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Menschunwürdig im Nürnberger Sozialamt

TV Pirat

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Bericht eines Betroffenen: Wie das Nürnberger Sozialamt Menschenrechte definiert

Es ist grundsätzlich ein Fiasko, wenn die Gesundheit so weit zusammenbricht, dass man frühzeitig zum schwerbehinderten Erwerbsminderungsrentner wird. Politiker reden von Teilhabe Behinderter im Leben. Eine UN Behindertenrechtskonvention erlangte Gesetzesrang. Aber wie sieht die Realität aus? Erhalten Betroffene wirklich nötige Hilfen? Beachtet man die Besonderheiten des Einzelfalls? Werden wenigstens Gesetze befolgt?

Beantwortet man diese Fragen für die Stadt Nürnberg, die sich gerne als "Stadt der Menschenrechte" selbst feiert, so sind die Antworten mitunter äußerst verstörend.

2007 war endgültig klar, dass die gesundheitliche Lage eine Rückkehr ins Erwerbsleben nicht mehr zuließ. Pfuschende Ärzte hatten über einige Jahre die letzten Hoffnung zerstört. Die Rente reichte natürlich nicht, Grundsicherung für Rentner (genauso niedrig wie die ALG II Leistungen) war die Folge. Nun denkt man, den Schikanen der ARGEs, der späteren Jobcenter wenigstens entkommen zu sein. Doch Sozialämter haben erheblich mehr Erfahrung darin Menschen das Leben zur Hölle zu machen. Man sollte deren Willen dazu nicht unterschätzen.

Der erste Schritt direkt nach acht Wochen Klinikaufenthalt war eine Umzugstauglichkeitsuntersuchung, denn die KdU waren zu hoch. Behandelnde Fachärzte stellten klar fest, dass ein Umzug aufgrund der gesundheitlichen Gesamtlage verheerende Folgen haben würde. Das Gesundheitsamt stellte trotz gewöhnungsbedürftiger Methoden (grobe Untersuchung, behindertenfeindliche Äußerungen, nötigenden Verhaltens) dennoch ebensolches fest. Ich blieb in der Wohnung. Natürlich gefiel das dem Sozialamt gar nicht und so versuchte es weiterhin immer wieder einen Umzug zu erzwingen. Bis 2009 waren die Methoden zwar nicht erfreulich, aber immerhin noch rechtskonform. 2009 jedoch wagte man einen Schritt, der in jeder Hinsicht gegen Recht und Gesetz war und auch Anstand, Mitmenschlichkeit, Verständnis komplett vermissen ließ.

Man schickt mich zuerst wieder zum Gesundheitsamt. Dieses Mal bestand ich auf einen Beistand. Bei der allgemeinmedizinischen Untersuchung wieder die behindertenfeindlichen Äußerungen. Man machte sich u.a. über meinen GdB von 50 lustig. Ich wies den Arzt auf meine höchst problematische Halswirbelsäule hin und darauf, dass deren Erkrankungen exakt dokumentiert seien. Während der folgenden Untersuchung packte der Arzt plötzlich meinen Kopf und drehte ihn schnell hin und her. Die Konsequenz waren wochenlange Schmerzen und andere Folgebeschwerden wie Schwindel. Eine Anzeige wegen Körperverletzung im Amt war die Folge. Ein Zeuge hatte den Vorgang verfolgt und da selbst langjährig im medizinischen Bereich tätig gewesen, auch entsprechend fundiert dokumentiert. Diesen Vorgang will ich hier nicht weiter ausbreiten, er ist aber dennoch für das weitere Verständnis nötig.

Ich verweigerte von diesem Zeitpunkt an weitere Untersuchungen durch das Gesundheitsamt. Lehnte aber externe, unabhängige Gutachter nicht ab. Das SozA bestand aber grundsätzlich darauf, dass ich zum Gesundheitsamt zu gehen hätte. Das SG Nürnberg stellte fest, dass ich das Gesundheitsamt als begutachtende Stelle ablehnen dürfe, sofern ich nicht grundsätzlich eine Begutachtung ablehnen würde. Wieso diese Begutachtungen, wenn es sich um nicht heilbare chronische Erkrankungen schwerwiegender Art handelt? Reicht im Zweifelsfall nicht die regelmäßige Begutachtung durch die Rentenversicherung? Wohl nicht.

Man unterstellte mir fälschlicherweise ich würde Begutachtungen verweigern und stellte von einem Tag zum anderen die Zahlung von Teilen der KdU ohne Frist zur Senkung einfach ein. Mein Anwalt konnte das Problem erst einmal lösen. Das SozA gab die Problematik an die übergeordnete Instanz, die Bezirksregierung von Mittelfranken weiter. Nach dem ganzen Ärger erlitt ich einen leichten Schlaganfall mit Ausfall des Sprachzentrums. Ich konnte weder Lesen noch Schreiben, noch Sprechen und verstand kaum noch was man mir sagte. Wurde ich nun in Ruhe gelassen? Keineswegs.

