Experten eines EU-Think-Tanks fordern, dass sich die Europäische Union darauf vorbereiten müsse, Aufstände und Streiks militärisch niederzuschlagen. Diese würden infolge der immer stärkeren sozialen Ungleichheit in der globalisierten Wirtschaft und wachsenden kriegerischen Konflikten auch innerhalb der EU-Grenzen unweigerlich zunehmen.
In einem Studienband des EU-eigenen „Europäischen Institut für Sicherheitsstudien“ (European Union Institute for Security Studies, EUISS) fordern die Autoren unumwunden, dass die Armee angesichts dieser Entwicklung vermehrt für „Polizeiarbeiten“ eingesetzt werden müsse, um die Reichen vor der Aggression der Armen zu schützen.
Das Buch erschien im Jahr nach dem Beinahe-Zusammenbruch des Weltfinanzsystems 2008 unter dem Titel „Perspektiven für die Europäische Verteidigung 2020“. Es verdeutlicht, dass sich Akademiker und Politiker über die revolutionären Implikationen der Krise sehr bewusst sind. Sie spielen Szenarien durch, wie der Widerstand der großen Mehrheit der Bevölkerung gegen die sozialen Angriffe niedergeschlagen werden kann.
„Im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik werden militärische und polizeiliche Zuständigkeiten zunehmend verwischt und Kapazitäten zur Bekämpfung von Aufständen aufgebaut“, fasste der Deutschlandfunk die Studien im vergangenen Monat zusammen. Offiziell gehe es dabei um Einsätze in Ländern außerhalb der Europäischen Union. „Aber mit Art. 222 des Lissabon-Vertrags hat man auch die rechtliche Voraussetzung für den Einsatz von Militärs und paramilitärischen Einheiten in EU-Krisenstaaten geschaffen.“
Der Studienband wurde von einem Team von Wissenschaftlern und Experten auf dem Gebiet der europäischen Sicherheits-, Verteidigungs- und Außenpolitik verfasst. Das Vorwort lieferte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton. Darin legt sie den langfristigen Rahmen der EU-Verteidigungspolitik fest. Ihre Einleitung und die Tatsache, dass es sich bei dem Institut um eine EU-Institution handelt, verleihen den Studien einen offiziellen Charakter.
Der längste Beitrag im Buch mit dem Titel: „Die EU und das globalisierte Sicherheitsumfeld“ bringt die Ausrichtung der EU-Planungen auf den Punkt. Tomas Ries schlägt der EU darin vor, gesellschaftlichen Problemen verstärkt mit militärischen Mitteln zu begegnen.
Tomas Ries war schon während des kalten Krieges ein erfahrener Stichwortgeber für das Militär der nordeuropäischen Staaten. Nach dem Zerfall der Sowjetunion wandte er sich Studien zur internationalen Sicherheitspolitik zu.
Die zentrale Bedrohung der „Sicherheit“ sieht Ries in einem gewaltsamen Konflikt „zwischen ungleichen sozioökonomischen Klassen der globalen Gesellschaft“, die sich „in vertikalen asymmetrischen Spannungen des globalen Dorfs“ zeigten. Einfacher ausgedrückt: im Klassenkampf in der globalisierten Weltwirtschaft.
Zur Illustration dieser „vertikalen asymmetrischen Spannungen“ zeigt Ries ein Diagramm: Ganz oben befinden sich „transnationale Unternehmen“, die „Fortune Global 1.000“, also die Besitzer der rund tausend umsatzstärksten Unternehmen der Welt. Deren Anteil an der Weltbevölkerung beziffert er auf 0,1 Prozent, also knapp sieben Millionen Menschen. Ein anderes, viel gewaltigeres Kontingent sieht er in der hungernden Milliarde der Weltbevölkerung. Diese setzt er in seinem Diagramm ganz unten an.
Für die unweigerlich aus dieser Ungleichheit resultierenden politischen, ökonomischen und sozialen Auseinandersetzungen empfiehlt er der EU, mit den transnationalen Unternehmen eine „Symbiose“ einzugehen. Die Macht dieser Unternehmen „auf wirtschaftlichem und technologischem Gebiet wächst stetig, wodurch sie auch in anderen Bereichen an Einfluss gewinnen. Sie brauchen jedoch den Staat und der Staat braucht sie“.
