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IPTV "Überraschungen sind immer möglich": WBD und das Streaming

Unter Führung von Hannes Heyelmann wurde die Fusion zu Warner Bros. Discovery auch in Deutschland umgesetzt. In seinem ersten Interview spricht er mit DWDL über die Positionierung des neuen Medienhauses, ausgebliebene Revolutionen und Ambitionen im Streaming.

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Herr Heyelmann, in Hollywood werden gerade - Stichwort Streaming - noch einige Weichenstellungen bei Warner Bros. Discovery entschieden. Wie steht es in Deutschland um Warner Bros. Discovery?

Wir sind sehr gut unterwegs, das kann ich nach fast sechs Monaten sagen, in denen bereits viel passiert ist. Warner Bros. Discovery in Deutschland, das umfasst jetzt von Free-TV und Pay-TV über Streaming bis zum Kino alle Verwertungsschritte, dazu Gaming, Home Video, Consumer Products und mehr. Wir haben unglaublich tolle Inhalte aus den USA und international in unserem Portfolio, aber um in einem großen Markt wie Deutschland relevant zu sein, sind auch lokale Produktionen sehr wichtig. Daher eine ganz klare Botschaft: Warner Bros. Discovery investiert weiter in deutsche Eigenproduktionen für alle Verbreitungswege. Wir haben 2022 mit mehr als vierzig verschiedenen Produktionen mehr als 300 Programmstunden lokal für unser Senderportfolio produziert. Im Kino, das ein wichtiges Geschäft für uns ist und bleibt, haben wir ganz aktuell mit „Rheingold“, „Hui Buh“ und „Einfach mal was Schönes“ drei deutsche Filme in den Top 10. Bisher, Stand Anfang Dezember, sind wir 2022 im Hinblick auf die Local Productions der mit Abstand erfolgreichste Verleiher im deutschen Markt - mit einem Marktanteil von fast 30 Prozent. Wenn wir die US-Filme mitbetrachten, sind wir bislang die Nr. 2.

Analog zu Signalen aus den USA gilt also: Kino bleibt, Streaming doesn’t kill the Movie Star?

Richtig, unter David Zaslav gab es bei Warner Bros. Discovery auf globaler Ebene einen Strategiewechsel. Das Kino ist und bleibt eine ganz wichtige Säule unseres Geschäfts. Wir wissen heute, wie gut es für die weitere Verwertung von Filmen ist, sie zuerst auf die große Leinwand zu bringen. In Deutschland freuen wir uns auf die starken Warner-Bros-Produktionen aus Hollywood, dazu kommen seit Kurzem auch noch die MGM-Filme und unsere lokalen Eigenproduktionen, die wir fortführen werden. Nicht mehr ganz so viele wie früher, aber die, die wir machen, können größer ausfallen. Kino liegt in unserer DNA, nächstes Jahr wird Warner Bros. 100 Jahre alt. Mit Kino beginnt bei den meisten Filmen die Wertschöpfungskette. Es hat sich gezeigt, dass das dem Wert einer Produktion im Streaming nicht schadet, sondern im Gegenteil sogar hilft, weil das Gefühl „Das lief doch eben erst im Kino“ einen positiven Effekt hat und umgekehrt es aber auch der Kinoauswertung nicht schadet, wenn ein Film relativ schnell nach der Kinoauswertung bereits im Streaming verfügbar ist.

Hat die Pandemie dann doch nicht für so viel Disruption gesorgt, wie es vor zwei Jahren noch schien, als fast überall Revolutionen ausgerufen wurden?

Die Revolution ist ausgeblieben. Es hat sich letztlich bestätigt, dass viele Geschäftsmodelle in einem wieder normalisierten Alltag einfach gut funktionieren. Allerdings sind wir im Kino-Markt noch nicht zurück auf dem Level von vor der Pandemie. Das merken wir in vielen Märkten und in Deutschland auch. Das ist oft noch der Vorsicht geschuldet, aber wir merken grundsätzlich, dass ein schöner Kinoabend trotz Streamingangeboten weiterhin attraktiv ist.

Zum Streaming kommen wir gleich. Kurze Nachfrage zur Fusion: Die wurde erstaunlich schnell bis runter in den deutschen Markt umgesetzt. Ist die Zusammenführung der Geschäfte in Deutschland schon abgeschlossen?

Nein, noch nicht ganz. Weiter kommentieren wir den Status auf Länderebene nicht. Die Fusion zu Warner Bros. Discovery ging tatsächlich zügig, was aber auch geboten ist. Die Medienbranche befindet sich im Umbruch, da ist Geschwindigkeit wichtig. Man darf keine Zeit verlieren, weil man mit sich selbst beschäftigt ist. Ich sehe aber auch ein Management auf globaler wie auch europäischer Ebene, das ordentlich Gas gibt und nicht vor konsequenten Entscheidungen zurückschreckt. Das hilft allen Mitarbeitenden zu verstehen, wohin die Reise gehen soll, und hilft auch dabei, die Vorteile des Mergers möglichst schnell im Markt nutzen zu können.

