Um nach dem Krieg in der Bundesrepublik Deutschland allmählich wieder Fuß zu fassen, versuchte Disney 1951 die Redaktion für ein Comicmagazin aufzubauen. In der Redaktion des Magazins „Das Beste aus Reader's Digest“ wurde der nach Deutschland entsandte Konzernvertreter fündig: Sowohl Verlagskaufmann Adolf Kabatek als auch Übersetzerin Erika Fuchs hatten trotz anfänglicher Skepsis ein offenes Ohr für diese Idee und sagten zu. Die in Dänemark beheimatete Egmont Harald Petersen Stiftung, die in Nordeuropa seit 1949 Disney-Comics publizierte, gründete daraufhin in Stuttgart eine Tochtergesellschaft namens Ehapa Verlag, warb Kabatek und Fuchs ab und brachte im September 1951 pünktlich zu Beginn des neuen Schuljahres die erste Ausgabe des Micky-Maus-Hefts heraus. Als erste vollständig in Farbe gedruckte Zeitschrift der noch jungen Republik verbreitete sich das Magazin wie ein Lauffeuer – und bringt seither Generationen von Kindern in Kontakt mit den klassischen Disney-Figuren.
Seinen Namen verdankt das erst seit 1993 auch im Titel als „Magazin“ bezeichnete Heft noch der Popularität, die Micky Maus vor dem Krieg in Deutschland genoss und so den Eltern der ursprünglichen Kinder-Zielgruppe gewissermaßen eine positive Assoziation bescherte. In vielen anderen europäischen Ländern war der Namenspate ähnlicher Disney-Hefte dagegen schon damals Donald Duck, der 1934 erfunden wurde und kurz darauf in den USA sowie später auch in Europa auf der Kinoleinwand Micky in Sachen Popularität überholte. Darüber hinaus etablierte er sich in der Welt der Comics ab 1942 dank der Geschichten des Zeichners und Autors Carl Barks als die lesenswerteste Disney-Figur, was sich in den internationalen Magazin-Titeln sowie der Menge an Donald-Geschichten in europäischen Heften widerspiegelte.
Auch in Deutschland wurde Donald nach Start des Micky-Heftes allmählich der größere Star, weshalb er mit dem „Donald Duck Sonderheft“ 1965 eine eigene Heft-Reihe erhielt, die ein etwas älteres Publikum anvisiert. Zwei Jahre später kam zudem das „Lustige Taschenbuch“ auf den Markt, welches sich eingangs abwechselnd auf Duck- und auf Maus-Comics konzentrierte. In späteren Jahren wurde diese strikte Trennung aufgehoben, wobei seither in jedem Band aufgrund der größeren Beliebtheit der Enten der Anteil der Micky-Comics dem der Duck-Geschichten unterliegt.
Während das „Micky Maus Magazin“ im Jahr 2004 zu den größten Gewinnern des Printmarkts gehörte und eine Auflagenzahl von nahezu einer halben Million Exemplaren hatte, befinden sich diese Zahlen seither im Sinkflug. Im dritten Quartal 2013 waren es nur noch knapp mehr als 135.000 Stück. Das sich gleichermaßen Kindern wie Erwachsenen öffnende „Lustige Taschenbuch“ liegt derweil seit einigen Jahren über der Auflagenstärke des „Micky Maus Magazins“ und bringt daher seit einiger Zeit munter immer mehr Nebenreihen auf den Markt. Vom jährlichen Weihnachtsband über Spezialbände, die sich bestimmten Themen widmen, hin zu Premium-Ausgaben für erwachsene Leser, die komplexere Geschichten beinhalten, etwa über Donalds Superhelden-Alter-Ego Phantomias.
Disneys Kinoverleih in Deutschland
Obwohl Walt Disney aufgrund ständiger Streitigkeiten mit Filmverleihern schon 1953 gemeinsam mit seinem Bruder Roy eine Vertriebsorganisation für ihre eigenen Produktionen gründete, dauerte es auf dem internationalen Parkett bedeutsam länger, bis dieser für den nordamerikanischen Markt geltende Schritt weiterverfolgt wurde. Die Gründung von Walt Disney Studios Motion Pictures International (bis 2007 noch unter dem Namen Buena Vista International, Inc. fungierend) fand erst 1961 statt, um auch die weltweite Vermarktung von Disney-Filmen zu überwachen. In einigen großen Märkten ließ der Disney-Konzern aber erfolgreiche Kooperationen mit Mitbewerbern bestehen, so etwa in Deutschland, wo zunächst MGM, später 20th Century Fox und zuletzt Warner Bros. die Filme der Walt Disney Company vertrieb. Erst 1992 übernahm Disney hierzulande selber den Verleih seiner Produktionen – und landete auf Anhieb einen großen Hit: Die Komödie «Sister Act» sicherte sich mit 4,97 Millionen Zuschauern Platz zwei der Jahrescharts, direkt hinter dem noch von Warner verliehenen Disney-Zeichentrickklassiker «Die Schöne und das Biest». Zwei Jahre später eroberte Disney dann mit «Der König der Löwen» problemlos die Chartspitze.
