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Schlagabtausch über Online-Überwachung im Bundestag

Mittwoch, 12.09.2007´​

Während der laufenden Haushaltsdebatte im Bundestag haben sich Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und Kanzlerin Angela Merkel (beide CDU) mit der Opposition ein rhetorisches Gefecht rund um heimliche Online-Durchsuchungen und ausstehende Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheitsarchitektur geliefert. Schäuble, der 2008 insgesamt rund 3,3 Milliarden Euro für die innere Sicherheit ausgeben will, machte sich am gestrigen Dienstag noch einmal für eine rasche Verabschiedung des Entwurfs für die Novellierung des Gesetzes fürs Bundeskriminalamt (BKA) einschließlich einer Befugnis zur Ausspähung "informationstechnischer Systeme" stark. Der Minister betonte, dass es "möglich und auch notwendig sein wird, in eng begrenzten Ausnahmefällen als Ultima Ratio in die Strukturen moderner und sich weiter entwickelnder Kommunikation einzudringen". Die technischen und rechtlichen Fragen solcher heimlicher Online-Durchsuchungen sind laut dem Minister zwar "nicht einfach", aber die Koalition arbeite "intensiv daran". Wichtig sei nach den Erfahrungen der vergangenen Woche nicht nur, "dass wir der Arbeit unserer Sicherheitsbehörden vertrauen können, sondern, dass wir auch auf sie hören müssen". Im Übrigen sei man in den letzten Jahren aber auch im Sicherheitsverbund von Bund und Ländern bereits "gut vorangekommen".

Kanzlerin Angela Merkel stellte sich heute im Parlament erneut hinter Schäuble und die Unions-Forderung nach Online-Razzien. Wichtig sei, dass das Bundeskriminalamt notwendige Mittel an die Hand bekommt, sagte die CDU-Politikerin und fügte hinzu: "Ich verhehle nicht, dass für mich auch die Online-Durchsuchung dazugehört." An den abwartenden Koalitionspartner SPD wendete sie sich mit den Worten, man solle "nicht falsche Fronten aufmachen". Deutschland drohe kein Polizeistaat. Es dürfe aber keine Räume in der Gesellschaft geben, auf den die Sicherheitsbehörden keinen Zugriff haben, wiederholte die Kanzlerin ein von Unionspolitikern bereits vielfach im Dauerstreit um die Ausforschung "informationstechnischer Systeme" bemühtes Argument. Die dem entgegenstehenden Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an den Schutz des Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung thematisierte Merkel wiederum nicht.

SPD-Fraktionschef Peter Struck betonte: "Wenn es für die Bekämpfung terroristischer Aktivitäten erforderlich ist, sind wir nicht gegen Online-Durchsuchungen." Aber vorher müssten die rechtstaatlichen Bedingungen klar sein, bekräftigte der Ex-Bundesverteidigungsminister an die Linie der Sozialdemokraten. Auf Oppositionsseite stellte die Innenexpertin der Grünen, Silke Stokar, klar: "Wir wollen keine Online-Durchsuchungen." Merkel forderte sie auf, auf dem nächsten IT-Gipfel zu erklären, wie sonst "Internetsicherheit in Deutschland hergestellt werden soll". Die Kanzlerin solle erläutern, "zu welchem ökonomischen Schaden die Umsetzung von Schäubles Plänen – nach meiner Auffassung führen sie zu Internetgefahr made in Germany führen kann".

Auch generell kritisierte die Grüne den Entwurf für die Novelle des BKA-Gesetzes: Diese führe "zu einer grundlegenden Änderung der Sicherheitsstruktur in Deutschland, hin zu mehr Zentralismus". Schäuble warf sie vor, aus dem umstrittenen Programm zur Stärkung der inneren Sicherheit nur einen Bruchteil in Höhe von 3,4 Prozent für die Abwehr von Anschlägen abgerufen zu haben: "Der Begriff Terrorismusbekämpfung wird für Sie zum Sesam-öffne-dich der Steuerkasse. Anschließend verschwindet das Geld in den schwarzen Kassen, und Sie sagen uns nicht, was Sie mit diesem Geld konkret gemacht haben."

