Das Bezahlfernsehen Premiere will 26 Millionen Euro vom bayerischen Vorzeigeunternehmer Anton Kathrein eintreiben. Hat der von illegalen Machenschaften gewusst?
Am heutigen Donnerstag geht es vor dem Landgericht München I immer wieder um diesen Vorzeigeunternehmer, der aber selbst gar nicht anwesend ist. Richter Konrad Retzer eröffnet um 9 Uhr die mündliche Hauptverhandlung in einem Zivilprozess. Hier klagt der Pay-TV-Betreiber Premiere gegen die Kathrein-Werke KG, die zu 99 Prozent Anton Kathrein gehört (ein Prozent hält sein Sohn). Die stolze Summe von 26,35 Millionen Euro fordert Premiere von Kathrein – als Vertragsstrafe. Die zentrale Frage, die der Prozess klären soll: Hat Unternehmenschef Kathrein persönlich davon gewusst, dass in seinem Firmenimperium auch Geräte verkauft wurden, mit denen man Premiere „schwarzsehen“ konnte, also ohne dafür zu bezahlen?
Premiere: Hacker mitverantwortlich für schlechte Zahlen
Der Pay-TV-Betreiber ist bei der Verhandlung hochkarätig vertreten: Neben den beiden Anwälten des Unternehmens äußert sich auch Holger Enßlin, Vorstand für rechtliche und regulatorische Angelegenheiten (Legal & Regulatory Affairs). Er will die juristische Aufarbeitung der Pay-TV-Piraterie, die sein Unternehmen in den vergangenen Jahren offenbar schwer belastet hat. Jedenfalls machte Premiere immer wieder die Aktivitäten von Hackern für schlechte Geschäftszahlen mitverantwortlich. Weil das Programm mit illegalen technischen Mitteln kostenlos zu sehen sei, so der Tenor früherer Unternehmensaussagen, sei es eben schwer, zahlende Kunden zu gewinnen.
Tatsache ist, dass sich 2007 ein schwunghafter Handel mit digitalen TV-Receivern entwickelte, auf denen sich sehr einfach Premiere freischalten ließ – illegal. Die Geräte, die allesamt aus Fernost stammten und auch bei Baumärkten und Lebensmitteldiscountern verramscht wurden, mussten von den Käufern nur leicht modifiziert werden. Bei einigen reichte es, einen bestimmten Zahlencode auf der Fernbedienung einzugeben, bei anderen musste ein kleines Programm eingespielt werden. Die genauen Anleitungen dafür hatten Hacker ins Internet gestellt. Mancher Händler half gegen ein kleines Entgelt gern bei der Installation.
Gratis-Zuschauer ausgesperrt
Bei Elektronikgroßmärkten und Fachgeschäften waren entsprechende Set-Top-Boxen monatelang Verkaufsrenner – bis Premiere im vergangenen Herbst ein neues Verschlüsselungssystem einführte, das bis heute sicher ist. Seitdem sind die Gratis-Zuschauer ausgesperrt.
Anton Kathrein hat offenbar vom Boom der Schwarzseher persönlich profitiert. Zu seinem Imperium gehört auch die Firma Zehnder (er hält 90 Prozent der Anteile), die zwischen 2006 und 2008 solche Receiver aus China importiert und in den Verkauf gebracht hat. Es handelt sich um 220 000 Geräte, die allesamt für Pay-TV-Piraterie präpariert werden konnten. Premiere prozessiert in einem separaten Verfahren auch gegen Zehnder. Dabei soll geklärt werden, ob die fraglichen Receiver von vornherein für Schwarzseher entwickelt wurden. Es geht allerdings vorerst nur um einen Streitwert von drei Millionen Euro.
Premiere will saftige Vertragsstrafe
Bei der Auseinandersetzung vor dem Münchner Landgericht I gegen die Kathrein-Werke bemüht Premiere nun einen juristischen Kniff, um den sehr viel höheren Betrag von 26,35 Millionen Euro herauszuholen. Dabei haben die Kathrein-Werke selbst niemals Geräte hergestellt oder verkauft, mit denen sich die Premiere-Verschlüsselung umgehen ließ. Das Unternehmen hat im Jahr 2003 sogar einen Vertrag mit dem Pay-TV-Betreiber geschlossen, bei dem es um die Lieferung offizieller, also Premiere-zertifizierter Empfänger ging. Aber in den Klauseln des mehr als 50-seitigen Papiers finden sich Passagen, die Premiere nun benutzen will, um eine saftige Vertragsstrafe einzutreiben.