1997 wiederum landete erstmals eine deutsche Eigenproduktion in den Jahres-Top-Ten: Die Tragikomödie «Knockin' On Heaven's Door» etablierte Til Schweiger als Kino-Zuschauermagnet und überbot mit 3,66 Millionen Besuchern auch den im selben Jahr veröffentlichten neuen Disney-Trickfilm «Hercules». 2003 wurde dann eines der denkwürdigsten Jahre in der Geschichte des Disney-Verleihs: 8,68 Millionen Besucher für «Findet Nemo», 6,17 Millionen für «Fluch der Karibik» und 3,40 Millionen für «Bruce Allmächtig» sowie zahlreiche Filme außerhalb der Top Ten des Jahres verhalfen Buena Vista zu Platz eins unter den deutschen Filmvertrieben. 28,52 Millionen Besucher gingen allein in Streifen aus dem Hause Buena Vista – deutlich mehr als in sämtliche deutsche Filmproduktionen, welche zusammengerechnet auf 23,20 Millionen verkaufte Tickets kamen. Ganz anders sah es 2012 aus: Erstmals seit Gründung des deutschen Vertriebsarms befand sich nicht ein dem Disney-Konzern zugehöriger Film unter den zehn erfolgreichsten Kinoproduktionen in Deutschland. Der größte Disney-Erfolg 2012 landete erst auf Platz 12 der Jahrescharts und war Marvels Superheldenstelldichein «The Avengers» mit 2,25 Millionen Fans.
Disney und das Fernsehen
Auch wenn Disney schon vor den Neunzigern im deutschen Fernsehen vertreten war, so begann 1991 eine erste große Programmoffensive. Buena Vista International Television und der Süddeutsche Rundfunk führten am 5. Januar 1991 den «Disney Club» ein, rund ein Jahr vor der Eröffnung des in dieser Unterhaltungssendung regelmäßig thematisierten Disneyland Paris (ehemals Euro Disney Resort). Die stets am Samstagnachmittag ausgestrahlte Show bündelte Disney-Berichterstattung, Wissensbeiträge und Trick- sowie Realserien aus dem Disney-Archiv sowie Cartoons mit Micky, Donald und Co. und wurde zu einer sicheren Bank in Sachen Kinderunterhaltung. Da sie den Disney-Markennamen im Titel trug und auch inhaltlich auf die Tätigkeiten des Konzerns blickte, diente die Show zugleich als kleines Aushängeschild für die Disney Company in Deutschland, die zugleich auch mit Serien wie «Die Dinos» außerhalb dieser Kindersendung im Programm der ARD stark vertreten war.
1995 endete die Ära des «Disney Club» im Ersten, da sich Disney zu 50 Prozent am Familiensender Super RTL beteiligte und nun diesen mit Serien sowie Filmen belieferte. Auch RTL bekam einen Teil vom Kuchen ab, so lief von 1996 bis 2001 der «Disney Club» mit neuem Konzept am Samstag- und Sonntagmorgen auf dem Privatsender, der außerdem die «Disney Filmparade» fortführte, die schon 1992 startete und in kurzen Magazinbeiträgen Filme des Studios oder die Disney-Parks vorstellte. Im Anschluss wurden stets Produktionen aus dem Hause Disney gezeigt, wobei gleichermaßen große Disney-Klassiker wie TV-Produktionen und vereinzelte Filme von Disneys Erwachsenenlabels Touchstone Pictures oder Hollywood Pictures vertreten wurden.
2003 sicherte sich dann aber ProSieben die Disney-Lizenz, weshalb sowohl die «Disney Filmparade» als auch die Wochenend-Morgenschiene an Disney-Trickserien (nun ohne Studiobeiträge) zum Münchener Sender überging. Während die morgendliche «Disney Time» anfangs mit neuen Serien wie «Die Prouds» bei ProSieben eher weniger Anklang fand und sich bloß (die von Disney bald zu Super RTL gereichte) Trick-Agentenserie «Kim Possible» als TV-Dauerbrenner erwies, wurde dieses Programmfenster nach einem Neustart bei kabel eins zu einem verlässlicheren Quotenbringer. Der kleine Sender setzte jedoch bis zur Einstellung dieser Programmschiene Ende 2012 nicht allein auf neue Formate, sondern genauso auf Wiederholungen bereits bekannter Disney-Reihen.
Auch abseits des Disney-Markennamens feierten einige Serienproduktionen des Konzerns in Deutschland Erfolge. Die berühmtesten vor der Jahrtausendwende gestarteten Beispiele dürften die mit großer Verlässlichkeit wiederholten Sitcoms «Golden Girls» und «Hör mal, wer da hämmert» sein, während seit 2000 unter anderem «Alias – Die Agentin», «Scrubs – Die Anfänger», «Grey's Anatomy», «Lost», «Desperate Housewives» und «Once Upon a Time» hierzulande eine größere Fanbase aufbauen konnten.
Der deutsche Disney Channel wiederum startete am 16. Oktober 1999 als Pay-TV-Sender im Programmangebot des Unternehmens Premiere (heute: Sky), 2004 folgte der an jüngere Kinder gerichtete Sender Playhouse Disney (seit 2011 Disney Junior), 2009 wurde das Angebot an Disney-Sendern um den jugendlichen Disney XD sowie der mit seinem cineastischen Schwerpunkt etwas stärker auf die ganze Familie schielende Sender Disney Cinemagic ergänzt. Im September 2012 wurde schlussendlich bekannt, dass Disney den dahinsiechenden Sender Das Vierte aufkaufte – einer der größten Coups des Jahres und Anlass für massig Spekulation in der Branche.
Die Absicht hinter diesem überraschenden Schritt: Ein Wechsel des Disney Channels ins Free-TV, um ein größeres Publikum zu erreichen. Die technische Reichweite von mehr als 93 Prozent spricht für einen Erfolg dieses Vorhabens. Ab Freitag, den 17. Januar, 6 Uhr morgens, zeigt sich dann, wie viele Fernsehende sich in einem Land, dessen größter Kino-Kassenschlager «Das Dschungelbuch» ist, für einen frei empfangbaren Disney-Kanal erwärmen können.
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