Zu einem viel beachteten Urteil des Bundesgerichtshofs gegen den Online-Spiele-Anbieter Gameforge liegen nun die Urteilsgründe vor. Es ging um die Frage, ob Kinder in Internetspielen zum Kauf von Spielzubehör animiert werden dürfen, konkret um eine an Kinder gerichtete Werbung für virtuelle Gegenstände in dem Spiel "Runes of Magic". Die Urteilsbegründung hat Auswirkungen auf den gesamten eCommerce.
Im Jahr 2009 hatt der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) gegen den mittlerweile von Gameforge übernommenen Online-Spiele-Anbieter Frogster geklagt. In dem von Frogster betriebenen Online-Spiel "Runes of Magic" wurde eine so genannte "Pimp deinen Charakter-Woche" beworben, unter anderem mit der Formulierung "Diese Woche hast du erneut die Chance Deinen Charakter aufzumotzen! Schnapp' Dir die günstige Gelegenheit und verpasse Deiner Rüstung & Waffen das gewisse 'Etwas'!".
Diese Werbung hielt der vzbv für eine – nach Wettbewerbsrecht unzulässige – direkte Kaufaufforderung an Kinder. Die Vorinstanzen, das heißt Landgericht und Kammergericht Berlin, sahen die Sache anders und wiesen Klage und Berufung ab. Sie gingen davon aus, dass es sich nicht um eine verbotene direkte, sondern um eine zulässige indirekte Aufforderung handle, weil der beanstandete Text nicht im direkten Zusammenhang mit bestimmten Produkten stand. Man musste sich von dort aus erst zu dem Shop des Spiels klicken, wo die entsprechenden Angebote mit Preisen und Produktbeschreibung zu finden waren. Dagegen hielt der Bundesgerichtshof die Aktion für unzulässig – das wurde schon im Juli 2013 bekannt.
Die nun vorliegenden Urteilsgründe des BGH haben es in sich und wirken weit über den Bereich der Online-Spiele hinaus. Der Ausgangspunkt ist relativ eindeutig: Die in eine Werbung einbezogene unmittelbare Aufforderung an Kinder, selbst die beworbene Ware zu erwerben oder die beworbene Dienstleistung in Anspruch zu nehmen oder ihre Eltern oder andere Erwachsene dazu zu veranlassen, ist immer wettbewerbswidrig und damit verboten (Nr. 28 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG).
Der BGH hatte also darüber zu entscheiden, ob es sich um eine an Kinder gerichtete Werbung mit unmittelbarer Kaufaufforderung handelte. Dies bejaht der BGH – mit Begründungen, die auf viele andere Angebote ebenfalls zutreffen werden.
Zulässig sei zwar eine an jedermann gerichtete Werbung, von der sich auch Minderjährige angesprochen fühlen. Darum gehe es hier aber nicht. "Runes of Magic" richte sich "nach der Art des beworbenen Produktes allgemein an nicht volljährige Spieler". Ob es auch von Erwachsenen gespielt werde, sei "nicht entscheidend".
Die Begründung des Gerichts: Nach "der gesamten Art und Weise der Ansprache ist davon auszugehen, dass in erster Linie Minderjährige und darunter gerade auch Minderjährige, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, gezielt angesprochen werden". Für diese Beurteilung genüge "für sich allein genommen zwar nicht schon die mittlerweile auch bei der werblichen Ansprache von Erwachsenen nicht mehr unübliche Anrede mit 'Du'". Die beanstandete Werbung sei jedoch sprachlich "von einer durchgängigen Verwendung der direkten Ansprache in der zweiten Person Singular und überwiegend kindertypischen Begrifflichkeiten einschließlich gebräuchlichen Anglizismen" geprägt.
Genauso streng ist der BGH bei der Frage der Kaufaufforderung. Eine Kaufaufforderung liege bei Verwendung des Imperativs immer vor. Umgekehrt gelte jedoch nicht, dass eine Kaufaufforderung nur bei Verwendung des Imperatives vorliegt. Das beworbene Produkt muss auch nicht in die Werbung konkret einbezogen sein – eine unmittelbare Kaufaufforderung liege auch dann vor, wenn man mit einem Klick zu den Produkten und Preisen gelangt.
Konkret heißt das: Wer die potenziellen Käufer duzt und sich locker ausdrückt, läuft Gefahr, wettbewerbswidrig zu handeln – vor allem, wenn die Werbung Aufforderungscharakter hat.