Mit der Finanzkrise haben die Staaten ihren Anteil an der „Symbiose“ inzwischen bereits erfüllt: Sie haben die Schulden der Banken der Bevölkerung aufgebürdet und die Lebensbedingungen der Arbeiterklasse angegriffen und unterhöhlt.
Im Zuge dieser fundamentalen Angriffe auf die sozialen Rechte der Bevölkerung kommt es laut Ries unweigerlich zu gesellschaftlichen Auseinandersetzungen, die wichtige Teile der Infrastruktur beeinträchtigten. Ries führt Beispiele von derartigen Arbeitskämpfen an: Die Streiks der Müllabfuhr im italienischen Neapel, der Feuerwehr im englischen Liverpool und der Flugsicherung in den USA.
In all diesen Fällen sei das Militär eingesetzt worden, um die Infrastruktur aufrecht zu erhalten. Auch wenn dies eigentlich nicht die Aufgabe der Armee sei, fordert Ries, dass das Militär „in den kommenden Jahrzehnten“ immer stärker im Innern eingesetzt werden müsse. „Polizeiarbeit“ des Militärs werde angesichts solcher Spannungen im Innern stärker gefordert werden.
Seit Ries diese Zeilen schrieb, wurden in Spanien und Griechenland bereits mehrfach Soldaten gegen streikende Arbeiter eingesetzt, bzw. Kriegsrecht gegen die Arbeiter verhängt, um sie zurück an die Arbeit zu zwingen. Das ist für Ries unvermeidlich.
Die Reichen müssten vor den Armen geschützt werden, betont der Akademiker. Da „der Anteil der armen, frustrierten Weltbevölkerung weiterhin sehr hoch sein wird, werden sich die Spannungen zwischen dieser Welt und der Welt der Reichen weiter verschärfen – mit entsprechenden Konsequenzen. Da es uns kaum gelingen wird, die Ursachen dieses Problems, d. h. die Funktionsstörungen der Gesellschaften, bis 2020 zu beseitigen, werden wir uns stärker abschotten müssen.“
Mit „Funktionsstörungen“ meint Ries die sozialen Auswirkungen des weltweiten Profitsystems genauso wie die Kriege, die zur Aufrechterhaltung dieses Systems geführt werden. Diese sind jedoch Wesensbestandteile des Kapitalismus und machen immer mehr Menschen zu Armen oder Flüchtlingen. Die Abschottung der Reichen vor den Massen bezeichnet Ries als „Verliererstrategie“, d. h. eine Strategie gegen die Verlierer des Systems. Sie sei zwar „moralisch höchst fragwürdig“, aber an ihr werde „kein Weg vorbeiführen (…), wenn es uns nicht gelingt, die Ursachen des Problems zu beseitigen“.
Mit seinen Ausführungen bringt Ries die soziale Perspektive der herrschenden Klasse auf den Punkt. Sie ist zu allem bereit, um ihre Privilegien und Reichtümer gegen den Widerstand der Bevölkerung zu schützen.
Ries argumentiert nicht nur für ein europäisches Militärregime zur Unterdrückung von Streiks, sondern auch für eine massive Aufrüstung der Staaten der Europäischen Union. Die EU müsse spätestens bis 2020 ihre militärischen Fähigkeiten ganz erheblich ausbauen, um „das gesamte Spektrum der für hochintensive Kampfmaßnahmen erforderlichen Fähigkeiten“ zu beherrschen, so Ries.
Der gegenwärtige Frieden zwischen den Großmächten hänge Ries zufolge „voll und ganz davon ab, dass die Weltwirtschaft funktioniert“. „Bräche sie zusammen, würde wahrscheinlich auch die beruhigende politische Ordnung (…) zerfallen“. Darauf müsse die EU vorbereitet sein.
Als besonders gefährlich für die EU bezeichnet Ries Russland. Gegenüber dem Land sei „harte Machtpolitik“ gefragt. Seit Ries diese Zeilen verfasste, hat die EU diese „Machtpolitik“ bereits etabliert. Nachdem sie in der Ukraine einen faschistischen Putsch orchestrierte, um den Einfluss Russlands zurückzudrängen, steuert sie auf einen Konfrontationskurs mit dem Kreml zu. Ries beschreibt, wie diese Entwicklung weitergeht: mit Krieg nach außen und innen.