Gut eine Woche nach der Festnahme eines saarländischen Terrorverdächtigen haben sich auch CDU-Regierung und Opposition im saarländischen Landtag heftig über Online-Durchsuchungen gestritten. Landesinnenminister Klaus Meiser (CDU) erklärte, das Instrument sei erforderlich, weil Terrorakte vor allem im Internet verabredet würden. Im Vorfeld der vergangene Woche vereitelten Sprengstoffanschläge habe es Phasen gegeben, in denen die Ermittler "sehr unruhig" geworden seien, weil die Terrorverdächtigen ihre Kommunikation über das Internet zeitweise verschlüsselt hätten. CDU-Fraktionschef Jürgen Schreier bezeichnete die Diskussion über Freiheitsrechte als "kleinlich". Es sei fahrlässig, die Polizei "in einen ungleichen Kampf" mit den Terroristen zu schicken.

Die Opposition warf der CDU vor, sie instrumentalisiere die Terror-Bedrohung zu parteitaktischen Zwecken. Die SPD-Abgeordnete Anke Rehlinger sagte, verdeckte Online-Durchsuchungen kämen "wenn überhaupt nur unter rechtsstaatlich einwandfreien Bedingungen" in Frage. Die Freiheitsrechte dürften nicht "auf dem Altar der Terrorismusbekämpfung" geopfert werden. Der FDP-Abgeordnete Karl Josef Jochem gab zu bedenken, dass im aktuellen Fall die bestehenden Ermittlungsbefugnisse ausgereicht hätten.

Das Bundesinnenministerium hat derweil bestätigt, dass sich die Islamische Jihad Union (IJU) im Internet zu den vereitelten Anschlägen hierzulande bekannt hat. Demnach sollten die Terrorverdächtigen den US-amerikanischen Luftwaffenstützpunkt Ramstein sowie US-amerikanische und usbekische Konsulareinrichtungen ins Visier nehmen. In der Erklärung wird laut Innenministerium der durch die Bundeswehr genutzte Luftwaffenstützpunkt Termez in Usbekistan thematisiert, dessen Schließung die IJU angeblich bewirken wollte. Das Gemeinsame Internetzentrum der Bundessicherheitsbehörden (GIZ) geht von der Authentizität der Erklärung aus. Die Bekennung gilt dem Ministerium als Beweis, dass "die Gefährdung durch den islamistischen Terrorismus fortbesteht".

Konkret hat das Innenressort im kommenden Jahr für die Bundespolizei Ausgaben in Höhe von 2,2 Milliarden Euro vorgesehen. Der Haushaltsmittelansatz für das BKA liegt 2008 bei etwa 362 Millionen Euro. Dabei haben die Ausgaben für Informationstechnik in Höhe von circa 48,6 Millionen Euro einen Anteil in Höhe von rund 13 Prozent. Insbesondere für die Weiterentwicklung des Polizeisystems Inpol und für die Wartung und Pflege anderer IT-Lösungen sind Gelder veranschlagt worden. Für Leistungen an internationale Organisationen wird ein Betrag in Höhe von rund 19,4 Millionen aufgewendet. Deutschland ist mit einem Anteil von rund 21 Prozent größter Beitragszahler bei Europol. Daneben sind im Kapitel des BKA etwa auch die Beiträge für die Unterstützung des Schengener Informationssystems (SIS) in Höhe von knapp 1,6 Millionen Euro veranschlagt.

Darüber hinaus umfasst der Haushaltsplan 2008 des Innenministeriums unter anderem 198 Millionen Euro für ein bundesweit einheitliches digitales Sprech- und Datenfunksystem für alle inländischen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS). Für das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), das etwa im Bereich biometrischer Verfahren und Kryptoprodukte sowie beim Schutz kritischer Infrastrukturen aktiv ist und ein IT-Krisenreaktionszentrum aufbaut, sind etwa 60,2 Millionen Euro vorgesehen.
 
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