In einer Pressemitteilung hieß es kürzlich, dass sie vor allem Kinder, die außerhalb von Ballungsräumen leben, als Zielgruppe anpeilen...
Fernsehen wird im deutschsprachigen Europa in der Regel von einer urbanen Kultur für eine urbane Kultur gemacht und ist ein städtisches Medium. Aber 70 Prozent der Haushalte liegen auf dem Land. Wenn Sie auf die Einschaltquoten achten, dann sehen Sie, dass im Ländlichen angesiedelte Themen wie der „Bulle von Tölz“, auf dem Land spielende „Tatorte“ oder auch ein Hansi Hinterseer ein großes Publikum erreichen. Das zeigt, dass einem großen Teil der Bevölkerung gar nicht die richtigen Angebote gemacht werden. Auch wenn sie sich die Charts anschauen, dann liegen die Verkäufe bei Volksmusik weit über denen der Popmusik. Hier besteht im Fernsehen ein noch nicht beackertes Feld. Und das passt ja auch zu uns: Ravensburg als Sitz unserer damaligen Mutter lag ja auch auf dem Land, unser Content ist daher in einem Umfeld entstanden, das lokal geprägt ist. Und wir denken auch, dass Instrumentalmusik, was gar nicht immer Volksmusik sein muss, für Familien und Kinder einen Unterhaltungswert darstellt. Auch das werden wir im Programm berücksichtigen.
Also wird es nicht nur fiktionales Programm geben, sondern auch Musiksendungen, Shows etc?
Wir wollen RiC am Anfang bewusst mit einer beschränkten Anzahl an Programmen starten, um erstmal ein Profil herausbilden zu können. Wir starten daher mit einer begrenzten Auswahl an Live-Action und Animations-Serien. Animation schafft dabei schnell Aufmerksamkeit, hat etwas Zeitloses und zieht letztlich auch Quote. Aber mit der Zeit wollen wir unser Programm auch in die von Ihnen genannte Richtung ausweiten, sei es mit Volksmusik-Magazinen, Schlager-Themen oder auch anderen Bereichen.
Welche Sendungen sind es denn konkret, auf die sie am Anfang setzen?
Wir starten beispielsweise mit "Die Abenteuer der Prudence Petipas", eine französische Serie, die wir koproduziert haben, eine Art Miss Marple-Geschichte, mit der wir generationenübergreifende Zusammenwachsen innerhalb der Gesellschaft von Großeltern bis zu den Kindern symbolisieren wollen. Wir haben "Jim Henson's Dog City" im Programm. In der Serie ist auch zu sehen, wie klassische Animation gemacht werden - damit wollen wir zeigen, dass Animation eine Art sein kann, seine Kreativität auszuleben. Wir starten mit "Neon Rider", eine Live-Action-Serie, wo wir ein Rehabilitationscamp für Jugendliche besuchen, was auch positiv besetzt ist. "Rescue Heroes" ist eine Serie über Action-Helden, die aber bei Hilfskräften wie der Feuerwehr oder der Bergrettung arbeiten und die zudem Tipps für Verhalten in bestimmten Situationen wie Blitzschlag bietet. Wir versuchen also mit einem Angebot zu beginnen, das durchaus Symbol-Charakter hat und ein positives Umfeld schafft. Wir glauben, dass gute Unterhaltung und eine bestimmte Botschaft gut zusammengebracht werden kann.
Welchen Anteil des Programms machen bei RiC Eigenproduktionen aus?
60 Prozent der Sachen, die bei RiC laufen werden, sind Eigenproduktionen. Langfristig sehen wir da eine recht spannende Zukunft vor uns. Sie brauchen sich nur die Jugendliteratur anzusehen: Da sind die lokalen Themen Marktführer. Das Fernsehen ist stark durch weltweite Konzerne geprägt – aber das schafft eine Nische für das, was Kinder sehen wollen und was Eltern für ihre Kinder für geeignet halten. Wir glauben, dass wir da gut hineinpassen. Und wir werden uns übrigens mit einem weiteren Stilmittel von der Konkurrenz abgrenzen: Wir senden unser gesamtes Programm in einem „Rahmen“, innerhalb eines Vorhangs. Dieser rote Vorhang wird zu Beginn der Sendungen aufgehen und sich danach wieder schließen. Damit wollen wir den „Erste-Reihe-Kinoeffekt“ verhindern, der auftritt, wenn die Kinder ganz nah vor dem großen Flachbildschirm im Wohnzimmer sitzen. Dieses Verfahren haben wir uns auch patentieren lassen.
