Fisher
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Hamburg - Gerade hat die Bundesagentur für Arbeit fast heimlich einen Rekord vermeldet. Mehr als 30 Millionen Menschen in Deutschland waren demnach im Sommer sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Also standen so viele Menschen wie nie zuvor bei einem Arbeitgeber in Lohn und Brot, gingen damit einer regulären, nichtselbstständigen Beschäftigung nach, wie es so schön heißt.
Wenn es Rekorde gibt, springen normalerweise alle darauf an: diejenigen, die sie freudig zu verkünden haben und natürlich die Medien. Doch vergangene Woche war es anders. Pflichtgemäß teilten die obersten Arbeitsvermittler bei der Bekanntgabe der monatlichen Arbeitslosenzahlen lediglich folgendes mit: "Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung hat nach der Hochrechnung der Bundesagentur für Arbeit von Mai auf Juni um 60.000 auf 30,17 Millionen Personen zugenommen."
Freudloser lässt sich ein Rekord kaum vermitteln. Entsprechend ging die Nachricht auch unter.
Der Grund dafür, dass die Meldung nicht zum Jubeln einlud, lässt sich nur bei genauerem Lesen aus dem nächsten Absatz aus der Feder der Behörde herauslesen: "Die Statistik der Bundesagentur für Arbeit hat […] die Beschäftigtenstatistik modernisiert. […] Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nimmt im Saldo durch die Revision zu."
Im Klartext heißt das: Die größte Behörde Deutschlands hat an der wohl bekanntesten Statistik Deutschlands geschraubt, sie verschönert und gibt dies nun nahezu versteckt bei der monatlichen Arbeitsmarktstatistik preis.
Was aber wurde geändert?
Konkret wurden vier neue Personengruppen in die neue Berechnung einbezogen:
Menschen in Behindertenwerkstätten oder ähnlichen Einrichtungen
Menschen in Jugendhilfeeinrichtungen
Personen, die ein freiwilliges soziales, ein freiwillig ökologisches Jahr oder einen Bundesfreiwilligendienst leisten
Nebenerwerbslandwirte
Beachtlich ist, dass allein durch diese rein statistische Erweiterung nun zusätzlich rund 400.000 Personen als sozialversicherungspflichtig beschäftigt gelten. Wäre das zuletzt nicht passiert, wäre dieser Personenkreis im Sommer sogar gesunken, es hätte also weniger als 30 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gegeben und damit auch keinen Rekord.
Die Bundesagentur für Arbeit begründet die neue Berechnungsweise mit mehr Transparenz. Die Gruppe der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten werde umfassender abgegrenzt und die Art der Beschäftigung könne nun genauer bestimmt werden, heißt es bei der Behörde. Außerdem würden nun alle Personen mit Sozialabgaben erfasst.
Ein Punkt, der den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) ärgert. "Die sozialversicherte Beschäftigung wird auch um Personen erweitert, die nicht erwerbsfähig sind und kein Markteinkommen erzielen", kritisiert Wilhelm Adamy, der beim Gewerkschaftsbund für den Arbeitsmarkt zuständig ist und zugleich im Verwaltungsrat der Bundesagentur sitzt.
So hatten Menschen in Behindertenwerkstätten oft vorher als Arbeitslose keine Chance auf dem regulären Arbeitsmarkt, stehen danach meistens nicht in einem regulären Arbeitsverhältnis und bekommen selten mehr als 200 Euro pro Woche, oft beziehen sie ergänzend Hartz IV. Finanziell gilt Ähnliches für die Freiwilligendienste. Dafür gibt es meist nur eine Art Taschengeld, das maximal sechs Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung betragen darf.
Die Folge der neuen Berechnung sei eine verzerrte Interpretation, sagt Adamy. In manchen Landkreisen ist dadurch die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sprunghaft gestiegen, vor allem im Osten des Landes: in Sachsen-Anhalt zum Beispiel um zwei Prozent, in Hamburg um 0,4 Prozent. Mit beschäftigungspolitischen Erfolgen hat dies jedoch nichts zu tun.
Die statistisch angehobene Zahl der sozialversichert Beschäftigten hat noch einen schönen Nebeneffekt - sie senkt die Arbeitslosenquote. Denn die Beschäftigtenzahl ist zentrale Bezugsgröße zur Berechnung der Quote, die die Bundesagentur monatlich ermittelt. Je höher die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausfällt, desto niedriger die Quote.
