Neuer Digital-TV-Sender ZDFkultur geht am Samstag an den Start
Heavy Metal aus Wacken, Oper aus der Scala und daneben Hans Rosenthal im Klassiker "Dalli Dalli" - Kultur in ihren verschiedensten Spielformen will der neue Spartensender ZDFkultur bieten.
Was Intendant Markus Schächter als "Versöhnung zwischen Feuilleton und Popkultur" bezeichnet, ist vor allem eines: "Eine breite Interpretation des Kulturbegriffs ohne Trennung von U und E", sagt Koordinator Wolfgang Bergmann (48). Und eben weit mehr als ein Relaunch des bisherigen Theaterkanals, den ZDFkultur von Samstag (7. Mai) an ablöst.
Zwar werden sich die Zuschauer - bisher musste sich der Theaterkanal mit einem Marktanteil von 0,1 Prozent begnügen - nicht völlig umstellen müssen. "Aber wir wollen auch ein jüngeres Publikum anlocken, ohne die Stammseher zu verschrecken", so Bergmann, der bisher den Theaterkanal leitete. Dies soll unter anderem mit einer neuen Reihe "Berlin live" passieren. Handgemachte Musik von bekannten und Newcomer-Bands aus Berliner Clubs. "Für den Sendestart am 7. Mai konnten wir Mando Diao gewinnen." Auch wird es zahlreiche Übertragungen von großen Festivals - nicht nur aus Wacken - geben.
Außerdem lebt der gute alte Programm-Ansager wieder auf. Nein, halt. Nicht alt - junge frische Gesichter sollen in ihrer ganz eigenen, subjektiv geprägten Art durch ZDFkultur navigieren: Rainer Maria Jilg, Lukas Koch, Nina Sonnenberg und Jo Schück. Sie präsentieren laut Bergmann auch die tägliche 20-Uhr-Sendung "der marker", die multimedial Themen aus Alltags- und Popkultur aufgreift.
Katrin Bauerfeind moderiert zudem alle 14 Tage ihr Popkulturmagazin, es gibt einen "zdf.Kulturpalast", Konzertreihen wie "Later with Jools". Und vor allem im Nachmittagsprogramm leben Klassiker wie die "Hitparade" oder eben Rosenthals Rate-Show wieder auf. Zudem soll Trends und Neuigkeiten auf dem Computerspielmarkt - also der Netzkultur - ebenso Raum gegeben werden wie eben den klassischen Theaterkanal-Inhalten Sprech- und Tanztheater oder Oper.
Dreimal so viel Sendeplatz
Das Credo dabei: "Wir wollen weg vom erklärenden, bevormundenden Fernsehen, hin zur subjektiven Sichtweise, zu einer ganz persönlichen Haltung", wie Bergmann betont. Und Programmchef Daniel Fiedler ergänzt: "Mit ZDFkultur erobern wir für das ZDF einen anderen, eher popkulturell geprägten Kulturbegriff." Im Vergleich zum Theaterkanal steht den Machern etwa dreimal so viel Sendeplatz zur Verfügung, weil die Wiederholungsfrequenz deutlich verringert wird. "Im Theaterkanal haben wir sieben Programmblöcke den ganzen Monat durchgeschleppt", sagt Bergmann.
Und was hält der Deutsche Bühnenverein vom neuen Angebot? "Zunächst einmal ist es positiv, die Jugend mit Kultur erreichen zu wollen", sagt der Vorstand und Geschäftsführende Direktor, Rolf Bolwin. "Aber natürlich darf der neue Sender nicht in die Popkultur entfliehen. Vielmehr muss es auch seine Aufgabe sein, die Kultur in ihrer gesamten Vielfalt den jungen Zuschauern näher zu bringen."
Bolwin verwies darauf, dass die deutschen Bühnen den bisherigen Theaterkanal erst möglich gemacht hätten, weil sie viele Rechte von Aufführungen zur Verfügung stellten. "Das ist eine Verpflichtung für die Zukunft des neuen Senders - Theater, Oper und Konzert müssen auch weiter ausreichend präsent sein." Bergmann jedenfalls ist sich sicher: "So ein Kulturprogramm wie in ZDFkultur ist längst überfällig." Ob dies auch die Zuschauer goutieren, werden die Quoten zeigen.
