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Spielekonsolen Intellivision Amico ausprobiert: Die Konsole mit dem Wollmilchsau-Controller

Intellivisions Amico befindet sich auf den Zielgeraden: Die 280 Euro teure Konsole soll Anfang des kommenden Jahres auf den Markt kommen. Heise online konnte die Amico vorab mehrere Stunden ausprobieren.

Mit ihren Touchscreen-Controllern und ihrem Nostalgie-Flair machte die auf Android basierende
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Medien und Spielefans auf sich aufmerksam. Mediale Aufmerksamkeit bekam die Amico seitdem auch durch Kontroversen – etwa, als Entwickler-Enfant-Terrible und Unternehmensschef Tommy Tallarico einem US-Medium mit rechtlichen Schritten drohte, das über einen Leak aus dem Entwicklerportal berichtet hatte.

Intellivision ist ein US-Unternehmen, doch der deutsche Einfluss ist gewaltig: 17 der rund 25 Launch-Spiele der Familienkonsole wurden von deutschen Studios entwickelt, darunter "Space Strikers" von Couch in the Woods und "Intellivision Skiing" von Aesir Interactive. Hauptverantwortlich dafür ist Europa-Geschäftsführer Hans Ippisch, der früher als Spielejournalist tätig war und den Computec-Verlag geleitet hat. Nun hat Ippisch die Spieleentwicklung für die Amico koordiniert, die teilweise auch durch Fördermittel von Bund und Ländern unterstützt wurde.

Im Geiste der Nintendo Wii​

Für ihn sei die Zusammenarbeit mit Tommy Tallarico eine aufregende Gelegenheit gewesen, sagte Ippisch im Gespräch mit heise online. Mittlerweile sei die Massenproduktion der Amico angelaufen. Seit der Ankündigung war die Amico mehrfach verschoben worden – laut Ippisch lag das vorrangig an der Corona-Pandemie. Im kommenden Frühjahr sollen zuerst die 6000 Vorbesteller bedient werden, bevor die Konsole breiter verfügbar wird.

Intellivision vermarktet die Amico als familienfreundliche Spielkonsole, die Kinder, Freunde und Eltern gemeinsam vor den Bildschirm fesseln soll, ein wenig wie Nintendos Wii. Bis zu acht Spielerinnen und Spieler können gemeinsam zocken. Die Amico ist mit Maßen von 28 x 24 x 6 Zentimetern ein überraschend wuchtiges Gerät, das per HDMI an den Fernseher angeschlossen wird. In ihrer Mitte findet sich Platz für die zwei mitgelieferten Controller, die per Bluetooth gekoppelt werden und laut Hersteller 4 bis 8 Stunden durchhalten, bevor sie an den Strom müssen. Wer mehr Controller braucht, kann für jeweils 70 Euro weitere nachkaufen oder eine kostenlose App installieren, die den Controller auf dem Smartphone-Display nachstellt.

Alleskönner-Controller​

Der Controller selbst hat neben einer drehbaren Steuer-Disk mit 64 Stufen, die sich auch wie ein traditionelles Steuerkreuz drücken lässt, auch einen Touchscreen. Damit erinnern die aus Plastik gefertigten und 15 Zentimeter langen Gamepads ein bisschen an sehr frühe, klobige Gehversuche der ersten Smartphones. Wo oben und wo unten ist, darf man selbst entscheiden: Der Controller passt sich dank integriertem Gyroskop und Beschleunigungssensor an die gewählte Ausrichtung an und kann sogar hochkant eingesetzt werden – eine Orientierung, die laut Ippisch vorrangig Kinder wählen. Damit ist der Controller sehr flexibel, liegt aber nicht außergewöhnlich ergonomisch in der Hand. Die Ausrichtung des Displays ändert sich nur nach Druck auf die Home-Taste, sodass er nicht unbeabsichtigt während des Spielens wechselt. Lautsprecher und Mikrofon gehören wie ein abschaltbarer Vibrationsmotor ebenfalls zu jedem Controller.

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Der Standardgriff für den Controller der Amico. Der Screen ist in vielen Fällen vorwiegend zur Deko da oder löst einzelne Aktionen aus, die auch ein Knopf oder Thumbstick übernehmen könnte.
(Bild: heise online/lmd)

Das in den Controller integrierte TFT-Display ist 3,2 Zoll groß, hat eine Auflösung von 320 x 240 Pixeln und ist stark blickwinkelabhängig. Solange man den Amico-Controller einigermaßen gerade hält, ist das aber kein Problem. Die vier Schulterbuttons sind symmetrisch an den Seiten platziert: Zwei "oben", zwei "unten". Die unteren Buttons sind während des normalen Spielens nur umständlich zu erreichen, bei den von heise online angespielten Titeln brauchte man sie aber ohnehin selten. Eine LED um die Steuer-Disk blinkt im Takt zum Spiel oder zeigt an, welche Figur man steuert. Ein blaues Licht signalisiert in "Astrosmash" beispielsweise, dass man gerade die Geschicke des blauen Raumschiffs lenkt. Dieses visuelle Hilfsmittel ist wirklich praktisch, zumal es auf dem Fernseher oft chaotisch zugeht.