Spiegel online
Die Vollbeschäftigung ist nahe....auf dem Papier.
Gruß
Fisher
Wenn es Rekorde gibt, springen normalerweise alle darauf an: diejenigen, die sie freudig zu verkünden haben und natürlich die Medien. Doch vergangene Woche war es anders. Pflichtgemäß teilten die obersten Arbeitsvermittler bei der Bekanntgabe der monatlichen Arbeitslosenzahlen lediglich folgendes mit: "Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung hat nach der Hochrechnung der Bundesagentur für Arbeit von Mai auf Juni um 60.000 auf 30,17 Millionen Personen zugenommen."
Freudloser lässt sich ein Rekord kaum vermitteln. Entsprechend ging die Nachricht auch unter.
Der Grund dafür, dass die Meldung nicht zum Jubeln einlud, lässt sich nur bei genauerem Lesen aus dem nächsten Absatz aus der Feder der Behörde herauslesen: "Die Statistik der Bundesagentur für Arbeit hat […] die Beschäftigtenstatistik modernisiert. […] Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nimmt im Saldo durch die Revision zu."
Im Klartext heißt das: Die größte Behörde Deutschlands hat an der wohl bekanntesten Statistik Deutschlands geschraubt, sie verschönert und gibt dies nun nahezu versteckt bei der monatlichen Arbeitsmarktstatistik preis.
Was aber wurde geändert?
Konkret wurden vier neue Personengruppen in die neue Berechnung einbezogen:
Menschen in Behindertenwerkstätten oder ähnlichen Einrichtungen
Menschen in Jugendhilfeeinrichtungen
Personen, die ein freiwilliges soziales, ein freiwillig ökologisches Jahr oder einen Bundesfreiwilligendienst leisten
Nebenerwerbslandwirte
Beachtlich ist, dass allein durch diese rein statistische Erweiterung nun zusätzlich rund 400.000 Personen als sozialversicherungspflichtig beschäftigt gelten. Wäre das zuletzt nicht passiert, wäre dieser Personenkreis im Sommer sogar gesunken, es hätte also weniger als 30 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gegeben und damit auch keinen Rekord.
Die Bundesagentur für Arbeit begründet die neue Berechnungsweise mit mehr Transparenz. Die Gruppe der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten werde umfassender abgegrenzt und die Art der Beschäftigung könne nun genauer bestimmt werden, heißt es bei der Behörde. Außerdem würden nun alle Personen mit Sozialabgaben erfasst.
Ein Punkt, der den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) ärgert. "Die sozialversicherte Beschäftigung wird auch um Personen erweitert, die nicht erwerbsfähig sind und kein Markteinkommen erzielen", kritisiert Wilhelm Adamy, der beim Gewerkschaftsbund für den Arbeitsmarkt zuständig ist und zugleich im Verwaltungsrat der Bundesagentur sitzt.
So hatten Menschen in Behindertenwerkstätten oft vorher als Arbeitslose keine Chance auf dem regulären Arbeitsmarkt, stehen danach meistens nicht in einem regulären Arbeitsverhältnis und bekommen selten mehr als 200 Euro pro Woche, oft beziehen sie ergänzend Hartz IV. Finanziell gilt Ähnliches für die Freiwilligendienste. Dafür gibt es meist nur eine Art Taschengeld, das maximal sechs Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung betragen darf.
Die Folge der neuen Berechnung sei eine verzerrte Interpretation, sagt Adamy. In manchen Landkreisen ist dadurch die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sprunghaft gestiegen, vor allem im Osten des Landes: in Sachsen-Anhalt zum Beispiel um zwei Prozent, in Hamburg um 0,4 Prozent. Mit beschäftigungspolitischen Erfolgen hat dies jedoch nichts zu tun.
Die statistisch angehobene Zahl der sozialversichert Beschäftigten hat noch einen schönen Nebeneffekt - sie senkt die Arbeitslosenquote. Denn die Beschäftigtenzahl ist zentrale Bezugsgröße zur Berechnung der Quote, die die Bundesagentur monatlich ermittelt. Je höher die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausfällt, desto niedriger die Quote.
Spiegel online
Die Vollbeschäftigung ist nahe....auf dem Papier.
Gruß
Fisher