Bei Disney+ sind Marvel-Filme nun in "IMAX Enhanced" abrufbar. Wir erklären, wer die Vorteile nutzen kann und was es mit dem Format auf sich hat.
Als Disney am 12. November den zweiten Geburtstag seines Streamingdienstes Disney+ beging, bewegten sich die Ankündigungen zunächst im üblichen Rahmen: Hier eine neue Marvel-Serie, dort das nächste Star-Wars-Abenteuer. Dann jedoch überraschte der Videostreamingdienst mit der Nachricht, ab sofort (je nach Region) bis zu dreizehn Filme in einem neuen Format namens "IMAX Enhanced" zu streamen.
Alle Titel stammen von Disneys Marvel Studios. Neben dem aktuellen Streifen "Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings" handelt es sich um "Iron Man", "Guardians of the Galaxy", "Guardians of the Galaxy Vol. 2", "Captain America: Civil War", "Doctor Strange", "Thor: Ragnarok", "Black Panther", "Avengers: Infinity War", "Ant-Man and The Wasp", "Captain Marvel", "Avengers: Endgame" und "Black Widow".
Zwar gibt es IMAX-Enhanced-zertifizierte Audio/Video-Receiver und Fernseher – die IMAX-Enhanced-Filme von Disney+ lassen sich in der aktuellen Fassung aber auf Anlagen ohne das Gütesiegel abspielen. Einen Unterschied sieht oder hört man dabei nicht.
Neue Verhältnisse
Auffälligstes Merkmal der IMAX-Enhanced-Versionen ist ein Seitenverhältnis von 1,90:1, durch das die Filme schmalere Balken oben und unten haben als in den (UHD-)Blu-ray-Versionen, bei denen das Seitenverhältnis bei 2,39:1 liegt, entsprechend den Cinemascope-Kinofassungen. Die Bilder wurden aber nicht einfach aufgezogen, sondern zeigen tatsächlich bis zu 26 Prozent mehr Inhalt (siehe Screenshot). Möglich ist dies, weil die Filme für die Aufführung in IMAX-Kinos in 1,90:1 gedreht und für gewöhnliche Filmtheater mit schwarzen Balken versehen wurden.
Allerdings bieten nicht alle dreizehn Filme durchgängig mehr Bildinhalt. Nur "Avengers: Infinity War, "Avengers: Endgame" und "Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings" profitieren über die volle Laufzeit davon, die übrigen Titel nutzen das IMAX-Bildformat nur sehr spärlich. Bei ihnen ändert sich das Format dann immer wieder mitten im Film.
Zwei weitere Punkte sind in diesem Zusammenhang wichtig: Zum einen füllen die IMAX-Enhanced-Filme mit einem Seitenverhältnis von 1,90:1 die Schirme der heute üblichen TVs immer noch nicht voll aus. Deren 16:9-Format entspricht dem Verhältnis 1,78:1. Zum anderen hat Enhanced nichts mit der ursprünglichen IMAX-Version zu tun, die ein Seitenverhältnis von 1,43:1 aufwies, bei dem auf 16:9-TVs rechts und links schwarze Balken zu sehen sind – wie beim Zack Snyder Cut von "Justice League". Wer lieber die Kinoversionen sehen möchte, hat dazu weiterhin Gelegenheit: Sie lassen sich über den Reiter "Fassungen" in der jeweiligen Übersicht zum Film anwählen.
Ohne Rauschen
IMAX Enhanced bietet aber mehr als ein Bild mit ungewöhnlichem Seitenverhältnis. Dazu gehört noch ein eigens entwickeltes Bildverbesserungsverfahren mit digitaler Rauschunterdrückung. Allerdings wurden Marvels IMAX-Enhanced-Titel mit Ausnahme von "Iron Man" durchweg digital gefilmt und sind von Haus aus bereits sehr rauscharm.
In dunkleren Szenen erkennt man gegenüber den Fassungen auf der jeweiligen 4K-Disc eine leichte Rauschminderung. Diese ist etwa auf dunklen Oberflächen im Hintergrund durchaus angenehm, an anderer Stelle sehen Gesichter bisweilen etwas wächsern aus. Allerdings rauschen bei Disney+ auch die Kinofassungen etwas weniger als die Scheibenversionen.
