In diesen Monaten verändert sich die Pay-TV-Plattform so stark wie seit ihrem Launch nicht mehr, mit neuen Sendern und neuem Sport-Design. Es gäbe keinen besseren Zeitpunkt als jetzt: Deutschland wird zum Pay-TV-Land.
"Wir starten nun in eine neue Phase unseres Unternehmens, in der wir Dinge machen wollen, die man von uns bisher nicht gesehen und auch nicht erwartet hat." Sky-Deutschland-Chef Carsten Schmidt (Foto) hat viel zu tun in dieser Zeit, sein Interview mit der „Welt am Sonntag“ gibt Aufschluss über die Monate des Umbruchs beim Pay-TV-Unternehmen. Die Zeit der vergangenen Monate, in denen es unter anderem um den Bundesliga-Rechteerwerb ging, bezeichnet Schmidt als sehr stressig. „Das ist eine Acht-Tage-und-Nächte-Woche, die Uhr läuft, und der Bieterprozess verlangt einem Team alles ab.“ Schließlich gewann man erneut den Großteil der Live-Rechte, für 876 Millionen Euro.
Eigentlich alles super also. Warum denn dann der Umbruch? Zum ersten Mal seit elf Jahren hat Sky kürzlich Gewinn erwirtschaftet, die Abonnentenzahlen steigen kontinuierlich, Bundesliga-Rechte sind gesichert. Doch man will sich nicht ausruhen. Sky hat mehr vor als nur so weiterzumachen wie bisher.
„Bisher“ heißt: Es gibt zwei große Säulen, auf denen das eigene Programm fußt, Cinema und Sport. Diese Säulen sind seit Jahrzehnten größter Teil der hauseigenen Strategie. Die Säule Entertainment hat man lange Zeit vernachlässigt, erst in den letzten Jahren sind eigenproduzierte Shows und neue Ideen dazugekommen. Sky Sport News HD ist eine solche Idee, Sky Atlantic eine andere. Dennoch wird die Entertainment-Säule bislang von Drittsendern wie Fox und TNT Serie dominiert. Sky 1 soll das ändern, ein neuer Sender nach britischem Vorbild.
Dort ist es der Flagship-Sender, mit eigenproduzierten Shows, Dokus und Serien. In Deutschland wird Sky 1 ab November senden und ebenfalls viele eigene Formate zeigen, darunter die Kochshow «Masterchef» und exklusive Serien wie «The Tunnel».
Sky Arts ist ein weiterer Teil der neuen Strategie, ein Kunst- und Kultursender, seit Juli auf Sendung. Und mit zahlreichen exklusiven Formaten. Beispiel «Master of Photography»: Die Sky-Arts-Produktion hebt sich als klassischer Casting-Wettbewerb stark ab von dem, was die deutschen Zuschauer im Free-TV kennen. Die Fotografen-Show konzentriert sich quasi allein auf den Kern der Sache; es geht nicht um Streit unter den Kontrahenten, es geht teilweise sogar kaum um die Teilnehmer selbst. Die Kunst und die von der Jury mitgegebenen Aufgaben stehen absolut im Fokus.
In jeder Sendung müssen die Fotografen eine Aufgabe erfüllen: Sie reisen dafür durch Europa, machen Portraits, Straßenfotografie und anderes. Zurück in Italien bekommen sie Tipps von einem großen und bekannten Fotografen, müssen danach aber selbst entscheiden, welches Bild oder welche Bilderserie sie der Jury präsentieren. Immer ein Kandidat muss die Sendung verlassen. «Master of Photography» macht somit nicht nur Kunst, klärt nicht nur über Kunst auf, sondern ist dank einer liebevoll und detailgetreu inszenierten Optik auch selbst Kunst.
Neben der Entertainment-Strategie hat Sky auch in anderen Bereichen viel vor: Mit Sky Ticket können Sportfans die Bundesliga erstmals monatlich abonnieren und kündigen, und das ganz ohne Kabel- oder Satellitenfernsehen, stattdessen per Online-Stream. Zum Ligastart hat man dem gesamten Sportangebot gleich ein neues Design verpasst. Im Dezember wird Sky Sport News HD als erster Free-TV-Sender von Sky aufgeschaltet. Ein cleverer Schachzug: So erreicht man neue Zielgruppen, die man zum bezahlten Angebot locken kann, außerdem besetzt man eine Marktlücke. Einen 24-Stunden-Sportnewssender gibt es bislang nicht im Free-TV.