Am 7. Mai geht der neue digitale Fernsender ZDFkultur an den Start. Er entsteht aus dem Theaterkanal, der dann eingestellt wird. Nach den Worten von Programmchef Daniel Fiedler, der auch für 3sat verantwortlich ist, soll ZDFkultur "Pop- und Hochkultur miteinander versöhnen". Eine gute Wegzehrung gibt das ZDF seinem neuen Kind auf den Weg. Der Etat wird sich deutlich erhöhen.
24 Stunden Kultur rauf und runter. Wozu brauchen wir die?
Fiedler: "Von Kultur kann man gar nicht genug senden. Aber wir doppeln ja nichts. Der Kulturbegriff in unserer Gesellschaft hat sich verändert. Wir machen nicht mehr den Unterschied zwischen U und E. Und dieser Philosophie folgt ZDFkultur."
War der alte Theaterkanal denn verstaubt?
Der Theaterkanal hatte ein klassisches Kulturverständnis. Schauspiel, Oper und ein klassisches Kulturmagazin. Der Titel "Theaterkanal" bedeutet eine Einengung, die im Zuge der Erweiterung des Kulturbegriffs nicht mehr passt. Mit ZDFkultur wollen wir die Popkultur mit der Hochkultur versöhnen und haben ein spielerisches Verständnis von Kultur."
Können Sie dafür Beispiele nennen?
Fiedler: "Der Kanal wird moderiert. Unsere vier Moderatoren formulieren eine subjektive Haltung zu den Themen in unserem Programm. In der täglichen 20-Uhr-Sendung "der Marker" bringen sie diese zum Ausdruck."
Entziehen Sie bestehenden Kanälen wie Arte und auch dem von Ihnen verantworteten 3sat die Existenzgrundlage? Zum Beispiel auch dem Klassiker "Kulturzeit"?
Fiedler: "3sat folgt einem klassischen Kulturbegriff, hier stehen neben den klassischen Kulturthemen vor allem auch Wissenschaft, Philosophie und Orientierungswissen im Mittelpunkt, "Kulturzeit" ist klassisches TV-Feuilleton. Das wird weiter so bleiben, und wird von allen vier 3sat-Partnern, ARD, ZDF, ORF und dem Schweizer Fernsehen, so gesehen. Mit ZDFkultur erobern wir für das ZDF einen anderen, eher popkulturell geprägten Kulturbegriff. Alle Formen der Popmusik sowie Formate wie "Foyer" und "Bauerfeind", das wir in der Frequenz verdoppeln und 14-tägig senden, strahlen wir zukünftig in der Erstausstrahlung auf ZDFkultur aus."
Ihr Fahrplan weist viele neue Sendungen aus: Musikreihen, Konzertsendungen. Das wird teuer...
Fiedler: "Das kommt auf die Produktionsweise an. Wir können in unserer digitalen Senderfamilie mittlerweile Synergien nutzen. Außerdem kaufen wir günstig Lizenzproduktionen, zum Beispiel von der englischen BBC, ein."
Aber der Etat wird im Vergleich zum Theaterkanal ja nicht gerade sinken?
Fiedler: "Im Jahr 2010 verfügte der ZDFtheaterkanal über einen Gesamtetat von 8,08 Mio. Euro. In 2011 beträgt der Etat von ZDFkultur 12,5 Mio Euro. Insgesamt stellt das ZDF damit für 3sat und ZDFkultur mehr Finanzmittel zur Verfügung als im Vorjahr. Auch 2012 ist eine weitere Erhöhung des Etats von ZDFkultur auf rund 18 Millionen geplant."
Kritiker werden Ihnen vorwerfen: Mehr Geld für Kultur, die aber nicht mehr Leute interessiert? Wozu?
Fiedler: "Wir werden eine stark steigende Reichweite haben. Ab 2012 wird die analoge Satellitenverbreitung eingestellt, die digitale Nutzung, die derzeit bei rund 50 Prozent liegt, wird zunehmen. ZDF neo hat das vorgemacht. Wir werden die Zuschauerkontakte erhöhen."
Wie erfolgt der Gongschlag am 7. Mai?
Fiedler: "Morgens um 6.30 Uhr mit einem Konzert der britischen Band Snow Patrol. Am Abend um 20.15 Uhr gibt es einen Mitschnitt eines Rihanna-Konzerts, um 21 Uhr eine Übertragung unseres Musikformates "Berlin Live" aus dem Berliner Club "Trafo"."
