AW: Razzia bei RTL und Pro Sieben Sat 1
RTL-Chefin: Grundverschlüsselung gut - kein Grund für Razzia
Die Chefin der Privatsendergruppe RTL, Anke Schäferkordt, hat einmal mehr die Grundverschlüsselung von Fernsehsignalen verteidigt und nur wenig Verständnis für eine Razzia in ihrem Haus und dem Münchner Konzern ProSiebenSat.1 wegen möglicher illegaler Absprachen geäußert.
"Wir finden das Vorgehen des Amtes erstaunlich, denn über alle größeren Projekte war und ist es informiert. Das betrifft auch die verschlüsselte Verbreitung unseres Programms im digitalen Kabel seit dem Jahr 2006. Wir haben das damals offiziell kommuniziert, und fünf Jahre später soll dieser Schritt nun generell infrage gestellt werden. Gleiches gilt für unsere HD-Angebote, auch hier lagen die Details vor", sagte Schäferkordt der "Welt am Sonntag". RTL treffe Entscheidungen "autonom".
Für ihr Plädoyer für eine Codierung von TV-Programmen bemühte Schäferkordt ausgerechnet die Muskikindustrie: "Was die Grundverschlüsselung betrifft, kann übrigens auch der Blick über den Tellerrand helfen: Die ist ja keine Erfindung von RTL. In vielen Ländern um uns herum verschlüsseln Sender ihre Programme längst - als Antwort auf die wachsende Gefahr der Piraterie in der digitalen Welt: Wir wollen eben nicht, dass uns dasselbe passiert wie der Musikindustrie, die zusehen musste, wie ihre teuer erstellten Inhalte im Internet geklaut und kopiert wurden".
Kurios: Die Musikindustrie hatte aufgrund verbraucherfeindlicher Digital Rights Management Systeme (DRM) Millionen Konsumenten in die Illegalität verloren. Am Ende wurden sämtliche Kopierschutzmaßnahmen abgeschafft, seither erholen sich die digitalen Verkäufe weltweit - der befürchtete Untergang blieb aus. Möglicherweise hatte Schäferkordt das bei ihrem unglücklichen Vergleich nicht präsent. Handfeste Argumente für eine Verschlüsselung im Kabel oder auf terrestrischem Wege lieferte die RTL-Chefin nicht. In der Regel wollen Sender Signale codieren, weil sie aufgrund eingeschränkter Benutzung preiswerter an Inhalte wie Spielfilme oder Serien kommen bzw. zusätzliche Erlöse beispielsweise beim Verkauf von DVDs oder bei Video-On-Demand-Abrufen generieren können.
Fernsehen bleibt Leitmedium
Schäferkordt beharrte gleichzeitig darauf, dass das Fernsehen auch in Zukunft Leitmedium bleiben wird, trotz der Rivalität des Internet und dessen wachsenden Einfluss auf die jugendlichen Zuschauer. Sie begrüßte auch die Entscheidung einer Haushaltsabgabe für ARD und ZDF ab dem Jahr 2013, das fehlende Werbeverbot kritisierte die Managerin.
Auch der Konkurrent ProSiebenSat.1 kam nicht ungeschoren davon. Die Debatte über den Verkauf der Tochter N24 sei kontraproduktiv und löse "einen vorhersehbaren negativen Reflex" aus, sagte Schäferkordt der "Welt am Sonntag". Eine Regulierung brauche man nicht. Statt Sanktionen forderte die RTL-Chefin, darob nachzudenken, wie man Nachrichtenangebote ordnungspolitisch unterstützen könne.
Quelle: satundkabel.de