NBC Universal-Chefin Behrends: "FreeTV ist Geschichte"
NBC Universal-Chefin Behrends: "FreeTV ist Geschichte"
Die Begriffe Free- und PayTV haben sich spätestens in Zeiten von
HD+ überholt - da ist sich Katharina Behrends sicher. Im DWDL.de-Interview spricht die NBC Universal-Deutschlandchefin auch über die Marktführerschaft von 13th Street und den Start neuer Sender.
Vor einigen Wochen schrieben wir über Turner in Deutschland und Hannes Heyelmann als heimlicher König des deutschen PayTV...
Ja, wir haben es gelesen. Also wenn er der König ist, bin ich die Kaiserin (lacht). 13th Street Universal ist nach Abozahlen und Marktanteilen der mit Abstand erfolgreichste PayTV-Sender in Deutschland. Wir sind der stärkste Drittsender im Sky-Angebot. Deshalb beabsichtigen wir, mit unseren Senden jetzt auch in die GfK-Messung zu gehen, weil wir als PayTV-Sender teilweise bessere Reichweiten erzielen als mancher FreeTV-Sender.
Also auch mehr als TNT Serie oder TNT Film, wollen Sie damit sagen?
Da klaffen noch Welten zwischen uns und anderen PayTV-Wettbewerbern. Für diesen Vorsprung haben wir viel getan in den vergangenen fast 13 Jahren des Senders in Deutschland. Wir versuchen mit neuen Programmen, mit innovativer Programmierung und gezielten Marketingmaßnahmen den Sender immer weiter zu entwickeln und Maßstäbe zu setzen.
Generell scheint der Erfolg der PayTV-Sender neben Sky immer im Schatten der Entwicklungen beim Branchenprimus zu stehen...
Eine interessante Beobachtung. Es ist ja kein Geheimnis: Fast die Hälfte aller Abonnenten sieht unsere Sender nicht via Sky. Nun ist es in der Tat immer etwas zwiespältig für uns: Wir müssen in unserer Kommunikation auch schon klarstellen, dass wir eigenständig sind und nicht nur via Sky zu sehen sind. Seit unserem Start im deutschen Markt verfolgen wir konsequent unsere Multiplattformstrategie – unsere TV Marken 13th Street Universal, Syfy, The History Channel und Bio sollen maximale Verbreitung haben. Ergo sind auch KDG, Telekom, oder UPC unsere Partner und zwar in Deutschland, Österreich und der Schweiz– mittlerweile sind wir ja über fast 20 Plattformen zu empfangen. Dennoch, um Mißverständnissen vorzubeugen: Die Kollegen von Sky sind und bleiben natürlich unser wichtigster und engster Partner. Gemeinsam mit ihnen haben wir im letzten Jahrzehnt Pay-TV in Deutschland maßgeblich aufgebaut.
Was ist im PayTV-Geschäft eigentlich wichtiger: Die Verpackung oder der Inhalt?
Das Erfolgsgeheimnis unserer Sender ist einfach: Es sind zwar internationale Marken, die wir aber genau auf das deutsche Publikum ausgerichtet haben. Und das deutsche Publikum hat einen sehr eigenen Geschmack bei den Themen Science Fiction und Horror. Auf Syfy wollen unsere Zuschauer zum Beispiel eher die bekannten „Star Trek“-Serien, „Stargate“ oder „Battlestar Galactica“ sehen. Das ist in Frankreich und anderen Ländern wiederum gar nicht gefragt, aber in Deutschland war „Star Trek“ so ein großer Erfolg, dass alles aus diesem Universum und ähnliche Serien sehr gut funktionieren. Deshalb bleibt das bei Syfy auch ein sehr prominenter Programmbestandteil. Und bei 13th Street Universal sind wir in Deutschland noch ein bisschen düsterer als in anderen Ländern. Wir bedienen konsequent die Nischen, da wo wir sie auf dem lokalen deutschen Markt sehen. Trotz internationaler Marken.
Nochmal nachgehakt. Welche Rolle spielt die Verpackung? Bei 13th STREET Universal haben Sie ja erst recht spät das Rebranding umgesetzt...
