Im August sorgte das Oberlandesgericht Düsseldorf für Aufsehen, als die Richter den Kartellamtsbeschluss zur Fusion von Unitymedia
Herr Rößner, im August hob das Oberlandesgericht Düsseldorf einen Beschluss des Bundeskartellamtes zur Freigabe der Fusion von Unitymedia und Kabel BW auf. Möglicherweise muss das Kartellamt nun neu prüfen, ob der Zusammenschluss der beiden Kabelnetzbetreiber nicht zu einer Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung von Unitymedia führt. Kam der Beschluss für Sie überraschend?
Sören Rößner: Maßgeblich für die Entscheidung des Gerichtes war vor allem die Erwägung, dass die Bedingungen und Auflagen, mit denen die Freigabe verbunden worden war, nicht geeignet gewesen seien, die aus der Fusion resultierende Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung von Unitymedia auf dem leitungsgebundenen Signalmarkt hinreichend zu kompensieren. Die Effektivität dieser Maßnahmen war bereits während des Fusionskontrollverfahrens von zahlreichen Marktteilnehmern in Zweifel gezogen worden. Damit, dass ein derart bedeutsamer Deal nach einem langwierigen und umfangreichen Verfahren dann aber tatsächlich gerichtlich aufgehoben wird, hatten aber wohl die wenigsten gerechnet. Insofern hat dies auch mich überrascht.
Der Beschluss des Gerichtes richtete sich gegen die Freigabeentscheidung des Kartellamtes. Betroffen ist jedoch maßgeblich Unitymedia. Hat der Netzbetreiber eine Möglichkeit, gegen den Beschluss vorzugehen?
Rößner: Ja, als Verfahrensbeteiligter kann er den Düsseldorfer Richterspruch mit der Nichtzulassungsbeschwerde und der Rechtsbeschwerde angreifen, über die der Bundesgerichtshof zu entscheiden hat. Dieser Schritt ist bereits erfolgt; derzeit läuft die Begründungsfrist. Das Gericht hatte die Rechtsbeschwerde gegen seinen Beschluss nicht zugelassen. Hierfür bestand nach Auffassung des Senats kein Anlass, weil keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung betroffen seien und dies auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten gewesen sei, da keine Divergenz zur höchstrichterlichen Rechtsprechung vorliege.
Die Wahrscheinlichkeit scheint derzeit hoch, dass die Fusion tatsächlich erneut zur Prüfung vor dem Bundeskartellamt landet. Wie würde eine Neubetrachtung aussehen? Würde die Prüfung ganz von vorn beginnen oder lediglich gemäß der Bedenken der Düsseldorfer Richter fortgeführt?
Rößner: In der Tat erscheint es äußerst fraglich, ob es Unitymedia gelingt, durchgreifende Zulassungsgründe geltend zu machen; schwerwiegende Verfahrensmängel, deren Rüge keiner Zulassung bedarf, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Sollte der Bundesgerichtshof die Rechtsbeschwerde nicht zulassen und die Aufhebung der Freigabeentscheidung durch das Oberlandesgericht Düsseldorf somit rechtskräftig werden, müsste das Bundeskartellamt unter Berücksichtigung der Ausführungen des Gerichtes erneut prüfen, ob die Fusion unter geänderten Bedingungen und Auflagen freigegeben werden kann, wobei – soweit hierfür geeignet – auch auf Erkenntnisse aus dem bisherigen Verfahren zurückgegriffen werden kann; möglicherweise sind weitere Ermittlungen erforderlich.
In jedem Fall wird das Kartellamt im Zuge dessen entsprechende Stellungnahmen der Zusammenschlussbeteiligten und Beigeladenen einholen und in seine Erwägungen einbeziehen. Eine solche neue Prüfung wäre auch dann vorzunehmen, wenn der Bundesgerichtshof die Rechtsbeschwerde zwar zulässt, sie am Ende jedoch zurückweist.