In der Vereinbarung verpflichteten sich die Kathrein-Werke, es zu unterlassen, selbst oder durch Dritte sogenannte Umgehungsvorrichtungen herzustellen, die das Schwarzsehen des Pay-TV-Programms ermöglichten. Genau diese Vereinbarung, so Premiere, sei durch das Geschäftsgebaren von Zehnder verletzt worden. Ausgemacht war eine Vertragsstrafe von 50 000 Euro – je Verstoß. Premiere zählt nun 33 Einfuhrvorgänge aus China und 489 Verkäufe an gewerbliche Händler durch Zehnder auf und kommt damit auf 527 Verstöße mal 50 000 Euro.
Firmenboss steht im Mittelpunkt
Allerdings sind die Kathrein-Werke und Zehnder zwei völlig getrennte Unternehmen. Die einzige Verbindung läuft über Anton Kathrein persönlich, der bei beiden Firmen Mehrheitsgesellschafter ist. Und deshalb lautet die zentrale Prozessfrage, die Richter Retzer formuliert: „Hat Prof. Kathrein Kenntnis von den Vorgängen gehabt oder sich grob fahrlässig verschlossen?“
Premiere-Vorstand Enßlin glaubt, dass es so ist. „Professor Kathrein hätte erkennen müssen, dass das legale Receiver-Geschäft 2007 und 2008 zusammengebrochen und gleichzeitig das illegale sprunghaft angestiegen ist“, sagte er in der Verhandlung. Er mutmaßte, das Controlling von Zehnder sei in das der Kathrein-Werke eingebunden.
Premiere muss nachbessern
Der Richter ließ allerdings durchblicken, dass er die Beweisführung von Premiere bislang für nicht ausreichend hält. Er äußerte auch Zweifel, ob der Betrag von 26,35 Millionen Euro, den Premiere fordert, tatsächlich vertragsgemäß sei. Seine Andeutung, die Forderung zu reduzieren, ließ die Kläger unbeeindruckt. Sie halten weiter an ihrer Linie fest und müssen nun bis zur nächsten Verhandlung in ein bis zwei Monaten nachbessern.
Quelle:
Am heutigen Donnerstag geht es vor dem Landgericht München I immer wieder um diesen Vorzeigeunternehmer, der aber selbst gar nicht anwesend ist. Richter Konrad Retzer eröffnet um 9 Uhr die mündliche Hauptverhandlung in einem Zivilprozess. Hier klagt der Pay-TV-Betreiber Premiere gegen die Kathrein-Werke KG, die zu 99 Prozent Anton Kathrein gehört (ein Prozent hält sein Sohn). Die stolze Summe von 26,35 Millionen Euro fordert Premiere von Kathrein – als Vertragsstrafe. Die zentrale Frage, die der Prozess klären soll: Hat Unternehmenschef Kathrein persönlich davon gewusst, dass in seinem Firmenimperium auch Geräte verkauft wurden, mit denen man Premiere „schwarzsehen“ konnte, also ohne dafür zu bezahlen?
Premiere: Hacker mitverantwortlich für schlechte Zahlen
Der Pay-TV-Betreiber ist bei der Verhandlung hochkarätig vertreten: Neben den beiden Anwälten des Unternehmens äußert sich auch Holger Enßlin, Vorstand für rechtliche und regulatorische Angelegenheiten (Legal & Regulatory Affairs). Er will die juristische Aufarbeitung der Pay-TV-Piraterie, die sein Unternehmen in den vergangenen Jahren offenbar schwer belastet hat. Jedenfalls machte Premiere immer wieder die Aktivitäten von Hackern für schlechte Geschäftszahlen mitverantwortlich. Weil das Programm mit illegalen technischen Mitteln kostenlos zu sehen sei, so der Tenor früherer Unternehmensaussagen, sei es eben schwer, zahlende Kunden zu gewinnen.
Tatsache ist, dass sich 2007 ein schwunghafter Handel mit digitalen TV-Receivern entwickelte, auf denen sich sehr einfach Premiere freischalten ließ – illegal. Die Geräte, die allesamt aus Fernost stammten und auch bei Baumärkten und Lebensmitteldiscountern verramscht wurden, mussten von den Käufern nur leicht modifiziert werden. Bei einigen reichte es, einen bestimmten Zahlencode auf der Fernbedienung einzugeben, bei anderen musste ein kleines Programm eingespielt werden. Die genauen Anleitungen dafür hatten Hacker ins Internet gestellt. Mancher Händler half gegen ein kleines Entgelt gern bei der Installation.