Legt man bei "Shang-Chi" die beiden auf Disney+ verfügbaren Versionen übereinander, erkennt man, wie viel Bildinhalt in der Kinofassung fehlt: Vom Fabelwesen sieht man in dieser Szene nur in der IMAX-Enhanced-Version den ganzen Kopf, ebenso wie die untere Hand des Kriegers vorne. Die schwarzen Balken oben und unten zeigen, dass aber selbst die IMAX-Enhanced-Version das Panel eines 16:9-TVs nicht komplett ausfüllt.
(Bild: Screenshot Disney+)
Der Feind im Bett
Auf geeigneten Heimkinoanlagen sind die IMAX-Enhanced- wie die Kinofassungen der Marvel-Filme in 4K-Auflösung mit HDR-Bild im Format Dolby Vision und mit englischem 3D-Sound im Format Dolby Atmos abrufbar. Das ist erstaunlich, weil IMAX Enhanced von IMAX gemeinsam mit Dolbys größtem Konkurrenten DTS entwickelt wurde.
Bei der Präsentation im Herbst 2018 hatten die Partner daher erklärt, dass Dolby Vision nur ein theoretisch nutzbares HDR-Format sei und stattdessen HDR10 oder HDR10+ verwendet werde. Als 3D-Soundformat erschuf man eine spezielle Variante von DTS:X, die den IMAX-Sound aus den Kinos ins Wohnzimmer holen soll. Nach diesen Vorgaben wurden auch die UHD-Blu-rays produziert, die Sony Pictures zwischen Herbst 2019 und Sommer 2020 herausbrachte. Und daran hält sich auch Rakuten.tv als Miet-/Kaufdienst, der Sony-Pictures-Filme im IMAX-Enhanced-Format für Sony-TVs anbietet. Für Disney+ waren IMAX und DTS aber offenbar kompromissbereit.
Wo bleibt der 3D-Sound?
DTS erklärte zum Start von IMAX Enhanced bei Disney+, man werde "in Zukunft" über den Dienst "immersiven IMAX-Sound" bereitstellen. Das wäre die Antwort auf Dolby Atmos, das bei Disney+ & Co. mit Dolby Digital Plus als Basis-Codec ausgespielt wird.
Doch das ist leichter gesagt als getan: Wie in c’t 9/2021, Seite 144, beschrieben, mangelte es DTS an einem Grund-Codec mit einer für Streaming ausreichend niedrigen Datenrate. Daher erschienen bislang nur UHD-Blu-rays im IMAX-Enhanced-Format mit 3D-Sound, wo hohe Datenraten kein Problem sind. DTS wollte mittlerweile aber einen neuen Streaming-Codec fertig haben, der die IMAX-Variante von DTS:X transportieren kann. Bei Disney+ ist aber nicht einmal gewöhnlicher DTS-Ton abrufbar.
Doch auch der neue Codec wäre nur die halbe Miete: Da ihn kein Receiver (auch nicht die IMAX-Enhanced-Geräte) verarbeiten kann, bräuchte man einen Transcoder, um ihn zu wandeln – in IMAX-Sound für Receiver mit Gütesiegel und in DTS:X für solche ohne Siegel, aber mit DTS:X-Decoder. Bislang haben jedoch nur Sonys neueste Bravia-TVs die notwendige Technik eingebaut. Aufgrund der nötigen Rechenleistung dürften bereits erhältliche Fernseher die Transkodierung nicht per Firmware-Update lernen können.
Fazit
Bedenkt man, was IMAX Enhanced auf UHD-Blu-ray alles enthält, ist es ernüchternd, dass es auf Disney+ bislang nur für ein neues Bildformat steht. Interessant wäre etwa, den Entrauscher bei Produktionen mit viel Filmkorn im Einsatz zu sehen. Wann über Disney+ auch der bei IMAX Enhanced vorgesehene 3D-Sound ausgeliefert wird und auf welchen Geräten abseits neuer Sony-TVs sich dieser dann ausgeben lässt, ist noch gar nicht absehbar.
Dennoch hat Disney+ mit IMAX Enhanced ein interessantes Feature eingeführt, das bei einigen Filmen sichtbar mehr Bildinhalt liefert. Da die Kinofassungen der betreffenden Titel weiterhin abrufbar sind, stößt der Streamingdienst Puristen, die das Cinemascope-Format bevorzugen, dabei nicht vor den Kopf.
Welche Vor- und Nachteile Disney+ im Vergleich zu anderen Videostreamingdiensten mit sich bringt, haben wir für Sie zusammengefasst.