Die Strategie dahinter ist letztlich immer dieselbe: neue Kundengruppen zu erschließen. Bislang stellt man vor allem Sport- und Filmfans zufrieden, die Expansion geht hin zu einem Programm für alle Ansprüche und Genres. Als Zielgruppe sind Frauen und Familien ausgemacht, im Interview betonte Sky-Chef Carsten Schmidt, man habe "ein komplett neues Angebot, nicht nur für Männer." Mehr als diese Strategie bleibt Sky auch kaum übrig, Stichwort Umbruch: Durch die immensen Kosten für Bundesliga-Rechte, die auf das Unternehmen zukommen, ist man zum Kundenwachstum verdammt. Bislang funktioniert das auch, man gewinnt ähnlich viele Abonnenten wie in den zurückliegenden Jahren. Eine Abschwächung des Trends ist nicht zu erkennen.
Deutschland, einig Pay-TV-Land?
Die jüngste Erfolgsgeschichte von Sky ist ein weiterer Indikator dafür, dass Deutschland sich nun also doch zum Pay-TV-Land entwickelt – still und heimlich, und zwangsweise. Denn bald wird Privatfernsehen für kaum jemanden mehr kostenlos sein: Kabelkunden zahlen ohnehin eine Anschlussgebühr für Digital-TV. 2017 wird dann das Ende des gebührenfreien Antennensignals DVB-T besiegelt, der Nachfolger DVB-T2 kostet für die Privatsender rund 70 Euro im Jahr. Per Satellit haben die Privaten noch bis 2022 die Pflicht, ihr SD-Signal ohne Verschlüsselung zu übertragen. Danach wird auch dieser Verbreitungsweg mit HD+ zwangsweise kostenpflichtig. Internetfernsehen kostet ebenfalls, über Dienste wie Zattoo oder TVNow.
Zu Gebühren für Privatsender kommen noch Streaming-Abos, die bereits viele Millionen Deutsche nutzen: Netflix, Amazon Prime und Co. Auch diese Zahlen gehören dazu, wenn man über Pay-TV spricht. Zusätzlich die rund 4,7 Millionen Sky-Kunden, oder die vielen HD+-Kunden. Fakt ist: Ein Teil der Bevölkerung öffnet schon jetzt den TV-Geldbeutel, über den Rundfunkbeitrag hinaus.
Diese Entwicklung wird weitergehen: Früher weigerte sich ein Großteil der Haushalte, überhaupt fürs Fernsehen zu zahlen. Bald hat man kaum eine andere Möglichkeit, selbst nicht für das klassische Privatfernsehen. In Konsequenz stärkt dies den Wettbewerb. Denn wenn man ohnehin zahlen muss, kann man sich sein Programm auch gleich selbst zusammenstellen: Netflix statt ProSieben? Sky statt RTL? Wer zahlt, entscheidet. Die Hürde zum „echten“ Pay-TV wird immer kleiner. Und Sky kann sich darauf freuen.
Quelle: quotenmeter
"Wir starten nun in eine neue Phase unseres Unternehmens, in der wir Dinge machen wollen, die man von uns bisher nicht gesehen und auch nicht erwartet hat." Sky-Deutschland-Chef Carsten Schmidt (Foto) hat viel zu tun in dieser Zeit, sein Interview mit der „Welt am Sonntag“ gibt Aufschluss über die Monate des Umbruchs beim Pay-TV-Unternehmen. Die Zeit der vergangenen Monate, in denen es unter anderem um den Bundesliga-Rechteerwerb ging, bezeichnet Schmidt als sehr stressig. „Das ist eine Acht-Tage-und-Nächte-Woche, die Uhr läuft, und der Bieterprozess verlangt einem Team alles ab.“ Schließlich gewann man erneut den Großteil der Live-Rechte, für 876 Millionen Euro.
Eigentlich alles super also. Warum denn dann der Umbruch? Zum ersten Mal seit elf Jahren hat Sky kürzlich Gewinn erwirtschaftet, die Abonnentenzahlen steigen kontinuierlich, Bundesliga-Rechte sind gesichert. Doch man will sich nicht ausruhen. Sky hat mehr vor als nur so weiterzumachen wie bisher.
„Bisher“ heißt: Es gibt zwei große Säulen, auf denen das eigene Programm fußt, Cinema und Sport. Diese Säulen sind seit Jahrzehnten größter Teil der hauseigenen Strategie. Die Säule Entertainment hat man lange Zeit vernachlässigt, erst in den letzten Jahren sind eigenproduzierte Shows und neue Ideen dazugekommen. Sky Sport News HD ist eine solche Idee, Sky Atlantic eine andere. Dennoch wird die Entertainment-Säule bislang von Drittsendern wie Fox und TNT Serie dominiert. Sky 1 soll das ändern, ein neuer Sender nach britischem Vorbild.
Dort ist es der Flagship-Sender, mit eigenproduzierten Shows, Dokus und Serien. In Deutschland wird Sky 1 ab November senden und ebenfalls viele eigene Formate zeigen, darunter die Kochshow «Masterchef» und exklusive Serien wie «The Tunnel».