Bei einer Neubetrachtung des Falles dürften die Kartellwächter nach dem Düsseldorfer Beschluss unter besonderer Beobachtung der Marktteilnehmer und der Öffentlichkeit stehen. Könnte das Ihrer Meinung nach für einen großen Druck sorgen, diesmal besonders gründlich zu sein? Immerhin kam es nach dem Beschluss des Gerichtes bei der ersten Prüfung zu gravierenden Fehleinschätzungen.
Rößner: Das Fusionskontrollverfahren stand – wie auch im Anschluss das gerichtliche Beschwerdeverfahren – schon bisher im Fokus der Branche; und angesichts seines beträchtlichen Umfangs würde ich dem Bundeskartellamt auch nicht unterstellen wollen, bei seinen Ermittlungen nicht gründlich genug gewesen zu sein, zumal die Argumente, die gegen eine Freigabe unter diesen Bedingungen und Auflagen sprachen, auf der Hand lagen und von einigen Verfahrensbeteiligten auch deutlich artikuliert wurden. Entscheidend für die Aufhebung der Freigabe war in erster Linie vielmehr, dass das Kartellamt nach Ansicht des Oberlandesgerichts Düsseldorf aus den tatsächlichen Erkenntnissen teilweise unzutreffende Schlussfolgerungen gezogen hat. Mit den in diesem Zusammenhang thematisierten Aspekten würde man sich im Falle einer neuen wettbewerblichen Beurteilung des Zusammenschlusses verstärkt auseinandersetzen müssen.
Laut Aussage des Oberlandesgerichts Düsseldorf könnte Kabel BW ohne die Fusion in den kommenden Jahren zu einem Konkurrenten für Unitymedia in Hessen und Nordrhein-Westfalen werden. Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass eine Fusion angesichts dieser neuen Einschätzung in der zweiten Prüfung eine Freigabe vom Bundeskartellamt bekommt? Muss das Kartellamt der Einschätzung der Richter bei einer erneuten Prüfung überhaupt folgen?
Rößner: Die Wahrscheinlichkeit einer Freigabe würde unter Berücksichtigung dieses Umstandes jedenfalls deutlich sinken; eine solche dürfte dann allenfalls bei erheblich weitergehenden Verpflichtungen der Zusammenschlussbeteiligten in Betracht kommen. Insofern darf man auf das entsprechende Zusagenangebot von Unitymedia gespannt sein. Auch wenn Gegenstand des Düsseldorfer Beschlusses lediglich die Freigabeentscheidung vom Dezember 2011 mit den darin konkret enthaltenen Nebenbestimmungen war, würde das Bundeskartellamt die sich aus den Ausführungen des Gerichtes ergebenden Konsequenzen bei seiner Entscheidung schon allein deswegen berücksichtigen, um eine erneute Aufhebung durch das Oberlandesgericht zu vermeiden.
Angenommen das Bundeskartellamt käme bei einer Neubetrachtung des Falles zu dem Ergebnis, dass eine Fusion nicht gestattet werden kann. Was würde dann geschehen? Müsste der bereits vollzogene Zusammenschluss von Unitymedia und Kabel BW dann tatsächlich rückgängig gemacht werden?
Rößner: In diesem Falle wäre der Zusammenschluss aufzulösen, wenn ihn nicht der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie auf Antrag erlaubt, was wiederum entsprechende gesamtwirtschaftliche Vorteile der Fusion oder ein überragendes Interesse der Allgemeinheit voraussetzt. Allerdings kann die durch die Fusion eingetretene Wettbewerbsbeschränkung auch auf andere Weise als durch Wiederherstellung des früheren Zustands beseitigt werden; eine Rückabwicklung wäre also nicht zwingend. So war von Liberty Global schon vor Anmeldung des Vorhabens für den Fall der Untersagung des Deals durch das Bundeskartellamt vorgesehen, dass JPMorgan, eine der involvierten Banken, Kabel
Vielen Dank für das Gespräch.
