Begrenztes Budget trifft auf immer mehr Dienste
Disney+ und die Einsicht: Der SVoD-Markt hat seine Grenzen
Disney+ gibt's ab Ende 2022 auch in einer teils werbefinanzierten Version. Dahinter steht die Erkenntnis, das das Budget der Kundschaft in einem explodierenden Streaming-Markt trotzdem begrenzt ist - und Werbekunden beim Medienwandel auch nicht vergessen werden wollen.
Am Freitagnachmittag hat Disney nun also die Gerüchte bestätigt: Disney+ soll es künftig auch in einer günstigeren Version angeboten werden, bei denen die Kundinnen und Kunden dafür dann aber Werbespots zu sehen bekommen. Eingeführt werden soll es voraussichtlich gegen Ende des Jahres zunächst in den USA, 2023 soll dann der internationale Rollout beginnen. Da der Werbeverkauf ein überwiegend nationales Geschäft ist, dürfte es hier von Land zu Land unterschiede geben, Details wurden noch nicht genannt.
Disney+ betritt mit der Entscheidung kein Neuland, sondern wählt damit eine ähnliche Strategie, wie man sie auch bei der Konkurrenz sieht: Dienste wie HBO Max, Paramount+ oder Peacock setzen ebenfalls auf sogenannte "werbe-unterstützte" Angebote, die es zu einem günstigeren Preis gibt - und auch RTL+ hierzulande bietet beispielsweise zwei Preisstufen mit wenig oder gar keiner Werbung. Selbst Disney hat das Geschäftsmodell längst im eigenen Haus: Das inzwischen komplett in Disney-Hand befindliche Hulu etwa setzt ebenfalls auf eine teilweise Werbefinanzierung.
Vor allem ist es aber die Einsicht, dass das Wachstum des SVoD-Markts seine Grenzen hat: Weil inzwischen fast alle Medienkonzern ihr Heil in einem eigenen, kostenpflichtigen Streaming-Service suchen, wird der Kampf um das Budget des Publikums härter. Zwar hat sich die Zahlungsbereitschaft in den letzten Jahren deutlich erhöht - doch sie wächst natürlich nicht unendlich. In Deutschland etwa ist derzeit Studien zufolge bei im Schnitt zweieinhalb Streaming-Abos, für die nicht mehr als 17 Euro ausgegeben werden soll, Schluss.
Für allzu viele hochpreisige Angebote ist da also kaum Platz - zugleich stecken die Konzerne aber extrem hohe Summen in Eigenproduktionen, die sich durch geringe Abo-Sätze kaum wieder erwirtschaften lassen, derzeit schreiben die Angebote fast alle noch tiefrote Zahlen und werden querfinanziert aus dem noch hochprofitablen linearen TV-Geschäft. Wer das nicht kann - wie Pionier Netflix - hebt regelmäßig den Preis an. Doch für Angebote, die noch nicht diese hohe Marktdurchdringung haben und daher kräftig wachsen müssen, ist das kaum eine Option.
Disney+ ist in den USA mit 7,99 Dollar im Monat (in Deutschland 8,99 Euro) schon jetzt eines der günstigeren Angebote auf dem Markt. Dass man es trotzdem für geboten hält, eine günstigere Version anzubieten, lässt durchaus aufhorchen. Der Konzern bezeichnet den Schritt als einen Baustein auf dem Weg, die selbstgesteckten Ziele von 230 bis 260 Millionen Abonnentinnen und Abonnenten bis Ende 2024 zu erreichen - dieses Ziel wurde durch die günstigere Variante nun also nicht nach oben angepasst, man hält den Schritt schlicht für notwendig.
Mit Freude dürften aber nicht nur Disney-Fans mit schmalerem Geldbeutel auf die Ankündigung reagieren, sondern vor allem auch die Werbeindustrie: Der Aufstieg werbefreier Streamingdienste wie Netflix und
Prime Video oder auch Apple TV+ stellt sie schon jetzt vor die Herausforderung, dass das dort versammelte Publikum für klassische Werbung gar nicht mehr erreichbar ist. Mit einem weiter zunehmenden Wandel der Nutzungsgewohnheiten hin zum Streaming wird das auch zu einem in Zukunft weiter wachsenden Problem. Derzeit profitieren die TV-Sender davon, weil sie für geringere Reichweiten immer höhere Preise nehmen können - nach dem Motto: Wir nehmen die, die wir immerhin noch kriegen können. Doch sollte irgendwann aber auch Branchenprimus Netflix auf die Idee kommen, Werbung in sein Angebot zu integrieren, könnte diese Rechnung kippen. Bislang hat Netflix derartige Überlegungen immer von sich gewiesen. Bei einem immer härter werdende Umfeld durch mehr Konkurrenten ist aber ein Umdenken in Zukunft auch hier nicht ausgeschlossen.
Quelle; dwdl