damit erscheine es nicht mehr möglich, die Kreditgeber von einer Rücknahme der Fälligstellung von Forderungen zu überzeugen, hieß es in einer Adhoc-Mitteilung.
In der "Börsenzeitung" war bereits am vorvergangenen Wochenende eine Versteigerung der Primacom Management GmbH inseriert. Sie ist für den 5. Juli in einem Berliner Hotel angesetzt. Die niederländische ING und verschiedene Finanzinvestoren hatten sich für Kreditmittel Geschäftsanteile garantieren lassen, die nun verwertet werden sollen - sofern es einen solventen Interessenten gibt, der bei Primacom einsteigen will und für die Anteile eine angemessene Summe zahlt.
Als möglicher Interessent gilt Kabel Deutschland
Als möglicher Interessent gilt Kabel Deutschland (KDG), weil Primacom Endkundenzugang auf Netzebene-4 vorweisen kann und im Verbreitungsgebiet des größten deutschen Anbieters arbeitet.
Schon Ende Mai war von den Gläubigern eine Forderung in Höhe von 29,2 Millionen Euro abrupt fällig gestellt worden, die den Vorgang auslöste: Die Aktiengesellschaft, das Holding-Dach der operativ tätigen Primacom Management GmbH war damit faktisch zahlungsunfähig.
Die operativen Gesellschaften der Primacom-Gruppe waren von den Problemen zunächst nicht betroffen, so dass das Kabelgeschäft für die Kunden weiter laufen kann. Zahlungsunfähig meldete sich nur die Primacom AG. Wenn es zu einer Auktion der Primacom Management GmbH kommt und sich die Gläubiger nicht in letzter Sekunde doch noch einigen, ist offen, was dies für die angeschlossenen Kabelhaushalte bedeutet.
Das Aus hatte sich in den vergangenen Tagen angekündigt, die Ereignisse spitzten sich zuletzt dramatisch zu. Der Finanzchef und Sprecher des Vorstands, Michael Buhl, schied abrupt aus dem Konzern aus. An seiner Stelle war Sebastian Freitag interimistisch zum Chief Restructuring Officer (CRO) und zum Mitglied des Vorstandes ernannt worden.
Primacom-Debakel hatte sich angekündigt
Das Primacom-Debakel kündigte sich an, als der Vorstand bekannt gab, dass es zu Verzögerungen im dringend notwendigen Restrukturierungsprozess des Unternehmens kommen wird. Gesellschafter und Kreditgeber konnten sich seit Monaten nicht auf einen gemeinsamen Fahrplan einigen. Buhls Abschied hängt damit wohl zusammen.
Primacom hatte zuletzt den Umsatz gesteigert, die Anzahl der Kundenverträge schrumpfte allerdings. Hoffnungen setzt der Anbieter auf HDTV: Bis Mitte 2010 sollen alle angebundenen Haushalte hochauflösendes Fernsehen empfangen können.
Als nationaler Anbieter mit regionalem Fokus ist Primacom in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern aktiv. Die Aktien der AG werden seit 1999 an der Frankfurter Wertpapierbörse im regulierten Markt gehandelt. Den Konzern drücken mit 340 Millionen Euro hohe Schulden und damit Zinszahlungen, die zuletzt aber immer rechtzeitig beglichen wurden.
Hohe Schulden drücken
Primacom gehört wie Tele Columbus zur luxemburgischen Holding Escaline. Deren Kabeltochter Orion hatte im Jahr 2006 die Netzbetreiber mit Krediten gekauft und die Tilgung der Darlehen und Zinsen - nach klassischer Finanzinvestoren-Manier - den beiden Unternehmen überlassen.
Orion war im vergangenen Jahr dann um ein Haar in die Pleite gerutscht, wurde aber in letzter Sekunde gerettet. Für Primacom legten die beteiligten Gläubiger und Schuldner einen Restrukturierungsplan fest - dazu gehörte auch, dem Unternehmen Kapital zur Verfügung zu stellen. Dagegen wehrten sich nun allerdings die Kreditgeber. Sie wollen kein Kapital mehr zuschießen.
Das Insolvenzverfahren bedeutet für die unmittelbar betroffenen Primacom-AG-Mitarbeiter eine dreimonatige Sicherheit, weil der Staat die Zahlung der Löhne und Gehälter übernimmt.
Quelle: satundkabel.de