Kommt da noch ein Stellenabbau oder gab es den schon?

Es gab bereits einen Stellenabbau, was sich bei einem Merger nicht vermeiden lässt, wenn man auf einigen Ebenen sich duplizierende Rollen hat und mehrere Strukturen zusammenführen muss. Das dauert ein bisschen, bis alle Strukturen stehen, aber inzwischen ist vieles bereits geklärt. Und bis Ende nächsten Jahres, spätestens Anfang 2024, wollen wir in München auch eine neue Heimat gefunden haben, um die beiden Standorte in der Leopoldstraße und Sternstraße zusammenzuführen. Wir haben an den beiden Standorten hier in München wie auch in Hamburg und unseren Büros in Berlin, Wien und Zürich ein tolles Team für die aufregende Reise, die vor uns liegt im deutschen Markt. Und natürlich gibt es auch noch den Warner-Standort Köln mit den KollegInnen von WBITVP.

Das entstandene Senderportfolio von Warner Bros. Discovery ist jetzt recht groß und divers. Passt das alles zusammen? Lässt sich das vermarkten?

(lacht) Und wie – richtig gut! Wir haben mit DMAX, TLC, Home & Garden TV, Eurosport 1, CNN und Tele 5 im Free-TV sowie Warner TV Film, Warner TV Serie, Warner TV Comedy, Discovery Channel, Animal Planet, Eurosport 2, Boomerang und Cartoon Network im PayäTV sehr viele Sendermarken, aber ein klar strukturiertes Portfolio, was unsere Stärke in der Werbevermarktung ausmacht. Alle Sender sind für sich eigenständig positioniert, ohne große Überlappungen. Natürlich können wir sie jetzt mit der Kraft und dem immensen Programmbestand von Warner Bros. Discovery anders als bisher stärken. Ein Beispiel dafür ist, dass wir schon in einem ersten Schritt erfolgreiche Warner-Produktionen bei Tele 5 oder TLC ins Programm genommen haben. Als jetzt drittgrößtes Vermarktungshaus im deutschen TV-Markt mit fünf Prozent Marktanteil spüren wir zwar auch die schwieriger gewordenen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, aber verzeichnen im Vergleich zum Rekordjahr 2021 einen Rückgang des Werbeumsatzes im nur niedrigen einstelligen Bereich.

All die genannten Sender liegen derzeit organisatorisch in der Verantwortung einer Kollegin, Marion Rathmann, die bislang bei Warner TV gearbeitet hat. Sind Sie damit personell ausreichend aufgestellt?

Ja, damit sind wir prima aufgestellt. Sie macht den Programmbereich ja nicht allein, sondern mit einem Team, das sie leitet. Marion hat viele Jahre Erfahrung in der Programmplanung und Akquisition sowohl im Pay- als auch Free-TV. Neu ist dabei die Verantwortung für die große Menge an unscripted Eigenproduktionen für die Free-TV-Sender. Aber für die fiktionalen TV-Produktionen ist unverändert Anke Greifeneder verantwortlich und für unser Kino-Line-up ist Magdalena Prosteder zuständig. Es braucht ja auch nicht jeder Sender eine gleichermaßen große Aufmerksamkeit im Tagesgeschäft. Da ist DMAX beispielsweise sicher arbeitsintensiver als Warner TV Film. Und das Engagement des Teams funktioniert: DMAX hatte im November den besten Wert seit über zwei Jahren, und auch insgesamt sind wir mit unserer Sender-Familie in diesem Jahr gewachsen – das Free-To-Air-Portfolio z.B. konnte um sechs Prozent zulegen.

Trotzdem sei die Frage erlaubt: In Hollywood hat die Marke Warner Bros. einen großen Klang, in Deutschland ist DMAX der größte TV-Erfolg und einen Streamingdienst gibt es nur für non-fiktionale Programme. Was ist der Anspruch von Warner Bros. Discovery im deutschen Markt?

Warner Bros. Discovery steht für unglaublich gute Unterhaltung im Film-, Serien- wie Factual-Entertainmentbereich, dazu kommen starke Marken wie CNN oder Cartoon Network. Wir stehen für innovative Programme, aber auch Fan Favourites wie „Big Bang Theory“ oder „Friends“. Wir sind insgesamt keineswegs in der Sparte unterwegs: Im Kino sind wir erfolgreich, wir sind im Bereich Consumer Products sowie Home Entertainment groß, wir haben im TV eine der umfangreichsten Senderfamilien und wir lizenzieren sehr viele Programme im deutschen Markt an z.B. Sky Deutschland, ProSiebenSat.1 und RTL. Und im Streaming sind wir derzeit mit Discovery+ vertreten. Aber wir haben natürlich den Anspruch, in Deutschland noch weiter zu wachsen.

