Mit 50 km/h auf dem selbst gebauten Damenrad - immer öfter sind E-Bikes illegal auf deutschen Straßen unterwegs. Die Berliner Polizei beantwortet Fragen zur Kontrolle und Rechtslage.
Zu schnell unterwegs, zu starke Motorisierung - bei einigen Pedelecs nehmen Hersteller es mit den deutschen Gesetzen nicht ganz so genau. Das ist spätestens dann ärgerlich, wenn man sich ohne eigenes Zutun plötzlich strafbar macht.
Nach unserem Test des Vanmoof-Pedelecs machte uns ein Leser darauf aufmerksam, dass die Polizei Berlin E-Bikes aus dem Verkehr zieht, die mit dem in Deutschland nicht erlaubten Modus für eine erhöhte Geschwindigkeit von 30 km/h ausgestattet sind. Das war Anlass für uns, Fragen aus der Leserschaft zu diesem Thema zu sammeln und ein Interview mit Kay Biewald von der Berliner Fahrradstaffel zu führen.
Für Fahrräder gelten keine Geschwindigkeitsbegrenzungen - für die Unterstützung bei Pedelecs aber schon.
Biewald ist mit 40 Kolleginnen und Kollegen seit Sommer 2014 auf den Straßen der Hauptstadt präsent. Die Fahrradstaffel wurde als Pilotprojekt in Kooperation mit dem Unfallforscher Siegfried Brockmann gestartet und nach einem erfolgreichen ersten Jahr etabliert und personell aufgestockt. Sie kümmert sich nicht nur um Radfahrer, sondern ist für alle am Verkehr Teilnehmenden Ansprechpartner.
Ein verstärktes Problembewusstsein für Pedelecs gibt es bei der Berliner Polizei laut Kay Biewald schon seit einigen Jahren - besonders, da auch einige gefährliche Selbstbauten unterwegs sind.
Golem.de: Sie ziehen Pedelecs aus dem Berliner Stadtverkehr, die mit dem in Deutschland nicht erlaubten Modus für eine erhöhte Geschwindigkeit von 30 km/h ausgestattet oder manipuliert sind. Wie viele dieser Fälle betreffen Marken, die Sie kennen?
Kay Biewald: Wir kennen nahezu alle, höchstens bei Eigenbauten begeben wir uns auf unbekanntes Terrain - es sind einige Bastler unterwegs und es gibt in Berlin auch eine Chopperszene. Des Weiteren existieren von deutschen Herstellern Nachrüstsätze, die dank Gashebel und der Funktion der Motorfortbewegung betriebserlaubnispflichtig sind. Die meisten Verkäufer weisen aber auf die Rechtslage hin.
Ich finde es problematisch, wenn man sich damit nicht auskennt und dann einfach irgendwas anbaut. Wir haben beispielsweise ein halbdefektes Lastenrad mit nachgerüstetem Mittelmotor angehalten, das fuhr von allein mit Gasgriff 30 km/h. Der Fahrer war damit mit seinen zwei Kindern unterwegs. Ein anderer Fall war ein DDR-Klapprad mit geschweißtem Rahmen und 1-kW-Motor in der Frontnabe - viele Leute sind da meiner Meinung nach zu naiv, man sollte Eigenbauten grundsätzlich bei einem zugelassenen Fahrradhändler checken lassen.
Golem.de: Stoßen Sie häufig auf getunte Pedelecs?
Biewald: Der Markt boomt noch immer! Die fallen oft durch die überschnelle Fahrweise auf. Wir hatten im vergangenen Jahr jemanden mit einem alten Pedelec-Damenrad, der neben dem Streifenwagen 50 km/h fuhr. Nach einem erfolglosen Fluchtversuch leugnete er das Tuning. Das Fahrzeug wurde beschlagnahmt und durch einen Sachverständigen für den Fahrzeugverkehr untersucht und der konnte den unzulässigen Eingriff nachweisen. Im Zweifelsfall kommt das Rad auf einen Rollprüfstand. Auch die Motorsoftware kann vom Gutachter ausgelesen werden.
Golem.de: Was bedeutet das für Pedelec-Umbausätze? Werden die jetzt auch alle aus dem Verkehr gezogen, da nicht "eindeutig klassifizierbar"?