Quelle: Digitalfernsehen
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und Kabel BW
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aufgehoben haben. DIGITAL FERNSEHEN sprach mit Sören Rößner, Rechtsanwalt für Telekommunikations- und Medienrecht, über die möglichen Konsequenzen für Unitymedia Kabel BW.Herr Rößner, im August hob das Oberlandesgericht Düsseldorf einen Beschluss des Bundeskartellamtes zur Freigabe der Fusion von Unitymedia und Kabel BW auf. Möglicherweise muss das Kartellamt nun neu prüfen, ob der Zusammenschluss der beiden Kabelnetzbetreiber nicht zu einer Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung von Unitymedia führt. Kam der Beschluss für Sie überraschend?
Sören Rößner: Maßgeblich für die Entscheidung des Gerichtes war vor allem die Erwägung, dass die Bedingungen und Auflagen, mit denen die Freigabe verbunden worden war, nicht geeignet gewesen seien, die aus der Fusion resultierende Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung von Unitymedia auf dem leitungsgebundenen Signalmarkt hinreichend zu kompensieren. Die Effektivität dieser Maßnahmen war bereits während des Fusionskontrollverfahrens von zahlreichen Marktteilnehmern in Zweifel gezogen worden. Damit, dass ein derart bedeutsamer Deal nach einem langwierigen und umfangreichen Verfahren dann aber tatsächlich gerichtlich aufgehoben wird, hatten aber wohl die wenigsten gerechnet. Insofern hat dies auch mich überrascht.
Der Beschluss des Gerichtes richtete sich gegen die Freigabeentscheidung des Kartellamtes. Betroffen ist jedoch maßgeblich Unitymedia. Hat der Netzbetreiber eine Möglichkeit, gegen den Beschluss vorzugehen?
Rößner: Ja, als Verfahrensbeteiligter kann er den Düsseldorfer Richterspruch mit der Nichtzulassungsbeschwerde und der Rechtsbeschwerde angreifen, über die der Bundesgerichtshof zu entscheiden hat. Dieser Schritt ist bereits erfolgt; derzeit läuft die Begründungsfrist. Das Gericht hatte die Rechtsbeschwerde gegen seinen Beschluss nicht zugelassen. Hierfür bestand nach Auffassung des Senats kein Anlass, weil keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung betroffen seien und dies auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten gewesen sei, da keine Divergenz zur höchstrichterlichen Rechtsprechung vorliege.
Die Wahrscheinlichkeit scheint derzeit hoch, dass die Fusion tatsächlich erneut zur Prüfung vor dem Bundeskartellamt landet. Wie würde eine Neubetrachtung aussehen? Würde die Prüfung ganz von vorn beginnen oder lediglich gemäß der Bedenken der Düsseldorfer Richter fortgeführt?
Rößner: In der Tat erscheint es äußerst fraglich, ob es Unitymedia gelingt, durchgreifende Zulassungsgründe geltend zu machen; schwerwiegende Verfahrensmängel, deren Rüge keiner Zulassung bedarf, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Sollte der Bundesgerichtshof die Rechtsbeschwerde nicht zulassen und die Aufhebung der Freigabeentscheidung durch das Oberlandesgericht Düsseldorf somit rechtskräftig werden, müsste das Bundeskartellamt unter Berücksichtigung der Ausführungen des Gerichtes erneut prüfen, ob die Fusion unter geänderten Bedingungen und Auflagen freigegeben werden kann, wobei – soweit hierfür geeignet – auch auf Erkenntnisse aus dem bisherigen Verfahren zurückgegriffen werden kann; möglicherweise sind weitere Ermittlungen erforderlich.
In jedem Fall wird das Kartellamt im Zuge dessen entsprechende Stellungnahmen der Zusammenschlussbeteiligten und Beigeladenen einholen und in seine Erwägungen einbeziehen. Eine solche neue Prüfung wäre auch dann vorzunehmen, wenn der Bundesgerichtshof die Rechtsbeschwerde zwar zulässt, sie am Ende jedoch zurückweist.