Das Urteil erging als Versäumnisurteil, ist also – völlig atypisch für ein BGH-Urteil – nicht rechtskräftig. Gameforge kann noch Rechtsmittel einlegen.
Quelle: heise
Im Jahr 2009 hatt der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) gegen den mittlerweile von Gameforge übernommenen Online-Spiele-Anbieter Frogster geklagt. In dem von Frogster betriebenen Online-Spiel "Runes of Magic" wurde eine so genannte "Pimp deinen Charakter-Woche" beworben, unter anderem mit der Formulierung "Diese Woche hast du erneut die Chance Deinen Charakter aufzumotzen! Schnapp' Dir die günstige Gelegenheit und verpasse Deiner Rüstung & Waffen das gewisse 'Etwas'!".
Diese Werbung hielt der vzbv für eine – nach Wettbewerbsrecht unzulässige – direkte Kaufaufforderung an Kinder. Die Vorinstanzen, das heißt Landgericht und Kammergericht Berlin, sahen die Sache anders und wiesen Klage und Berufung ab. Sie gingen davon aus, dass es sich nicht um eine verbotene direkte, sondern um eine zulässige indirekte Aufforderung handle, weil der beanstandete Text nicht im direkten Zusammenhang mit bestimmten Produkten stand. Man musste sich von dort aus erst zu dem Shop des Spiels klicken, wo die entsprechenden Angebote mit Preisen und Produktbeschreibung zu finden waren. Dagegen hielt der Bundesgerichtshof die Aktion für unzulässig – das wurde schon im Juli 2013 bekannt.
Die nun vorliegenden Urteilsgründe des BGH haben es in sich und wirken weit über den Bereich der Online-Spiele hinaus. Der Ausgangspunkt ist relativ eindeutig: Die in eine Werbung einbezogene unmittelbare Aufforderung an Kinder, selbst die beworbene Ware zu erwerben oder die beworbene Dienstleistung in Anspruch zu nehmen oder ihre Eltern oder andere Erwachsene dazu zu veranlassen, ist immer wettbewerbswidrig und damit verboten (Nr. 28 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG).
Der BGH hatte also darüber zu entscheiden, ob es sich um eine an Kinder gerichtete Werbung mit unmittelbarer Kaufaufforderung handelte. Dies bejaht der BGH – mit Begründungen, die auf viele andere Angebote ebenfalls zutreffen werden.
Zulässig sei zwar eine an jedermann gerichtete Werbung, von der sich auch Minderjährige angesprochen fühlen. Darum gehe es hier aber nicht. "Runes of Magic" richte sich "nach der Art des beworbenen Produktes allgemein an nicht volljährige Spieler". Ob es auch von Erwachsenen gespielt werde, sei "nicht entscheidend".
Die Begründung des Gerichts: Nach "der gesamten Art und Weise der Ansprache ist davon auszugehen, dass in erster Linie Minderjährige und darunter gerade auch Minderjährige, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, gezielt angesprochen werden". Für diese Beurteilung genüge "für sich allein genommen zwar nicht schon die mittlerweile auch bei der werblichen Ansprache von Erwachsenen nicht mehr unübliche Anrede mit 'Du'". Die beanstandete Werbung sei jedoch sprachlich "von einer durchgängigen Verwendung der direkten Ansprache in der zweiten Person Singular und überwiegend kindertypischen Begrifflichkeiten einschließlich gebräuchlichen Anglizismen" geprägt.
Genauso streng ist der BGH bei der Frage der Kaufaufforderung. Eine Kaufaufforderung liege bei Verwendung des Imperativs immer vor. Umgekehrt gelte jedoch nicht, dass eine Kaufaufforderung nur bei Verwendung des Imperatives vorliegt. Das beworbene Produkt muss auch nicht in die Werbung konkret einbezogen sein – eine unmittelbare Kaufaufforderung liege auch dann vor, wenn man mit einem Klick zu den Produkten und Preisen gelangt.
Konkret heißt das: Wer die potenziellen Käufer duzt und sich locker ausdrückt, läuft Gefahr, wettbewerbswidrig zu handeln – vor allem, wenn die Werbung Aufforderungscharakter hat.
Das Urteil erging als Versäumnisurteil, ist also – völlig atypisch für ein BGH-Urteil – nicht rechtskräftig. Gameforge kann noch Rechtsmittel einlegen.
Quelle: heise