Biewald: Die Umbausätze sind eindeutig klassifizierbar.
Golem.de: Wie finden Sie heraus, ob ein Rad vermutlich illegal unterwegs ist?
Biewald: Wir fahren einfach mit - wenn wir selbst mit 25 km/h unterwegs sind und dann tiefenentspannt von einem E-Biker überholt werden, dann könnte der Verdacht der Manipulation bestehen.
Biewald: Ja, wir finden das leicht heraus, unter dem Rahmen ist die Modellnummer verzeichnet.
Golem.de: Bei E-Bikes von Vanmoof ist es besonders einfach, sich per Modus-Umschaltung in der App strafbar zu machen. Wie viele Vanmoof-Modelle wurden kontrolliert oder aus dem Verkehr gezogen?
Biewald: In den vergangenen Monaten über 20 und circa 10 Modelle von der Firma Cowboy.
Golem.de: Welche konkreten Modelle außer Vanmoof S3 sind betroffen?
Biewald: Von Vanmoof sind alle Modelle betroffen, außerdem auch die Modelle der Firma Cowboy. Von anderen Herstellern habe ich bereits in Produktvorstellungen gelesen, solche Räder in Berlin aber noch nicht kontrolliert.
Golem.de: Muss man eigentlich sein Handy mit der Vanmoof-App zeigen?
Biewald: Im Rahmen strafprozessualer Maßnahmen kann das Mobiltelefon als Beweismittel im Strafverfahren durchsucht und beschlagnahmt werden. Die polizeilichen Befugnisse sind in der Strafprozessordnung geregelt. Man muss aber überhaupt keine Angaben machen - dann wird das Rad allerdings eingezogen beschlagnahmt und einem Gutachter vorgeführt. Der Beschuldigte hat für diese Zeit keinen Zugriff auf sein Fahrzeug und es entstehen erhebliche Kosten für Gutachten und Transport.
Golem.de: Wurden die Beamten speziell auf Vanmoof angesetzt?
Biewald: Natürlich nicht.
Golem.de: Gibt es eine schwarze Liste mit zu kontrollierenden Modellen?
Biewald: Nein.
Golem.de: Werden auch mal Ausnahmen gemacht, drücken Sie auch mal beide Augen zu?
Biewald: Wenn jemand nicht fährt, sondern steht oder schiebt, dann informieren wir lediglich und weisen auf die Problematik hin.
Golem.de: Fährt die Polizei gegebenenfalls mein E-Bike selbst Probe, um festzustellen, ob es zu schnell ist?
Biewald: Nein.
Golem.de: Was tun, wenn man ein offenbar illegales Pedelec gekauft hat?
Biewald: Prüfen Sie, ob Sie eventuell falsch beraten wurden und ein Rückgaberecht haben. Oder nehmen Sie Kontakt mit dem Hersteller auf und bitten Sie um eine Umstellung.
Biewald: Nein, wir fahren absichtlich keine S-Pedelecs, weil wir auch genau da fahren wollen, wo die anderen Radfahrer unterwegs sind. Außerdem sollten wir schon auch Vorbild sein, daher wären Sonderrechte nicht angebracht.
Golem.de: Welches E-Bike-Modell fahren Sie und Ihre Kollegen privat?
Biewald: Wir fahren privat und auf der Streife eigentlich nur mit normalen Fahrrädern.
Golem.de: Was hat die Berliner Fahrradstaffel für Diensträder?
Biewald: Anfangs wurden wir mit Hartje-Trekking-Rädern ausgerüstet und später wurden noch neue Modelle von Stevens angeschafft. Ebenfalls von Stevens haben wir seit kurzem vier Pedelecs, außerdem ein Larry vs. Harry, umgangssprachlich Bullit, E-Lastenrad.
Golem.de: Kann man Ihnen dann nicht mit einem getunten Vanmoof S3 einfach davonradeln?
Biewald: Nein. Wir sind darin trainiert, auch ohne Gefährdung flüchtige Radfahrer zu stoppen. In der Stadt kann ohnehin niemand mit hohem Tempo ohne Halt lange Strecken fahren.
Biewald: Das ist in
Golem.de: Gibt es eine Schwelle, ab wann es leicht genug ist, die Geschwindigkeitsbeschränkungen des Herstellers zu umgehen, so dass ein Gefährt kein Pedelec mehr ist?