Bei einer Neubetrachtung des Falles dürften die Kartellwächter nach dem Düsseldorfer Beschluss unter besonderer Beobachtung der Marktteilnehmer und der Öffentlichkeit stehen. Könnte das Ihrer Meinung nach für einen großen Druck sorgen, diesmal besonders gründlich zu sein? Immerhin kam es nach dem Beschluss des Gerichtes bei der ersten Prüfung zu gravierenden Fehleinschätzungen.
Rößner: Das Fusionskontrollverfahren stand – wie auch im Anschluss das gerichtliche Beschwerdeverfahren – schon bisher im Fokus der Branche; und angesichts seines beträchtlichen Umfangs würde ich dem Bundeskartellamt auch nicht unterstellen wollen, bei seinen Ermittlungen nicht gründlich genug gewesen zu sein, zumal die Argumente, die gegen eine Freigabe unter diesen Bedingungen und Auflagen sprachen, auf der Hand lagen und von einigen Verfahrensbeteiligten auch deutlich artikuliert wurden. Entscheidend für die Aufhebung der Freigabe war in erster Linie vielmehr, dass das Kartellamt nach Ansicht des Oberlandesgerichts Düsseldorf aus den tatsächlichen Erkenntnissen teilweise unzutreffende Schlussfolgerungen gezogen hat. Mit den in diesem Zusammenhang thematisierten Aspekten würde man sich im Falle einer neuen wettbewerblichen Beurteilung des Zusammenschlusses verstärkt auseinandersetzen müssen.
Laut Aussage des Oberlandesgerichts Düsseldorf könnte Kabel BW ohne die Fusion in den kommenden Jahren zu einem Konkurrenten für Unitymedia in Hessen und Nordrhein-Westfalen werden. Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass eine Fusion angesichts dieser neuen Einschätzung in der zweiten Prüfung eine Freigabe vom Bundeskartellamt bekommt? Muss das Kartellamt der Einschätzung der Richter bei einer erneuten Prüfung überhaupt folgen?
Rößner: Die Wahrscheinlichkeit einer Freigabe würde unter Berücksichtigung dieses Umstandes jedenfalls deutlich sinken; eine solche dürfte dann allenfalls bei erheblich weitergehenden Verpflichtungen der Zusammenschlussbeteiligten in Betracht kommen. Insofern darf man auf das entsprechende Zusagenangebot von Unitymedia gespannt sein. Auch wenn Gegenstand des Düsseldorfer Beschlusses lediglich die Freigabeentscheidung vom Dezember 2011 mit den darin konkret enthaltenen Nebenbestimmungen war, würde das Bundeskartellamt die sich aus den Ausführungen des Gerichtes ergebenden Konsequenzen bei seiner Entscheidung schon allein deswegen berücksichtigen, um eine erneute Aufhebung durch das Oberlandesgericht zu vermeiden.
Angenommen das Bundeskartellamt käme bei einer Neubetrachtung des Falles zu dem Ergebnis, dass eine Fusion nicht gestattet werden kann. Was würde dann geschehen? Müsste der bereits vollzogene Zusammenschluss von Unitymedia und Kabel BW dann tatsächlich rückgängig gemacht werden?
Rößner: In diesem Falle wäre der Zusammenschluss aufzulösen, wenn ihn nicht der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie auf Antrag erlaubt, was wiederum entsprechende gesamtwirtschaftliche Vorteile der Fusion oder ein überragendes Interesse der Allgemeinheit voraussetzt. Allerdings kann die durch die Fusion eingetretene Wettbewerbsbeschränkung auch auf andere Weise als durch Wiederherstellung des früheren Zustands beseitigt werden; eine Rückabwicklung wäre also nicht zwingend. So war von Liberty Global schon vor Anmeldung des Vorhabens für den Fall der Untersagung des Deals durch das Bundeskartellamt vorgesehen, dass JPMorgan, eine der involvierten Banken, Kabel
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BW vorübergehend übernimmt und weiterverkauft. Vielen Dank für das Gespräch.
Quelle: Digitalfernsehen