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Thüringens Justizminister und Deutscher Mieterbund streiten für den Erhalt des sozial

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02.07.2012

Thüringens Justizminister und Deutscher Mieterbund streiten für den Erhalt des sozialen Mietrechts

Mietminderungsrecht muss erhalten bleiben - Modernisierungsumlage absenken - Kündigungsrecht nicht schleifen

Anlässlich einer gemeinsamen Pressekonferenz kritisieren der Thüringer Justizminister Holger Poppenhäger und der Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes Lukas Siebenkotten heute in Erfurt die Mietrechtsänderungsinitiative der Bundesregierung. Sie fordern dringend Korrekturen, damit der bisher geltende Interessenausgleich zwischen Mietern und Vermietern bewahrt wird. „Klimaschutz, bezahlbares Wohnen und Mieterrechte dürfen keine Gegensätze sein. Unser soziales Mietrecht muss erhalten bleiben, auch wenn das der schwarz-gelben Bundesregierung nicht passt“, erklärt Minister Poppenhäger.

“Die geplanten Änderungen des Mietrechts sind überflüssig wie ein Kropf. Die Vorstellung der Bundesregierung, mit dem Abbau von Mieterrechten, zum Beispiel dem Mietminderungsrecht, könnten Investitionen ausgelöst und energetische Modernisierungen vorangetrieben werden, ist schlicht falsch und nicht mehr nachvollziehbar. Außerdem gilt, dass über Änderungen des Miet- und Zivilprozessrechts Wohnungsbetrügern nicht das Handwerk gelegt werden kann. Letztlich sind die geplanten Mietrechtsänderungen in einem hohen Maße ungerecht und sozial unausgewogen. Sie beschneiden Mieterrechte oder schaffen sie ab und erweitern gleichzeitig die Rechte der Vermieter. Sachliche Gründe für diese Rechtsänderungen sind nicht erkennbar”, ergänzt Lukas Siebenkotten.

Mietminderungsrecht muss erhalten bleiben – einseitige Lastenverteilung verhindern

Mietern das Mietminderungsrecht zu verwehren hält Justizminister Poppenhäger weder für gerecht noch für erforderlich. Zudem sei die Klausel nicht klar formuliert und würde Anlass zu erheblichen Rechtsstreitigkeiten bieten. „Eine mögliche Mietminderung verhindert keine einzige Sanierungsmaßnahme - auch nicht im Bereich der energetischen Modernisierung. Für den Mieter bedeuten Modernisierungen in der Regel aber beträchtliche Belastungen. In jedem Fall steht die Mietsache in der Zeit nur eingeschränkt zur Verfügung“, so der Minister.

Das Thüringer Justizministerium hat deshalb gemeinsam mit Nordrhein-Westfalen einen Antrag in den Bundesrat eingebracht, die vorgesehenen Einschränkungen des Mietminderungsrechts zu streichen. Der Bundesgerichtshof weist in seiner Rechtssprechung darauf hin, dass die gesetzlich ermöglichte Minderung die Aufgabe hat, die Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen Mietsache und Mietzins sicherzustellen. Die Bundesregierung greift in dieses Äquivalentverhältnis nun einseitig zu Lasten eines Vertragpartners, nämlich des Mieters, ein. Die Antragsteller begründen die Streichung außerdem damit, dass die geplante Dreimonatsfrist willkürlich gewählt sei, Mieter auch Luxussanierungen dulden müssen, es keine Auflagen an den Energieeinspareffekt durch die Sanierungen gibt, sich energetische Modernisierungsmaßnahmen kaum von zeitgleich zu erwartenden Sanierungsmaßnahmen abgrenzen lassen und fünftens auch zweifelhaft ist, dass die erzielte Ersparnis durch eine vermiedene Mietminderung Vermieter tatsächlich zur Durchführung einer energetische Modernisierung motiviert. Im Rechtsausschuss des Bundesrates hat der Antrag bereits eine große Mehrheit gefunden.

Modernisierungsumlage absenken

Das Thüringer Justizministerium unterstützt außerdem einen Antrag Berlins, mit dem die Modernisierungsumlage von derzeit 11 auf 9 Prozent abgesenkt werden soll. Da durch die verschiedenen Programme, mit der die Energiewende umgesetzt werden soll, mit einer Welle an Sanierungsmaßnahmen zu rechnen ist, kann es zur Verdrängung insbesondere einkommensschwächerer Haushalte kommen, die nicht ohne weiteres in bezahlbareren Wohnraum ausweichen können. „Die Verbesserung des Wohnungsbestandes muss weiter gefördert werden, aber die Mieter/innen dürfen davon nicht überfordert werden“, begründet Minister Poppenhäger seine Unterstützung in diesem Punkt und verweist zudem auf derzeit optimale Investitionsbedingungen am Kapitalmarkt.