Biewald: In dem Moment, wo es nur einen Knopf oder eine App benötigt, ist das der Fall. Es gibt auch Software, die das übernimmt, das ist ebenfalls illegal.
Golem.de: Auf Basis welcher rechtlichen Grundlage werden Vanmoof-Räder, die im EU-Modus mit Motorabschaltung betrieben werden, von der Polizei Berlin nicht als Fahrräder im Sinne des §63a StVZO eingestuft?
Biewald: Der § 1 Absatz 3 Straßenverkehrsgesetz (StVG) definiert abschließend, welche technischen Maximalleistungsparameter ein Pedelec aufweisen darf, um noch als Fahrrad im Sinne der Normierung zu gelten. Besteht die technische Möglichkeit zur Veränderung, erfüllt das bisherige Fahrrad nicht die Anforderungen als solches und wird dadurch zum Kraftfahrzeug. Wenn der Modus ausgewählt werden kann, ist das nicht zulässig - wenn dauerhaft der EU-Modus aktiv ist, dann gilt das Vanmoof auch als klassisches Pedelec.
Golem.de: Wieso sind die Hürden (insbesondere preislich) so hoch, wenn man eigene umgebaute Fahrräder oder Kleinkrafträder legal auf die Straße bringen möchte?
Biewald: Das liegt unter anderem an den hohen Kosten für die verkehrsrechtliche Prüfung durch amtlich anerkannte Sachverständige, weil sie für jedes spezielle Modell eine Einzelbetriebserlaubnis erteilen müssen - und genau prüfen.
Golem.de: Normale Pedelecs dürfen mit maximal 25 km/h unterstützt werden. Es gibt aber auch sogenannte S-Pedelecs, die bis zu 45 km/h unterstützt werden dürfen. Findet die Polizei diese Regelung sinnvoll? Und führen Geschwindigkeitsunterschiede zwischen Auto und langsamerem Pedelecs nicht zu unnötigen Überholmanövern?
Biewald: Die technischen Geschwindigkeitsvorgaben beruhen auf europäischen Regelungen und sind in nationalen Gesetzen und Verordnungen rechtlich bindend für den Fahrzeugverkehr. Letzteres ist richtig - aber wenn die Räder schneller unterwegs sind, steigt die Unfallgefahr auch.
Golem.de: Was unternimmt die Polizei, um S-Pedelec-Regelungen zu verbessern?
Biewald: Darauf haben wir keinen direkten Einfluss, da ist die Unfallforschung der passendere Ansprechpartner. Die Polizei Berlin ist aber Mitglied in der Unfallkommission und berät die Senatsverkehrsverwaltung zu verkehrsinfrastrukturellen Veränderungen an Unfallschwerpunkten.
Biewald: Die Fahrradstaffel soll Ursachen für Unfallhäufungen bekämpfen. Da ist die Kontrolle von Pedelecs nur ein Aspekt von vielen. Wir fahren ganz normal Streife und greifen nur ein, wenn jemand auffällig ist.
Golem.de: Seit wann wird kontrolliert?
Biewald: Seit Einführung der Fahrradstaffel im Sommer 2014.
Golem.de: Was ist der Anlass, dass das jetzt geprüft wird und nicht schon früher?
Biewald: Früher wurde auch schon geprüft, aber durch zunehmende Verkaufszahlen sind einfach mehr Pedelecs auf den Straßen unterwegs.
Golem.de: Gibt es keine wichtigeren Aufgaben im Dienste der Bevölkerung?
Biewald: Bei einem Verkehrsunfall mit einem illegalen S-Pedelec besteht kein Versicherungsschutz, da hier die private Haftpflichtversicherung nicht mehr greift. § 163 Absatz 1 Strafprozessordnung begründet die Pflicht der Polizei, beim Vorliegen eines Anfangsverdachts für eine Straftat auch ohne ein Ersuchen oder einen Antrag der Staatsanwaltschaft den Sachverhalt zu erforschen und Beweisverluste zu verhindern. Damit wollen wir Unfalltote und Schwerverletzte verhindern, das ist eine polizeiliche Kernaufgabe.
Golem.de: Welche Strafen werden verhängt? Wie hoch ist das Bußgeld?