Quelle; heise
Du musst Regestriert sein, um das angehängte Bild zusehen.
Als Disney am 12. November den zweiten Geburtstag seines Streamingdienstes Disney+ beging, bewegten sich die Ankündigungen zunächst im üblichen Rahmen: Hier eine neue Marvel-Serie, dort das nächste Star-Wars-Abenteuer. Dann jedoch überraschte der Videostreamingdienst mit der Nachricht, ab sofort (je nach Region) bis zu dreizehn Filme in einem neuen Format namens "IMAX Enhanced" zu streamen.
Alle Titel stammen von Disneys Marvel Studios. Neben dem aktuellen Streifen "Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings" handelt es sich um "Iron Man", "Guardians of the Galaxy", "Guardians of the Galaxy Vol. 2", "Captain America: Civil War", "Doctor Strange", "Thor: Ragnarok", "Black Panther", "Avengers: Infinity War", "Ant-Man and The Wasp", "Captain Marvel", "Avengers: Endgame" und "Black Widow".
Zwar gibt es IMAX-Enhanced-zertifizierte Audio/Video-Receiver und Fernseher – die IMAX-Enhanced-Filme von Disney+ lassen sich in der aktuellen Fassung aber auf Anlagen ohne das Gütesiegel abspielen. Einen Unterschied sieht oder hört man dabei nicht.
Neue Verhältnisse
Auffälligstes Merkmal der IMAX-Enhanced-Versionen ist ein Seitenverhältnis von 1,90:1, durch das die Filme schmalere Balken oben und unten haben als in den (UHD-)Blu-ray-Versionen, bei denen das Seitenverhältnis bei 2,39:1 liegt, entsprechend den Cinemascope-Kinofassungen. Die Bilder wurden aber nicht einfach aufgezogen, sondern zeigen tatsächlich bis zu 26 Prozent mehr Inhalt (siehe Screenshot). Möglich ist dies, weil die Filme für die Aufführung in IMAX-Kinos in 1,90:1 gedreht und für gewöhnliche Filmtheater mit schwarzen Balken versehen wurden.
Allerdings bieten nicht alle dreizehn Filme durchgängig mehr Bildinhalt. Nur "Avengers: Infinity War, "Avengers: Endgame" und "Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings" profitieren über die volle Laufzeit davon, die übrigen Titel nutzen das IMAX-Bildformat nur sehr spärlich. Bei ihnen ändert sich das Format dann immer wieder mitten im Film.
Zwei weitere Punkte sind in diesem Zusammenhang wichtig: Zum einen füllen die IMAX-Enhanced-Filme mit einem Seitenverhältnis von 1,90:1 die Schirme der heute üblichen TVs immer noch nicht voll aus. Deren 16:9-Format entspricht dem Verhältnis 1,78:1. Zum anderen hat Enhanced nichts mit der ursprünglichen IMAX-Version zu tun, die ein Seitenverhältnis von 1,43:1 aufwies, bei dem auf 16:9-TVs rechts und links schwarze Balken zu sehen sind – wie beim Zack Snyder Cut von "Justice League". Wer lieber die Kinoversionen sehen möchte, hat dazu weiterhin Gelegenheit: Sie lassen sich über den Reiter "Fassungen" in der jeweiligen Übersicht zum Film anwählen.
Ohne Rauschen
IMAX Enhanced bietet aber mehr als ein Bild mit ungewöhnlichem Seitenverhältnis. Dazu gehört noch ein eigens entwickeltes Bildverbesserungsverfahren mit digitaler Rauschunterdrückung. Allerdings wurden Marvels IMAX-Enhanced-Titel mit Ausnahme von "Iron Man" durchweg digital gefilmt und sind von Haus aus bereits sehr rauscharm.
In dunkleren Szenen erkennt man gegenüber den Fassungen auf der jeweiligen 4K-Disc eine leichte Rauschminderung. Diese ist etwa auf dunklen Oberflächen im Hintergrund durchaus angenehm, an anderer Stelle sehen Gesichter bisweilen etwas wächsern aus. Allerdings rauschen bei Disney+ auch die Kinofassungen etwas weniger als die Scheibenversionen.
Du musst Regestriert sein, um das angehängte Bild zusehen.