In einem Studienband des EU-eigenen „Europäischen Institut für Sicherheitsstudien“ (European Union Institute for Security Studies, EUISS) fordern die Autoren unumwunden, dass die Armee angesichts dieser Entwicklung vermehrt für „Polizeiarbeiten“ eingesetzt werden müsse, um die Reichen vor der Aggression der Armen zu schützen.
Das Buch erschien im Jahr nach dem Beinahe-Zusammenbruch des Weltfinanzsystems 2008 unter dem Titel „Perspektiven für die Europäische Verteidigung 2020“. Es verdeutlicht, dass sich Akademiker und Politiker über die revolutionären Implikationen der Krise sehr bewusst sind. Sie spielen Szenarien durch, wie der Widerstand der großen Mehrheit der Bevölkerung gegen die sozialen Angriffe niedergeschlagen werden kann.
„Im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik werden militärische und polizeiliche Zuständigkeiten zunehmend verwischt und Kapazitäten zur Bekämpfung von Aufständen aufgebaut“, fasste der Deutschlandfunk die Studien im vergangenen Monat zusammen. Offiziell gehe es dabei um Einsätze in Ländern außerhalb der Europäischen Union. „Aber mit Art. 222 des Lissabon-Vertrags hat man auch die rechtliche Voraussetzung für den Einsatz von Militärs und paramilitärischen Einheiten in EU-Krisenstaaten geschaffen.“
Der Studienband wurde von einem Team von Wissenschaftlern und Experten auf dem Gebiet der europäischen Sicherheits-, Verteidigungs- und Außenpolitik verfasst. Das Vorwort lieferte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton. Darin legt sie den langfristigen Rahmen der EU-Verteidigungspolitik fest. Ihre Einleitung und die Tatsache, dass es sich bei dem Institut um eine EU-Institution handelt, verleihen den Studien einen offiziellen Charakter.
Der längste Beitrag im Buch mit dem Titel: „Die EU und das globalisierte Sicherheitsumfeld“ bringt die Ausrichtung der EU-Planungen auf den Punkt. Tomas Ries schlägt der EU darin vor, gesellschaftlichen Problemen verstärkt mit militärischen Mitteln zu begegnen.
Tomas Ries war schon während des kalten Krieges ein erfahrener Stichwortgeber für das Militär der nordeuropäischen Staaten. Nach dem Zerfall der Sowjetunion wandte er sich Studien zur internationalen Sicherheitspolitik zu.
Die zentrale Bedrohung der „Sicherheit“ sieht Ries in einem gewaltsamen Konflikt „zwischen ungleichen sozioökonomischen Klassen der globalen Gesellschaft“, die sich „in vertikalen asymmetrischen Spannungen des globalen Dorfs“ zeigten. Einfacher ausgedrückt: im Klassenkampf in der globalisierten Weltwirtschaft.
Zur Illustration dieser „vertikalen asymmetrischen Spannungen“ zeigt Ries ein Diagramm: Ganz oben befinden sich „transnationale Unternehmen“, die „Fortune Global 1.000“, also die Besitzer der rund tausend umsatzstärksten Unternehmen der Welt. Deren Anteil an der Weltbevölkerung beziffert er auf 0,1 Prozent, also knapp sieben Millionen Menschen. Ein anderes, viel gewaltigeres Kontingent sieht er in der hungernden Milliarde der Weltbevölkerung. Diese setzt er in seinem Diagramm ganz unten an.
Für die unweigerlich aus dieser Ungleichheit resultierenden politischen, ökonomischen und sozialen Auseinandersetzungen empfiehlt er der EU, mit den transnationalen Unternehmen eine „Symbiose“ einzugehen. Die Macht dieser Unternehmen „auf wirtschaftlichem und technologischem Gebiet wächst stetig, wodurch sie auch in anderen Bereichen an Einfluss gewinnen. Sie brauchen jedoch den Staat und der Staat braucht sie“.