Biewald: Bei Straftaten entscheiden die Gerichte über das Strafmaß. Außerdem kann bei einer Verurteilung wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis eine Sperrfrist bei der Führerscheinbehörde angeordnet werden. Sollte sich die Manipulation im Bereich einer Ordnungswidrigkeit bewegen, dann sind es mindestens 70 Euro Bußgeld und ein Punkt in Flensburg, mit Gebühren sind es knapp 100 Euro.
Golem.de: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden?
Biewald: Wenn Sie täglich innerhalb des S-Bahn-Ringes unterwegs sind, ist sie recht hoch.
Golem.de: Abschließend noch eine Frage, die auch normale Fahrräder betrifft: Warum gibt es aktuell Blitzer auf Friedrichstraße für Fahrradfahrer?
Biewald: Es wurden bisher zwei Geschwindigkeitskontrollen im besagten Abschnitt der Friedrichstraße durchgeführt, da der Polizei Berlin und dem zuständigen Bezirk Beschwerden von Passanten vorliegen. Bei beiden Einsätzen wurden keine ahndungsfähigen Überschreitungen Radfahrender registriert. Mit diesen Kontrollen hat sich die Polizei Berlin einen ersten Lageüberblick verschafft.
Wir hoffen, mit diesem Interview mehr Klarheit für die aktuelle Situation von Pedelec-Radlerinnen und -Radlern geschaffen zu haben und bleiben natürlich an dem Thema dran. Über eine Diskussion im Forum mit weiteren Tipps und Hinweisen zu rechtlichen und technischen Aspekten würden wir uns freuen. Wir lesen mit und nehmen Themenvorschläge gern auf.
Quelle; golem
Zu schnell unterwegs, zu starke Motorisierung - bei einigen Pedelecs nehmen Hersteller es mit den deutschen Gesetzen nicht ganz so genau. Das ist spätestens dann ärgerlich, wenn man sich ohne eigenes Zutun plötzlich strafbar macht.
Nach unserem Test des Vanmoof-Pedelecs machte uns ein Leser darauf aufmerksam, dass die Polizei Berlin E-Bikes aus dem Verkehr zieht, die mit dem in Deutschland nicht erlaubten Modus für eine erhöhte Geschwindigkeit von 30 km/h ausgestattet sind. Das war Anlass für uns, Fragen aus der Leserschaft zu diesem Thema zu sammeln und ein Interview mit Kay Biewald von der Berliner Fahrradstaffel zu führen.
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Für Fahrräder gelten keine Geschwindigkeitsbegrenzungen - für die Unterstützung bei Pedelecs aber schon.
Biewald ist mit 40 Kolleginnen und Kollegen seit Sommer 2014 auf den Straßen der Hauptstadt präsent. Die Fahrradstaffel wurde als Pilotprojekt in Kooperation mit dem Unfallforscher Siegfried Brockmann gestartet und nach einem erfolgreichen ersten Jahr etabliert und personell aufgestockt. Sie kümmert sich nicht nur um Radfahrer, sondern ist für alle am Verkehr Teilnehmenden Ansprechpartner.
Ein verstärktes Problembewusstsein für Pedelecs gibt es bei der Berliner Polizei laut Kay Biewald schon seit einigen Jahren - besonders, da auch einige gefährliche Selbstbauten unterwegs sind.
Golem.de: Sie ziehen Pedelecs aus dem Berliner Stadtverkehr, die mit dem in Deutschland nicht erlaubten Modus für eine erhöhte Geschwindigkeit von 30 km/h ausgestattet oder manipuliert sind. Wie viele dieser Fälle betreffen Marken, die Sie kennen?
Kay Biewald: Wir kennen nahezu alle, höchstens bei Eigenbauten begeben wir uns auf unbekanntes Terrain - es sind einige Bastler unterwegs und es gibt in Berlin auch eine Chopperszene. Des Weiteren existieren von deutschen Herstellern Nachrüstsätze, die dank Gashebel und der Funktion der Motorfortbewegung betriebserlaubnispflichtig sind. Die meisten Verkäufer weisen aber auf die Rechtslage hin.