Nach Ansicht von Mieterbund-Direktor Lukas Siebenkotten sollten sich Mieterhöhungen nach Modernisierungen ausschließlich im Rahmen der ortsüblichen Vergleichsmiete abspielen. “Je geringer die Heizkosten für eine Haus oder eine Wohnung ausfallen, desto höher darf hier die Vergleichsmiete steigen. Eine Modernisierungsumlage brauchen wir dagegen nicht.”

Kündigungsrecht nicht schleifen – Gesetzliche Neuregelung zum Schutz vor Mietnomaden nicht ausgereift

Der von der Bundesregierung beabsichtigte Schutz vor Mietnomaden, eröffnet die Möglichkeit, schon während eines laufenden Rechtstreits die Wohnung Räumen zu lassen. Selbst wenn das Gericht am Ende dann zugunsten des Mieters entscheidet, dürfte eine Rückkehr in die Wohnung wenig realistisch sein. „Hier wird ein bewährtes, ausgewogenes Verfahren, dass Mieter und Vermieter gleichermaßen schützt, ohne Not aufgegeben. Ich bezweifle, dass hier nur sogenannte Mietnomaden getroffen würden. Vielmehr eröffnet es ein Einfallstor für Vermieter gegen missliebige Mieter“, so Justizminister Poppenhäger. Diese Vermutung liegt auch deshalb nahe, weil die Voraussetzungen für eine außerordentliche Räumung im Entwurf des Bundes sehr allgemein gehalten sind und damit nicht klar ist, dass nur „Mietnomaden“ betroffen werden. „In der Folge wird es durch das neue Verfahren zu mehr Verfahren vor Gericht kommen, die sowohl mit mehr Kosten und Aufwand für die Justiz, als auch mit unsozialen Verwerfungen für die Mieter verbunden sind“, ist sich Poppenhäger sicher. Er unterstützt daher einen weiteren Bundesratsantrag, der die vorgesehenen zweifelhaften Regelungen wieder streichen will. „Auch hier wollen wir weiterhin ein ausgewogenes Spiel der Kräfte. Die eine Vertragspartei darf nicht mehr Rechte erhalten als die andere“, so der Minister. Das neue gerichtliche Zwischenverfahren enthält zudem zusätzliche Prüfungen, die das Verfahren kaum beschleunigen dürften. Zudem dauert in Thüringen ein Mietstreitverfahren, und in den anderen Ländern dürfte es nicht viel anders sein, nur rund fünf Monate bis zu einer Entscheidung

In eine ähnliche, nicht zu akzeptierende Richtung geht die Schaffung eines weiteren Kündigungsparagrafen. Mit ihm wird ein Recht auf eine außerordentliche fristlose Kündigung des Vermieters, das heißt ohne vorherige Abmahnung, geschaffen, wenn der Mieter mit seiner Mietkaution in Verzug kommt, der zwei Kaltmieten erreicht.

Doku Soaps im Fernsehen spiegeln auch im Bereich Mieter nicht die Wirklichkeit

Im Teil „Schutz vor Mietnomaden“ hat der Gesetzentwurf die Zeichen der Zeit verpasst. Er suggeriert, die Vermieter könnten sich mit den bereits zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln nicht gegen bestimmte Mietergruppen wehren. Schaut man sich manchen Mietvertrag heute an, komme man schnell zu einer anderen Einschätzung. Als Eigentümer haben die Vermieter einen sehr großen Spielraum bei der Vertragsgestaltung, den sie durchaus auch nutzen.

Vermittlungsausschuss zur energetischen Gebäudesanierung: Weiter Stillstand bei der Bundesförderung

Als herben Rückschlag für die Bundesregierung bezeichnen Justizminister und Mieterbund das erneute Scheitern eines Kompromisses im gestrigen Vermittlungsausschuss. Wieder konnten sich Bund und Länder nicht auf eine auskömmliche steuerliche Kompensation einigen, nachdem der Bund seine Förderung deutlich gekürzt hat. An dem Gesamtvolumen der steuerlichen Förderung von 1,5 Mrd. EUR will sich der Bund nur noch zur Hälfte beteiligen. „Die Energiewende ist eine Herkulesaufgabe, die von allen solidarisch getragen werden muss. Die energetische Gebäudesanierung ist für die Senkung des Energieverbrauchs ohne Alternative, um die gesteckten nationalen Klima*schutzziele zu erreichen. Deswegen kann sich der Bund nicht einfach aus der Verantwortung stehlen und seine Förderhilfen sogar kürzen. Länder und Kommunen brauchen eine ausreichende Kompensation“, kritisiert der Justizminister. Siebenkotten schlug vor, die Mittel für die vom Bund vorgesehenen Steuererleichterungen für eine Aufstockung des CO2-Gebäudesanierungsprogramms zu nutzen. “So kann die Bundesregierung zeigen, dass es ihr mit der Gebäudesanierung ernst ist.”

Quelle: sozialticker.
 
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