Quelle: sat+kabel
Heavy Metal aus Wacken, Oper aus der Scala und daneben Hans Rosenthal im Klassiker "Dalli Dalli" - Kultur in ihren verschiedensten Spielformen will der neue Spartensender ZDFkultur bieten.
Was Intendant Markus Schächter als "Versöhnung zwischen Feuilleton und Popkultur" bezeichnet, ist vor allem eines: "Eine breite Interpretation des Kulturbegriffs ohne Trennung von U und E", sagt Koordinator Wolfgang Bergmann (48). Und eben weit mehr als ein Relaunch des bisherigen Theaterkanals, den ZDFkultur von Samstag (7. Mai) an ablöst.
Zwar werden sich die Zuschauer - bisher musste sich der Theaterkanal mit einem Marktanteil von 0,1 Prozent begnügen - nicht völlig umstellen müssen. "Aber wir wollen auch ein jüngeres Publikum anlocken, ohne die Stammseher zu verschrecken", so Bergmann, der bisher den Theaterkanal leitete. Dies soll unter anderem mit einer neuen Reihe "Berlin live" passieren. Handgemachte Musik von bekannten und Newcomer-Bands aus Berliner Clubs. "Für den Sendestart am 7. Mai konnten wir Mando Diao gewinnen." Auch wird es zahlreiche Übertragungen von großen Festivals - nicht nur aus Wacken - geben.
Außerdem lebt der gute alte Programm-Ansager wieder auf. Nein, halt. Nicht alt - junge frische Gesichter sollen in ihrer ganz eigenen, subjektiv geprägten Art durch ZDFkultur navigieren: Rainer Maria Jilg, Lukas Koch, Nina Sonnenberg und Jo Schück. Sie präsentieren laut Bergmann auch die tägliche 20-Uhr-Sendung "der marker", die multimedial Themen aus Alltags- und Popkultur aufgreift.
Katrin Bauerfeind moderiert zudem alle 14 Tage ihr Popkulturmagazin, es gibt einen "zdf.Kulturpalast", Konzertreihen wie "Later with Jools". Und vor allem im Nachmittagsprogramm leben Klassiker wie die "Hitparade" oder eben Rosenthals Rate-Show wieder auf. Zudem soll Trends und Neuigkeiten auf dem Computerspielmarkt - also der Netzkultur - ebenso Raum gegeben werden wie eben den klassischen Theaterkanal-Inhalten Sprech- und Tanztheater oder Oper.
Dreimal so viel Sendeplatz
Das Credo dabei: "Wir wollen weg vom erklärenden, bevormundenden Fernsehen, hin zur subjektiven Sichtweise, zu einer ganz persönlichen Haltung", wie Bergmann betont. Und Programmchef Daniel Fiedler ergänzt: "Mit ZDFkultur erobern wir für das ZDF einen anderen, eher popkulturell geprägten Kulturbegriff." Im Vergleich zum Theaterkanal steht den Machern etwa dreimal so viel Sendeplatz zur Verfügung, weil die Wiederholungsfrequenz deutlich verringert wird. "Im Theaterkanal haben wir sieben Programmblöcke den ganzen Monat durchgeschleppt", sagt Bergmann.
Und was hält der Deutsche Bühnenverein vom neuen Angebot? "Zunächst einmal ist es positiv, die Jugend mit Kultur erreichen zu wollen", sagt der Vorstand und Geschäftsführende Direktor, Rolf Bolwin. "Aber natürlich darf der neue Sender nicht in die Popkultur entfliehen. Vielmehr muss es auch seine Aufgabe sein, die Kultur in ihrer gesamten Vielfalt den jungen Zuschauern näher zu bringen."
Bolwin verwies darauf, dass die deutschen Bühnen den bisherigen Theaterkanal erst möglich gemacht hätten, weil sie viele Rechte von Aufführungen zur Verfügung stellten. "Das ist eine Verpflichtung für die Zukunft des neuen Senders - Theater, Oper und Konzert müssen auch weiter ausreichend präsent sein." Bergmann jedenfalls ist sich sicher: "So ein Kulturprogramm wie in ZDFkultur ist längst überfällig." Ob dies auch die Zuschauer goutieren, werden die Quoten zeigen.