Sky Arts ist ein weiterer Teil der neuen Strategie, ein Kunst- und Kultursender, seit Juli auf Sendung. Und mit zahlreichen exklusiven Formaten. Beispiel «Master of Photography»: Die Sky-Arts-Produktion hebt sich als klassischer Casting-Wettbewerb stark ab von dem, was die deutschen Zuschauer im Free-TV kennen. Die Fotografen-Show konzentriert sich quasi allein auf den Kern der Sache; es geht nicht um Streit unter den Kontrahenten, es geht teilweise sogar kaum um die Teilnehmer selbst. Die Kunst und die von der Jury mitgegebenen Aufgaben stehen absolut im Fokus.
In jeder Sendung müssen die Fotografen eine Aufgabe erfüllen: Sie reisen dafür durch Europa, machen Portraits, Straßenfotografie und anderes. Zurück in Italien bekommen sie Tipps von einem großen und bekannten Fotografen, müssen danach aber selbst entscheiden, welches Bild oder welche Bilderserie sie der Jury präsentieren. Immer ein Kandidat muss die Sendung verlassen. «Master of Photography» macht somit nicht nur Kunst, klärt nicht nur über Kunst auf, sondern ist dank einer liebevoll und detailgetreu inszenierten Optik auch selbst Kunst.
Neben der Entertainment-Strategie hat Sky auch in anderen Bereichen viel vor: Mit Sky Ticket können Sportfans die Bundesliga erstmals monatlich abonnieren und kündigen, und das ganz ohne Kabel- oder Satellitenfernsehen, stattdessen per Online-Stream. Zum Ligastart hat man dem gesamten Sportangebot gleich ein neues Design verpasst. Im Dezember wird Sky Sport News HD als erster Free-TV-Sender von Sky aufgeschaltet. Ein cleverer Schachzug: So erreicht man neue Zielgruppen, die man zum bezahlten Angebot locken kann, außerdem besetzt man eine Marktlücke. Einen 24-Stunden-Sportnewssender gibt es bislang nicht im Free-TV.
Die Strategie dahinter ist letztlich immer dieselbe: neue Kundengruppen zu erschließen. Bislang stellt man vor allem Sport- und Filmfans zufrieden, die Expansion geht hin zu einem Programm für alle Ansprüche und Genres. Als Zielgruppe sind Frauen und Familien ausgemacht, im Interview betonte Sky-Chef Carsten Schmidt, man habe "ein komplett neues Angebot, nicht nur für Männer." Mehr als diese Strategie bleibt Sky auch kaum übrig, Stichwort Umbruch: Durch die immensen Kosten für Bundesliga-Rechte, die auf das Unternehmen zukommen, ist man zum Kundenwachstum verdammt. Bislang funktioniert das auch, man gewinnt ähnlich viele Abonnenten wie in den zurückliegenden Jahren. Eine Abschwächung des Trends ist nicht zu erkennen.
Deutschland, einig Pay-TV-Land?
Die jüngste Erfolgsgeschichte von Sky ist ein weiterer Indikator dafür, dass Deutschland sich nun also doch zum Pay-TV-Land entwickelt – still und heimlich, und zwangsweise. Denn bald wird Privatfernsehen für kaum jemanden mehr kostenlos sein: Kabelkunden zahlen ohnehin eine Anschlussgebühr für Digital-TV. 2017 wird dann das Ende des gebührenfreien Antennensignals DVB-T besiegelt, der Nachfolger DVB-T2 kostet für die Privatsender rund 70 Euro im Jahr. Per Satellit haben die Privaten noch bis 2022 die Pflicht, ihr SD-Signal ohne Verschlüsselung zu übertragen. Danach wird auch dieser Verbreitungsweg mit HD+ zwangsweise kostenpflichtig. Internetfernsehen kostet ebenfalls, über Dienste wie Zattoo oder TVNow.
Zu Gebühren für Privatsender kommen noch Streaming-Abos, die bereits viele Millionen Deutsche nutzen: Netflix, Amazon Prime und Co. Auch diese Zahlen gehören dazu, wenn man über Pay-TV spricht. Zusätzlich die rund 4,7 Millionen Sky-Kunden, oder die vielen HD+-Kunden. Fakt ist: Ein Teil der Bevölkerung öffnet schon jetzt den TV-Geldbeutel, über den Rundfunkbeitrag hinaus.
Diese Entwicklung wird weitergehen: Früher weigerte sich ein Großteil der Haushalte, überhaupt fürs Fernsehen zu zahlen. Bald hat man kaum eine andere Möglichkeit, selbst nicht für das klassische Privatfernsehen. In Konsequenz stärkt dies den Wettbewerb. Denn wenn man ohnehin zahlen muss, kann man sich sein Programm auch gleich selbst zusammenstellen: Netflix statt ProSieben? Sky statt RTL? Wer zahlt, entscheidet. Die Hürde zum „echten“ Pay-TV wird immer kleiner. Und Sky kann sich darauf freuen.
Quelle: quotenmeter