Sorglos-Konsole für Eltern​

Alle Spiele für die Amico sind fürs Zusammenspielen vor dem Bildschirm ausgelegt. "Wir wollen, dass Familien wieder Spaß am gemeinsamen Spielen haben", sagte Ippisch. Die ursprünglich geplante Möglichkeit, auch online gegen andere zu spielen, habe man aus diesem Grund gestrichen. Sie könnte aber zu einem späteren Zeitpunkt noch nachgereicht werden.

Auch andere Zusatzfeatures der Konsolenkonkurrenz musste der Vision einer Familienkonsole weichen. So werden für die Amico beispielsweise nur Titel mit einer maximalen Altersfreigabe von 6 Jahren angeboten, Apps wie beispielsweise Youtube oder gar einen Web-Browser gibt es nicht. Das soll sicherstellen, dass Eltern die Amico sorgenfrei ins Zimmer ihrer Kinder stellen können. Alle Spiele werden entweder speziell für die Amico entwickelt oder angepasst und streng kuratiert.

Bei der Spieleentwicklung hat Intellivision eigenen Angaben zufolge auch darauf geachtet, dass Spiele möglichst intuitiv steuerbar sind. "Das Kind und die Schwiegermutter sollten auch dann einfach losspielen können, wenn sie keine Erfahrung haben", unterstrich Ippisch. Das Vorhaben gelingt nicht immer: Gerade in den Spielmenüs war es oft völlig unklar, ob nun das Drücken eines der Buttons oder die Bedienung des Touchscreens gefordert war – es fehlt an einheitlichen Regeln für die Navigation. Bei mehreren Titeln dauerte es trotz Anleitung einige Minuten, bis sich alle Spielerinnen und Spieler erfolgreich in einen Titel eingewählt hatten.

Spielerische Wundertüte​

Auch die ausprobierten Spiele ließen ein einheitliches Steuerungskonzept vermissen. In dem an "Space Invaders" angelehnten "Astro Smash" bewegt man sich einfach von links nach rechts, indem man die Steuer-Disk in die entsprechende Richtung drückt. Per Tap auf den Touchscreen kann man einen kurzen Boost aktivieren. Im unübersichtlichen "Missile Command" zielt man dagegen mit dem Touchscreen und feuert verschiedene Projektile, indem man auf dem Steuerkreuz links oder rechts drückt.

Jedes Spiel für die Amico ist also eine kleine Wundertüte: Mal zeigt der Touchscreen wie in "Shark! Shark!" nur die verbleibenden Leben an, mal ist er zentrales Steuerelement, mal ist er nur Deko. Schade auch, dass das Gyroskop so selten zum Einsatz kommt: In "Intellivision Skiing" würde es das Steuern des Abfahrt-Skifahrers beispielsweise erleichtern, wenn man ihm auch mithilfe von Gamepad-Neigung durch die Tore lenken könnte.

Die Drehscheibe fand ebenfalls nur selten Verwendung, etwa in "Shark! Shark!", wo man den Fisch durch Rotation wenden kann. Spiele wie das Bomberman-ähnliche "Dynablaster" lassen Gyroskop, Touchscreen und Disk gänzlich ungenutzt und hätten mindestens genauso gut auf jedem erdenklichen Standard-Controller mit Steuerkreuz, Thumbstick und zwei Buttons umgesetzt werden können.

Was für zwischendurch​

Wie es besser geht, zeigt "Pool & Billiards": Dort kann man mit dem Touchscreen den Queue zuerst grob platzieren, bevor man ihn mit der Steuer-Disk feinjustiert. Wer möchte, kann auf dem Touchscreen sogar den genauen Stoßpunkt auf der Kugel festlegen. Hier merkt man, dass das dänische Entwicklerstudio Pool Legends bereits Erfahrung mit der Entwicklung für die Touchscreens von Smartphones gesammelt hat.

Ippisch hat das als Problem erkannt und verspricht Besserung: Drei der zum Launch vorinstallierten Spiele, die heise online noch nicht ausprobieren konnte, sollen Gyroskop und Touchscreen intensiver nutzen. Als Beispiel nennt Intellivisions Europa-Chef "Farkle", bei dem Würfel vom Touchscreen auf den Monitor geschleudert werden. In "Cornhole" soll man dagegen per Motion-Control Beutel möglichst präzise werfen. Bei künftigen Entwicklungen will Intellivision insgesamt mehr Wert darauf legen, dass die speziellen Fähigkeiten der Controller ausgenutzt werden.