Legt man bei "Shang-Chi" die beiden auf Disney+ verfügbaren Versionen übereinander, erkennt man, wie viel Bildinhalt in der Kinofassung fehlt: Vom Fabelwesen sieht man in dieser Szene nur in der IMAX-Enhanced-Version den ganzen Kopf, ebenso wie die untere Hand des Kriegers vorne. Die schwarzen Balken oben und unten zeigen, dass aber selbst die IMAX-Enhanced-Version das Panel eines 16:9-TVs nicht komplett ausfüllt.
(Bild: Screenshot Disney+)
Der Feind im Bett
Auf geeigneten Heimkinoanlagen sind die IMAX-Enhanced- wie die Kinofassungen der Marvel-Filme in 4K-Auflösung mit HDR-Bild im Format Dolby Vision und mit englischem 3D-Sound im Format Dolby Atmos abrufbar. Das ist erstaunlich, weil IMAX Enhanced von IMAX gemeinsam mit Dolbys größtem Konkurrenten DTS entwickelt wurde.
Bei der Präsentation im Herbst 2018 hatten die Partner daher erklärt, dass Dolby Vision nur ein theoretisch nutzbares HDR-Format sei und stattdessen HDR10 oder HDR10+ verwendet werde. Als 3D-Soundformat erschuf man eine spezielle Variante von DTS:X, die den IMAX-Sound aus den Kinos ins Wohnzimmer holen soll. Nach diesen Vorgaben wurden auch die UHD-Blu-rays produziert, die Sony Pictures zwischen Herbst 2019 und Sommer 2020 herausbrachte. Und daran hält sich auch Rakuten.tv als Miet-/Kaufdienst, der Sony-Pictures-Filme im IMAX-Enhanced-Format für Sony-TVs anbietet. Für Disney+ waren IMAX und DTS aber offenbar kompromissbereit.
Wo bleibt der 3D-Sound?
DTS erklärte zum Start von IMAX Enhanced bei Disney+, man werde "in Zukunft" über den Dienst "immersiven IMAX-Sound" bereitstellen. Das wäre die Antwort auf Dolby Atmos, das bei Disney+ & Co. mit Dolby Digital Plus als Basis-Codec ausgespielt wird.
Doch das ist leichter gesagt als getan: Wie in c’t 9/2021, Seite 144, beschrieben, mangelte es DTS an einem Grund-Codec mit einer für Streaming ausreichend niedrigen Datenrate. Daher erschienen bislang nur UHD-Blu-rays im IMAX-Enhanced-Format mit 3D-Sound, wo hohe Datenraten kein Problem sind. DTS wollte mittlerweile aber einen neuen Streaming-Codec fertig haben, der die IMAX-Variante von DTS:X transportieren kann. Bei Disney+ ist aber nicht einmal gewöhnlicher DTS-Ton abrufbar.
Doch auch der neue Codec wäre nur die halbe Miete: Da ihn kein Receiver (auch nicht die IMAX-Enhanced-Geräte) verarbeiten kann, bräuchte man einen Transcoder, um ihn zu wandeln – in IMAX-Sound für Receiver mit Gütesiegel und in DTS:X für solche ohne Siegel, aber mit DTS:X-Decoder. Bislang haben jedoch nur Sonys neueste Bravia-TVs die notwendige Technik eingebaut. Aufgrund der nötigen Rechenleistung dürften bereits erhältliche Fernseher die Transkodierung nicht per Firmware-Update lernen können.
Fazit
Bedenkt man, was IMAX Enhanced auf UHD-Blu-ray alles enthält, ist es ernüchternd, dass es auf Disney+ bislang nur für ein neues Bildformat steht. Interessant wäre etwa, den Entrauscher bei Produktionen mit viel Filmkorn im Einsatz zu sehen. Wann über Disney+ auch der bei IMAX Enhanced vorgesehene 3D-Sound ausgeliefert wird und auf welchen Geräten abseits neuer Sony-TVs sich dieser dann ausgeben lässt, ist noch gar nicht absehbar.
Dennoch hat Disney+ mit IMAX Enhanced ein interessantes Feature eingeführt, das bei einigen Filmen sichtbar mehr Bildinhalt liefert. Da die Kinofassungen der betreffenden Titel weiterhin abrufbar sind, stößt der Streamingdienst Puristen, die das Cinemascope-Format bevorzugen, dabei nicht vor den Kopf.
Welche Vor- und Nachteile Disney+ im Vergleich zu anderen Videostreamingdiensten mit sich bringt, haben wir für Sie zusammengefasst.
Quelle; heise
Anhänge
Du musst angemeldet sein, um die Anhangsliste zu sehen.