Asyl darf nicht missbraucht werden
Veröffentlicht am 28. September 2014 von
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Illegales Flüchtlingscamp in Berlin / Foto: GEOLITICO
Damit wir Flüchtlingen aus Syrien Asyl gewähren können, müssen wir das Asylrecht konsequent gegen jeden Missbrauch verteidigen, wie er etwa in Berlin geduldet wird. In Berlin hält eine
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seit einigen Jahren die Stadt und die Politik in Atem und zum Narren. Parallel wurden dazu in Deutschland im September seit Jahresanfang mehr als 100.000 neue Asylbewerber begrüßt. Was ist nun an beiden Nachrichten das Gemeinsame? Ganz einfach: In Berlin hat es in illegalen Zeltquartieren angefangen, in Deutschland endet es in offiziellen Zelt-Notstandseinrichtungen. Was als Provokation des Sozialstaats begann, gerät nun zu einer Prüfung für das Gemeinwesen, die nur schwer zu stemmen ist.
Seit 2008 steigen die Zahlen bei den Asylanträgen. Am Jahresende werden allein im Jahr 2014 geschätzt insgesamt 200.000 Menschen auf der Flucht und/oder auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen in Deutschland Asyl beantragt haben. Das sind fast 60% mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum. Dazu kommen 16.000 Folgeanträge von abgelehnten Asylbewerbern, auch hier sind es doppelt so viele wie im Jahr zuvor. Und dabei reden wir nur von den Asylanträgen, denn hinzu kommt noch die Armutsmigration aus der ganzen Welt und besonders aus EU-Ländern. Doch darüber wird an anderer Stelle zu reden sein.
Unter dem Ansturm zusammengebrochen
In Berlin jedenfalls schloss die zuständige zentrale Anlaufstelle für drei Tage, weil sie unter dem Ansturm zusammenbrach. Zwei Turnhallen waren noch zweckentfremdet in Reserve, um zusätzliche Schlafplätze zur Verfügung zu stellen. Vor der Tür des Landesamtes für Gesundheit und Soziales wurden Zelte aufgebaut, in denen jeweils mehrere 100 wartende Flüchtlinge betreut wurden. 40 Dolmetscher waren dort aktiv, für die Kinder gab es Luftballons. Die Beschäftigten arbeiteten in zwei Schichten. In anderen Städten, Zeiten und Bundesländern wird es nicht viel anders aussehen.
Die örtlichen Behörden scheinen willig, der Flut Herr zu werden, doch die Flüchtlingszahlen steigen weitaus schneller als das BAMF (die nennen sich wirklich so), also das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, prognostizieren kann. Bei den Asylbewerbern kommen die meisten aus dem Bürgerkriegsland Syrien, an zweiter Stelle stehen Menschen aus dem doch eigentlich kriegsfreien Serbien gefolgt von Eritrea, Mazedonien und Irak. Allein aus Bosnien-Herzegowina kamen nur im August 756 Menschen.
Vor einer Woche winkte der Bundesrat die Entscheidung von Regierung und Bundestag durch, entsprechend der Koalitionsvereinbarung und in Abstimmung mit den relevanten mitteleuropäischen Ländern die drei Balkanstaaten Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien zur Liste der sicheren Länder hinzuzufügen. Die Grünen in Baden-Württemberg – und nur dort – hatten dafür ihr Veto gelockert. Mit dem Beschluss wird nun ein großer Teil der Asyl-Prüfungsverfahren deutlich erleichtert. Auch Albanien und Montenegro sollen zeitnah folgen.
Unverständnis für die Armutsmigration
Für die grüne (das meint hier nur die Parteizugehörigkeit) Bundestagsabgeordnete Luise Amtsberg aber, ihres Zeichens studierte Islamwissenschaftlerin und Theologin, versetzt dieses Gesetz dem Asylrecht „den finalen Todesstoß“. Nur ohne es, „bleibt das gesellschaftliche Klima gegenüber AsylbewerberInnen positiv.“ Ob sie sich da mal nicht täuscht?