Gratis-Zuschauer ausgesperrt
Bei Elektronikgroßmärkten und Fachgeschäften waren entsprechende Set-Top-Boxen monatelang Verkaufsrenner – bis Premiere im vergangenen Herbst ein neues Verschlüsselungssystem einführte, das bis heute sicher ist. Seitdem sind die Gratis-Zuschauer ausgesperrt.
Anton Kathrein hat offenbar vom Boom der Schwarzseher persönlich profitiert. Zu seinem Imperium gehört auch die Firma Zehnder (er hält 90 Prozent der Anteile), die zwischen 2006 und 2008 solche Receiver aus China importiert und in den Verkauf gebracht hat. Es handelt sich um 220 000 Geräte, die allesamt für Pay-TV-Piraterie präpariert werden konnten. Premiere prozessiert in einem separaten Verfahren auch gegen Zehnder. Dabei soll geklärt werden, ob die fraglichen Receiver von vornherein für Schwarzseher entwickelt wurden. Es geht allerdings vorerst nur um einen Streitwert von drei Millionen Euro.
Premiere will saftige Vertragsstrafe
Bei der Auseinandersetzung vor dem Münchner Landgericht I gegen die Kathrein-Werke bemüht Premiere nun einen juristischen Kniff, um den sehr viel höheren Betrag von 26,35 Millionen Euro herauszuholen. Dabei haben die Kathrein-Werke selbst niemals Geräte hergestellt oder verkauft, mit denen sich die Premiere-Verschlüsselung umgehen ließ. Das Unternehmen hat im Jahr 2003 sogar einen Vertrag mit dem Pay-TV-Betreiber geschlossen, bei dem es um die Lieferung offizieller, also Premiere-zertifizierter Empfänger ging. Aber in den Klauseln des mehr als 50-seitigen Papiers finden sich Passagen, die Premiere nun benutzen will, um eine saftige Vertragsstrafe einzutreiben.
In der Vereinbarung verpflichteten sich die Kathrein-Werke, es zu unterlassen, selbst oder durch Dritte sogenannte Umgehungsvorrichtungen herzustellen, die das Schwarzsehen des Pay-TV-Programms ermöglichten. Genau diese Vereinbarung, so Premiere, sei durch das Geschäftsgebaren von Zehnder verletzt worden. Ausgemacht war eine Vertragsstrafe von 50 000 Euro – je Verstoß. Premiere zählt nun 33 Einfuhrvorgänge aus China und 489 Verkäufe an gewerbliche Händler durch Zehnder auf und kommt damit auf 527 Verstöße mal 50 000 Euro.
Firmenboss steht im Mittelpunkt
Allerdings sind die Kathrein-Werke und Zehnder zwei völlig getrennte Unternehmen. Die einzige Verbindung läuft über Anton Kathrein persönlich, der bei beiden Firmen Mehrheitsgesellschafter ist. Und deshalb lautet die zentrale Prozessfrage, die Richter Retzer formuliert: „Hat Prof. Kathrein Kenntnis von den Vorgängen gehabt oder sich grob fahrlässig verschlossen?“
Premiere-Vorstand Enßlin glaubt, dass es so ist. „Professor Kathrein hätte erkennen müssen, dass das legale Receiver-Geschäft 2007 und 2008 zusammengebrochen und gleichzeitig das illegale sprunghaft angestiegen ist“, sagte er in der Verhandlung. Er mutmaßte, das Controlling von Zehnder sei in das der Kathrein-Werke eingebunden.
Premiere muss nachbessern
Der Richter ließ allerdings durchblicken, dass er die Beweisführung von Premiere bislang für nicht ausreichend hält. Er äußerte auch Zweifel, ob der Betrag von 26,35 Millionen Euro, den Premiere fordert, tatsächlich vertragsgemäß sei. Seine Andeutung, die Forderung zu reduzieren, ließ die Kläger unbeeindruckt. Sie halten weiter an ihrer Linie fest und müssen nun bis zur nächsten Verhandlung in ein bis zwei Monaten nachbessern.
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