Ich finde es problematisch, wenn man sich damit nicht auskennt und dann einfach irgendwas anbaut. Wir haben beispielsweise ein halbdefektes Lastenrad mit nachgerüstetem Mittelmotor angehalten, das fuhr von allein mit Gasgriff 30 km/h. Der Fahrer war damit mit seinen zwei Kindern unterwegs. Ein anderer Fall war ein DDR-Klapprad mit geschweißtem Rahmen und 1-kW-Motor in der Frontnabe - viele Leute sind da meiner Meinung nach zu naiv, man sollte Eigenbauten grundsätzlich bei einem zugelassenen Fahrradhändler checken lassen.
Golem.de: Stoßen Sie häufig auf getunte Pedelecs?
Biewald: Der Markt boomt noch immer! Die fallen oft durch die überschnelle Fahrweise auf. Wir hatten im vergangenen Jahr jemanden mit einem alten Pedelec-Damenrad, der neben dem Streifenwagen 50 km/h fuhr. Nach einem erfolglosen Fluchtversuch leugnete er das Tuning. Das Fahrzeug wurde beschlagnahmt und durch einen Sachverständigen für den Fahrzeugverkehr untersucht und der konnte den unzulässigen Eingriff nachweisen. Im Zweifelsfall kommt das Rad auf einen Rollprüfstand. Auch die Motorsoftware kann vom Gutachter ausgelesen werden.
Golem.de: Was bedeutet das für Pedelec-Umbausätze? Werden die jetzt auch alle aus dem Verkehr gezogen, da nicht "eindeutig klassifizierbar"?
Biewald: Die Umbausätze sind eindeutig klassifizierbar.
Golem.de: Wie finden Sie heraus, ob ein Rad vermutlich illegal unterwegs ist?
Biewald: Wir fahren einfach mit - wenn wir selbst mit 25 km/h unterwegs sind und dann tiefenentspannt von einem E-Biker überholt werden, dann könnte der Verdacht der Manipulation bestehen.
E-Bikes: Worauf die Polizei bei Vanmoof und Cowboy achtet
Golem.de: Sie ziehen auch E-Bikes aus dem Verkehr, deren Geschwindigkeit per App auf mehr als 25 km/h erhöht werden kann. Die Firma Cowboy bietet mit dem V3 ein Pedelec an, das auf 25 km/h beschränkt ist. Der Vorgänger kann per App auf einen US-Modus umgestellt werden, die beiden Modelle sehen sich sehr ähnlich. Kann die Polizei die beiden Modelle unterscheiden?Biewald: Ja, wir finden das leicht heraus, unter dem Rahmen ist die Modellnummer verzeichnet.
Golem.de: Bei E-Bikes von Vanmoof ist es besonders einfach, sich per Modus-Umschaltung in der App strafbar zu machen. Wie viele Vanmoof-Modelle wurden kontrolliert oder aus dem Verkehr gezogen?
Biewald: In den vergangenen Monaten über 20 und circa 10 Modelle von der Firma Cowboy.
Golem.de: Welche konkreten Modelle außer Vanmoof S3 sind betroffen?
Biewald: Von Vanmoof sind alle Modelle betroffen, außerdem auch die Modelle der Firma Cowboy. Von anderen Herstellern habe ich bereits in Produktvorstellungen gelesen, solche Räder in Berlin aber noch nicht kontrolliert.
Golem.de: Muss man eigentlich sein Handy mit der Vanmoof-App zeigen?
Biewald: Im Rahmen strafprozessualer Maßnahmen kann das Mobiltelefon als Beweismittel im Strafverfahren durchsucht und beschlagnahmt werden. Die polizeilichen Befugnisse sind in der Strafprozessordnung geregelt. Man muss aber überhaupt keine Angaben machen - dann wird das Rad allerdings eingezogen beschlagnahmt und einem Gutachter vorgeführt. Der Beschuldigte hat für diese Zeit keinen Zugriff auf sein Fahrzeug und es entstehen erhebliche Kosten für Gutachten und Transport.
Golem.de: Wurden die Beamten speziell auf Vanmoof angesetzt?
Biewald: Natürlich nicht.
Golem.de: Gibt es eine schwarze Liste mit zu kontrollierenden Modellen?
Biewald: Nein.
Golem.de: Werden auch mal Ausnahmen gemacht, drücken Sie auch mal beide Augen zu?
Biewald: Wenn jemand nicht fährt, sondern steht oder schiebt, dann informieren wir lediglich und weisen auf die Problematik hin.