Doch Innenminister de Maizière gibt der Grünen in diesem Punkt durchaus recht und sieht eine „große Aufnahmebereitschaft“ der Gesellschaft für Flüchtlinge. Er geht sogar noch weiter, wenn er sagt: „Wir sind stolz darauf, das Land in Europa zu sein, das die meisten Asylbewerber aufnimmt“. Dabei weiß man nicht so recht, ob er mit dem „wir“ seine Partei CDU oder die deutsche Bevölkerung meint – ein nicht ganz unerheblicher Unterschied. Immerhin ergänzte er, dass eine verantwortungsvolle Asylpolitik darauf ausgerichtet sein muss, die Aufnahmebereitschaft für die „wirklich Schutzbedürftigen“ zu erhalten. Es gebe nämlich ein „wachsendes Unverständnis für die Armutsmigration aus Westbalkan-Staaten“. Ein solcher Zusammenhang von Akzeptanz, Sinnhaftigkeit und Quantität ist natürlich für manche schon zu komplex.
Nicht ohne Hintergedanken ergänzt das Innenministerium die Faktenlage mit dem Hinweis, dass es seit 2009/10 keine Visumspflicht für die fünf Westbalkan-Staaten mehr gibt und Angehörige dieser Staaten ohne Visum in die EU einreisen dürfen. Dadurch sei innerhalb von vier Jahren, also bis 2013, die Zahl der Anträge von 1000 auf 32.000 gestiegen. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Roma, die sich auf dem Balkan ungerecht behandelt fühlten oder ungerecht behandelt wurden oder dies auch nur behaupteten.
Verwässerung des Schutzgedankens
Von dort kommen jedenfalls 20% aller gestellten Asylanträge. Für nicht politisch-korrekte Beobachter liegt der Verdacht nahe, dass dabei ein großmaßstäblicher Missbrauch des Asylrechts stattfindet. Doch das ist sicherlich alles eine Frage der Gewichtung, Auslegung und persönlichen Positionierung.
Ohnehin wird durchschnittlich nur ein knappes Prozent der Asylanträge vom Balkan anerkannt. Im Fall Syrien und der dort herrschenden realen Gewalt, die man uns noch vor wenigen Monaten als Variante des arabischen Frühlings verkaufen wollte, dürfte der Anteil der Anerkennungen drastisch höher liegen. Und das ist auch gut so, denn für solche Fälle unverschuldeter Not wurde das Asylrecht schließlich geschaffen. Nein, nicht ganz. Ursprünglich ging es um den Schutz politisch Verfolgter, erst später wurden auf Erlass einer EU-„Qualifikationsrichtlinie“ auch Flüchtlinge darunter subsumiert (d.h. aus Kriegsgebieten nach dem Genfer Abkommen, nicht jedoch aufgrund wirtschaftlicher Umstände).
Dies war sicherlich schon eine Verwässerung des ursprünglichen Schutzgedankens der Verfassungsväter, doch scheint es durchaus nachvollziehbar, im Rahmen einer weltweiten menschlichen Solidarität Kriegs- und Bürgerkriegsopfern einen solchen Schutz zuzugestehen. Dies darf aber nicht heißen, die daraus entstehenden Belastungen für Bevölkerung und Volkswirtschaft zu ignorieren. Im Jahr 2013 beantragten in Italien 28.000 Menschen Asyl, in Großbritannien 30.000 und in Frankreich 66.000, in der Summe
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. Für diese Unverhältnismäßigkeit gibt es bisher keinerlei Ausgleichsmechanismen.
Selbst gestellte Falle
Die Liste der sicheren Länder könnte ein solcher Mechanismus sein, doch bisher sind auf ihr neben den EU-Ländern lediglich Ghana und Senegal verzeichnet. Strenggenommen könnte also die gesamte Dritte Welt, und nach dramatischen weltpolitischen Umwälzungen auch beispielsweise Kanada oder die Schweiz zum Flüchtlingsentsendeland werden. In Österreich ist sogar die USA als ausdrücklich nicht sicher definiert, weil dort die Todesstrafe möglich ist. Letzteres zeigt, dass Vernunft und Moral nicht immer synchron sind, denn was hat die Todesstrafe für Verbrecher mit politischer Verfolgung oder unverschuldeten Notlagen zu tun?
