Skyline01
Elite Lord
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Darum brauchen wir den Zivildienst (nicht)
Union und FDP verkürzen Wehr- und Zivildienst, das sorgt für Streit: Die einen fürchten um die Schwachen der Gesellschaft, die anderen hoffen auf das Ende des Zwangsdienstes. Wer hat Recht?
Sechs Monate Zivi? Ein großer Fehler. Die Verkürzung, auf die sich die Bundesregierung einigte, könnte das Ende des Ersatzdienstes bedeuten. Deutschland stünde so vor großen Problemen, denn wirtschafts- und sozialpolitisch ist er unersetzlich.
Da haben sie sich doch mal geeingt. Union und FDP werden den Wehrdienst verkürzen - auf sechs Monate. Doch Grund zur Freude besteht nicht. Im Gegenteil: Eine kürzere Wehrpflicht hat böse Folgen für die Bundeswehr - vor allem aber für den Zivildienst. Er könnte auf kurz oder lang am Ende sein. Und das wäre nicht gut für das Land.
Schon die letzte Verkürzung auf neun Monate ließ die sozialen Einrichtungen am Sinn des Ersatzdienstes zweifeln. Bei sechs Monaten lohnt es sich für Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen Behindertenwerkstätten oder Altenheimen schlicht nicht mehr, Zivis einzustellen. Sie wären mehr Be- als Entlastung. In der Wirtschaft würde man sagen: Sie rechnen sich nicht mehr.
Wer Schwerverletzte retten, Querschnittsgelähmte betreuen oder Koma-Patienten pflegen soll, braucht Zeit, um das zu lernen - Wochen, manchmal Monate. Kommen dann noch Urlaub und Schulungen dazu, ist das halbe Jahr rum. Und schon wird wieder rotiert. Niemandem ist da geholfen. Dem Zivi nicht, der Einrichtung nicht, Patienten oder Senioren schon gar nicht. Kein Wunder, das viele von SPIEGEL ONLINE befragte Träger überlegen, ganz aus dem System auszusteigen und auf die teureren, aber längerfristigen Freiwilligendienste zu setzen.
Doch der Zivildienst ist zu wichtig, um ihn aufzugeben. Unsere Gesellschaft altert. Benötigt werden künftig eher mehr als weniger Arbeitskräfte im sozialen Bereich. Schon jetzt herrscht ein dramatischer Fachkräftemangel in der Pflege, der sich ohne Zivildienst wohl zusätzlich verschärfen würde. Jedenfalls dürfte es noch schwieriger werden, junge Männer für eine Pflege-Ausbildung zu gewinnen, wenn sie sich vorher nicht mal ausprobieren können. So viel zu den wirtschaftlich-demografischen Gründen.
Auch aus anderen Gründen ist der Zivildienst unersetzlich. Es mag rührselig klingen, pathetisch vielleicht. Aber wer einmal eine Gelähmte aufs Klo gehoben hat und ihr auf der Schüssel auch noch den Eimer reichen musste, der sieht manches im Leben anders. Solche Erfahrungen machen ja nicht alle Zivildienstleistenden? Richtig. Aber auch der vermeintliche Weichspüler-Zivi, der Mittagsmahlzeiten von A nach B kutschiert, lernt: Berührungsängste schwinden, die Souveränität im Umgang mit allen, die auf Hilfe angewiesen sind, steigt. Der Zivildienst verbindet Generationen. Er ist der Unterbau dafür, dass jene Teile der Gesellschaft integriert bleiben, die nicht zum Bruttosozialprodukt beitragen. Sozialpolitisch ist seine Bedeutung gar nicht zu überschätzen.
Die Bundesregierung hat die falsche Entscheidung getroffen. Es wäre ausnahmsweise mal besser gewesen, sie hätte sich nicht geeinigt. Dann wäre es immerhin bei neun Monaten geblieben.
Quelle: Spiegel.de
Union und FDP verkürzen Wehr- und Zivildienst, das sorgt für Streit: Die einen fürchten um die Schwachen der Gesellschaft, die anderen hoffen auf das Ende des Zwangsdienstes. Wer hat Recht?
Sechs Monate Zivi? Ein großer Fehler. Die Verkürzung, auf die sich die Bundesregierung einigte, könnte das Ende des Ersatzdienstes bedeuten. Deutschland stünde so vor großen Problemen, denn wirtschafts- und sozialpolitisch ist er unersetzlich.
Da haben sie sich doch mal geeingt. Union und FDP werden den Wehrdienst verkürzen - auf sechs Monate. Doch Grund zur Freude besteht nicht. Im Gegenteil: Eine kürzere Wehrpflicht hat böse Folgen für die Bundeswehr - vor allem aber für den Zivildienst. Er könnte auf kurz oder lang am Ende sein. Und das wäre nicht gut für das Land.
Schon die letzte Verkürzung auf neun Monate ließ die sozialen Einrichtungen am Sinn des Ersatzdienstes zweifeln. Bei sechs Monaten lohnt es sich für Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen Behindertenwerkstätten oder Altenheimen schlicht nicht mehr, Zivis einzustellen. Sie wären mehr Be- als Entlastung. In der Wirtschaft würde man sagen: Sie rechnen sich nicht mehr.
Wer Schwerverletzte retten, Querschnittsgelähmte betreuen oder Koma-Patienten pflegen soll, braucht Zeit, um das zu lernen - Wochen, manchmal Monate. Kommen dann noch Urlaub und Schulungen dazu, ist das halbe Jahr rum. Und schon wird wieder rotiert. Niemandem ist da geholfen. Dem Zivi nicht, der Einrichtung nicht, Patienten oder Senioren schon gar nicht. Kein Wunder, das viele von SPIEGEL ONLINE befragte Träger überlegen, ganz aus dem System auszusteigen und auf die teureren, aber längerfristigen Freiwilligendienste zu setzen.
Doch der Zivildienst ist zu wichtig, um ihn aufzugeben. Unsere Gesellschaft altert. Benötigt werden künftig eher mehr als weniger Arbeitskräfte im sozialen Bereich. Schon jetzt herrscht ein dramatischer Fachkräftemangel in der Pflege, der sich ohne Zivildienst wohl zusätzlich verschärfen würde. Jedenfalls dürfte es noch schwieriger werden, junge Männer für eine Pflege-Ausbildung zu gewinnen, wenn sie sich vorher nicht mal ausprobieren können. So viel zu den wirtschaftlich-demografischen Gründen.
Auch aus anderen Gründen ist der Zivildienst unersetzlich. Es mag rührselig klingen, pathetisch vielleicht. Aber wer einmal eine Gelähmte aufs Klo gehoben hat und ihr auf der Schüssel auch noch den Eimer reichen musste, der sieht manches im Leben anders. Solche Erfahrungen machen ja nicht alle Zivildienstleistenden? Richtig. Aber auch der vermeintliche Weichspüler-Zivi, der Mittagsmahlzeiten von A nach B kutschiert, lernt: Berührungsängste schwinden, die Souveränität im Umgang mit allen, die auf Hilfe angewiesen sind, steigt. Der Zivildienst verbindet Generationen. Er ist der Unterbau dafür, dass jene Teile der Gesellschaft integriert bleiben, die nicht zum Bruttosozialprodukt beitragen. Sozialpolitisch ist seine Bedeutung gar nicht zu überschätzen.
Die Bundesregierung hat die falsche Entscheidung getroffen. Es wäre ausnahmsweise mal besser gewesen, sie hätte sich nicht geeinigt. Dann wäre es immerhin bei neun Monaten geblieben.
Quelle: Spiegel.de