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PayTV Die Telekom und ihr Entertain-Problem

Das Fernsehen, das nicht mehr alles möglich macht?

Das Jahr 2012 wird zum Schicksalsjahr für das TV-Angebot der Telekom. Gleich mehrere Entscheidungen stehen an, bei denen man möglicherweise mit jahrelang gegebenen Werbeversprechen bricht. Das könnte nötig werden für ein Überleben des Angebots.

Das Fernsehen, das alles möglich macht": Mit der Einführung ihres Fernsehangebots Entertain versprach die Telekom seit 2007 ein neues Fernseherlebnis. Man war das Apple unter den TV-Anbietern: Weder Time-Shift-Funktion noch TV-Guide oder Videothek via Set-Top-Box war eigentlich neu, aber bis dato nicht so smart und bedienerfreundlich umgesetzt. Während das Angebot überzeugte, krankte T-Home Entertain, wie es zu Beginn noch hieß, in der ersten Zeit an der geringen technischen Reichweite von VDSL und hohen Preisen. Mit der Entscheidung Entertain auch mit DSL 16.000 anzubieten, neuen Preisen und dem eigenen Fußball-Kanal Liga Total holte die Telekom ihr TV-Angebot dann aber aus der Nische heraus.

Im vergangenen Jahr öffnete man sich sogar für Entertain Sat - was in Branchenkreisen allerdings auch als Eingeständnis des wirtschaftlich fast unmöglichen Ausbaus des VDSL-Netzes gewertet wurde. Mit Entertain Sat kommen die Fernsehkanäle klassisch via Satellit - nur die Zusatzangebote via IP auf die Set-Top-Box.

Doch die wirkliche Bewährungsprobe für die Telekom und ihr TV-Angebot kommt in diesem Jahr mit möglicherweise dramatischen Folgen: Die Existenz des Angebots steht auf dem Spiel. Es sind drei Herausforderungen, die man in 2012 meistern muss: Technik, Fußball und Partner. Geschickt platzierte PR-Stunts und vage Ankündigungen können von der Dramatik nicht ablenken, auch wenn es verblüffend war, wieviele Medien eine nichtige Aussage der Telekom Ende Dezember für eine echte Meldung hielten. Da verbreitete die Telekom via "Financial Times Deutschland" die Absicht, im anstehenden Rechte-Poker für die Satelliten-Übertragungsrechte der Fußball-Bundesliga zu bieten um Liga Total auch via Entertain Sat anbieten zu können. Der Haken daran: Es werden keine gesonderten Satelliten-Rechte angeboten. Was nach Offensive klang, war eine Nebelkerze, denn für Liga Total geht es in diesem Frühjahr um das Überleben: Waren die IPTV-Rechte beim vergangenen Mal noch wenig umkämpft und belächelt worden, bewies die Telekom, was man Großes damit anstellen kann. Selbstredend wird es deshalb diesmal schwerer.

Bei den anstehenden Rechteverhandlungen in diesem Frühjahr für die Bundesliga-Rechte ab der Saison 2013/14 wird Sky - dort ist die Bundesliga noch weitaus überlebenswichtiger - die Telekom sicher nicht mehr so günstig an Rechte kommen lassen, die zur direkten Konkurrenz werden können. Außerdem hat man ein ganz eigenes Interesse daran, sein Angebot Sky Go auch über Mobilfunknetze zugänglich zu machen. Das ist bislang noch der Telekom mit Liga Total vorbehalten. Selten betrachtet aber ebenso spannend ist ein weiterer Stolperstein: Der Produktionspartner der Telekom, die Constantin Sport Medien GmbH, gehört zur Constantin Medien AG, zu der auch der technische Dienstleister Plazamedia gehört. Größter Kunde von Plazamedia ist Sky Deutschland, wo man sich damals nach der Entscheidung der Telekom für eine Zusammenarbeit mit Constantin Sport Medien schon nicht begeistert gezeigt hat. Wenn der Produktionspartner vom wichtigsten Auftraggeber unter Druck gesetzt werden sollte, ist eine Fortsetzung von Liga Total unter exakt diesen Strukturen auch nicht selbstverständlich. Doch wäre es nur der Fußball allein: Entertain hat weitere Baustellen bei denen 2012 wichtige Entscheidungen getroffen werden müssen.

Auch wenn die Telekom inzwischen modernisierte Set-Top-Boxen anbietet, so arbeitet im Inneren noch immer eine weitgehend unveränderte Software. Sie kommt aus dem Hause Microsoft, was erklärt warum ausgerechnet Entertain als expliziter IPTV-Anbieter noch immer nicht HbbTV-Angebote zugänglich machen konnte: In Redmond interessiert man sich wenig für den in Europa gewollten Standard für Hybrid-TV, quasi dem Videotext-Nachfolger. Um Entertain herum setzt sich HbbTV allerdings so langsam durch. Mehr als eine optische Auffrischung der Videoload-Integration und einige ergänzte Features bei Programmierung und Programmauswahl gab es bei Entertain jedoch bislang nicht. Mediatheken etwa von ARD oder ZDF sind ebenfalls nicht abrufbar, dafür nur ein eigenes, allerdings etwas angestaubtes TV-Archiv. Gegenüber DWDL.de teilte die Telekom auf Anfrage mit, dass man weniger an HbbTV als an einer Plattform für eigene Apps interessiert ist und hier 2012 einen der Schwerpunkte bei der Weiterentwicklung von Entertain sieht.