Wir waren die letzten, die das neue internationale Design von 13th STREET Universal hier eingeführt haben, weil wir lokal erst kurz vor dem internationalen Rollout des Designs schon ein bisschen was verändert hatten und das sonst zu schnell aufeinander gefolgt wäre. Wir sind jetzt sehr glücklich mit der Markenoptik, die extrem hochwertig und modern wirkt. Und auch unser lokales OnAir-Team hier vor Ort leistet ganze Arbeit. Wir haben allein dieses Jahr wieder zehn Promax-Awards gewonnen für unser OnAir-Design und Marketing. Ich halte das tatsächlich für extrem wichtig: Nur wenn die internationale Vorlage vor Ort nach lokalen Anforderungen gekonnt umsetzt wird, kann man erfolgreich sein. Das gilt übrigens für das Design wie für den Einkauf und das Programm. Die Gedanken darüber machen wir uns hier mit dem Team in Deutschland - immer mit dem Ziel, dem lokalen Markt gerecht zu werden.
Als PayTV-Chefhin sind sie Fernsehmacherin und Verkäuferin. Was ist herausfordernder? Es scheint mir immer so als sei die Kommunikation schwieriger...
Da gebe ich Ihnen Recht. Ich verstehe nicht, wie auf der einen Seite der Erfolg am Markt gegeben ist und die Journalisten dennoch immer wieder gerne schreiben, das PayTV in Deutschland ja nicht funktioniere. Denn es funktioniert. Das können wir ja nachweisen. Aber offenbar hört das Interesse zu vieler Journalisten beim Thema PayTV bereits bei Sky, ehemals Premiere auf. Und das blockiert dann die Wahrnehmung anderer Player im Markt. Und die sind erfolgreich. Fragen Sie mal jüngere TV-Zuschauer. Für die ist Syfy einer von vielen Sendern, die sie empfangen. Die machen keine Unterscheidung mehr. Mich stört ja sowieso die Bezeichnung PayTV.
Ach. Aber Sie sind doch PayTV...
Und ist
HD+ etwa kein PayTV? Sie zahlen künftig für RTL, Sat.1 und ProSieben genauso wie für unsere Sender. Da gibt es keinen Unterschied mehr, auch wenn da gerade Verbalakrobatik betrieben wird, um einen Begriff für die erhobene Gebühr zu finden, der bloß nicht nach PayTV klingt. Dabei können Sie dann zum Preis X das
HD+-Paket abonnieren oder zum Preis Y unsere und andere Premium-Sender abonnieren.
Den Begriff PayTV würden die FreeTV-Häuser jetzt vehement dementieren...
Ja, natürlich. Da werden die FreeTV-Häuser Ihnen sicher etwas anderes erzählen, aber das ändert nichts an den Tatsachen Und deshalb macht die Unterscheidung in FreeTV und PayTV keinen Sinn mehr. Der Zuschauer zahlt in Deutschland ja ohnehin schon für das Fernsehen. Mit immer neuen Anbietern, Paketen und Angeboten ist nur die Frage, wie viel und für was. Das gilt im übrigen ja auch für die Öffentlich-Rechtlichen: ohne Gebühr kein ARD, ZDF und Co. Insofern ist der Begriff FreeTV ist Geschichte.
Ich merke, da packt sie die Leidenschaft.
Ja, das Kommunikationsthema hat Priorität. Aber ich sehe sonst nur gute Nachrichten für uns. Technische Hürden für den Endkonsumenten werden derzeit so konsequent und schnell minimiert wie noch nie, der Markt bricht geradezu auf. Ich glaube, das wir als NBC Universal Global Networks unsere besten Jahre in Deutschland noch vor uns haben.
Und wie sehen die programmlich aus? Wir können ja mal ganz pragmatisch mit der nächsten Saison beginnen...
Weil wir weniger an kurzfristigen Erfolgen und Werbegeldern interessiert sind, sondern viel eher über die Distanz überzeugen müssen, um Abonnenten zu halten, ist unsere Programmplanung nicht so sehr auf TV-Seasons als langfristig orientiert. Das war mal anders im deutschen PayTV, aber das hat sich gewandelt. Wir müssen innovativ sein und neue Serien wie „Covert Affairs“ nach Deutschland bringen, aber noch viel wichtiger: Wir müssen verlässlich sein mit unseren Programmen, die eine Mischung aus Neuem und Bekannten sein müssen. Und dazu gehört auch eine verlässliche Programmierung mit eingängigen Sendeplätzen, die nicht immer neu gelernt werden müssen. Das ist ein nicht zu unterschätzender Erfolgsfaktor. Uns kommt natürlich sehr entgegen, dass das FreeTV-Angebot mit lauter Scripted Reality zunehmend an Qualität verliert. Das treibt uns regelrecht die Zuschauer zu.