Das deutsche Asylrecht wird so zu einer selbstgestellten Falle. Angenommen, es herrschte Krieg in zwei Dritteln der Welt, so müsste Deutschland möglicherweise Milliarden Flüchtlinge aufnehmen. Auch wenn das wohl nicht passieren wird – wo ist die Grenze? Wie viel Elendsimmigration kann ein Land, kann eine Volkswirtschaft vertragen, ohne selber relevanten Schaden zu nehmen? Wie weit reicht also die Verantwortung, anderen zu helfen?
Automatisierte Prozesse
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Illagale Flüchtlinge blockieren Polizei-Einsatz in Berlin / Foto: GEOLITICO
Natürlich kann ein immer noch reiches Land wie Deutschland die gegenwärtigen Flüchtlingsströme technisch und finanziell handhaben. Aber in einer Weltgesellschaft des rasanten Wandels und des absehbaren Zusammenbruchs wird das vielleicht bald nicht mehr so sein. Deshalb ist es wichtig, die Dinge nicht länger nur von einem humanistischen Standpunkt aus zu betrachten, sondern auch dem des Selbstschutzes von Staat und Nation. Rechtzeitig müssen als erster Schritt Kriterien entwickelt werden, wie Armuts- und Unbillmigration von politischer und lebensbedrohlicher Gefahr unterschieden und unterschiedlich behandelt werden kann.
Beispielsweise müsste es bei einer signifikanten Verschärfung der Situation möglich werden, Unberechtigte schon vor der Einreise zurückzuweisen. Auch wird sich dann der Anspruch, jedem einzelnen gerecht zu werden, nicht länger aufrechterhalten lassen: Automatisierte Prozesse müssen greifen, wohl wissend, damit individuelle Ungerechtigkeiten zu riskieren.
In jedem Fall müssen, und das auch schon jetzt, die Flüchtlingsaufnahmeländer weltweit Quoten vereinbaren. Die überproportionale Belastung einzelner Länder ist ungerecht und nicht hinnehmbar. In diesen Quoten müssten sogar Obergrenzen definiert werden, bei denen die Aufnahmekapazität eines Landes objektiv überschritten ist. Drastisch gesagt: Zuwächse in Millionen- oder Milliardenhöhe durch neue Völkerwanderungen und durch den Missbrauch der Hilfsbereitschaft müssen ausgeschlossen werden.
Goldene Brücken gebaut
Und da sind wir schon wieder zurück bei den Berliner Flüchtlingen, die den Einheimischen nicht nur auf der Nase, sondern zwischenzeitlich auch in einer Schule und auf dem Dach einer Pension herumtanzten. Die dem Bezirk dadurch entstandenen Kosten führten inzwischen zu einer Haushaltssperre und dadurch unter anderem zur Austrocknung zahlreicher Jugendprojekte. Zuletzt setzten die Flüchtlingsaktivisten auf die moralische Anfälligkeit und Naivität von Kirchengemeinden und besetzten eine wunderbare spätklassizistische Kirche in Kreuzberg.
Obwohl sie sich zumindest in Berlin nachweislich illegal aufhalten und obwohl der Bezirk und letztlich auch der Senat ihnen an der Grenze zur Legalität immer wieder goldene Brücken gebaut haben, verweigerten sie sich, angetrieben durch selbsternannte „Unterstützer“, sowohl den demokratischen Spielregeln, den geltenden Gesetzen und den ungeschriebenen Regeln der Gastfreundschaft.
Sie wollen ein anderes politisches System, sie wollen Gesetze, die die Menschen dieses Landes nicht beschlossen haben, und sie wollen persönliche Vorteile gegenüber anderen. Doch damit schaden sie vornehmlich den Menschen, die das Asylrecht dringend nötig haben. Schutz des Asylrechts bedeutet, an allen Fronten gegen den Missbrauch konsequent vorzugehen.