Weil Sie gerade Sky Deutschland angesprochen haben: Hätte Warner Bros. Discovery Verwendung für Sky?

Mich überrascht nicht, dass Sie diese Frage stellen. Aber es wäre nicht angemessen, das zu kommentieren.

Dann bleiben wir bei Warner Bros. Discovery. Was haben Sie 2023 vor?

Oh, das wird dann aber jetzt ein sehr langes Interview (lacht). Ich nenne mal nur ein paar Highlights: wir werden fünf fiktionale Produktionen bei unseren Warner TV Sendern bringen. „German Genius“ mit einem Allstar-Ensemble rund um Kida Khodr Ramadan und Ricky Gervais, die zweite Staffel von „Para - Wir sind King“ und „Boom Boom Bruno“ mit Ben Becker in der Hauptrolle - eine Mischung aus Krimi und Comedy, wie es sie in der Tonalität in Deutschland so noch nicht gab. Dazu noch zwei Koproduktionen: „Zwei Seiten des Abgrunds“ zusammen mit RTL+ und die zweite Staffel „Oh Hell“ mit Magenta TV. Darüber hinaus gehen wir mit mehreren deutschen Kinofilmen an den Start, darunter „Wann wird es endlich wieder so, wie es noch niemals war“ mit Devid Striesow und Laura Tonke in den Hauptrollen und „C‘est la Vie“ mit Christoph Maria Herbst. Zu erwähnen sind auch noch große US-Filme wie zum Beispiel „Barbie“, „The Flash“ oder „Aquaman: Lost Kingdom“. Und auch im Bereich Unscripted warten wir mit vielen neuen deutschen Produktionen auf wie „Notaufnahme: Samstagnacht“ oder „Fritz Meinecke: Expedition Weltweit“ und natürlich neuen Staffeln von „Steelbuddies“, „The Germinator“, „112: Feuerwehr im Einsatz“ oder „Nightwatch“. Im Franchise Bereich bringen wir z.B. im Februar das Action-Rollenspiel „Hogwarts Legacy“ raus und im Bereich Consumer Products wird es zum Start des DC Comics Blockbuster „The Flash“ im Sommer 2023 zahlreiche Fanprodukte auf dem Markt geben.

Und Streaming spielt keine Rolle? Ich dachte Sie gehören zu denen, die ganz besonders darauf drängen, dass Warner Bros. Discovery endlich seine globale Streamingstrategie festlegt?

Streaming ist wichtig - aber nur ein Teil unseres diversifizierten Ansatzes, und wir beabsichtigen, die gesamte Bandbreite an Vertriebsoptionen zu nutzen, einschließlich linear, Kino, Lizenzierung und D2C, um die Konsumenten bestmöglich zu erreichen und die Monetarisierung zu maximieren.

Aber es gibt vorteilhaftere Situationen als im hart umkämpften Streamingmarkt erst einmal abwarten zu müssen?

Das neue kombinierte Streaming-Produkt ist ja noch nirgendwo verfügbar, nicht einmal der Name ist offiziell bekannt. Es wird zunächst in den USA und Lateinamerika starten und dann 2024 sukzessive in weitere Märkte kommen. Ich kann Ihnen heute zwar keinen Starttermin für Deutschland nennen, aber die eben erwähnten Programmankündigungen für das nächste Jahr zeigen, dass wir in der Zwischenzeit viel tun und definitiv nicht abwarten.

Ein Versuch noch: Der erst im Februar mit RTL Deutschland geschlossene Deal für HBO Max-Produktionen gilt bis 2025. Auch mit Sky gibt es Verträge. Das galt bisher als Signal, dass Warner Bros. Discovery vorher nicht mit dem neuen Streamingprodukt nach Deutschland kommen wird…

Zu Verträgen mit unseren Partnern kann ich nichts sagen. Aber Sie wissen ja: in der Medienbranche sind Überraschungen immer möglich.

Was ist die wichtigste Aufgabe, bis in diesem Punkt Klarheit herrscht?

Intern bleibt die größte Herausforderung der begonnene, aber natürlich andauernde Prozess „One Team, One Culture“. Schließlich reden wir von einer Fusion zweier Teams aus Häusern mit jeweils eigener Historie und Struktur. Da sind viele neue Teams und Reporting Lines entstanden, die wir über alle Standorte hinweg auf den gemeinsamen Weg der kommenden Jahre bringen wollen. Zu den wichtigen Aufgaben gehört auch eine laufende Optimierung der Performance unserer Free-TV-Sender und zu gegebener Zeit das Thema Streaming.

Herr Heyelmann, herzlichen Dank für das Gespräch.


Quelle; dwdl
 
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