Am 7. Mai geht der neue digitale Fernsender ZDFkultur an den Start. Er entsteht aus dem Theaterkanal, der dann eingestellt wird. Nach den Worten von Programmchef Daniel Fiedler, der auch für 3sat verantwortlich ist, soll ZDFkultur "Pop- und Hochkultur miteinander versöhnen". Eine gute Wegzehrung gibt das ZDF seinem neuen Kind auf den Weg. Der Etat wird sich deutlich erhöhen.
24 Stunden Kultur rauf und runter. Wozu brauchen wir die?
Fiedler: "Von Kultur kann man gar nicht genug senden. Aber wir doppeln ja nichts. Der Kulturbegriff in unserer Gesellschaft hat sich verändert. Wir machen nicht mehr den Unterschied zwischen U und E. Und dieser Philosophie folgt ZDFkultur."
War der alte Theaterkanal denn verstaubt?
Der Theaterkanal hatte ein klassisches Kulturverständnis. Schauspiel, Oper und ein klassisches Kulturmagazin. Der Titel "Theaterkanal" bedeutet eine Einengung, die im Zuge der Erweiterung des Kulturbegriffs nicht mehr passt. Mit ZDFkultur wollen wir die Popkultur mit der Hochkultur versöhnen und haben ein spielerisches Verständnis von Kultur."
Können Sie dafür Beispiele nennen?
Fiedler: "Der Kanal wird moderiert. Unsere vier Moderatoren formulieren eine subjektive Haltung zu den Themen in unserem Programm. In der täglichen 20-Uhr-Sendung "der Marker" bringen sie diese zum Ausdruck."
Entziehen Sie bestehenden Kanälen wie Arte und auch dem von Ihnen verantworteten 3sat die Existenzgrundlage? Zum Beispiel auch dem Klassiker "Kulturzeit"?
Fiedler: "3sat folgt einem klassischen Kulturbegriff, hier stehen neben den klassischen Kulturthemen vor allem auch Wissenschaft, Philosophie und Orientierungswissen im Mittelpunkt, "Kulturzeit" ist klassisches TV-Feuilleton. Das wird weiter so bleiben, und wird von allen vier 3sat-Partnern, ARD, ZDF, ORF und dem Schweizer Fernsehen, so gesehen. Mit ZDFkultur erobern wir für das ZDF einen anderen, eher popkulturell geprägten Kulturbegriff. Alle Formen der Popmusik sowie Formate wie "Foyer" und "Bauerfeind", das wir in der Frequenz verdoppeln und 14-tägig senden, strahlen wir zukünftig in der Erstausstrahlung auf ZDFkultur aus."
Ihr Fahrplan weist viele neue Sendungen aus: Musikreihen, Konzertsendungen. Das wird teuer...
Fiedler: "Das kommt auf die Produktionsweise an. Wir können in unserer digitalen Senderfamilie mittlerweile Synergien nutzen. Außerdem kaufen wir günstig Lizenzproduktionen, zum Beispiel von der englischen BBC, ein."
Aber der Etat wird im Vergleich zum Theaterkanal ja nicht gerade sinken?
Fiedler: "Im Jahr 2010 verfügte der ZDFtheaterkanal über einen Gesamtetat von 8,08 Mio. Euro. In 2011 beträgt der Etat von ZDFkultur 12,5 Mio Euro. Insgesamt stellt das ZDF damit für 3sat und ZDFkultur mehr Finanzmittel zur Verfügung als im Vorjahr. Auch 2012 ist eine weitere Erhöhung des Etats von ZDFkultur auf rund 18 Millionen geplant."
Kritiker werden Ihnen vorwerfen: Mehr Geld für Kultur, die aber nicht mehr Leute interessiert? Wozu?
Fiedler: "Wir werden eine stark steigende Reichweite haben. Ab 2012 wird die analoge Satellitenverbreitung eingestellt, die digitale Nutzung, die derzeit bei rund 50 Prozent liegt, wird zunehmen. ZDF neo hat das vorgemacht. Wir werden die Zuschauerkontakte erhöhen."
Wie erfolgt der Gongschlag am 7. Mai?
Fiedler: "Morgens um 6.30 Uhr mit einem Konzert der britischen Band Snow Patrol. Am Abend um 20.15 Uhr gibt es einen Mitschnitt eines Rihanna-Konzerts, um 21 Uhr eine Übertragung unseres Musikformates "Berlin Live" aus dem Berliner Club "Trafo"."
Quelle: sat+kabel