Mit der Finanzkrise haben die Staaten ihren Anteil an der „Symbiose“ inzwischen bereits erfüllt: Sie haben die Schulden der Banken der Bevölkerung aufgebürdet und die Lebensbedingungen der Arbeiterklasse angegriffen und unterhöhlt.
Im Zuge dieser fundamentalen Angriffe auf die sozialen Rechte der Bevölkerung kommt es laut Ries unweigerlich zu gesellschaftlichen Auseinandersetzungen, die wichtige Teile der Infrastruktur beeinträchtigten. Ries führt Beispiele von derartigen Arbeitskämpfen an: Die Streiks der Müllabfuhr im italienischen Neapel, der Feuerwehr im englischen Liverpool und der Flugsicherung in den USA.
In all diesen Fällen sei das Militär eingesetzt worden, um die Infrastruktur aufrecht zu erhalten. Auch wenn dies eigentlich nicht die Aufgabe der Armee sei, fordert Ries, dass das Militär „in den kommenden Jahrzehnten“ immer stärker im Innern eingesetzt werden müsse. „Polizeiarbeit“ des Militärs werde angesichts solcher Spannungen im Innern stärker gefordert werden.
Seit Ries diese Zeilen schrieb, wurden in Spanien und Griechenland bereits mehrfach Soldaten gegen streikende Arbeiter eingesetzt, bzw. Kriegsrecht gegen die Arbeiter verhängt, um sie zurück an die Arbeit zu zwingen. Das ist für Ries unvermeidlich.
Die Reichen müssten vor den Armen geschützt werden, betont der Akademiker. Da „der Anteil der armen, frustrierten Weltbevölkerung weiterhin sehr hoch sein wird, werden sich die Spannungen zwischen dieser Welt und der Welt der Reichen weiter verschärfen – mit entsprechenden Konsequenzen. Da es uns kaum gelingen wird, die Ursachen dieses Problems, d. h. die Funktionsstörungen der Gesellschaften, bis 2020 zu beseitigen, werden wir uns stärker abschotten müssen.“
Mit „Funktionsstörungen“ meint Ries die sozialen Auswirkungen des weltweiten Profitsystems genauso wie die Kriege, die zur Aufrechterhaltung dieses Systems geführt werden. Diese sind jedoch Wesensbestandteile des Kapitalismus und machen immer mehr Menschen zu Armen oder Flüchtlingen. Die Abschottung der Reichen vor den Massen bezeichnet Ries als „Verliererstrategie“, d. h. eine Strategie gegen die Verlierer des Systems. Sie sei zwar „moralisch höchst fragwürdig“, aber an ihr werde „kein Weg vorbeiführen (…), wenn es uns nicht gelingt, die Ursachen des Problems zu beseitigen“.
Mit seinen Ausführungen bringt Ries die soziale Perspektive der herrschenden Klasse auf den Punkt. Sie ist zu allem bereit, um ihre Privilegien und Reichtümer gegen den Widerstand der Bevölkerung zu schützen.
Ries argumentiert nicht nur für ein europäisches Militärregime zur Unterdrückung von Streiks, sondern auch für eine massive Aufrüstung der Staaten der Europäischen Union. Die EU müsse spätestens bis 2020 ihre militärischen Fähigkeiten ganz erheblich ausbauen, um „das gesamte Spektrum der für hochintensive Kampfmaßnahmen erforderlichen Fähigkeiten“ zu beherrschen, so Ries.
Der gegenwärtige Frieden zwischen den Großmächten hänge Ries zufolge „voll und ganz davon ab, dass die Weltwirtschaft funktioniert“. „Bräche sie zusammen, würde wahrscheinlich auch die beruhigende politische Ordnung (…) zerfallen“. Darauf müsse die EU vorbereitet sein.
Als besonders gefährlich für die EU bezeichnet Ries Russland. Gegenüber dem Land sei „harte Machtpolitik“ gefragt. Seit Ries diese Zeilen verfasste, hat die EU diese „Machtpolitik“ bereits etabliert. Nachdem sie in der Ukraine einen faschistischen Putsch orchestrierte, um den Einfluss Russlands zurückzudrängen, steuert sie auf einen Konfrontationskurs mit dem Kreml zu. Ries beschreibt, wie diese Entwicklung weitergeht: mit Krieg nach außen und innen.
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WSWS