Das wäre dringend nötig. Hoffnung macht auch die Ankündigung, Entertain solle künftig über den Fernseher hinaus auch via Computer, Tablet und Smartphone nutzbar sein. Dafür startet die Telekom zusammen mit MobiTV Inc., einem Anbieter von konvergenten Medienlösungen, die Entwicklung einer Plattform für geräteübergreifendes Fernsehen. "Die Zusammenarbeit mit MobiTV ist der Startschuss für ein neues Fernseherlebnis bei Entertain", sagt Christian Illek, Geschäftsführer Marketing Telekom Deutschland GmbH. "Mit der Weiterentwicklung von Entertain zu einer konvergenten Medienplattform bieten wir unseren Kunden einen universellen TV-Zugang für verschiedene Endgeräte und noch mehr Komfort beim Fernsehen." Doch genau beim Thema Komfort irritierte die Telekom im vergangenen Herbst mit einer Entscheidung, die so manchem Werbeversprechen widersprach. Es fiel nur kaum weiter auf, weil es um den Spartensender BabyTV ging. Dort war über Wochen keine Aufnahme des Programms möglich. Kurz nachdem DWDL.de bei der Telekom nachhakte, ob dahinter ein Strategie-Wechsel stehe, der die Privatsender sicher erfreuen würde, wurde die Aufnahmesperre aufgehoben.

Die Erklärung eines Telekom-Sprechers: Die Aufnahme-Sperre sei eine Panne gewesen. Doch so ganz glaubwürdig klingt das nicht, denn der ob der nicht möglichen Aufnahme des Programms verblüffte Zuschauer von BabyTV wurde auf eine Erklärungsseite zur Aufnahme-Sperre verwiesen. Das klang vorbereiteter als eine Panne. Wahrschienlich ist, dass es sich um einen vorsichtigen Test handelte. Denn eins ist klar: Im Jahr 2012 wird die Telekom die Möglichkeiten von Entertain beschneiden müssen. Immer mehr Kabelnetzbetreiber einigen sich sowohl mit der Mediengruppe RTL Deutschland als auch der ProSiebenSat.1 Media AG über die Einspeisung der FreeTV-Sender in High Defintion. Doch wie schon beim Satelliten-Angebot HD+ wollen die Privatsender auch im Kabel sowie letztlich auch bei IPTV wie Entertain einen Schutz für ihr Geschäftsmodell des werbefinanzierten Fernsehens. Dazu zählen Einschränkungen wie das Verhindern der Aufnahme des Programms und das Verhindern des Vorspulens von aufgenommenen bzw. zeitversetztem Fernsehen.

Für Telekom-Manager Christian Illek waren diese Einschnitte in den Bedienkomfort von Entertain vor zwei Jahren absolut tabu, wie er damals im DWDL.de-Gespräch betonte. Doch um ihn herum bröckelt seit damals der Widerstand gegen die Forderungen der Privatsender und inzwischen heißt es bei der Telekom hinter vorgehaltener Hand: Es wäre das kleinere Übel, die Bedingungen zu akzeptieren als am Ende die Mediengruppe RTL- und ProSiebenSat.1-Sender zu verlieren. Man kann es sich eben nicht leisten im Jahr 2012 als einziger TV-Anbieter beim Thema HD keine Einigung mit den Privatsendern vorzuweisen. Das ist bedauerlich für die durchweg ehrenhafte Position von Herrn Illek. Doch ohne die Sky-Programme und ohne die Privatsender in High Definition fehlt Entertain ein für die Masse attraktives HD-Angebot. Hinter den Kulissen wird seit über einem Jahr erbittert verhandelt zwischen Telekom und den beiden Sendergruppen. Auswirkungen davon hat der Entertain-Kunde schon zu spüren bekommen. Die Mediengruppe RTL Deutschland und ProsiebenSat.1 haben bereits die Muskeln spielen lassen - und ihre PayTV-Sender bei Entertain zurückgezogen.

Die Telekom steht bei ihrem TV-Angebot Entertain also vor wirklich großen Herausforderungen auf gleich mehreren Ebenen. Von nötigen technischen Updates über die Fußball-Frage bis zur Einigung mit den größten beiden Sendergruppen Deutschlands - es steht sehr viel auf dem Spiel. Und man darf gespannt sein, ob Entertain am Jahresende immer noch das Fernsehen ist, das alles möglich macht.

Quelle: DWDL
 
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