26 Sender, live und On-Demand: Wie Amazon mit „Channels“ in den deutschen TV-Markt vorstoßen will
Mit Fortsetzungen von TV-Formaten wie "Pastewka" oder "Deutschland 86" hat Amazon bereits einen ersten Vorstoß in den deutschen Fernsehmarkt gewagt. Nun erweitert der Versandriese sein
Prime Video-Angebot durch "Amazon Channels": Abonnenten des VoD-Services können fortan auf 26 Sender zurückgreifen – On-Demand und teilweise live. Muss sich das lineare Fernsehen nun Sorgen machen? MEEDIA hat den neuen Service vorab gesehen.
Die Antwort lautet ganz klar: jein. Denn auch mit Amazon Channels wagt der Internet-Riese nur einen weiteren Vorstoß in den TV-Markt, für den großen Sprung fehlt die Zugkraft – in diesem Fall: die Sender.
Zwar geht Amazon immerhin mit 26 „Channels“ im Laufe des heutigen Tages in Deutschland, Österreich und dem Vereinigten Königreich an den Start, doch beschränkt sich die Auswahl (vorerst) ausschließlich auf Pay-TV-Angebote. „Da es sich um ein Subscription-Angebot handelt, fokussieren wir uns vorerst auf Pay-TV-Kanäle“, erklärt Alex Green (Managing Director of Instant Video und Amazon Channels Europa) gegenüber MEEDIA. Zugegeben: Namhafte Marken wie etwa MGM, NBC Universal und Geo Television als auch neue Channel (z.B. SyFy Horror) sind vertreten – das quotenstarke (weil beliebte) Show-Programm von Free-TV-Sendern bleibt aber eben außen vor.
Zumindest vorerst, auch diese Kooperationen schließt man nicht aus. Ein zusätzlicher Kaufanreiz und Einschaltimpuls wäre die Kooperation mit US-Sendern wie HBO oder Showtime, die international gefeierte und hochkarätige Eigenproduktionen in ihrem Programmportfolio führen.
Noch ein Subscription-Angebot?
Amazon Channels wird in den Service von Amazon
Prime Video integriert. Das liegt auch auf der Hand, immerhin erreiche man so in Deutschland „eine Nutzerzahl im Millionenbereich“, so Green – konkrete Zahlen gibt es wie immer nicht. Ein weiterer Vorteil: Es muss keine neue App geladen werden und die Nutzung ist vom PrimeVideo-Nutzer bereits gelernt, da Amazon Channels sich sowohl optisch als auch haptisch in die
Prime Video-Oberfläche einfügt.
Nachteil: Wer das neue Channel-Feature nutzen will, muss zwangsläufig auch Kunde des großen Ganzen sein – allein die Kosten für das
Prime-Abo belaufen sich im Jahr auf 69 Euro, ein (monatlich kündbarer) Abo-Aufpreis von 1,99 Euro bis 7,99 Euro pro Channel wird zusätzlich fällig. Dafür lassen sich die Kanäle paketunabhängig abonnieren. Man bezieht also nur die Sender, die man auch bucht.
Die Inhalte eines Pakets lassen sich zwar auch separat und jederzeit unabhängig vom Channel selbst ausleihen oder kaufen, doch dürfte das für die wenigsten Nutzer einen attraktiven Deal darstellen: Sowohl der Einzelpreis eines Inhalts als auch das Channel-Abo rangieren zwischen 1,99 und 3,99 Euro. Der Einzelpreis ist oftmals mit dem Paketpreis identisch. Eine Live-Funktion – sprich: einfach einschalten und berieseln lassen, wie man es aus dem linearen Fernsehen kennt, bieten nur einige Kanäle.
Dazu gehören etwa die wenigen Sportsender wie sportdigital HD oder Motorvision.tv, letzterer hält für Deutschland sogar die exklusiven Rechte der Nascar-Rennen. Nur eben nicht die wirklich attraktiven Sportrechte, wie etwa für die Fußball-Bundesliga oder UEFA Champions League. Sportfans dürften daher wahrscheinlich eher zu Sky oder den Streaming-Angeboten von DAZN oder Eurosport greifen.
Was ist Amazon Channels also?
Lineares Fernsehen, nach einer klassischen Programmstruktur, bietet das neue Angebot schon einmal nicht. Von klassischen Sendern kann eigentlich auch keine Rede sein: Tatsächlich ist der neue Service, zumindest auf den ersten Blick, ein Inhalte-Paket, wie es auch Sky anbietet. Kunden von Amazon
Prime Video haben jetzt eigentlich nur eine noch größere Auswahl an Serien, Filmen und Dokumentationen.
Eine Hiobsbotschaft für Programmmacher des klassischen Fernsehens dürfte Amazon Channels daher nicht sein, mindestens aber ein Wink mit dem Zaunpfahl: Amazon stößt weiter in den TV-Markt vor, wenn auch eher langsam. Für Pay-TV-Kanäle ist Amazon Channels obendrein eine große Chance, ihre Reichweite zu erweitern. So freut sich etwa Klaus Holtmann, Executive Vice President Digital Channels RTL Televisions GmbH, in einer Pressemitteilung: „Die Zusammenarbeit mit Amazon erhöht die Verbreitung unseres Premium-Senders beträchtlich.“
Kann der Konzern auch Kooperationen mit Free-TV-Sendern eintüten, und das schließt man auf Nachfrage von MEEDIA nicht aus, dürfte Amazon Channels für viele VoD-Nutzer attraktiv(er) werden. Selbst ein hauseigener Kanal scheint nicht unrealistisch: „In Deutschland gibt es zum Start von Amazon Channels keinen eigenen, von Amazon kuratierten Channel.“, so ein Sprecher auf Nachfrage. „In Großbritannien startet Heera, ein Amazon-Channel mit Bollywood-Inhalten. Ähnliche Angebote gibt es auch in den USA.“ Die Antwort ist offenbar ganz klar: jein.
Quelle; meedia