Nun sitzen Kinder in der Regel tagsüber vor dem Fernseher - was zeigt RiC dann abends?
Zunächst mal: Wir werden den Eltern helfen, ihre Kinder ins Bett zu bringen und schalten um 19 Uhr gewissermaßen das Licht aus. Zwischen 19 Uhr und 19:30 Uhr läuft bei uns „Your Family Radio“. Wir zeigen während dieser Zeit nur Schwarzbild und bringen die „Gute-Nacht-Geschichte“ als Hörspiel nach Deutschland zurück. Das macht es einfacher, die Kinder vor dem Schlafen gehen zu beruhigen, besser als das mit Bewegtbild ginge. Ende des Jahres wird Your Family Radio dann auch eigenständig als Hörspielsender starten.
Und wenn die Kinder dann im Bett sind?
Am Anfang werden wir uns beschränken und auch Abends das Kinderprogramm zeigen. Via Satellit ist schon seit Ende letzten Jahres eine Ankündigung für unseren Sender zu sehen. Als das analoge Fernsehen abgeschaltet wurde, sind viele Eltern also beim Sendersuchlauf schon über diese Ankündigung gestolpert und haben den Sender vielleicht auch schon abgespeichert. Wenn die nun abends den Sender einschalten, dann sollen sie sehen „Aha, da läuft das, den Sender kann ich für meine Kinder einprogrammiert lassen.“ Aber im Lauf der Zeit wollen wir unser Programm dann natürlich ausweiten. Wir wollen dann abends elternaffines Programm zeigen, das eher Familienthemen aufgreift. Entsprechende Gespräche laufen, womöglich werden wir damit noch in diesem Jahr starten.
Nur auf die zu hoffen, die zufällig über den Sender stolpern oder ihn gar schon eingespeichert haben, ist aber gewagt. Wie wollen Sie zusätzlich Aufmerksamkeit für den neuen Sender gewinnen?
Wir haben Kooperationen mit einigen Magazinen, die auf RiC hinweisen werden und versuchen auch weiter, entsprechende Kooperationen im Print-Bereich zu schließen. Aber unsere hohen Wachstumsraten bei yourfamily im Pay-TV zeigt: Die Eltern suchen regelrecht nach gutem Content. Den wollen wir liefern.
Apropos Kooperationen: Yourfamily war bislang im Pay-TV unterwegs und hat dementsprechend noch nicht so viel Erfahrung im Bereich Werbevermarktung. Holt man sich dafür externe Partner an Bord?
In Österreich arbeiten wir mit Goldbach zusammen. das ist eine sehr solide Partnerschaft, die sich sehr gut anlässt. Wir sprechen auch in der Schweiz mit Goldbach. In Deutschland haben wir es aufgrund des Duopols bei der TV-Vermarktung bislang noch vermieden, uns in das eine oder andere Lager zu begeben. Aber wir wollen auch nicht ausschließen, dass wir uns auch hier einen externen Partner suchen.
Wenn Sie in Deutschland erstmals ohne externen Partner starten: Wie wollen sie denn die Aufmerksamkeit der potentiellen Werbekunden gewinnen?
Wir haben überlegt, was wir anbieten können, was die amerikanischen Konkurrenten ganz sicher nicht tun werden, und uns für einen unkonventionellen Weg entschieden: Wir werden einen Teil der Werbeeinnahmen spenden und unsere Zuschauer über ein Voting darüber abstimmen lassen, an wen das Geld gehen soll. Das verschafft uns gerade in der Werbebranche eine entsprechende Aufmerksamkeit.
Die Einnahmen sind die eine Seite, ein Sendestart ist aber ja erstmal mit nicht unerheblichen Investitionen verbunden. Wie schnell rechnen Sie denn damit, dass sich der Sender rechnet.
Da wir ein börsennotiertes Unternehmen sind, kann ich nicht ins Detail gehen. Aber: Die Anlaufkosten sind natürlich enorm. Das teuerste eines Senders ist das Programm und da investieren wir viel Geld. Wir legen Wert darauf, dass die Serien, die wir zeigen, hochwertig sind. Und die meisten sind europäischen Ursprungs – da kostet die Produktion natürlich mehr, als wenn sie die irgendwo in Asien herstellen lassen. Wir haben uns den Markt aber lange und gut angesehen und können als Urgestein der Branche mit den Kosten gut umgehen.
Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Piëch.