Derzeit prüft die Bundesregierung ein gesetzliches Verbot für Ad-Blocker. Das ist eines der Ergebnisse der Bund-Länder-Kommission zur Medienkonvergenz, die von Ende 2014 bis Mitte 2016 Ideen für die „nationale und europäische Medienordnung“ erarbeitet hat. Federführend waren die Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters, und die Vorsitzende der Rundfunkkommission Rheinland-Pfalz, Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD).
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Die Bund-Länder-Kommission für Medienkonvergenz (BLKM) beschäftigt sich schon seit einem Treffen zwischen der Bundeskanzlerin und den Regierungschefs der Länder im Dezember 2015 mit der Frage. Im März 2016 lud die Kommission Vertreter aus der Medien- und Werbebranche zu einem „Workshop” ein. Das Ergebnis: Die Forderung, Ad-Blocker gesetzlich zu verbieten, wird von der BLKM jetzt offiziell bearbeitet. Die Interessenvertreter hatten angegeben, nicht auf Gerichtsentscheidungen warten zu können. Das Bundeswirtschaftsministerium zeigte dafür Verständnis.
Das Thema betreffend richtete die Linksfraktion nun eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung. Unter Bezugnahme auf das laufende Prüfverfahren gibt die Bundesregierung auf viele Fragen keine Antwort, die Regierung verweist auf den Abschlussbericht der Bund-Länder-Kommission zur Medienkonvergenz. Darin werde das Geschäftsmodell von Ad-Blockern als rechtlich und mit Blick auf die Refinanzierung journalistisch-redaktioneller Angebote als problematisch angesehen. Nach Angaben der Regierung dienen Ad-Blocker dazu, Werbung in Online-Angeboten auszublenden. Ob sie einen Mehrwert hätten, erscheine fraglich.
Ad-Blocker blenden die auf Webseiten geschaltete Werbung aus, Nutzer können so ungestört surfen. Ferner sorgen sie zusätzlich dafür, dass Schadsoftware nicht unkontrolliert durch Ad-Netzwerke ausgeliefert wird. Anbieter für Ad-Blocker gibt es viele. Auch sind die Nutzerzahlen in den vergangenen Jahren erheblich angestiegen. Laut einer Studie von Adobe und dem irischen Anti-Ad-Blocking-Startup PageFair nutzten Mitte 2015 weltweit rund 198 Millionen Menschen regelmäßig Ad-Blocker. In Deutschland setzt aktuell rund ein Viertel der Internetnutzer auf Werbefilter. Nachdem Apple im Herbst 2015 Ad-Blocker auch in seinem App Store anbot, stiegen die Nutzerzahlen nach Angaben des GlobalWebIndex weltweit sogar noch mal um zehn Prozent an.
Jedoch, so beliebt Ad-Blocker bei Nutzern auch sind, so sehr verärgern sie Betreiber von Webseiten, die sich durch Anzeigen finanzieren – von der Werbebranche selbst einmal ganz abgesehen. Gerade die Verlage beschweren sich zunehmend über die Tatsache, dass die Software zur Blockierung von Werbung dazu führen würde, dass nicht genug Einnahmen generiert werden können, um die journalistischen Tätigkeiten auch entsprechend finanzieren zu können.
Laut PageFair und Adobe entgehen Publishern und Werbetreibenden durch Ad-Blocker jährlich Riesenbeträge: Waren es 2015 noch 21,8 Milliarden US-Dollar, könnten ihnen 2016 durch Werbeblocker schon 41,4 Milliarden entgehen. Die höchsten Einnahmeverluste gibt es dabei im Gaming-Bereich und auf Social-Media-Plattformen. Längst haben sich Interessenvertretungen dem Kampf gegen Ad-Blocker verschrieben – und der wird mit verschiedenen Waffen ausgetragen.
Konzerne wie Google und Amazon erkaufen sich in einem umstrittenen Verfahren einen Platz auf der so genannten „Whitelist” des erfolgreichen Anbieters AdBlock-Plus. Wer auf dieser Liste steht, verpflichtet sich, nur „akzeptable” Werbung zu zeigen. Was akzeptabel ist, bestimmt der Ad-Block-Anbieter, für den das Whitelisting eine willkommene Einnahmequelle ist.
In Deutschland hat vor allem der Kampf der großen Verlage gegen Ad-Blocker Eyeo Schlagzeilen gemacht: Axel Springer, Spiegel Online, RTL, ProSieben/Sat1, die Süddeutsche Zeitung und die Zeit, sie alle haben gegen Eyeo, die Firma hinter AdBlock Plus, geklagt – und verloren. Allein Springer konnte mit zwei einstweiligen Verfügungen einen Teilerfog verbuchen. Zudem stufte das Oberlandesgericht Köln das Whitelisting von AdBlock Plus als illegal ein.
Jan Korte, äußert Kritik gegenüber netzpolitik.org: „Die Bundesregierung gibt unumwunden zu, dass wirtschaftliche Interessen der Medienunternehmen Grund für die Prüfung eines Ad-Blocker-Verbots waren. Dies ist an sich schon ein klares Einknicken vor den Lobbyinteressen der Medienunternehmen. Noch krasser ist allerdings, dass auch bei der Prüfung nur Vertreter eben dieser Unternehmen Gehör fanden. Dass das zu einer unabhängigen Meinungsbildung führt, glaubt doch kein Mensch. Hier werden legitime Interessen von Bürgerinnen und Bürgern, die sich mit Ad-Blockern vor unverhältnismäßiger Werbung und Datensammelei schützen wollen, gegen die wirtschaftlichen Interessen der Medienunternehmen aufgewogen.“ […] „Man muss sich nur vorstellen, irgendwelche Fernsehanbieter würden das Umschalten während der Werbepause verbieten wollen, weil ihnen dadurch ein wirtschaftlicher Schaden erwächst. Das wäre vollkommen absurd. Eine nachhaltige Lösung gibt es nur, wenn sowohl die wirtschaftlichen Interessen der Medien als auch die ihrer Nutzer berücksichtigt werden.“, führt er weiter aus.
Der ehemalige Verfassungsrichter Udo di Fabio und die Hamburger Wissenschaftlerin Simone Kuhlmann erklären, dass ein solches Verbot bestenfalls schwierig durchzusetzen sei. Denn zum einen sei es so, dass ausbleibende Werbeeinnahmen nicht die Medienbrache an sich in Gefahr bringe. Udo di Fabio erklärt, dass der Gesetzgeber erst eingreifen muss, „wenn der Einsatz selektiver Werbefilter jeglichen Entfaltungsraum der Kommunikationsfreiheiten aus Artikel 5 Absatz 1 Grundgesetz für die Presse, den Rundfunk oder das Filmwesen blockieren würde und damit grundrechtliche Substanz auf dem Spiel stünde“.
Fazit:
Ob es zu gesetzlichen Maßnahmen gegen Ad-Blocker kommen wird, steht noch nicht fest. Sicher ist nur, dass das Thema in der deutschen Politik angekommen ist. Allerdings bezieht sich die Forderung der Interessenverbände in dem BLKM-Bericht nur auf kommerzielle Ad-Blocker. Sollte es also zu einem Verbot kommen, könnten Internetnutzer möglicherweise auf andere Angebote ausweichen.
Quelle: Tarnkappe
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