Bei allen von heise online ausprobierten Spielen für die Amico gilt: Wer sich stunden- oder tagelang in riesigen Videospielwelten verlieren will, ist hier verkehrt. Alle gezeigten Spiele sind eher was für zwischendurch, für ein paar Minuten zocken mit den Kumpels und Freundinnen oder einen entspannten Abend mit der Familie. Die Preise beginnen ab 5 Euro, sechs Titel sind beim Kauf für 280 Euro bereits inbegriffen: "Intellivision Skiing", "Astrosmash", "Cornhole", "Intellivision Farkle", "Shark! Shark!" und ein noch nicht angekündigtes Spiel. Alle Titel nehmen zwischen 200 Mbyte und 1,1 GByte an Speicherplatz ein, die Konsole hat 32 GByte Platz. Zusätzliche Spiele kann man auf einer MicroSD-Karte unterbringen.

Zu viel gewollt?​

In der Amico-Community wird viel darüber spekuliert, ob die Latenz bei Controller-Eingaben ungewöhnlich hoch ist – ein Eindruck, der offenbar durch missverständliche Videoszenen entstanden ist. Tatsächlich konnten wir keine merkliche Verzögerung zwischen Input und Reaktion feststellen, die Eingabe fühlte sich genauso latenzarm an wie bei anderen Spielkonsolen. Einige Spiele steuerten sich zwar etwas träge, das lag aber stets an der Software-Umsetzung – in den Konsolenmenüs flutschte die Eingabe einwandfrei.
Dennoch hinterließ der Amico-Controller einen zwiespältigen Eindruck: Er kann so ziemlich alles, aber nichts davon herausragend gut. Der Touchscreen ist nicht ganz so präzise wie bei modernen Handys, auch das Gyroskop zeigte sich etwas hakeliger, als man es mittlerweile gewohnt ist. Das machte sich etwa bei "Evel Knievel" bemerkbar, einem sehr unterhaltsamen Port eines Mobilspiels, für den Intellivision einen zusätzlichen Mehrspielermodus in Auftrag gegeben hat. Hier muss man mit dem Gyroskop Raketen ausrichten, was mit dem Amico-Controller nicht immer auf den Punkt genau klappte. Im Vergleich mit den Gamepads der großen Konsolenhersteller fühlen sich die Knöpfe und das Steuerkreuz des Amico-Gamepads außerdem sehr schwammig an.

Vielleicht wäre es also cleverer gewesen, Intellivision hätte sich auf ein einzelnes Gimmick festgelegt. Wie das geht, zeigt zum Beispiel die
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, für die speziell auf die einzigartige Kurbel-Steuerung ausgelegte Spiele entwickelt werden. Die Amico möchte stattdessen alles können – und bezahlt für diese Flexibilität mit den genannten Problemzonen.

Die Leistung der Amico entspricht etwa der eines Einsteigerhandys. Sie hat einen Achtkern-SoC mit Taktfrequenz von 1,8 GHz und 2 GByte RAM, an den Monitor gibt sie 1080p aus. Grafisch sollte man nicht allzu viel erwarten, auch wenn Titel wie "Intellivision Skiing" mit hübschem Grafikstil positiv auffallen. Die meisten gezeigten Spiele sind grafisch simpel gehalten und laufen weitgehend stabil mit 60 FPS, ein wenig mehr Leistung für ambitioniertere Projekte wäre aber schön gewesen.

Fazit​

Intellivisions Amico ist ein mutiges Gerät: Es gehört einiges dazu, in Zeiten von Playstation 5, Nintendo Switch und Xbox Series X eine alternative Indie-Spielkonsole samt eigenem Spieleangebot auf die Beine stellen zu wollen. Mit ihrem unkonventionellen Controller und dem Fokus auf lokale Mehrspielertitel schafft es die Amico zumindest, sich klar von den Mitbewerbern abzugrenzen.

Die Amico bietet sich damit für den kurzen Spiele-Snack zwischendurch oder einen lustigen Abend in Gesellschaft an. Die Idee, Familien und Freunde gemeinsam vor den Bildschirm zu holen ist ebenso lobenswert wie der Boost für den Spielestandort Deutschland und die Möglichkeit, einfach mit dem Smartphone mitspielen zu können. Deutlich wurde beim Anspielen aber, dass die Amico ihren Interessenten einiges an Kompromissbereitschaft abverlangt. Gerade der überfrachtete Wollmilchsau-Controller wirkt noch unausgegoren und lässt eine klare Vision vermissen. Viele der gezeigten Spiele sind außerdem bestenfalls kurzfristig unterhaltsam oder würden auf anderen Systemen mindestens genauso gut funktionieren.

Das alles wäre einfacher zu verschmerzen, wenn die Amico günstiger wäre: Ippisch sagte heise online, die ersten Exemplare der Konsole würden trotz Preispunkt von 280 Euro noch verlustbehaftet verkauft. Doch auch wenn die Amico mit sechs vorinstallierten Spielen erscheint, kommt die Familienkonsole von Intellivision bei diesem Preis nicht um den Vergleich mit der kaum teureren
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herum. Sie ist der Amico in vielen Gesichtspunkten – etwa Spieleauswahl, Hardware und Funktionsumfang – schlicht überlegen.
Quelle: heise
 
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