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PC & Internet Landgericht München: Abmahnwelle wegen Google Fonts ist rechtsmissbräuchlich

Der Empfänger einer Abmahnung wegen der Einbindung von Google Fonts hat den Spieß gegen den Abmahnanwalt umgedreht. Mit Erfolg.

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Bei der Einbindung von Schriftarten muss man nicht nur optisch aufpassen.

Das automatisierte Erstellen und Versenden von Abmahnschreiben wegen angeblicher Datenschutzverstöße stellt eine missbräuchliche Nutzung des Rechts dar. Das hat das Landgericht München I entschieden und damit einer sogenannten negativen Feststellungsklage eines Webseitenbetreibers gegen eine Person stattgegeben, die über einen Anwalt eine entsprechende Abmahnung verschickt hatte.
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zufolge kann der Beklagte wegen der Einbindung von Google Fonts durch den Webseitenbetreiber weder eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts noch Schmerzensgeld geltend machen (Az. 4 O13063/22).

Hintergrund des Rechtsstreits sind Abmahnwellen wegen der Einbindung von Google Fonts. Nach einem Urteil des Landgerichts München vom Januar 2022 ist die Einbindung dynamischer Webinhalte von US-Webdiensten ohne Einwilligung der Besucher rechtswidrig. Webseitenbetreiber können auf Unterlassung und Schadensersatz verklagt werden.

Abmahnungen durch IG Datenschutz

Seit dieser Entscheidung wurden vermehrt Abmahnungen an Webseitenbetreiber verschickt, die weiterhin Schriftarten von Google-Servern einbinden. In den Fokus geriet dabei eine IG Datenschutz, die auch im vorliegenden Fall für den Beklagten aktiv geworden ist. Im Dezember 2022 kam es dabei zu Durchsuchungen, weil die IG Datenschutz wegen versuchten Abmahnbetrugs und Erpressung angezeigt worden war. Hinter der IG stehen der Berliner Rechtsanwalt Kilian Lenard sowie dessen Mandant Martin Ismail.

In seiner Entscheidung bestätigt das Gericht nun die Kritik an den massenhaften Abmahnschreiben. In dem Verfahren habe der Prozessbevollmächtigte des Abmahners eingeräumt, dass mindestens 100.000 Abmahnungen verschickt worden seien. Damit könnten Einnahmen von 340.000 Euro erzielt worden sein, da vermutlich zwei Prozent der Angeschriebenen den geforderten Betrag von 170 Euro gezahlt hätten. Das dürfte nach Einschätzung des Gerichts aber "zu niedrig gegriffen sein".

Tatprovokation durch Abmahner

Dem Gericht zufolge liegt keine Verletzung des Persönlichkeitsrechts durch die Weitergabe der IP-Adresse an Google vor, da der Abmahner die Seiten gar nicht selbst aufgesucht habe. "Vielmehr wurde ein automatisiertes Programm (sog. Crawler) eingesetzt, um Websites aufzufinden, auf denen Google-Fonts dynamisch eingebunden waren. (...) Wer Websites gar nicht persönlich aufsucht, kann persönlich auch keine Verärgerung oder Verunsicherung über die Übertragung seiner IP-Adresse an die Fa. Google in den USA verspüren", heißt es zur Begründung.

Darüber hinaus scheide ein Unterlassungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der Tatprovokation aus. "Der mutmaßlich vom Beklagten eingesetzte Crawler sollte ja gerade Websites mit dynamischer Google-Fonts-Einbindung finden. Die Übertragung der IP-Adresse in die USA war dann auch zwingende Voraussetzung, um überhaupt einen Unterlassungsanspruch geltend zu machen", heißt es weiter. Wer sich bewusst und gezielt in eine Situation begibt, in der ihm eine Persönlichkeitsrechtsverletzung droht, um daraus Ansprüche abzuleiten, sei nicht schutzbedürftig.

Nach Darstellung des Gerichts wäre auch ein möglicher Schadenersatzanspruch in diesem Falle "wegen Rechtsmissbrauch" nach Paragraf 242 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ausgeschlossen. Es sei "nicht Sinn und Zweck des allgemeinen Persönlichkeitsrechts oder der Datenschutzvorgaben nach der DSGVO, Personen eine Erwerbsquelle zu verschaffen wegen behaupteter Verletzungen ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts". Weiter schreibt das Gericht: "Wer einen Verstoß gegen sein Persönlichkeitsrecht gezielt provoziert, um daraus hernach Ansprüche zu begründen, verstößt gegen das Verbot selbstwidersprüchlichen Verhaltens."

Das Gericht entschied jedoch nicht über die Frage, ob es sich bei den Anschreiben um einen strafbaren Betrugsversuch oder vollendeten Betrug gehandelt hat. Darüber "hat die Staatsanwaltschaft in dem von ihr geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren zu entscheiden".



Quelle; golem
 
Zum Glück war das nicht das landgericht Hamburg, dann wäre die Entscheidung anders gewesen :D
 
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