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Handy - Navigation “Legale WhatsApp-Verwendung ist praktisch unmöglich”

Millionen von Menschen verwenden WhatsApp täglich. Der Rechtsexperte Peter Burgstaller hält das für illegal.

Wer WhatsApp verwendet, stimmt zu , dass das US-Unternehmen auf Daten zugreifen darf. Dabei handelt es sich nicht nur um Informationen über die eigene Person, sondern auch über Kontaktdaten Dritter aus dem Smartphone-Adressbuch. Diese Datenweitergabe lässt sich mit europäischem Recht nicht ohne weiteres vereinbaren. Peter Burgstaller, Professor für IT- und IP-Recht an der Fakultät für Informatik, Kommunikation und Medien der FH Oberösterreich in Hagenberg, ist der Ansicht, dass jeder WhatsApp-Nutzer in der EU illegal handelt und Strafen oder teure Gerichtsverfahren riskiert. Die futurezone hat nachgefragt:

futurezone: Sie sind der Meinung, die Verwendung von WhatsApp sei illegal?

Peter Burgstaller: Die legale Nutzung von WhatsApp ist in der EU de facto unmöglich. Ich kenne zumindest niemanden, der den Dienst legal verwendet.

Foto: Peter Burgstaller​
Warum ist das so?
In den AGBs steht, dass WhatsApp seinen Sitz in den USA hat, eine Niederlassung in Europa gibt es nicht. Demnach gilt US-Vertragsrecht und für Österreicher österreichisches Datenschutzrecht.

Wo liegt das Problem?
Es ist klar festgehalten, dass nur “personal use” erlaubt ist. Lehrer, die Schülern Hausübungen schicken sowie Firmen, Vereine und Medienhäuser die WhatsApp verwenden, verletzen alleine deswegen die Nutzungsbedingungen.

Was kann passieren, wenn diese Klauseln verletzt werden?

Jede Verletzung stellt einen Vertragsbruch dar und kann nach US-Recht am Gerichtsstand in Kalifornien geklagt werden. Private Nutzer können sich aber auf heimisches Verbraucherschutzrecht berufen, das ein Verfahren nach österreichischem Recht bei uns garantiert. Für Firmen gilt das aber nicht.

Warum sollte WhatsApp seine Firmenkunden klagen?

WhatsApp könnte Lizenzgebühren von großen Firmen verlangen und bei Ablehnung des Angebots mit Klagen drohen. Auch Konkurrenten der betroffenen Unternehmen könnten klagen, wegen unlauterem Wettbewerb durch Verwendung eines illegalen Dienstes im geschäftlichen Verkehr.

Warum können Privatpersonen WhatsApp nicht legal nutzen?

Die Nutzungsbedingungen erlauben, dass WhatsApp auf die Kontakte seiner Kunden zugreift. Für eine Weitergabe dieser Daten wäre laut EU- und AT-Datenschutzrecht aber die Zustimmung jedes Betroffenen (Kontakts) notwendig. Ein WhatsApp-Kunde müsste also jeden einzelnen Kontakt fragen, ob er einverstanden ist, dass seine Daten an WhatsApp weitergegeben werden.

Gibt es andere Probleme für Privatnutzer?

Zusätzlich wäre nach der Abschaffung des Safe-Harbor-Abkommens für eine Weitergabe der Daten in die USA eine Vorabgenehmigung der zuständigen nationalen Datenschutzbehörde nötig. Kunden müssten einen Vertrag mit WhatsApp schließen und diesen bei der Datenschutzbehörde genehmigen lassen.

Das wäre für den durchschnittlichen Nutzer zu aufwändig.

Das Abschließen des Vertrags wäre nicht so schwer, es gibt Musterverträge bei den Datenschutzbehörden. Aber WhatsApp wird sich das nicht mit 100 Millionen Europäern antun wollen. Zudem müsste das Unternehmen sich dann an europäisches Recht halten.

Welche Konsequenzen hat eine Missachtung dieser Vorgabe?

Jeder könnte jeden WhatsApp-Nutzer bei der Datenschutzbehörde anzeigen. Jeder, der Daten ohne Vorabgenehmigung weitergegeben hat, könnte mit einer Verwaltungsstrafe von bis zu 10.000 Euro belegt werden.

Was macht WhatsApp mit den Daten?

Alle Facebook-Firmen, WhatsApp ist ja Teil des Facebook-Konzerns, und deren Vertragspartner - das geht bis zu deren Anwälten - haben Zugriff auf die WhatsApp-Daten.

Warum stört das Nutzer nicht?

Es gibt wenig Problembewusstsein. Jeder Nutzer ist betroffen, aber niemand liest anscheinend die AGBs. Bei WhatsApp sind diese Regeln einfach und kurz formuliert. Nutzer lesen sie trotzdem nicht.

Warum kritisieren sie gerade WhatsApp?

Große Unternehmen in Österreich nutzen Doodle, Whatsapp, Google, Twitter und Co. Mit allen diesen Diensten gibt es Probleme. Auch wenn Medienmoderatoren beruflich derartige Apps nutzen, ist das nicht privat und damit vielfach nicht rechtmäßig. Whatsapp und sein Eigentümer Facebook gehören zu den intensivsten Datensammlern.

Was kann jemand tun, wenn seine Daten von Bekannten an WhatsApp-Nutzer weitergegeben wurden?