Golem.de: Fährt die Polizei gegebenenfalls mein E-Bike selbst Probe, um festzustellen, ob es zu schnell ist?
Biewald: Nein.
Golem.de: Was tun, wenn man ein offenbar illegales Pedelec gekauft hat?
Biewald: Prüfen Sie, ob Sie eventuell falsch beraten wurden und ein Rückgaberecht haben. Oder nehmen Sie Kontakt mit dem Hersteller auf und bitten Sie um eine Umstellung.
Die Berliner Polizei fährt bisher nicht E-Bike
Golem.de: Wenn Sie E-Bikes im Dienst fahren, sind die auch bei 25 km/h abgeriegelt oder werden bei Einsatzfahrten Sonderrechte in Anspruch genommen?Biewald: Nein, wir fahren absichtlich keine S-Pedelecs, weil wir auch genau da fahren wollen, wo die anderen Radfahrer unterwegs sind. Außerdem sollten wir schon auch Vorbild sein, daher wären Sonderrechte nicht angebracht.
Golem.de: Welches E-Bike-Modell fahren Sie und Ihre Kollegen privat?
Biewald: Wir fahren privat und auf der Streife eigentlich nur mit normalen Fahrrädern.
Golem.de: Was hat die Berliner Fahrradstaffel für Diensträder?
Biewald: Anfangs wurden wir mit Hartje-Trekking-Rädern ausgerüstet und später wurden noch neue Modelle von Stevens angeschafft. Ebenfalls von Stevens haben wir seit kurzem vier Pedelecs, außerdem ein Larry vs. Harry, umgangssprachlich Bullit, E-Lastenrad.
Golem.de: Kann man Ihnen dann nicht mit einem getunten Vanmoof S3 einfach davonradeln?
Biewald: Nein. Wir sind darin trainiert, auch ohne Gefährdung flüchtige Radfahrer zu stoppen. In der Stadt kann ohnehin niemand mit hohem Tempo ohne Halt lange Strecken fahren.
Gesetzliche Vorgaben für E-Bikes und S-Pedelecs
Golem.de: Wie muss ein Pedelec geartet sein, damit es den gesetzlichen Anforderungen genügt?Biewald: Das ist in
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geregelt.Golem.de: Gibt es eine Schwelle, ab wann es leicht genug ist, die Geschwindigkeitsbeschränkungen des Herstellers zu umgehen, so dass ein Gefährt kein Pedelec mehr ist?
Biewald: In dem Moment, wo es nur einen Knopf oder eine App benötigt, ist das der Fall. Es gibt auch Software, die das übernimmt, das ist ebenfalls illegal.
Golem.de: Auf Basis welcher rechtlichen Grundlage werden Vanmoof-Räder, die im EU-Modus mit Motorabschaltung betrieben werden, von der Polizei Berlin nicht als Fahrräder im Sinne des §63a StVZO eingestuft?
Biewald: Der § 1 Absatz 3 Straßenverkehrsgesetz (StVG) definiert abschließend, welche technischen Maximalleistungsparameter ein Pedelec aufweisen darf, um noch als Fahrrad im Sinne der Normierung zu gelten. Besteht die technische Möglichkeit zur Veränderung, erfüllt das bisherige Fahrrad nicht die Anforderungen als solches und wird dadurch zum Kraftfahrzeug. Wenn der Modus ausgewählt werden kann, ist das nicht zulässig - wenn dauerhaft der EU-Modus aktiv ist, dann gilt das Vanmoof auch als klassisches Pedelec.
Golem.de: Wieso sind die Hürden (insbesondere preislich) so hoch, wenn man eigene umgebaute Fahrräder oder Kleinkrafträder legal auf die Straße bringen möchte?
Biewald: Das liegt unter anderem an den hohen Kosten für die verkehrsrechtliche Prüfung durch amtlich anerkannte Sachverständige, weil sie für jedes spezielle Modell eine Einzelbetriebserlaubnis erteilen müssen - und genau prüfen.
Golem.de: Normale Pedelecs dürfen mit maximal 25 km/h unterstützt werden. Es gibt aber auch sogenannte S-Pedelecs, die bis zu 45 km/h unterstützt werden dürfen. Findet die Polizei diese Regelung sinnvoll? Und führen Geschwindigkeitsunterschiede zwischen Auto und langsamerem Pedelecs nicht zu unnötigen Überholmanövern?
