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Elite Lord
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Nahezu ungebremst schießt der Caterham von Kamui Kobayashi noch vor der ersten Kurve in Melbourne in den Boliden von Felipe Masse. Beide landen im Kiesbett, das Rennen ist für sie beendet. Sie steigen jedoch unverletzt aus, fähig, ihrer Enttäuschung und Wut Luft zu machen. Es scheint heutzutage als selbstverständlich zu gelten, dass den Fahrern bei solchen Manövern, dank der zahlreichen Sicherheitsvorkehrungen, nichts zustößt. Doch Massa weiß, dass man die Gefahren nie unterschätzen darf.
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Die Gedanken des Brasilianers drehen sich an diesem ersten Grand-Prix-Wochenende der Formel-1-Saison 2014 nicht ausschließlich um die neuen Technologien, seine erstes Rennen im Williams seit seinem Wechsel von Ferrari oder die allgemeine Aufregung vor dieser ersten Leistungs-Einordnung. Gegenüber 'Bild am Sonntag' sagt Massa: "Egal, wie schnell dein Auto fährt, wir dürfen die wichtigen Dinge im Leben nicht vergessen. Ein guter Freund von mir kämpft weit weg von uns um sein Leben. Wir müssen jeden Tag beten, dass Michael aufwacht."
Damit spricht er auf seinen ehemaligen Kollegen Michael Schumacher an, der seit seinem Ski-Unfall am 29. Dezember 2013 im Universitätsklinikum von Grenoble im künstlichen Koma liegt. Die beiden Teamkollegen von 2006 verbindet viel, nicht nur aus ihrer gemeinsamen Zeit bei Ferrari: "Wir haben viel zusammen durchgemacht. Er war ein wichtiger Mensch in der Zeit, als meine Karriere in der Formel 1 vor zwölf Jahren begann. Wir waren immer zusammen. Michael hat mir alles beigebracht. Umgang mit Menschen, Umgang mit dem Auto. Ich habe mir viel von ihm abgeguckt und bin ihm auf ewig dankbar für die gemeinsame Zeit."
Gefahren lauern überall
Das Schicksal des Rekord-Weltmeisters beschäftigt Massa daher sehr und lässt ihn auch über seine eigene Karriere reflektieren: "Michaels Unfall zeigt uns allen, wie schnell sich die Dinge im Leben ändern können. Man will selbst nie glauben, dass so schlimme Dinge dir selbst passieren können. Das ist aber falsch - jedem kann etwas Schlimmes passieren! In wenigen Sekunden steht dein Leben auf dem Kopf."
Auch im übrigen Fahrerlager regt das Unglück Schumachers zum Nachdenken an. McLaren-Pilot Jenson Button, der insgesamt acht Jahre gegen die deutsche Motorsport-Legende gefahren ist, zeigt sich geschockt über die Ereignisse: "Ob auf oder neben der Strecke: Zu hören, dass sich ein Kollege verletzt hat, ist immer schrecklich. Ich habe viele gute Jahre meiner Karriere damit verbracht, gegen Michael zu kämpfen. Es erstaunt mich einfach, wie schnell etwas wie das passieren kann."
Der Brite weiß jedoch auch, dass die Gefahren überall lauern: "Du kannst dich in Watte packen und wirst niemals einen Unfall bauen, aber dann lebst du auch nicht wirklich. Für mich gehören gefährliche Aktivitäten zum Leben dazu." Deswegen reflektiert er über seine eigene Freizeitgestaltung : "Ich muss zugeben, ich fahre selber kein Ski. Es gibt einige Dinge, die ich nicht tue, während ich in der Formel 1 fahre. Ich fahre jedoch immer noch jeden Tag mit meinem Fahrrad auf offener Straße, was einer der gefährlichsten Orte dafür ist, und auch in den Bergen. Ich schränke mich aber für die Formel 1 nicht ein. Man muss ein Leben abseits der Strecke haben."
Massa erinnert sich an seinen eigenen Unfall 2009
Felipe Massa kann sogar selbst ein Lied davon singen, wie schnell das Leben einen anderen Weg einschlagen kann: "Seit ich 2009 meinen schlimmen Unfall in Budapest hatte, respektiere ich das Leben mehr als vorher. Du musst jeden schönen Moment ausnutzen, es kann so schnell vorbei sein", erzählt er und erinnert sich dabei an die Ereignisse vom 25. Juli 2009, als ihn im Qualifying eine Sprungfeder am Helm traf und er daraufhin bewusstlos und ungebremst in die Reifenstapel rauschte. Auch der heute 32-Jährige kämpfte damals um sein Leben, musste sich einer zweistündigen Notoperation unterziehen und den Rest der Saison abhaken.
2009 kämpfte auch Felipe Massa nach einem Unfall ums Überleben Nach dem Besuch an Schumachers Krankenbett vor ein paar Wochen kann er deshalb Vergleiche zu seiner eignen Aufwachphase ziehen: "Ich war noch so benebelt von den Medikamenten, ich war ja voller Drogen! Außerdem war ich ja nicht so lange im Tiefschlaf wie Michael es ist beziehungsweise war. An die ersten paar Tage danach habe ich wieder Erinnerungen, alles andere ist wie ausgelöscht."
Massa konnte nach seinem Unglück relativ schnell wieder genesen und schon im darauf folgenden Jahr wieder angreifen. Ihm ist jedoch bewusst, dass es auch für seine Familie eine schwierige Zeit war. Auf seinen vierjährigen Sohn angesprochen, erzählt er: "Er weiß natürlich auch, dass mein Beruf Autofahren ist. Aber als Kind in dem Alter verstehst du noch nicht, dass Papa auch sterben kann, wenn es einen Unfall im Rennen gibt."
Seinem Freund Schumacher in dieser kritischen Phase beizustehen, ist für ihn eine Selbstverständlichkeit: "Ich werde wieder hinfahren, sobald es meine Zeit irgendwie erlaubt." Währenddessen mahnt er zu positiven Gedanken: "Wir dürfen nicht aufhören zu hoffen, dass er bald wieder gesund wird."
Quelle: Formel1