Was passierte so nebenbei? Kann es sein dass, es so kam? Ein Mitarbeiter der Stadt machte mir deutlich klar, dass man alle Anträge von mir grundsätzlich negativ bescheiden würde so lange ich in der Wohnung bliebe. Ja, es kann sein, ich kann es nur mangels Zeugen nicht beweisen. Also behalten wir das im Hinterkopf, bedenken jedoch, dass dies nicht nutzbar ist um die Lage zu ändern. Als starker Hausstaubmilbenallergiker hätte ich nach Feststellung der Ärzte spezielle Schutzhilfsmittel bei der Wohnungsreinigung benötigt (Atemschutz und mehr). Wurde abgelehnt. Ich habe viele Arzttermine die zwingend nötig sind. Eine Erhöhung des Fahrtkostenanteils in der Grundsicherung wurde ebenso abgelehnt. (Das SGB XII sieht Individualisierungen der Bedarfshöhe ausdrücklich vor!). So erging es mir mit jedem Antrag. Ich bat um 13 Punkt Schrift in Schriftstücken des Amtes. Das wurde abgelehnt. Eine Brille (auch wenn aufgrund von Besonderheiten die billigste Brille für mich rund 700 Euro kostet) gibt es natürlich auch nicht. Nun das Amt hielt Wort.

2009 bis 2012 kam es immer mal zu kleinen Gefechten. So wollte man mir für ein Stromdarlehen statt der gesetzlich vorgeschriebenen maximal 5% vom Regelbedarf doch glatt 13,7% monatlich einbehalten. Man schien das SGB XII wohl nie sehr genau gelesen zu haben. 2013 traute sich der Vertreter des SozA im Beisein der vorsitzenden Richterin und meines Anwalts doch glatt eine Darlehenstilgung von 50-70 Euro im Monat zu fordern. Wie gesagt, Gesetze gelten für das Nürnberger SozA nicht. Man handelt nach Gutsherrenart.

Letztlich wurde mir tatsächlich jeder Antrag abgelehnt und egal was auch immer und egal wie wichtig, jegliche Hilfe verweigert. Selbst als ich Anfang 2012 massive Schulterprobleme bekam und schließlich die rechte Schulter stärkste Dauerschmerzen verursachte und unbeweglich wurde verweigerte man mir Hilfe im Haushalt. Der Eilantrag beim SG wurde erst nach 18 Wochen endlich entschieden. Die Zeit bis dahin war die Hölle. Zuerst wollte man für einen Pflegedienst nicht einmal 8 Euro die Stunde ausgeben, lenkte jedoch dann ein und bezahlte etwas mehr als das Doppelte.

Im Oktober 2012 hatte ich das Pech, dass ich aus gesundheitlichen Gründen die Wohnung nicht verlassen konnte, hatte das Pech, dass man mir die Entscheidung der Bezirksregierung nicht zugeschickt hatte und hatte das Pech, dass mir mein Computer ausfiel und im Anschluß zwar der Rechner, nur das Onlinebanking versagten. Und ich hatte das Pech, dass mich der Weiterbewilligungsbescheid nicht erreichte. Man hatte mir schlicht keinen geschickt. Und so bemerkte ich nicht, dass man mir zwei Monate lang wieder nur die gekürzte KdU überwiesen hatte. Als ich es bemerkte war es für einen Widerspruch zu spät. Er wurde vom SG als Überprüfungsantrag gewertet. Und so fehlen mir bis zum Abschluß des Hauptverfahrens rund 400 Euro auf meinem Konto. Glücklicherweise habe ich noch einen Dispo, von dem das Amt aber nicht wußte. Wie lange das Hauptverfahren allein dank komplizierter Begutachtung dauern kann, das dürfte wohl vielen klar sein. Das eh schon geringe Schonvermögen ist dank der ständigen Verweigerungen des Amtes inzwischen natürlich auf Null angekommen.

In der Zwischenzeit kam es zur einer Begutachtung durch dem MdK der Krankenkassen im Auftrag der Pflegeversicherung und es wurde Bedarf festgestellt. Die Suche nach einem geeigneten Pflegedienst begann. Leider lehnte die Mehrheit sofort ab, wenn sie erfuhr, dass die Leistungen über die Hilfe zur Pflege nach SGB XII bezahlt würden. Das SozA war bereits berüchtigt, dass es immer Probleme mache, wie man mir mehrfach und auch durch den Sozialdienst der Klinik bestätigte, in der im Januar nun meine Schulter operiert werden mußte. Ein Pflegedienst fand sich schließlich, der einen geforderten Kostenvoranschlag erstellte. Dieser wurde eingereicht und ich rechnete nun fest damit, dass ich nach der Entlassung aus der Klinik nun die benötigte Hilfe bekommen würde. Aber das Nürnberger Sozialamt blieb seinem schlechten Ruf treu. Drei Tage nach der Entlassung aus der Klinik hatte ich eine Ablehnung im Briefkasten, die Pflegeleistungen waren dem Amt zu teuer. Ich sollte weiter nach einem anderen Dienst suchen und das obwohl ich die Hilfe allgemein und in erweiterter Form ab dem 4. Januar dringend benötigte. Im Moment stehe ich immer noch ohne jegliche Hilfe da.

Würden meine Finanzlage und meine Gesundheit es zu lassen aus Nürnberg zu flüchten, ich würde der Stadt der Menschenrechte lieber gestern als heute den Rücken kehren.

Dieser Text soll nur einen kurzen Einblick in die Problematiken geben. Er ist bei weitem nicht vollständig und vieles liest sich harmloser, als es sich in der Praxis darstellt. Behinderte und kranke Menschen, sofern sie nicht selber über genügend Rücklagen verfügen brauchen jedenfalls in dieser Stadt nicht auf Hilfe zu hoffen. Sie werden erleben, dass man ihnen das Leben noch viel schwerer macht, als es das sowieso schon ist. Nürnberg ist nicht die Stadt der Menschenrechte, sondern für Hilfsbedürftige eher die Hölle auf Erden. (Betroffenenbericht von Thomas M. Müller)

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Quelle: gegen-hartz
 
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