Biewald: Die technischen Geschwindigkeitsvorgaben beruhen auf europäischen Regelungen und sind in nationalen Gesetzen und Verordnungen rechtlich bindend für den Fahrzeugverkehr. Letzteres ist richtig - aber wenn die Räder schneller unterwegs sind, steigt die Unfallgefahr auch.
Golem.de: Was unternimmt die Polizei, um S-Pedelec-Regelungen zu verbessern?
Biewald: Darauf haben wir keinen direkten Einfluss, da ist die Unfallforschung der passendere Ansprechpartner. Die Polizei Berlin ist aber Mitglied in der Unfallkommission und berät die Senatsverkehrsverwaltung zu verkehrsinfrastrukturellen Veränderungen an Unfallschwerpunkten.
Warum die Berliner Polizei E-Bikes kontrolliert
Golem.de:Wer hat die Kontrollen angeordnet, sind Sie speziell auf der "Jagd" nach Pedelecs?Biewald: Die Fahrradstaffel soll Ursachen für Unfallhäufungen bekämpfen. Da ist die Kontrolle von Pedelecs nur ein Aspekt von vielen. Wir fahren ganz normal Streife und greifen nur ein, wenn jemand auffällig ist.
Golem.de: Seit wann wird kontrolliert?
Biewald: Seit Einführung der Fahrradstaffel im Sommer 2014.
Golem.de: Was ist der Anlass, dass das jetzt geprüft wird und nicht schon früher?
Biewald: Früher wurde auch schon geprüft, aber durch zunehmende Verkaufszahlen sind einfach mehr Pedelecs auf den Straßen unterwegs.
Golem.de: Gibt es keine wichtigeren Aufgaben im Dienste der Bevölkerung?
Biewald: Bei einem Verkehrsunfall mit einem illegalen S-Pedelec besteht kein Versicherungsschutz, da hier die private Haftpflichtversicherung nicht mehr greift. § 163 Absatz 1 Strafprozessordnung begründet die Pflicht der Polizei, beim Vorliegen eines Anfangsverdachts für eine Straftat auch ohne ein Ersuchen oder einen Antrag der Staatsanwaltschaft den Sachverhalt zu erforschen und Beweisverluste zu verhindern. Damit wollen wir Unfalltote und Schwerverletzte verhindern, das ist eine polizeiliche Kernaufgabe.
Golem.de: Welche Strafen werden verhängt? Wie hoch ist das Bußgeld?
Biewald: Bei Straftaten entscheiden die Gerichte über das Strafmaß. Außerdem kann bei einer Verurteilung wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis eine Sperrfrist bei der Führerscheinbehörde angeordnet werden. Sollte sich die Manipulation im Bereich einer Ordnungswidrigkeit bewegen, dann sind es mindestens 70 Euro Bußgeld und ein Punkt in Flensburg, mit Gebühren sind es knapp 100 Euro.
Golem.de: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden?
Biewald: Wenn Sie täglich innerhalb des S-Bahn-Ringes unterwegs sind, ist sie recht hoch.
Golem.de: Abschließend noch eine Frage, die auch normale Fahrräder betrifft: Warum gibt es aktuell Blitzer auf Friedrichstraße für Fahrradfahrer?
Biewald: Es wurden bisher zwei Geschwindigkeitskontrollen im besagten Abschnitt der Friedrichstraße durchgeführt, da der Polizei Berlin und dem zuständigen Bezirk Beschwerden von Passanten vorliegen. Bei beiden Einsätzen wurden keine ahndungsfähigen Überschreitungen Radfahrender registriert. Mit diesen Kontrollen hat sich die Polizei Berlin einen ersten Lageüberblick verschafft.
Wir hoffen, mit diesem Interview mehr Klarheit für die aktuelle Situation von Pedelec-Radlerinnen und -Radlern geschaffen zu haben und bleiben natürlich an dem Thema dran. Über eine Diskussion im Forum mit weiteren Tipps und Hinweisen zu rechtlichen und technischen Aspekten würden wir uns freuen. Wir lesen mit und nehmen Themenvorschläge gern auf.
Quelle; golem