Jeder Nicht-WhatsApp-Nutzer könnte gegen Personen gerichtlich vorgehen, die durch Akzeptieren der Nutzungsbedingungen Daten an WhatsApp weitergeben. Das verletzt das Grundrecht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten und auch das Persönlichkeitsrecht. Solche zivilrechtlichen Klagen kosten den Verlierer im günstigsten Fall etwa 7000 Euro. Zudem kann der Richter dem Opfer eine Entschädigung nach Ermessen bis zu 1000 Euro zusprechen.

Passiert das?

Bislang sind mir keine Fälle bekannt. Anwälte verdienen aber sehr gut an solchen Verfahren. In Deutschland gibt es Klagsvereine, die solche Lücken ausnutzen und so viel Geld verdienen. Ich könnte mir vorstellen, dass die Zahl der Verfahren steigen wird.

Wie kann es sein, dass Recht und Realität hier so weit auseinanderklaffen?

Politik und Gesetzgeber haben versagt. Wenn der Gesetzgeber 25 Jahre lang zuschaut und dann ein Gesetz macht, das auf Grund verschlafener Entwicklungen nicht mehr anwendbar ist, ist das ein rechts- und demokratiepolitisches Problem. Um die Entwicklungen der vergangenen Jahre rückgängig zu machen, ist es wohl schon zu spät. Jetzt kann der Gesetzgeber eigentlich nur noch versuchen die Entwicklungen so weit wie möglich „einzufangen“.

Peter Burgstaller ist als Rechtsanwalt und Sachverständiger für Urheberfragen und Medienwesen tätig. Der Jurist spondierte 1994 und promovierte 1999 an der Johannes Kepler Universität Linz. Er hält ein Master-Degree der London School of Economics und forschte 2007 an der Harvard University zum Thema Patentrecht und Technologietransfer. Neben mehr als 100 Fachpublikationen hat Dr. Burgstaller sieben Fachbücher zu den Themen E-Commerce Recht, Patentrecht, Datenbankrecht und Domainrecht verfasst. Seit 2010 ist er Professor für IT- und IP-Recht am Department Sichere Informationssysteme der FH Oberösterreich, Campus Hagenberg.
Dieser Artikel ist im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und FH Oberösterreich entstanden.
Quelle; futurezone
 
So kann die WhatsApp-Nutzung in Europa legal werden

Der Rechtsexperte Peter Burgstaller vertritt die Meinung, dass eine legale Nutzung von WhatsApp in Europa kaum möglich ist. Wie sich das einfach ändern ließe, weiß er auch.

Peter Burgstaller hat viel Rückmeldung auf seine in einem futurezone-Interview getätigte Einschätzung bezüglich rechtlicher Schwierigkeiten bei der WhatsApp-Nutzung in Europa erhalten. Deshalb hat er sich jetzt eine einfache Lösung einfallen lassen, mit der WhatsApp seinen Nutzern auch in Europa Rechtssicherheit verschaffen könnte.

"WhatsApp müsste seine Apps so anpassen, dass die Adressbuchdaten bereits vor der Übermittlung an die US-Server des Unternehmens gehasht (verschlüsselt, Anm. ) werden. Derzeit geschieht die Übermittlung laut AGBs von WhatsApp im Klartext, erst vor der Speicherung in den USA wird verschlüsselt", sagt Burgstaller.

Laut Burgstaller müssten WhatsApp-Nutzer derzeit wegen dieser Klartext-Übertragung eine Genehmigung der Datenschutzbehörde einholen und jede Person in ihren Adressbüchern um Erlaubnis für die Übermittlung ihrer Daten an WhatsApp, die bei der Installation automatisch passiert, fragen. Diese beiden Probleme ließen sich durch das Hashen der Informationen direkt am Handy laut Burgstaller lösen. "Dann wären weder Genehmigung noch Einverständniserklärungen nötig. Das Problem, das trotzdem bleibt, ist, dass WhatsApp laut AGBs rein privat verwendet werden darf", sagt der Jurist.

Nutzer verantwortlich
Das heißt, dass Unternehmen, Schulen oder andere Einrichtungen, die WhatsApp zur Kommunikation verwenden, weiterhin keine Rechtssicherheit hätten. "Das ist aber ein kleineres Problem. Es ist immerhin das gute Recht von WhatsApp, diese Bedingung zu stellen. Vielleicht bringt die Firma ja irgendwann eine kostenpflichtige Business-Version", sagt Burgstaller.

Gegen Datenmissbrauch bieten Hashfunktionen nur bedingt Schutz. "Rechtlich gilt, dass das Pseudonymisieren von Daten ausreicht, um die oben angesprochenen Probleme umgehen zu können - wir sprechen dann von indirekt personenbezogenen Daten. Wichtig wäre, dass aktuelle Verschlüsselungstechnik zum Einsatz kommt, um die Informationen möglichst gut zu schützen.

Ein Missbrauch durch Knacken des Systems wäre in jedem Fall ein Rechtsverstoß", sagt Burgstaller. Ob WhatsApp eine entsprechende Änderung plant, ist nicht bekannt. "Ich glaube, das wäre kein Problem für WhatsApp. Das jetzige System wälzt die Verantwortung für eventuelle Verstöße gegen das Datenschutzgesetz auf die Nutzer ab. Das hat WhatsApp bei der Einführung wohl einfach gemacht. Jetzt wäre es an der Zeit, das zu ändern", sagt Burgstaller.

Quelle: futurezone
 
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