Weil Sie es am Anfang des Gespräches schon ansprachen: 13th Street Universal profitiert davon am meisten? Wie sieht es mit Syfy aus?
Von den Reichweiten her hat 13th Street Universal die Nase vorn, aber bei Syfy ist die Identifikation des Publikums mit dem Programm deutlich höher. Das freut uns sehr, weil das hilft, Abonnenten zu halten. Und das sind längst nicht mehr nur Nerds. Das Genre hat sich aus der Nerd-Ecke heraus entwickelt. Science-Fiction-Serien richten sich doch längst an ein viel größeres Publikum, so auch unsere Sendermarke Syfy. Übernatürliches und Fantastisches ist salonfähig geworden.
Also Serien wie „True Blood“?
„True Blood“ ist ein gutes Beispiel für unser Knowhow im Serieneinkauf. Wir haben sehr früh zugeschlagen und eingekauft, als die Serie hier niemand kannte und sie auch in den USA gerade erst gestartet war. Dass das so ein Erfolg werden würde, wusste damals noch niemand. Aber die Serie passte einfach perfekt zu uns, auch weil man sie nicht sofort in eine Schublade stecken kann. Da freut mich, dass wir mit HBO einen sehr teuren, aber guten Vertrag gemacht haben, der uns die Serie langfristig sichert.
Bei RTL II läuft die Serie mit verhaltenem Erfolg. Hilft Ihnen das?
Bei „True Blood“ lief es für uns schon super als noch gar nicht klar war, wo sie im FreeTV laufen wird. Daher berührt uns das nicht. Ideal ist immer, wenn wir die Heimat für die neuesten Staffeln sind und die FreeTV-Ausstrahlung uns mit der Zeit neue Fans zu treibt, die schneller wissen wollen, wie es weitergeht.
Nochmal konkret nachgefragt. Welche Highlights stehen im Herbst bei 13th Street Universal, Syfy, aber auch History und Bio an?
„Covert Affairs“ hatte ich eben ja schon mal erwähnt. Das wird definitiv unser Highlight für den Herbst.
Ah, okay. Ist NBC Universal Global Networks Deutschland mit den vier Sendermarken in Deutschland gut aufgestellt oder gibt es Pläne das Portfolio zu vergrößern?
Wir haben vier starke Programmmarken und wollen wachsen. Da haben wir ehrgeizige Pläne und Vorgaben. Unsere neuen Eigentümer haben Deutschlands als Wachstumsmarkt identifiziert, was Lust wie Last ist - wobei die Lust überwiegt.
Und das geht mit den bestehenden Sendermarken?
Es gibt über die bestehenden Sender hinaus den Plan neue Sendermarken, die es auf internationaler Ebene schon gibt, in Deutschland zu launchen. Wir glauben, dass es da noch Möglichkeiten zum Wachstum gibt. Das müssen wir uns aber noch genau anschauen, weil es auch nicht mehr so einfach ist, noch einen Sender zu launchen. Das ist dann auch ein Projekt für 2012 oder 2013. Bis dahin gilt es, die bestehenden Marken weiterhin stetig zu verbessern und unseren Vorsprung als erfolgreichster PayTV-Sender mit 13th Street zu halten. Hier werden wir sicher noch intensiver in den Werbemarkt gehen. Noch ist der Anteil an den Umsätzen eher marginal, doch mittelfristig sehen wir dort deutlich mehr Potenzial.
Werbung im PayTV ist ein schwieriges Thema...
Es wird nie Unterbrecherwerbungen bei uns geben, um das vorweg zu sagen. Ja, Werbung im PayTV ist ein schwieriges Thema, weil Premiere in früheren Jahren als größter Player zu lange nicht mit der Programmqualität, sondern mit Werbefreiheit für sich geworben hat. Das war kontraproduktiv, wie man jetzt auch bei Sky erkannt hat. Aber die Grenzen werden verschwimmen, wenn werbefinanzierte Sender wie RTL, Sat.1 und ProSieben zum PayTV werden. Verglichen mit diesen Sendern werden wir das Thema Werbung sehr behutsam angehen und wissen, dass wir klare Zielgruppen haben, die sich gut vermarkten lassen. Noch wichtiger aber ist, dass wir die Programmqualität unserer Sender noch weiter verbessern – das ist ein wesentlicher Schlüssel zu unserem Erfolg!
Frau Behrends, herzlichen Dank für das Gespräch.
Quelle: dwdl